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index 535b359..8a38f93 100644
--- a/buch/chapters/90-crypto/ff.tex
+++ b/buch/chapters/90-crypto/ff.tex
@@ -1,664 +1,664 @@
-%
-% ff.tex -- Kryptographie und endliche Körper
-%
-% (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil
-%
-
-\section{Kryptographie und endliche Körper
-\label{buch:section:kryptographie-und-endliche-koerper}}
-\rhead{Kryptographie und endliche Körper}
-
-\subsection{Potenzen in $\mathbb{F}_p$ und diskreter Logarithmus
-\label{buch:subsection:potenzen-diskreter-logarithmus}}
-Für kryptographische Anwendungen wird eine einfach zu berechnende
-Funktion benötigt,
-die ohne zusätzliches Wissen, üblicherweise der Schlüssel genannt,
-nicht ohne weiteres umkehrbar ist.
-Die arithmetischen Operationen in einem endlichen Körper sind
-mit geringem Aufwand durchführbar.
-Für die ``schwierigste'' Operation, die Division, steht der
-euklidische Algorithmus zur Verfügung.
-
-Die nächstschwierigere Operation ist die Potenzfunktion.
-Für $g\in \Bbbk$ und $a\in\mathbb{N}$ ist die Potenz $g^a\in\Bbbk$
-natürlich durch die wiederholte Multiplikation definiert.
-In der Praxis werden aber $g$ und $a$ Zahlen mit vielen Binärstellen
-sein, die die wiederholte Multiplikation ist daher sicher nicht
-effizient, das Kriterium der einfachen Berechenbarkeit scheint
-also nicht erfüllt.
-Der folgende Algorithmus berechnet die Potenz in $O(\log_2 a)$
-Multiplikationen.
-
-\begin{algorithmus}[Divide-and-conquer]
-\label{buch:crypto:algo:divide-and-conquer}
-Sei $a=a_0 + a_12^1 + a_22^2 + \dots + a_k2^k$ die Binärdarstellung
-der Zahl $a$.
-\begin{enumerate}
-\item setze $f=g$, $x=1$, $i=0$
-\label{divide-and-conquer-1}
-\item solange $i\ge k$ ist, führe aus
-\label{divide-and-conquer-2}
-\begin{enumerate}
-\item
-\label{divide-and-conquer-3}
-falls $a_i=1$ setze $x \coloneqq x \cdot f$
-\item
-\label{divide-and-conquer-4}
-$i \coloneqq i+1$ und $f\coloneqq f\cdot f$
-\end{enumerate}
-\end{enumerate}
-Die Potenz $x=g^a$ kann so in $O(\log_2a)$ Multiplikationen
-berechnet werden.
-\end{algorithmus}
-
-\begin{proof}[Beweis]
-Die Initalisierung in Schritt~\ref{divide-and-conquer-1} stellt sicher,
-dass $x$ den Wert $g^0$ hat.
-Schritt~\ref{divide-and-conquer-4} stellt sicher,
-dass die Variable $f$ immer den Wert $g^{2^i}$ hat.
-Im Schritt~\ref{divide-and-conquer-3} wird zu $x$ die Potenz
-$g^{a_i2^i}$ hinzumultipliziert.
-Am Ende des Algorithmus hat daher $x$ den Wert
-\[
-x = g^{a_02^0} \cdot g^{a_12^1} \cdot g^{a_22^2} \cdot\ldots\cdot 2^{a_k2^k}
-=
-g^{a_0+a_12+a_22^2+\dots+a_k2^k}
-=
-g^a.
-\]
-Die Schleife wird $\lfloor1+\log_2ab\rfloor$ mal durchlaufen.
-In jedem Fall wird auf jeden Fall die Multiplikation in
-Schritt~\ref{divide-and-conquer-4} durchgeführt
-und im schlimmsten Fall auch noch die Multiplikation in
-Schritt~\ref{divide-and-conquer-3}.
-Es werden also nicht mehr als $2\lfloor 1+\log_2a\rfloor=O(\log_2a)$
-Multiplikationen durchgeführt.
-\end{proof}
-
-\begin{beispiel}
-Man berechne die Potenz $7^{2021}$ in $\mathbb{F}_p$.
-Die Binärdarstellung von 2021 ist $2021_{10}=\texttt{11111100101}_2$.
-Wir stellen die nötigen Operationen des
-Algorithmus~\ref{buch:crypto:algo:divide-and-conquer} in der folgenden
-Tabelle
-\begin{center}
-\begin{tabular}{|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|}
-\hline
- i& f& a_i& x\\
-\hline
- 0& 7& 1& 7\\
- 1& 49& 0& 7\\
- 2&1110& 1& 24\\
- 3& 486& 0& 24\\
- 4&1234& 0& 24\\
- 5& 667& 1& 516\\
- 6& 785& 1& 977\\
- 7& 418& 1& 430\\
- 8& 439& 1& 284\\
- 9& 362& 1& 819\\
-10& 653& 1& 333\\
-\hline
-\end{tabular}
-\end{center}
-Daraus liest man ab, dass $7^{2021}=333\in\mathbb{F}_{1291}$.
-\end{beispiel}
-
-Die Tabelle suggeriert, dass die Potenzen von $g$ ``wild'', also
-scheinbar ohne System in $\mathbb{F}_p$ herumspringen.
-Dies deutet an, dass die Umkehrung der Exponentialfunktion in $\mathbb{F}_p$
-schwierig ist.
-Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion, die Umkehrfunktion von
-$x\mapsto g^x$ in $\mathbb{F}_p$ heisst der {\em diskrete Logarithmus}.
-\index{diskreter Logarithmus}%
-Tatsächlich ist der diskrete Logarithmus ähnlich schwierig zu bestimmen
-wie das Faktorisieren von Zahlen, die das Produkt grosser
-Primafaktoren ähnlicher Grössenordnung wie $p$ sind.
-Die Funktion $x\mapsto g^x$ ist die gesuchte, schwierig zu invertierende
-Funktion.
-
-Auf dern ersten Blick scheint der
-Algorithmus~\ref{buch:crypto:algo:divide-and-conquer}
-den Nachteil zu haben, dass erst die Binärdarstellung der Zahl $a$
-ermittelt werden muss.
-In einem Computer ist dies aber normalerweise kein Problem, da $a$
-im Computer ohnehin binär dargestellt ist.
-Die Binärziffern werden in der Reihenfolge vom niederwertigsten zum
-höchstwertigen Bit benötigt.
-Die folgende Modifikation des Algorithmus ermittelt laufend
-auch die Binärstellen von $a$.
-Die dazu notwendigen Operationen sind im Binärsystem besonders
-effizient implementierbar, die Division durch 2 ist ein Bitshift, der
-Rest ist einfach das niederwertigste Bit der Zahl.
-
-\begin{algorithmus}
-\label{buch:crypto:algo:divide-and-conquer2}
-\begin{enumerate}
-\item
-Setze $f=g$, $x=1$, $i=0$
-\item
-Solange $a>0$ ist, führe aus
-\begin{enumerate}
-\item
-Verwende den euklidischen Algorithmus um $r$ und $b$ zu bestimmen mit $a=2b+r$
-\item
-Falls $r=1$ setze $x \coloneqq x \cdot f$
-\item
-$i \coloneqq i+1$, $a = b$ und $f\coloneqq f\cdot f$
-\end{enumerate}
-\end{enumerate}
-Die Potenz $x=g^a$ kann so in $O(\log_2a)$ Multiplikationen
-berechnet werden.
-\end{algorithmus}
-
-
-%
-% Diffie-Hellman Schlüsseltausch
-%
-\subsection{Diffie-Hellman-Schlüsseltausch
-\label{buch:subsection:diffie-hellman}}
-Eine Grundaufgabe der Verschlüsselung im Internet ist, dass zwei
-Kommunikationspartner einen gemeinsamen Schlüssel für die Verschlüsselung
-der Daten aushandeln können müssen.
-Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kommunikation abgehört wird.
-Trotzdem soll es für einen Lauscher nicht möglich sein, den
-ausgehandelten Schlüssel zu ermitteln.
-
-% XXX Historisches zu Diffie und Hellman
-
-Die beiden Partner $A$ und $B$ einigen sich zunächst auf eine Zahl $g$,
-die öffentlich bekannt sein darf.
-Weiter erzeugen sie eine zufällige Zahl $a$ und $b$, die sie geheim
-halten.
-Das Verfahren soll aus diesen beiden Zahlen einen Schlüssel erzeugen,
-den beide Partner berechnen können, ohne dass sie $a$ oder $b$
-übermitteln müssen.
-Die beiden Zahlen werden daher auch die privaten Schlüssel genannt.
-
-Die Idee von Diffie und Hellman ist jetzt, die Werte $x=g^a$ und $y=g^b$
-zu übertragen.
-In $\mathbb{R}$ würden dadurch natürlich dem Lauscher auch $a$ offenbart,
-er könnte einfach $a=\log_g x$ berechnen.
-Ebenso kann auch $b$ als $b=\log_g y$ erhalten werden, die beiden
-privaten Schlüssel wären also nicht mehr privat.
-Statt der Potenzfunktion in $\mathbb{R}$ muss also eine Funktion
-verwendet werden, die nicht so leicht umgekehrt werden kann.
-Die Potenzfunktion in $\mathbb{F}_p$ erfüllt genau diese Eigenschaft.
-Die Kommunikationspartner einigen sich also auch noch auf die (grosse)
-Primzahl $p$ und übermitteln $x=g^a\in\mathbb{F}_p$ und
-$y=g^b\in\mathbb{F}_p$.
-
-\begin{figure}
-\centering
-\includegraphics{chapters/90-crypto/images/dh.pdf}
-\caption{Schlüsselaustausch nach Diffie-Hellman.
-Die Kommunikationspartner $A$ und $B$ einigen sich öffentlich auf
-$p\in\mathbb{N}$ und $g\in\mathbb{F}_p$.
-$A$ wählt dann einen privaten Schlüssel $a\in\mathbb{N}$ und
-$B$ wählt $b\in\mathbb{N}$, sie tauschen dann $x=g^a$ und $y=g^b$
-aus.
-$A$ erhält den gemeinsamen Schlüssel aus $y^a$, $B$ erhält ihn
-aus $x^b$.
-\label{buch:crypto:fig:dh}}
-\end{figure}
-
-Aus $x$ und $y$ muss jetzt der gemeinsame Schlüssel abgeleitet werden.
-$A$ kennt $y=g^b$ und $a$, $B$ kennt $x=g^a$ und $b$.
-Beide können die Zahl $s=g^{ab}\in\mathbb{F}_p$ berechnen.
-$A$ macht das, indem er $y^a=(g^b)^a = g^{ab}$ rechnet,
-$B$ rechnet $x^b = (g^a)^b = g^{ab}$, beide natürlich in $\mathbb{F}_p$.
-Der Lauscher kann aber $g^{ab}$ nicht ermitteln, dazu müsste er
-$a$ oder $b$ ermitteln können.
-Die Zahl $s=g^{ab}$ kann also als gemeinsamer Schlüssel verwendet
-werden.
-
-
-
-\subsection{Elliptische Kurven
-\label{buch:subsection:elliptische-kurven}}
-Das Diffie-Hellman-Verfahren basiert auf der Schwierigkeit, in einem
-Körper $\mathbb{F}_p$ die Gleichung $a^x=b$ nach $x$ aufzulösen.
-Die Addition in $\mathbb{F}_p$ wird dazu nicht benötigt.
-Es reicht, eine Menge mit einer Multiplikation zu haben, in der das
-die Gleichung $a^x=b$ schwierig zu lösen ist.
-Ein Gruppe wäre also durchaus ausreichend.
-
-Ein Kandidat für eine solche Gruppe könnte der Einheitskreis
-$S^1=\{z\in\mathbb{C}\;|\; |z|=1\}$ in der komplexen Ebene sein.
-Wählt man eine Zahl $g=e^{i\alpha}$, wobei $\alpha$ ein irrationales
-Vielfaches von $\pi$ ist, dann sind alle Potenzen $g^n$ für natürliche
-Exponenten voneinander verschieden.
-Wäre nämlich $g^{n_1}=g^{n_2}$, dann wäre $e^{i\alpha(n_1-n_2)}=1$ und
-somit müsste $\alpha=2k\pi/(n_1-n_2)$ sein.
-Damit wäre aber $\alpha$ ein rationales Vielfaches von $\pi$, im Widerspruch
-zur Voraussetzung.
-Die Abbildung $n\mapsto g^n\in S^1$ ist auf den ersten Blick etwa ähnlich
-undurchschaubar wie die Abbildung $n\mapsto g^n\in\mathbb{F}_p$.
-Es gibt zwar die komplexe Logarithmusfunktion, mit der man $n$ bestimmen
-kann, dazu muss man aber den Wert von $g^n$ mit beliebiger Genauigkeit
-kennen, denn die Werte von $g^n$ können beliebig nahe beieinander liegen.
-
-Der Einheitskreis ist die Lösungsmenge der Gleichung $x^2+y^2=1$ für
-reelle Koordinaten $x$ und $y$,
-doch Rundungsunsicherheiten verunmöglichen den Einsatz in einem
-Verfahren ähnlich dem Diffie-Hellman-Verfahren.
-Dieses Problem kann gelöst werden, indem für die Variablen Werte
-aus einem endlichen Körper verwendet werden.
-Gesucht ist also eine Gleichung in zwei Variablen, deren Lösungsmenge
-in einem endlichen Körper eine Gruppenstruktur trägt.
-Die Lösungsmenge ist eine ``Kurve'' von Punkten mit
-Koordinaten in einem endlichen Körper.
-
-In diesem Abschnitt wird gezeigt, dass sogenannte elliptische Kurven
-über endlichen Körpern genau die verlangen Eigenschaften haben.
-
-\subsubsection{Elliptische Kurven}
-Elliptische Kurven sind Lösungen einer Gleichung der Form
-\begin{equation}
-Y^2+XY=X^3+aX+b
-\label{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
-\end{equation}
-mit Werten von $X$ und $Y$ in einem geeigneten Körper.
-Die Koeffizienten $a$ und $b$ müssen so gewählt werden, dass die
-Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve} genügend viele
-Lösungen hat.
-Über den komplexen Zahlen hat die Gleichung natürlich für jede Wahl von
-$X$ drei Lösungen.
-Für einen endlichen Körper können wir dies im allgemeinen nicht erwarten,
-aber wenn wir genügend viele Wurzeln zu $\mathbb{F}$ hinzufügen können wir
-mindestens erreichen, dass die Lösungsmenge so viele Elemente hat,
-dass ein Versuch, die Gleichung $g^x=b$ mittels Durchprobierens zu
-lösen, zum Scheitern verurteil ist.
-
-\begin{definition}
-\label{buch:crypto:def:ellipticcurve}
-Die {\em elliptische Kurve} $E_{a,b}(\Bbbk)$ über dem Körper $\Bbbk$ ist
-die Menge
-\[
-E_{a,b}(\Bbbk)
-=
-\{(X,Y)\in\Bbbk^2\;|\;Y^2+XY=X^3+aX+b\},
-\]
-für $a,b\in\Bbbk$.
-\end{definition}
-
-Um die Anschauung zu vereinfachen, werden wir elliptische Kurven über
-dem Körper $\mathbb{R}$ visualisieren.
-Die daraus gewonnenen geometrischen Einsichten werden wir anschliessend
-algebraisch umsetzen.
-In den reellen Zahlen kann man die
-Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
-noch etwas vereinfachen.
-Indem man in \eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
-quadratisch ergänzt, bekommt man
-\begin{align}
-Y^2 + XY + \frac14X^2 &= X^3+\frac14 X^2 +aX+b
-\notag
-\\
-\Rightarrow\qquad
-v^2&=X^3+\frac14X^2+aX+b,
-\label{buch:crypto:eqn:ell2}
-\end{align}
-indem man $v=Y+\frac12X$ setzt.
-Man beachte, dass man diese Substition nur machen kann, wenn $\frac12$
-definiert ist.
-In $\mathbb{R}$ ist dies kein Problem, aber genau über den Körpern
-mit Charakteristik $2$, die wir für die Computer-Implementation
-bevorzugen, ist dies nicht möglich.
-Es geht hier aber nur um die Visualisierung.
-
-Auch die Form \eqref{buch:crypto:eqn:ell2} lässt sich noch etwas
-vereinfachen.
-Setzt man $X=u-\frac1{12}$, dann verschwindet nach einiger Rechnung,
-die wir hier nicht durchführen wollen, der quadratische Term
-auf der rechten Seite.
-Die interessierenden Punkte sind Lösungen der einfacheren Gleichung
-\begin{equation}
-v^2
-=
-u^3+\biggl(a-\frac{1}{48}\biggr)u + b-\frac{a}{12}+\frac{1}{864}
-=
-u^3+Au+B.
-\label{buch:crypto:ellvereinfacht}
-\end{equation}
-In dieser Form ist mit $(u,v)$ immer auch $(u,-v)$ eine Lösung,
-die Kurve ist symmetrisch bezüglich der $u$-Achse.
-Ebenso kann man ablesen, dass nur diejenigen $u$-Werte möglich sind,
-für die das kubische Polynom $u^3+Au+B$ auf der rechten Seite von
-\eqref{buch:crypto:ellvereinfacht}
-nicht negativ ist.
-
-Sind $u_1$, $u_2$ und $u_3$ die Nullstellen des kubischen Polynoms
-auf der rechten Seite von~\eqref{buch:crypto:ellvereinfacht}, folgt
-\[
-v^2
-=
-(u-u_1)(u-u_2)(u-u_3)
-=
-u^3
--(u_1+u_2+u_3)u^2
-+(u_1u_2+u_1u_3+u_2u_3)u
--
-u_1u_2u_3.
-\]
-Durch Koeffizientenvergleich sieht man, dass $u_1+u_2+u_3=0$ sein muss.
-\begin{figure}
-\centering
-\includegraphics{chapters/90-crypto/images/elliptic.pdf}
-\caption{Elliptische Kurve in $\mathbb{R}$ in der Form
-$v^2=u^3+Au+B$ mit Nullstellen $u_1$, $u_2$ und $u_3$ des
-kubischen Polynoms auf der rechten Seite.
-Die blauen Punkte und Geraden illustrieren die Definition der
-Gruppenoperation in der elliptischen Kurve.
-\label{buch:crypto:fig:elliptischekurve}}
-\end{figure}
-Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:elliptischekurve}
-zeigt eine elliptische Kurve in der Ebene.
-
-\subsubsection{Geometrische Definition der Gruppenoperation}
-In der speziellen Form \ref{buch:crypto:ellvereinfacht} ist die
-elliptische Kurve symmetrisch unter Spiegelung an der $u$-Achse.
-Die Spiegelung ist eine Involution, zweimalige Ausführung führt auf
-den ursprünglichen Punkt zurück.
-Die Inverse in einer Gruppe hat diese Eigenschaft auch, es ist
-daher naheliegend, den gespiegelten Punkt als die Inverse eines
-Elementes zu nehmen.
-
-Eine Gerade durch zwei Punkte der
-in Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:elliptischekurve}
-dargestellten Kurve schneidet die Kurve ein drittes Mal.
-Die Gruppenoperation wird so definiert, dass drei Punkte der Kurve
-auf einer Geraden das Gruppenprodukt $e$ haben.
-Da aus $g_1g_2g_3=e$ folgt $g_3=(g_1g_2)^{-1}$ oder
-$g_1g_2=g_3^{-1}$, erhält man das Gruppenprodukt zweier Elemente
-auf der elliptischen Kurve indem erst den dritten Schnittpunkt
-ermittelt und diesen dann an der $u$-Achse spiegelt.
-
-Die geometrische Konstruktion schlägt fehl, wenn $g_1=g_2$ ist.
-In diesem Fall kann man die Tangente im Punkt $g_1$ an die Kurve
-verwenden.
-Dieser Fall tritt zum Beispiel auch in den drei Punkten
-$(u_1,0)$, $(u_2,0)$ und $(u_3,0)$ ein.
-
-Um das neutrale Element der Gruppe zu finden, können wir
-zwei Punkte $g$ und $g^{-1}$ miteinander verknüpfen.
-Die Gerade durch $g$ und $g^{-1}$ schneidet aber die Kurve
-kein drittes Mal.
-Ausserdem sind alle Geraden durch $g$ und $g^{-1}$ für verschiedene
-$g$ parallel.
-Das neutrale Element entspricht also einem unendlich weit entfernten Punkt.
-Das neutrale Element entsteht immer dann als Produkt, wenn zwei
-Punkte die gleiche $u$-Koordinaten haben.
-
-\subsubsection{Gruppenoperation, algebraische Konstruktion}
-Nach den geometrischen Vorarbeiten zur Definition der Gruppenoperation
-kann können wir die Konstruktion jetzt algebraisch umsetzen.
-
-Zunächst überlegen wir uns wieder eine Involution, welche als Inverse
-dienen kann.
-Dazu beachten wir, dass die linke Seite der definierenden Gleichung
-\begin{equation}
-Y^2+XY=X^3-aX+b.
-\label{buch:crypto:eqn:grupopgl}
-\end{equation}
-auch als $Y(Y+X)$ geschrieben werden kann.
-Die Abbildung $Y\mapsto -X-Y$ macht daraus
-\[
-(-X-Y)(-X-Y+X)=(X+Y)Y,
-\]
-dies ist also die gesuchte Involution.
-
-Seien also $g_1=(x_1,y_1)$ und $g_2=(x_2,y_2)$ zwei verschiedene Lösungen
-der Gleichung \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl}
-Als erstes brauchen wir eine Gleichung für die Gerade durch die beiden
-Punkte.
-Sei also $l(X,Y)$ eine Linearform derart, dass $l(g_1)=d$ und $l(g_2)=d$
-für ein geeignetes $d\in\Bbbk$.
-Dann gilt auch für die Punkte
-\[
-g(t) = tg_1 + (1-t)g_2
-\qquad\Rightarrow\qquad
-l(g(t))
-=
-tl(g_1) + (1-t)l(g_2)
-=
-tc+(1-t)c
-=
-(t+1-t)c
-=c,
-\]
-jeder Punkt der Geraden durch $g_1$ und $g_2$ lässt sich in dieser Form
-schreiben.
-
-Setzt man jetzt $g(t)$ in die Gleichung ein, erhält man eine kubische
-Gleichung in $t$, von der wir bereits zwei Nullstellen kennen, nämlich
-$0$ und $1$.
-Die kubische Gleichung muss also durch $t$ und $(t-1)$ teilbar sein.
-Diese Berechnung kann man einfach in einem Computeralgebrasystem
-durchführen.
-Das Polynom ist
-\[
-p(t)
-=
-\]
-Nach Division durch $t(t-1)$ erhält man als den Quotienten
-\begin{align*}
-q(t)
-&=
-(y_2-y_1)^2
-+
-(y_2-y_1) (x_2-x_1)
-+
-t(x_2-x_1)^3
--
-2x_2^3+3x_1x_2^2-x_1^3
-\end{align*}
-und den Rest
-\[
-r(t)
-=
-t(y_1^2+x_1y_1-x_1^3-ax_1-b)
-+
-(1-t)(y_2^2+x_2y_2-x_2^3-ax_2-b).
-\]
-Die Klammerausdrücke verschwinden, da die sie gleichbedeutend damit sind,
-dass die Punkte Lösungen von \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl} sind.
-
-Für den dritten Punkt auf der Geraden muss $t$ so gewählt werden, dass
-$q(t)=0$ ist.
-Dies ist aber eine lineare Gleichung mit der Lösung
-\begin{align*}
-t
-&=
--\frac{
-(y_1-y_2)^2
-+
-(y_2-y_1)(x_2-x_1)
--2x_2^3+3x_1x_2^2-x_1^3
-}{(x_2-x_1)^3}
-.
-\end{align*}
-Setzt man dies $g(t)$ ein, erhält man für die Koordinaten des dritten
-Punktes $g_3$ die Werte
-\begin{align}
-x_3
-&=
-\frac{
-(y_2-y_1)^2(x_2-x_1) + (y_2-y_1)(x_2-x_1)^2
--(x_2^4+x_1^4)
-}{
-(x_2-x_1)^3
-}
-\label{buch:crypto:eqn:x3}
-\\
-y_3
-&=
-\frac{
-(y_2-y_1)^3
-+(x_2-x_1)(y_2-y_1)^2
--(x_{2}-x_{1})^3 ( y_{2} - y_{1})
--(x_{2}-x_{1})^2 ( x_{1} y_{2}- x_{2} y_{1})
-}{
-(x_2-x_1)^3
-}
-\label{buch:crypto:eqn:y3}
-\end{align}
-Die Gleichungen
-\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
-und
-\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
-ermöglichen also, das Element $g_1g_2^{-1}$ zu berechnen.
-Interessant daran ist, dass in den Formeln die Konstanten $a$ und $b$
-gar nicht vorkommen.
-
-Es bleibt noch der wichtige Fall des Quadrierens in der Gruppe zu
-behandeln, also den Fall $g_1=g_2$.
-In diese Fall sind die Formeln
-\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
-und
-\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
-ganz offensichtlich nicht anwendbar.
-Die geometrische Anschauung hat nahegelegt, die Tangent an die Kurve
-im Punkt $g_1$ zu nehmen.
-In $\mathbb{R}$ würde man dafür einen Grenzübergang $g_2\to g_1$ machen,
-aber in einem endlichen Körper ist dies natürlich nicht möglich.
-
-Wir schreiben die Gerade als Parameterdarstellung in der Form
-\(
-t\mapsto g(t)= (x_1+ut, y_1+vt)
-\)
-für beliebige Parameter in $\Bbbk$.
-Die Werte $u_1$ und $u_2$ müssen so gewählt werden, dass $g(t)$ eine
-Tangente wird.
-Setzt man $g(t)$ in die Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl} ein,
-entsteht ein kubische Gleichung, die genau dann eine doppelte Nullstelle
-bei $0$ hat, wenn $u,v$ die Tangentenrichtung beschreiben.
-Einsetzen von $g(t)$ in \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl}
-ergibt die Gleichung
-\begin{align}
-0
-&=
--u^3t^3
-+
-(-3u^2x_{1}+v^2+uv)t^2
-+
-(2vy_1+uy_1-3ux_1^2+vx_1-au)t
-+
-(y_1^2+x_1y_1-x_1^3-ax_1-b)
-\label{buch:crypto:eqn:tangente1}
-\end{align}
-Damit bei $t=0$ eine doppelte Nullstelle mussen die letzten beiden
-Koeffizienten verschwinden, dies führt auf die Gleichungen
-\begin{align}
-y_1^2+x_1y_1&=x_1^3+ax_1+b
-\label{buch:crypto:eqn:rest1}
-\\
-(2y_1
-+x_1)v
-+(y_1
--3x_1^2
--a)u
-&=0
-\label{buch:crypto:eqn:rest2}
-\end{align}
-Die erste Gleichung \eqref{buch:crypto:eqn:rest1} drückt aus,
-dass $g_1$ ein Punkt der Kurve ist, sie ist automatisch erfüllt.
-
-Die zweite Gleichung
-\eqref{buch:crypto:eqn:rest2}
-legt das Verhältnis von $u$ und $v$, also die
-\label{buch:crypto:eqn:rest2}
-Tangentenrichtung fest.
-Eine mögliche Lösung ist
-\begin{equation}
-\begin{aligned}
-u &= x_1+2y_1
-\\
-v &= -y_1+3x_1^2+a.
-\end{aligned}
-\label{buch:crypto:eqn:uv}
-\end{equation}
-
-Der Quotient ist ein lineares Polynom in $t$, die Nullstelle parametrisiert
-den Punkt, der $(g_1)^{-2}$ entspricht.
-Der zugehörige Wert von $t$ ist
-\begin{equation}
-t=-\frac{3u^2x_1-v^2-uv}{u^3}.
-\label{buch:crypto:eqn:t}
-\end{equation}
-
-
-Setzt man
-\label{buch:crypto:eqn:t}
-und
-\eqref{buch:crypto:eqn:uv}
-in $g(t)$ ein, erhält man sehr komplizierte Ausdrücke für den dritten Punkt.
-Wir verzichten darauf, diese Ausdrücke hier aufzuschreiben.
-In der Praxis wird man in einem Körper der Charakteristik 2 arbeiten.
-In diesem Körper werden alle geraden Koeffizienten zu $0$, alle ungeraden
-Koeffizienten werden unabhängig vom Vorzeichen zu $1$.
-Damit bekommt man die folgenden, sehr viel übersichtlicheren Ausdrücke
-für den dritten Punkt:
-\begin{equation}
-\begin{aligned}
-x
-&=
--\frac{
-y_1^2+x_1y_1+x_1^4+x_1^3+ax_1-a^2
- }{
-x_1^2
-}
-\\
-y
-&=
-\frac{
-y_1^3+(x_1^2+x_1+a)y_1^2+(x_1^4 +a^2)y_1+x_1^6+ax_1^4+ax_1^3+a^2x_1^2+a^2x_1+a^3
-}{
- x_1^3
-}
-\end{aligned}
-\label{buch:crypto:eqn:tangentechar2}
-\end{equation}
-Damit haben wir einen vollständigen Formelsatz für die Berechnung der
-Gruppenoperation in der elliptischen Kurve mindestens für den praktisch
-relevanten Fall einer Kurve über einem Körper der Charakteristik $2$.
-
-\begin{satz}
-Die elliptische Kurve
-\[
-E_{a,b}(\mathbb{F}_{p^l})
-=
-\{
-(X,Y)\in\mathbb{F}_{p^l}
-\;|\;
-Y^2+XY = X^3-aX-b
-\}
-\]
-trägt eine Gruppenstruktur, die wie folgt definiert ist:
-\begin{enumerate}
-\item Der Punkt $(0,0)$ entspricht dem neutralen Element.
-\item Das inverse Element von $(x,y)$ ist $(-x,-y-x)$.
-\item Für zwei verschiedene Punkte $g_1$ und $g_2$ kann $g_3=(g_1g_2)^{-1}$
-mit Hilfe der Formeln
-\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
-und
-\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
-gefunden werden.
-\item Für einen Punkt $g_1$ kann $g_3=g_1^{-2}$ in Charakteristik $2$ mit
-Hilfe der Formeln
-\eqref{buch:crypto:eqn:tangentechar2}
-gefunden werden.
-\end{enumerate}
-Diese Operationen machen $E_{a,b}(\mathbb{F}_{p^l})$ zu einer endlichen
-abelschen Gruppe.
-\end{satz}
-
-\subsubsection{Beispiele}
-% XXX
-TODO: elliptische Kurven in IPsec: Oakley Gruppen
-
-\subsubsection{Diffie-Hellman in einer elliptischen Kurve}
-% XXX
-TODO: $g^x$ in einer elliptischen Kurve
-
-
-
+%
+% ff.tex -- Kryptographie und endliche Körper
+%
+% (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil
+%
+
+\section{Kryptographie und endliche Körper
+\label{buch:section:kryptographie-und-endliche-koerper}}
+\rhead{Kryptographie und endliche Körper}
+
+\subsection{Potenzen in $\mathbb{F}_p$ und diskreter Logarithmus
+\label{buch:subsection:potenzen-diskreter-logarithmus}}
+Für kryptographische Anwendungen wird eine einfach zu berechnende
+Funktion benötigt,
+die ohne zusätzliches Wissen, üblicherweise der Schlüssel genannt,
+nicht ohne weiteres umkehrbar ist.
+Die arithmetischen Operationen in einem endlichen Körper sind
+mit geringem Aufwand durchführbar.
+Für die ``schwierigste'' Operation, die Division, steht der
+euklidische Algorithmus zur Verfügung.
+
+Die nächstschwierigere Operation ist die Potenzfunktion.
+Für $g\in \Bbbk$ und $a\in\mathbb{N}$ ist die Potenz $g^a\in\Bbbk$
+natürlich durch die wiederholte Multiplikation definiert.
+In der Praxis werden aber $g$ und $a$ Zahlen mit vielen Binärstellen
+sein, die die wiederholte Multiplikation ist daher sicher nicht
+effizient, das Kriterium der einfachen Berechenbarkeit scheint
+also nicht erfüllt.
+Der folgende Algorithmus berechnet die Potenz in $O(\log_2 a)$
+Multiplikationen.
+
+\begin{algorithmus}[Divide-and-conquer]
+\label{buch:crypto:algo:divide-and-conquer}
+Sei $a=a_0 + a_12^1 + a_22^2 + \dots + a_k2^k$ die Binärdarstellung
+der Zahl $a$.
+\begin{enumerate}
+\item setze $f=g$, $x=1$, $i=0$
+\label{divide-and-conquer-1}
+\item solange $i\ge k$ ist, führe aus
+\label{divide-and-conquer-2}
+\begin{enumerate}
+\item
+\label{divide-and-conquer-3}
+falls $a_i=1$ setze $x \coloneqq x \cdot f$
+\item
+\label{divide-and-conquer-4}
+$i \coloneqq i+1$ und $f\coloneqq f\cdot f$
+\end{enumerate}
+\end{enumerate}
+Die Potenz $x=g^a$ kann so in $O(\log_2a)$ Multiplikationen
+berechnet werden.
+\end{algorithmus}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Die Initalisierung in Schritt~\ref{divide-and-conquer-1} stellt sicher,
+dass $x$ den Wert $g^0$ hat.
+Schritt~\ref{divide-and-conquer-4} stellt sicher,
+dass die Variable $f$ immer den Wert $g^{2^i}$ hat.
+Im Schritt~\ref{divide-and-conquer-3} wird zu $x$ die Potenz
+$g^{a_i2^i}$ hinzumultipliziert.
+Am Ende des Algorithmus hat daher $x$ den Wert
+\[
+x = g^{a_02^0} \cdot g^{a_12^1} \cdot g^{a_22^2} \cdot\ldots\cdot 2^{a_k2^k}
+=
+g^{a_0+a_12+a_22^2+\dots+a_k2^k}
+=
+g^a.
+\]
+Die Schleife wird $\lfloor1+\log_2ab\rfloor$ mal durchlaufen.
+In jedem Fall wird auf jeden Fall die Multiplikation in
+Schritt~\ref{divide-and-conquer-4} durchgeführt
+und im schlimmsten Fall auch noch die Multiplikation in
+Schritt~\ref{divide-and-conquer-3}.
+Es werden also nicht mehr als $2\lfloor 1+\log_2a\rfloor=O(\log_2a)$
+Multiplikationen durchgeführt.
+\end{proof}
+
+\begin{beispiel}
+Man berechne die Potenz $7^{2021}$ in $\mathbb{F}_p$.
+Die Binärdarstellung von 2021 ist $2021_{10}=\texttt{11111100101}_2$.
+Wir stellen die nötigen Operationen des
+Algorithmus~\ref{buch:crypto:algo:divide-and-conquer} in der folgenden
+Tabelle
+\begin{center}
+\begin{tabular}{|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|>{$}r<{$}|}
+\hline
+ i& f& a_i& x\\
+\hline
+ 0& 7& 1& 7\\
+ 1& 49& 0& 7\\
+ 2&1110& 1& 24\\
+ 3& 486& 0& 24\\
+ 4&1234& 0& 24\\
+ 5& 667& 1& 516\\
+ 6& 785& 1& 977\\
+ 7& 418& 1& 430\\
+ 8& 439& 1& 284\\
+ 9& 362& 1& 819\\
+10& 653& 1& 333\\
+\hline
+\end{tabular}
+\end{center}
+Daraus liest man ab, dass $7^{2021}=333\in\mathbb{F}_{1291}$.
+\end{beispiel}
+
+Die Tabelle suggeriert, dass die Potenzen von $g$ ``wild'', also
+scheinbar ohne System in $\mathbb{F}_p$ herumspringen.
+Dies deutet an, dass die Umkehrung der Exponentialfunktion in $\mathbb{F}_p$
+schwierig ist.
+Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion, die Umkehrfunktion von
+$x\mapsto g^x$ in $\mathbb{F}_p$ heisst der {\em diskrete Logarithmus}.
+\index{diskreter Logarithmus}%
+Tatsächlich ist der diskrete Logarithmus ähnlich schwierig zu bestimmen
+wie das Faktorisieren von Zahlen, die das Produkt grosser
+Primafaktoren ähnlicher Grössenordnung wie $p$ sind.
+Die Funktion $x\mapsto g^x$ ist die gesuchte, schwierig zu invertierende
+Funktion.
+
+Auf dern ersten Blick scheint der
+Algorithmus~\ref{buch:crypto:algo:divide-and-conquer}
+den Nachteil zu haben, dass erst die Binärdarstellung der Zahl $a$
+ermittelt werden muss.
+In einem Computer ist dies aber normalerweise kein Problem, da $a$
+im Computer ohnehin binär dargestellt ist.
+Die Binärziffern werden in der Reihenfolge vom niederwertigsten zum
+höchstwertigen Bit benötigt.
+Die folgende Modifikation des Algorithmus ermittelt laufend
+auch die Binärstellen von $a$.
+Die dazu notwendigen Operationen sind im Binärsystem besonders
+effizient implementierbar, die Division durch 2 ist ein Bitshift, der
+Rest ist einfach das niederwertigste Bit der Zahl.
+
+\begin{algorithmus}
+\label{buch:crypto:algo:divide-and-conquer2}
+\begin{enumerate}
+\item
+Setze $f=g$, $x=1$, $i=0$
+\item
+Solange $a>0$ ist, führe aus
+\begin{enumerate}
+\item
+Verwende den euklidischen Algorithmus um $r$ und $b$ zu bestimmen mit $a=2b+r$
+\item
+Falls $r=1$ setze $x \coloneqq x \cdot f$
+\item
+$i \coloneqq i+1$, $a = b$ und $f\coloneqq f\cdot f$
+\end{enumerate}
+\end{enumerate}
+Die Potenz $x=g^a$ kann so in $O(\log_2a)$ Multiplikationen
+berechnet werden.
+\end{algorithmus}
+
+
+%
+% Diffie-Hellman Schlüsseltausch
+%
+\subsection{Diffie-Hellman-Schlüsseltausch
+\label{buch:subsection:diffie-hellman}}
+Eine Grundaufgabe der Verschlüsselung im Internet ist, dass zwei
+Kommunikationspartner einen gemeinsamen Schlüssel für die Verschlüsselung
+der Daten aushandeln können müssen.
+Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kommunikation abgehört wird.
+Trotzdem soll es für einen Lauscher nicht möglich sein, den
+ausgehandelten Schlüssel zu ermitteln.
+
+% XXX Historisches zu Diffie und Hellman
+
+Die beiden Partner $A$ und $B$ einigen sich zunächst auf eine Zahl $g$,
+die öffentlich bekannt sein darf.
+Weiter erzeugen sie eine zufällige Zahl $a$ und $b$, die sie geheim
+halten.
+Das Verfahren soll aus diesen beiden Zahlen einen Schlüssel erzeugen,
+den beide Partner berechnen können, ohne dass sie $a$ oder $b$
+übermitteln müssen.
+Die beiden Zahlen werden daher auch die privaten Schlüssel genannt.
+
+Die Idee von Diffie und Hellman ist jetzt, die Werte $x=g^a$ und $y=g^b$
+zu übertragen.
+In $\mathbb{R}$ würden dadurch natürlich dem Lauscher auch $a$ offenbart,
+er könnte einfach $a=\log_g x$ berechnen.
+Ebenso kann auch $b$ als $b=\log_g y$ erhalten werden, die beiden
+privaten Schlüssel wären also nicht mehr privat.
+Statt der Potenzfunktion in $\mathbb{R}$ muss also eine Funktion
+verwendet werden, die nicht so leicht umgekehrt werden kann.
+Die Potenzfunktion in $\mathbb{F}_p$ erfüllt genau diese Eigenschaft.
+Die Kommunikationspartner einigen sich also auch noch auf die (grosse)
+Primzahl $p$ und übermitteln $x=g^a\in\mathbb{F}_p$ und
+$y=g^b\in\mathbb{F}_p$.
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics{chapters/90-crypto/images/dh.pdf}
+\caption{Schlüsselaustausch nach Diffie-Hellman.
+Die Kommunikationspartner $A$ und $B$ einigen sich öffentlich auf
+$p\in\mathbb{N}$ und $g\in\mathbb{F}_p$.
+$A$ wählt dann einen privaten Schlüssel $a\in\mathbb{N}$ und
+$B$ wählt $b\in\mathbb{N}$, sie tauschen dann $x=g^a$ und $y=g^b$
+aus.
+$A$ erhält den gemeinsamen Schlüssel aus $y^a$, $B$ erhält ihn
+aus $x^b$.
+\label{buch:crypto:fig:dh}}
+\end{figure}
+
+Aus $x$ und $y$ muss jetzt der gemeinsame Schlüssel abgeleitet werden.
+$A$ kennt $y=g^b$ und $a$, $B$ kennt $x=g^a$ und $b$.
+Beide können die Zahl $s=g^{ab}\in\mathbb{F}_p$ berechnen.
+$A$ macht das, indem er $y^a=(g^b)^a = g^{ab}$ rechnet,
+$B$ rechnet $x^b = (g^a)^b = g^{ab}$, beide natürlich in $\mathbb{F}_p$.
+Der Lauscher kann aber $g^{ab}$ nicht ermitteln, dazu müsste er
+$a$ oder $b$ ermitteln können.
+Die Zahl $s=g^{ab}$ kann also als gemeinsamer Schlüssel verwendet
+werden.
+
+
+
+\subsection{Elliptische Kurven
+\label{buch:subsection:elliptische-kurven}}
+Das Diffie-Hellman-Verfahren basiert auf der Schwierigkeit, in einem
+Körper $\mathbb{F}_p$ die Gleichung $a^x=b$ nach $x$ aufzulösen.
+Die Addition in $\mathbb{F}_p$ wird dazu nicht benötigt.
+Es reicht, eine Menge mit einer Multiplikation zu haben, in der das
+die Gleichung $a^x=b$ schwierig zu lösen ist.
+Ein Gruppe wäre also durchaus ausreichend.
+
+Ein Kandidat für eine solche Gruppe könnte der Einheitskreis
+$S^1=\{z\in\mathbb{C}\;|\; |z|=1\}$ in der komplexen Ebene sein.
+Wählt man eine Zahl $g=e^{i\alpha}$, wobei $\alpha$ ein irrationales
+Vielfaches von $\pi$ ist, dann sind alle Potenzen $g^n$ für natürliche
+Exponenten voneinander verschieden.
+Wäre nämlich $g^{n_1}=g^{n_2}$, dann wäre $e^{i\alpha(n_1-n_2)}=1$ und
+somit müsste $\alpha=2k\pi/(n_1-n_2)$ sein.
+Damit wäre aber $\alpha$ ein rationales Vielfaches von $\pi$, im Widerspruch
+zur Voraussetzung.
+Die Abbildung $n\mapsto g^n\in S^1$ ist auf den ersten Blick etwa ähnlich
+undurchschaubar wie die Abbildung $n\mapsto g^n\in\mathbb{F}_p$.
+Es gibt zwar die komplexe Logarithmusfunktion, mit der man $n$ bestimmen
+kann, dazu muss man aber den Wert von $g^n$ mit beliebiger Genauigkeit
+kennen, denn die Werte von $g^n$ können beliebig nahe beieinander liegen.
+
+Der Einheitskreis ist die Lösungsmenge der Gleichung $x^2+y^2=1$ für
+reelle Koordinaten $x$ und $y$,
+doch Rundungsunsicherheiten verunmöglichen den Einsatz in einem
+Verfahren ähnlich dem Diffie-Hellman-Verfahren.
+Dieses Problem kann gelöst werden, indem für die Variablen Werte
+aus einem endlichen Körper verwendet werden.
+Gesucht ist also eine Gleichung in zwei Variablen, deren Lösungsmenge
+in einem endlichen Körper eine Gruppenstruktur trägt.
+Die Lösungsmenge ist eine ``Kurve'' von Punkten mit
+Koordinaten in einem endlichen Körper.
+
+In diesem Abschnitt wird gezeigt, dass sogenannte elliptische Kurven
+über endlichen Körpern genau die verlangen Eigenschaften haben.
+
+\subsubsection{Elliptische Kurven}
+Elliptische Kurven sind Lösungen einer Gleichung der Form
+\begin{equation}
+Y^2+XY=X^3+aX+b
+\label{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
+\end{equation}
+mit Werten von $X$ und $Y$ in einem geeigneten Körper.
+Die Koeffizienten $a$ und $b$ müssen so gewählt werden, dass die
+Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve} genügend viele
+Lösungen hat.
+Über den komplexen Zahlen hat die Gleichung natürlich für jede Wahl von
+$X$ drei Lösungen.
+Für einen endlichen Körper können wir dies im allgemeinen nicht erwarten,
+aber wenn wir genügend viele Wurzeln zu $\mathbb{F}$ hinzufügen können wir
+mindestens erreichen, dass die Lösungsmenge so viele Elemente hat,
+dass ein Versuch, die Gleichung $g^x=b$ mittels Durchprobierens zu
+lösen, zum Scheitern verurteil ist.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:crypto:def:ellipticcurve}
+Die {\em elliptische Kurve} $E_{a,b}(\Bbbk)$ über dem Körper $\Bbbk$ ist
+die Menge
+\[
+E_{a,b}(\Bbbk)
+=
+\{(X,Y)\in\Bbbk^2\;|\;Y^2+XY=X^3+aX+b\},
+\]
+für $a,b\in\Bbbk$.
+\end{definition}
+
+Um die Anschauung zu vereinfachen, werden wir elliptische Kurven über
+dem Körper $\mathbb{R}$ visualisieren.
+Die daraus gewonnenen geometrischen Einsichten werden wir anschliessend
+algebraisch umsetzen.
+In den reellen Zahlen kann man die
+Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
+noch etwas vereinfachen.
+Indem man in \eqref{buch:crypto:eqn:ellipticcurve}
+quadratisch ergänzt, bekommt man
+\begin{align}
+Y^2 + XY + \frac14X^2 &= X^3+\frac14 X^2 +aX+b
+\notag
+\\
+\Rightarrow\qquad
+v^2&=X^3+\frac14X^2+aX+b,
+\label{buch:crypto:eqn:ell2}
+\end{align}
+indem man $v=Y+\frac12X$ setzt.
+Man beachte, dass man diese Substition nur machen kann, wenn $\frac12$
+definiert ist.
+In $\mathbb{R}$ ist dies kein Problem, aber genau über den Körpern
+mit Charakteristik $2$, die wir für die Computer-Implementation
+bevorzugen, ist dies nicht möglich.
+Es geht hier aber nur um die Visualisierung.
+
+Auch die Form \eqref{buch:crypto:eqn:ell2} lässt sich noch etwas
+vereinfachen.
+Setzt man $X=u-\frac1{12}$, dann verschwindet nach einiger Rechnung,
+die wir hier nicht durchführen wollen, der quadratische Term
+auf der rechten Seite.
+Die interessierenden Punkte sind Lösungen der einfacheren Gleichung
+\begin{equation}
+v^2
+=
+u^3+\biggl(a-\frac{1}{48}\biggr)u + b-\frac{a}{12}+\frac{1}{864}
+=
+u^3+Au+B.
+\label{buch:crypto:ellvereinfacht}
+\end{equation}
+In dieser Form ist mit $(u,v)$ immer auch $(u,-v)$ eine Lösung,
+die Kurve ist symmetrisch bezüglich der $u$-Achse.
+Ebenso kann man ablesen, dass nur diejenigen $u$-Werte möglich sind,
+für die das kubische Polynom $u^3+Au+B$ auf der rechten Seite von
+\eqref{buch:crypto:ellvereinfacht}
+nicht negativ ist.
+
+Sind $u_1$, $u_2$ und $u_3$ die Nullstellen des kubischen Polynoms
+auf der rechten Seite von~\eqref{buch:crypto:ellvereinfacht}, folgt
+\[
+v^2
+=
+(u-u_1)(u-u_2)(u-u_3)
+=
+u^3
+-(u_1+u_2+u_3)u^2
++(u_1u_2+u_1u_3+u_2u_3)u
+-
+u_1u_2u_3.
+\]
+Durch Koeffizientenvergleich sieht man, dass $u_1+u_2+u_3=0$ sein muss.
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics{chapters/90-crypto/images/elliptic.pdf}
+\caption{Elliptische Kurve in $\mathbb{R}$ in der Form
+$v^2=u^3+Au+B$ mit Nullstellen $u_1$, $u_2$ und $u_3$ des
+kubischen Polynoms auf der rechten Seite.
+Die blauen Punkte und Geraden illustrieren die Definition der
+Gruppenoperation in der elliptischen Kurve.
+\label{buch:crypto:fig:elliptischekurve}}
+\end{figure}
+Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:elliptischekurve}
+zeigt eine elliptische Kurve in der Ebene.
+
+\subsubsection{Geometrische Definition der Gruppenoperation}
+In der speziellen Form \ref{buch:crypto:ellvereinfacht} ist die
+elliptische Kurve symmetrisch unter Spiegelung an der $u$-Achse.
+Die Spiegelung ist eine Involution, zweimalige Ausführung führt auf
+den ursprünglichen Punkt zurück.
+Die Inverse in einer Gruppe hat diese Eigenschaft auch, es ist
+daher naheliegend, den gespiegelten Punkt als die Inverse eines
+Elementes zu nehmen.
+
+Eine Gerade durch zwei Punkte der
+in Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:elliptischekurve}
+dargestellten Kurve schneidet die Kurve ein drittes Mal.
+Die Gruppenoperation wird so definiert, dass drei Punkte der Kurve
+auf einer Geraden das Gruppenprodukt $e$ haben.
+Da aus $g_1g_2g_3=e$ folgt $g_3=(g_1g_2)^{-1}$ oder
+$g_1g_2=g_3^{-1}$, erhält man das Gruppenprodukt zweier Elemente
+auf der elliptischen Kurve indem erst den dritten Schnittpunkt
+ermittelt und diesen dann an der $u$-Achse spiegelt.
+
+Die geometrische Konstruktion schlägt fehl, wenn $g_1=g_2$ ist.
+In diesem Fall kann man die Tangente im Punkt $g_1$ an die Kurve
+verwenden.
+Dieser Fall tritt zum Beispiel auch in den drei Punkten
+$(u_1,0)$, $(u_2,0)$ und $(u_3,0)$ ein.
+
+Um das neutrale Element der Gruppe zu finden, können wir
+zwei Punkte $g$ und $g^{-1}$ miteinander verknüpfen.
+Die Gerade durch $g$ und $g^{-1}$ schneidet aber die Kurve
+kein drittes Mal.
+Ausserdem sind alle Geraden durch $g$ und $g^{-1}$ für verschiedene
+$g$ parallel.
+Das neutrale Element entspricht also einem unendlich weit entfernten Punkt.
+Das neutrale Element entsteht immer dann als Produkt, wenn zwei
+Punkte die gleiche $u$-Koordinaten haben.
+
+\subsubsection{Gruppenoperation, algebraische Konstruktion}
+Nach den geometrischen Vorarbeiten zur Definition der Gruppenoperation
+kann können wir die Konstruktion jetzt algebraisch umsetzen.
+
+Zunächst überlegen wir uns wieder eine Involution, welche als Inverse
+dienen kann.
+Dazu beachten wir, dass die linke Seite der definierenden Gleichung
+\begin{equation}
+Y^2+XY=X^3-aX+b.
+\label{buch:crypto:eqn:grupopgl}
+\end{equation}
+auch als $Y(Y+X)$ geschrieben werden kann.
+Die Abbildung $Y\mapsto -X-Y$ macht daraus
+\[
+(-X-Y)(-X-Y+X)=(X+Y)Y,
+\]
+dies ist also die gesuchte Involution.
+
+Seien also $g_1=(x_1,y_1)$ und $g_2=(x_2,y_2)$ zwei verschiedene Lösungen
+der Gleichung \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl}
+Als erstes brauchen wir eine Gleichung für die Gerade durch die beiden
+Punkte.
+Sei also $l(X,Y)$ eine Linearform derart, dass $l(g_1)=d$ und $l(g_2)=d$
+für ein geeignetes $d\in\Bbbk$.
+Dann gilt auch für die Punkte
+\[
+g(t) = tg_1 + (1-t)g_2
+\qquad\Rightarrow\qquad
+l(g(t))
+=
+tl(g_1) + (1-t)l(g_2)
+=
+tc+(1-t)c
+=
+(t+1-t)c
+=c,
+\]
+jeder Punkt der Geraden durch $g_1$ und $g_2$ lässt sich in dieser Form
+schreiben.
+
+Setzt man jetzt $g(t)$ in die Gleichung ein, erhält man eine kubische
+Gleichung in $t$, von der wir bereits zwei Nullstellen kennen, nämlich
+$0$ und $1$.
+Die kubische Gleichung muss also durch $t$ und $(t-1)$ teilbar sein.
+Diese Berechnung kann man einfach in einem Computeralgebrasystem
+durchführen.
+Das Polynom ist
+\[
+p(t)
+=
+\]
+Nach Division durch $t(t-1)$ erhält man als den Quotienten
+\begin{align*}
+q(t)
+&=
+(y_2-y_1)^2
++
+(y_2-y_1) (x_2-x_1)
++
+t(x_2-x_1)^3
+-
+2x_2^3+3x_1x_2^2-x_1^3
+\end{align*}
+und den Rest
+\[
+r(t)
+=
+t(y_1^2+x_1y_1-x_1^3-ax_1-b)
++
+(1-t)(y_2^2+x_2y_2-x_2^3-ax_2-b).
+\]
+Die Klammerausdrücke verschwinden, da die sie gleichbedeutend damit sind,
+dass die Punkte Lösungen von \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl} sind.
+
+Für den dritten Punkt auf der Geraden muss $t$ so gewählt werden, dass
+$q(t)=0$ ist.
+Dies ist aber eine lineare Gleichung mit der Lösung
+\begin{align*}
+t
+&=
+-\frac{
+(y_1-y_2)^2
++
+(y_2-y_1)(x_2-x_1)
+-2x_2^3+3x_1x_2^2-x_1^3
+}{(x_2-x_1)^3}
+.
+\end{align*}
+Setzt man dies $g(t)$ ein, erhält man für die Koordinaten des dritten
+Punktes $g_3$ die Werte
+\begin{align}
+x_3
+&=
+\frac{
+(y_2-y_1)^2(x_2-x_1) + (y_2-y_1)(x_2-x_1)^2
+-(x_2^4+x_1^4)
+}{
+(x_2-x_1)^3
+}
+\label{buch:crypto:eqn:x3}
+\\
+y_3
+&=
+\frac{
+(y_2-y_1)^3
++(x_2-x_1)(y_2-y_1)^2
+-(x_{2}-x_{1})^3 ( y_{2} - y_{1})
+-(x_{2}-x_{1})^2 ( x_{1} y_{2}- x_{2} y_{1})
+}{
+(x_2-x_1)^3
+}
+\label{buch:crypto:eqn:y3}
+\end{align}
+Die Gleichungen
+\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
+und
+\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
+ermöglichen also, das Element $g_1g_2^{-1}$ zu berechnen.
+Interessant daran ist, dass in den Formeln die Konstanten $a$ und $b$
+gar nicht vorkommen.
+
+Es bleibt noch der wichtige Fall des Quadrierens in der Gruppe zu
+behandeln, also den Fall $g_1=g_2$.
+In diese Fall sind die Formeln
+\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
+und
+\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
+ganz offensichtlich nicht anwendbar.
+Die geometrische Anschauung hat nahegelegt, die Tangent an die Kurve
+im Punkt $g_1$ zu nehmen.
+In $\mathbb{R}$ würde man dafür einen Grenzübergang $g_2\to g_1$ machen,
+aber in einem endlichen Körper ist dies natürlich nicht möglich.
+
+Wir schreiben die Gerade als Parameterdarstellung in der Form
+\(
+t\mapsto g(t)= (x_1+ut, y_1+vt)
+\)
+für beliebige Parameter in $\Bbbk$.
+Die Werte $u_1$ und $u_2$ müssen so gewählt werden, dass $g(t)$ eine
+Tangente wird.
+Setzt man $g(t)$ in die Gleichung~\eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl} ein,
+entsteht ein kubische Gleichung, die genau dann eine doppelte Nullstelle
+bei $0$ hat, wenn $u,v$ die Tangentenrichtung beschreiben.
+Einsetzen von $g(t)$ in \eqref{buch:crypto:eqn:grupopgl}
+ergibt die Gleichung
+\begin{align}
+0
+&=
+-u^3t^3
++
+(-3u^2x_{1}+v^2+uv)t^2
++
+(2vy_1+uy_1-3ux_1^2+vx_1-au)t
++
+(y_1^2+x_1y_1-x_1^3-ax_1-b)
+\label{buch:crypto:eqn:tangente1}
+\end{align}
+Damit bei $t=0$ eine doppelte Nullstelle mussen die letzten beiden
+Koeffizienten verschwinden, dies führt auf die Gleichungen
+\begin{align}
+y_1^2+x_1y_1&=x_1^3+ax_1+b
+\label{buch:crypto:eqn:rest1}
+\\
+(2y_1
++x_1)v
++(y_1
+-3x_1^2
+-a)u
+&=0
+\label{buch:crypto:eqn:rest2}
+\end{align}
+Die erste Gleichung \eqref{buch:crypto:eqn:rest1} drückt aus,
+dass $g_1$ ein Punkt der Kurve ist, sie ist automatisch erfüllt.
+
+Die zweite Gleichung
+\eqref{buch:crypto:eqn:rest2}
+legt das Verhältnis von $u$ und $v$, also die
+\label{buch:crypto:eqn:rest2}
+Tangentenrichtung fest.
+Eine mögliche Lösung ist
+\begin{equation}
+\begin{aligned}
+u &= x_1+2y_1
+\\
+v &= -y_1+3x_1^2+a.
+\end{aligned}
+\label{buch:crypto:eqn:uv}
+\end{equation}
+
+Der Quotient ist ein lineares Polynom in $t$, die Nullstelle parametrisiert
+den Punkt, der $(g_1)^{-2}$ entspricht.
+Der zugehörige Wert von $t$ ist
+\begin{equation}
+t=-\frac{3u^2x_1-v^2-uv}{u^3}.
+\label{buch:crypto:eqn:t}
+\end{equation}
+
+
+Setzt man
+\label{buch:crypto:eqn:t}
+und
+\eqref{buch:crypto:eqn:uv}
+in $g(t)$ ein, erhält man sehr komplizierte Ausdrücke für den dritten Punkt.
+Wir verzichten darauf, diese Ausdrücke hier aufzuschreiben.
+In der Praxis wird man in einem Körper der Charakteristik 2 arbeiten.
+In diesem Körper werden alle geraden Koeffizienten zu $0$, alle ungeraden
+Koeffizienten werden unabhängig vom Vorzeichen zu $1$.
+Damit bekommt man die folgenden, sehr viel übersichtlicheren Ausdrücke
+für den dritten Punkt:
+\begin{equation}
+\begin{aligned}
+x
+&=
+-\frac{
+y_1^2+x_1y_1+x_1^4+x_1^3+ax_1-a^2
+ }{
+x_1^2
+}
+\\
+y
+&=
+\frac{
+y_1^3+(x_1^2+x_1+a)y_1^2+(x_1^4 +a^2)y_1+x_1^6+ax_1^4+ax_1^3+a^2x_1^2+a^2x_1+a^3
+}{
+ x_1^3
+}
+\end{aligned}
+\label{buch:crypto:eqn:tangentechar2}
+\end{equation}
+Damit haben wir einen vollständigen Formelsatz für die Berechnung der
+Gruppenoperation in der elliptischen Kurve mindestens für den praktisch
+relevanten Fall einer Kurve über einem Körper der Charakteristik $2$.
+
+\begin{satz}
+Die elliptische Kurve
+\[
+E_{a,b}(\mathbb{F}_{p^l})
+=
+\{
+(X,Y)\in\mathbb{F}_{p^l}
+\;|\;
+Y^2+XY = X^3-aX-b
+\}
+\]
+trägt eine Gruppenstruktur, die wie folgt definiert ist:
+\begin{enumerate}
+\item Der Punkt $(0,0)$ entspricht dem neutralen Element.
+\item Das inverse Element von $(x,y)$ ist $(-x,-y-x)$.
+\item Für zwei verschiedene Punkte $g_1$ und $g_2$ kann $g_3=(g_1g_2)^{-1}$
+mit Hilfe der Formeln
+\eqref{buch:crypto:eqn:x3}
+und
+\eqref{buch:crypto:eqn:y3}
+gefunden werden.
+\item Für einen Punkt $g_1$ kann $g_3=g_1^{-2}$ in Charakteristik $2$ mit
+Hilfe der Formeln
+\eqref{buch:crypto:eqn:tangentechar2}
+gefunden werden.
+\end{enumerate}
+Diese Operationen machen $E_{a,b}(\mathbb{F}_{p^l})$ zu einer endlichen
+abelschen Gruppe.
+\end{satz}
+
+\subsubsection{Beispiele}
+% XXX
+TODO: elliptische Kurven in IPsec: Oakley Gruppen
+
+\subsubsection{Diffie-Hellman in einer elliptischen Kurve}
+% XXX
+TODO: $g^x$ in einer elliptischen Kurve
+
+
+