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diff --git a/buch/papers/erdbeben/Teil_Fabio.tex b/buch/papers/erdbeben/Teil_Fabio.tex index 76dfaa7..86422e6 100644 --- a/buch/papers/erdbeben/Teil_Fabio.tex +++ b/buch/papers/erdbeben/Teil_Fabio.tex @@ -1,12 +1,13 @@ \section{Anwendung des Kalman-Filters} +\rhead{Anwendung des Kalman-Filters} Bis jetzt haben wir gesehen, was das Kalman-Filter bewirkt und wie es funktioniert. Nun möchten wir mit einem konkreten Beispiel herausfinden, -ob das Filter unsere gesuchte Grösse $f(t)$ bestimmen kann. +ob das Filter unsere gesuchte Grösse $F(t)$ bestimmen kann. Da wir keine Rohdaten über vergangene Erdbeben zur Hand haben, müssen wir mittels Simulation künstliche Daten erzeugen. Diese können wir dann mit unserem Filter verarbeiten. -Diese Vorgehensweise erlaubt uns das Erdbeben beliebig zu gestalten +Diese Vorgehensweise erlaubt uns, das Erdbeben beliebig zu gestalten und weil es digital simuliert wird, haben wir auch keine Bauschäden zu beklagen. \subsection{Wahl der Schwingung} @@ -29,23 +30,30 @@ Für die Frequenz $f$ wählen wir eine Zufallssquenz mit Erwartungswert und Stan \sigma = \SI{10}{\hertz}. \end{equation} Zusätzlich haben wir $f$ mit einem Savitzky-Golay-Filter gefiltert. +\index{Savitzky-Golay-Filter}% Ein Savitzky-Golay-Filter schaut sich immer eine definierte Anzahl von Datenpunkte an und bildet ein Polynom $n$-ter Ordnung. In unserer Anwendung schaut sich das Filter, im Sinne eines verschiebbaren Fensters, jeweils elf aufeinanderfolgende Datenpunkte an und bildet ein Polynom $0$-ter Ordnung, also eine Konstante. Somit erhalten wir mit Matlab-Standardfunktionen einen gleitenden Mittelwert, +\index{gleitender Mittelwert}% um all zu schnelle Änderungen der Frequenz zu unterdrücken. $\lambda$ ist die Bodendämpfung, für die wir $0.2$ wählen. +\index{Bodendämpfung}% Sie ist dafür verantwortlich, dass unser Erdbeben abklingt und kreiert bei der gedämpften Schwingung die typische Hüllkurve. +\index{Hüllkurve}% Wir nehmen an, dass $\lambda$ ein Materialparameter von geologischen Böden ist. \subsection{Versuch im Standardfall} Im nächsten Schritt müssen wir sinnvolle Systemparameter für unseren Seismographen definieren. Eine kurze Recherche zeigt, dass die Masse ein Gewicht von ca.\ \SI{100}{\gram} hat. +\index{Masse}% Zur Federkonstante $D$ und Dämpfung $k$ konnten wir leider keine brauchbaren Grössen finden. +\index{Federkonstante}% +\index{Dämpfung}% Wir treffen die Annahmen $D = 1$ und $k = 0.01$. Für die Masse definieren wir $m = 0.01$. @@ -65,6 +73,7 @@ Für das Prozessrauschen werden die Bedingungen \end{equation} angesetzt. Die Annahme, dass sich die Erdbebenkraft $F$ nicht ändert, +\index{Erdbebenkraft}% kompensieren wir hier endlich durch einen grossen Wert von $\sigma_F^2$. Auch für die Messung setzen wir ein Rauschen voraus und definieren \begin{equation} @@ -79,18 +88,6 @@ Damit sind nun die benötigten Systemparameter und das Rauschen definiert. Als nächstes erzeugen wir ein Erdbeben und schauen, wie gut das Kalman-Filter die äussere Beschleunigung schätzen kann. -\subsection*{Ergebnis} - -Wie wir in Abbildung~\ref{erdbeben:fig:standard-alles} im Positions-Zeit-Diagramm sehen, erzeugen unsere vorher gewählten Parameter eine realistische Erdbebenaufzeichnung. -Leiten wir die Position einmal ab, erhalten wir die Geschwindigkeit. -Die zweite Ableitung ergibt uns die Kraft, die in unserer Aufgabenstellung gesucht ist. - -Zoomen wir näher ran, erkennen wir wieder im Positions-Diagramm eine Überlagerung der Massen-Eigenschwingung mit der Erdbebenschwingung. -Die Masse schwingt mit einer tiefen Frequenz und hoher Amplitude, hingegen das Erdbeben mit einer hohen Frequenz und tiefer Amplitude. - -Vergleichen wir nun die Position mit der Kraft, stellen wir fest, dass das Kalman-Filter eine Schätzung wiedergibt, die auch eine Frequenz von \SI{15}{\hertz} hat. -Das Filter war imstande die Eigenfrequenz zu eliminieren und die tatsächliche Kraft des Erdbebens wiederzugeben. - \begin{figure} \begin{center} \includegraphics[width=.95\linewidth,keepaspectratio]{papers/erdbeben/images/standard.PDF} @@ -106,22 +103,17 @@ Das Filter war imstande die Eigenfrequenz zu eliminieren und die tatsächliche K \end{center} \end{figure} -\subsection{Veränderung der Systemparameter} -Wir möchten nun testen, was die Auswirkungen sind, wenn zum Beispiel der Seismograph andere Systemparameter aufweist. -Wir nehmen an, dass sich im Vergleich zum Standardfall die Masse erhöht, die Federkonstante schwächer und die Bodendämpfung doppelt so stark wirkt. -Somit gilt neu -\[ -m = 0.05, -\qquad \qquad -D = 0.5 -\qquad \text{und} \qquad -k = 0.02. -\] -Da wir mit dieser Anpassung die Trägheit des Seismogrammes erhöht haben, -erwarten wir eine langsamere Bewegung der Masse, das heisst die Eigenfrequenz wird reduziert. +\subsection*{Ergebnis} -Betrachten wir Abbildung~\ref{erdbeben:fig:systemparameter-geaendert} können wir diese Erwartung bestätigen. -Nebst dem bemerken wir eine grössere Auslenkung der Position, die wir auf die höhere Energie der Masse und geringeren Rücklenkkraft der Feder begründen können. +Wie wir in Abbildung~\ref{erdbeben:fig:standard-alles} im Positions-Zeit-Diagramm sehen, erzeugen unsere vorher gewählten Parameter eine realistische Erdbebenaufzeichnung. +Leiten wir die Position einmal ab, erhalten wir die Geschwindigkeit. +Die zweite Ableitung ergibt uns die Kraft, die in unserer Aufgabenstellung gesucht ist. + +Zoomen wir näher heran, erkennen wir wieder im Positions-Diagramm eine Überlagerung der Massen-Eigenschwingung mit der Erdbebenschwingung. +Die Masse schwingt mit einer tiefen Frequenz und hoher Amplitude, hingegen das Erdbeben mit einer hohen Frequenz und tiefer Amplitude. + +Vergleichen wir nun die Position mit der Kraft, stellen wir fest, dass das Kalman-Filter eine Schätzung wiedergibt, die auch eine Frequenz von \SI{15}{\hertz} hat. +Das Filter war imstande die Eigenfrequenz zu eliminieren und die tatsächliche Kraft des Erdbebens wiederzugeben. \begin{figure} \begin{center} @@ -137,15 +129,6 @@ Nebst dem bemerken wir eine grössere Auslenkung der Position, die wir auf die h \end{center} \end{figure} -\subsection{Verstärkung des Prozessrauschens} -Falls wir unseren Seismographen in der Nähe einer grösseren Stadt aufstellen, so müssen wir aufgrund der Vibrationen mit einem stärkeren Prozessrauschen rechnen. -Dieses Rauschen beeinflusst die Varianzen der Position und Geschwindigkeit in der Matrix $Q$. -Aus diesem Grund erhöhen wir die Standardabweichungen der Positions $\sigma_s$ und Geschwindigkeit $\sigma_v$ in der Matrix $Q$ um den Faktor $100$. -Die Auswertung in Abbildung~\ref{erdbeben:fig:prozessrauschen-geaendert} zeigt auf, -dass das Kalman-Filter die Schätzung der Kraft nur gering an den Messwerten anpasst, -da wir den Schätzungen für die Position nun wenig Vertrauen schenken und stärker der Modell-Annahme $\dot F = 0$ folgen. -Die Theorie dazu haben wir im Abschnitt~\ref{erdbeben:Wahrscheindlichkeit} angeschaut. - \begin{figure} \begin{center} \includegraphics[width=.95\linewidth,keepaspectratio]{papers/erdbeben/images/Prozessrauschen_geaendert.PDF} @@ -163,13 +146,25 @@ Die Theorie dazu haben wir im Abschnitt~\ref{erdbeben:Wahrscheindlichkeit} anges \end{center} \end{figure} -\subsection{Verstärkung des Messrauschens} -Als letztes verstärken wir das Messrauschen um den Faktor $100$ und belassen wieder den Rest wie im Standardfall. -Wie man eigentlich schon erwarten kann, -zeigt uns die Abbildung~\ref{erdbeben:fig:messrauschen-geaendert}, -dass das Signal des Messsensors vom Messrauschen start gestört wird. -Weil die Messung zu ungenau ist, -kann das Kalman-Filter nicht mehr gut arbeiten und produziert einen ungenauen Output. +\subsection{Veränderung der Systemparameter} +Wir möchten nun testen, was die Auswirkungen sind, wenn zum Beispiel der Seismograph andere Systemparameter aufweist. +Wir nehmen an, dass sich im Vergleich zum Standardfall die Masse erhöht, die Federkonstante schwächer und die Bodendämpfung doppelt so stark wirkt. +Somit gilt neu +\[ +m = 0.05, +\qquad \qquad +D = 0.5 +\qquad \text{und} \qquad +k = 0.02. +\] +Da wir mit dieser Anpassung die Trägheit des Seismographen erhöht haben, +erwarten wir eine langsamere Bewegung der Masse, das heisst die Eigenfrequenz wird reduziert. + + +Betrachten wir Abbildung~\ref{erdbeben:fig:systemparameter-geaendert}, können wir diese Erwartung bestätigen. +Nebst dem bemerken wir eine grössere Auslenkung der Position, die wir mit der höheren Energie der Masse und geringeren Rücklenkkraft der Feder begründen können. + + \begin{figure} \begin{center} @@ -188,11 +183,31 @@ kann das Kalman-Filter nicht mehr gut arbeiten und produziert einen ungenauen Ou \end{center} \end{figure} -\subsection{Zusammenfassung} +\subsection{Verstärkung des Prozessrauschens} +Falls wir unseren Seismographen in der Nähe einer grösseren Stadt aufstellen, so müssen wir aufgrund der Vibrationen mit einem stärkeren Prozessrauschen rechnen. +Dieses Rauschen beeinflusst die Varianzen der Position und Geschwindigkeit in der Matrix $Q$. +Aus diesem Grund erhöhen wir die Standardabweichungen der Positions $\sigma_s$ und Geschwindigkeit $\sigma_v$ in der Matrix $Q$ um den Faktor $100$. +Die Auswertung in Abbildung~\ref{erdbeben:fig:prozessrauschen-geaendert} zeigt auf, +dass das Kalman-Filter die Schätzung der Kraft nur gering an den Messwerten anpasst, +da wir den Schätzungen für die Position nun wenig Vertrauen schenken und stärker der Modell-Annahme $\dot F = 0$ folgen. +Die Theorie dazu haben wir im Abschnitt~\ref{erdbeben:Wahrscheindlichkeit} angeschaut. + + +\subsection{Verstärkung des Messrauschens} +Als letztes verstärken wir das Messrauschen um den Faktor $100$ und belassen wieder den Rest wie im Standardfall. +Wie man eigentlich schon erwarten kann, +zeigt uns die Abbildung~\ref{erdbeben:fig:messrauschen-geaendert}, +dass das Signal des Messsensors vom Messrauschen start gestört wird. +Weil die Messung zu ungenau ist, +kann das Kalman-Filter nicht mehr gut arbeiten und produziert einen ungenauen Output. + + +\section{Zusammenfassung} +\rhead{Zusammenfassung} Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die äussere Beschleunigung $a(t)$, beziehungsweise die Kraft $f(t)$ eines Erdbebens -aus den Messugnen eines Seismographen zu berechen. +aus den Messungen eines Seismographen zu berechen. Wir haben einen Seismographen mathematisch beschrieben und mit der Software Matlab Messresultate während eines künstlichen Erdbebens erzeugt. diff --git a/buch/papers/erdbeben/main.tex b/buch/papers/erdbeben/main.tex index 4167475..a35107b 100644 --- a/buch/papers/erdbeben/main.tex +++ b/buch/papers/erdbeben/main.tex @@ -4,10 +4,12 @@ % (c) 2020 Hochschule Rapperswil % \chapter{Erdbebenmessung\label{chapter:erdbeben}} -\lhead{Erdbeben} +\lhead{Erdbebenmessung} +\rhead{} \begin{refsection} -\chapterauthor{Lukas Zogg und -Fabio Veicelli} +\chapterauthor{Fabio Viecelli und Lukas Zogg} + +\noindent \input{papers/erdbeben/teil0.tex} \input{papers/erdbeben/teil1.tex} %\input{papers/erdbeben/teil2.tex} diff --git a/buch/papers/erdbeben/references.bib b/buch/papers/erdbeben/references.bib index 58c1476..34501af 100644 --- a/buch/papers/erdbeben/references.bib +++ b/buch/papers/erdbeben/references.bib @@ -8,7 +8,7 @@ @misc{erdbeben:mueller2008deconvolving, title={Deconvolving oscillatory transients with a Kalman filter}, - author={Andreas Mueller}, + author={Andreas Müller}, year={2008}, eprint={0809.4676}, archivePrefix={arXiv}, diff --git a/buch/papers/erdbeben/teil0.tex b/buch/papers/erdbeben/teil0.tex index d62e895..9e7ddf8 100644 --- a/buch/papers/erdbeben/teil0.tex +++ b/buch/papers/erdbeben/teil0.tex @@ -3,18 +3,21 @@ % % (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil %% - -\rhead{Erdbeben} -\noindent Unter einem Erdbeben verstehen wir eine Erschütterung des Erdkörpers. +\index{Erdbeben}% Dabei reiben zwei tektonische Platten aneinander, welche sich durch die Gesteinsverzahnung gegenseitig blockieren. +\index{tektonische Platten}% Diese Haftreibung durch die Steine wird so lange aufgebaut, bis sie nicht mehr gehalten werden kann. Wenn dies passiert, entlädt sich die aufgebaute Spannung und setzt enorme Energien frei, die wir als Erdbeben wahrnehmen. Ein Erdbeben breitet sich vom Erdbebenherd in allen Richtungen gleich aus. +\index{Erdbebenherd}% Vergleichbar ist, wenn man einen Stein in einen Teich wirft und die Wellen beobachten kann, die sich ausbreiten. \section{Funktion eines Seismographen} +\rhead{Funktion eines Seismographen}% +\index{Seismograph}% Um ein Erdbeben kenntlich zu machen, werden in der Regel Seismographen mit vielen Sensoren verwendet. +\index{Sensor}% Ein Seismograph besteht im Grunde aus einer federgelagerten Masse. Bei einem Erdbeben folgt das Gehäuse direkt der Bewegung des Erdbebens. Die federgelagerte Masse wird jedoch erst durch die Feder bewegt und folgt verzögert. @@ -36,8 +39,12 @@ Die Systembeschreibung wird dann deutlich komplexer, bringt aber nichts wesentli Wir beschränken uns deshalb auf den linearen Fall. Wir werden sehen, dass diese Art der Problemstellung effektiv mittels Kalman-Filter gelöst werden kann. +\index{Kalman-Filter}% Für ein nicht-lineares System werden Extended Kalman-Filter benötigt, -bei denen die System-Matrix $A$ durch die Jacobi-Matrix ersetzt wird. +\index{Extended Kalman-Filter}% +bei denen die Systemmatrix $A$ durch die Jacobi-Matrix ersetzt wird. +\index{Systemmatrix}% +\index{Jacobi-Matrix}% \begin{figure} \begin{center} @@ -55,22 +62,26 @@ Anhand dieser Beschleunigung, beziehungsweise der Krafteinwirkung durch die Bodenbewegung, wird später das Bauwerk bemessen. Dies bedeutet, die für uns interessante Grösse $F(t)$ wird nicht durch einen Sensor erfasst. -Jedoch können wir durch zweifaches ableiten der Positionsmessung $s(t)$ die Beschleunigung der Masse berechnen. +Jedoch können wir durch zweifaches Ableiten der Positionsmessung $s(t)$ die Beschleunigung der Masse berechnen. Die Messung entspricht also dem zweiten Integral der Kraft $F(t)$, -wobei diese einerseits durch das Erdbeben, und andererseits durch die Federn zustande kommt. +wobei diese einerseits durch das Erdbeben und andererseits durch die Federn zustande kommt. Im Folgenden möchten wir die Erdbeben- und Federkräfte trennen. Dafür benötigen wir zuerst eine mathematische Beschreibung unseres Systems. \subsection{Systemgleichung} Im Paper~\cite{erdbeben:mueller2008deconvolving} wurde das System gleich definiert und vorgegangen. Im Fall unseres Seismographen, handelt es sich um ein Feder-Masse-Pendel. +\index{Feder-Masse-Pendel}% Dieses kann als gedämpfter harmonischer Oszillator beschrieben werden. +\index{harmonischer Oszillator}% Die zugehörige Differentialgleichung lautet: \begin{equation} \label{erdbeben:Systemgleichung} m\ddot s + 2k \dot s + Ds = F. \end{equation} wobei $m$ die Masse, $k$ die Dämpfungskonstante und $D$ die Federkonstante bezeichnet. +\index{Dampfungskonstante@Dämpfungskonstante}% +\index{Federkonstante}% Für lineare Systeme ist eine Matrix-Darstellung handlicher. Wir möchten diese Gleichung folglich in die Darstellung $\dot x = Ax$ überführen, @@ -89,7 +100,7 @@ Die für uns eigentlich interessante Grösse ist jedoch der Stör-Term $F$. Dieser entspricht der Kraft durch das Erdbeben. Deshalb nehmen wir $F$ als dritte Grösse in den Zustandsvektor auf und definieren: \[ - x = \begin{pmatrix} s \\ v \\ F \end{pmatrix} + x = \begin{pmatrix} s \\ v \\ F \end{pmatrix}. \] Für die Standard-Form $\dot x = Ax$ brauchen wir als nächstes die Ableitungen aller Elemente von $x$. diff --git a/buch/papers/erdbeben/teil1.tex b/buch/papers/erdbeben/teil1.tex index 7b58028..864a276 100644 --- a/buch/papers/erdbeben/teil1.tex +++ b/buch/papers/erdbeben/teil1.tex @@ -9,8 +9,8 @@ % (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil %% -\rhead{Kalman-Filter} \section{Kalman-Filter} +\rhead{Kalman-Filter} Im letzten Abschnitt haben wir Gleichungen für unser System gefunden. Als nächstes brauchen wir also ein Werkzeug, um aus der Messung der Position $s(t)$ den gesammten Zustand $x(t)$ zu schätzen. @@ -18,13 +18,22 @@ Das ist genau das, was Kalman-Filter tun: Anhand von Messungen den Zustand eines Systems schätzen. Kalman-Filter wurde 1960 von Rudolf Emil Kalman erfunden und direkt von der NASA für die Apollo Mission benutzt. +\index{Kalman, Rudolf Emil}% +\index{NASA}% +\index{Apollo}% Diese Filter kommen mit wenig Rechenleistung aus und waren somit geeignet, die Rakete bei der Navigation zu unterstützen. +\index{Rakete}% Heutige, typische Anwendungen von Kalman-Filtern sind die Glättung verrauschter Daten und die Schätzung von Parametern. -Dies kommt heutzutage in jedem Satellit, Navigationssystem, Smartphone und Videospiel vor. +Dies kommt heutzutage in jedem Satelliten, Navigationssystem, Smartphone und Videospiel vor. +\index{Satellit}% +\index{Navigationssystem}% +\index{Smartphone}% +\index{Videospiel}% Kalman-Filter funktionieren nach folgendem Zwei-Schritt-Verfahren: +\index{Zweischrittverfahren}% Zuerst wird, -ausgehend von der aktuellen Schätzung des Zustands und der Eigendynamik des Systzems, +ausgehend von der aktuellen Schätzung des Zustands und der Eigendynamik des Systems, eine Vorhersage berechnet. Daraus lässt sich eine erwartete Messung ableiten. Anschliessend wird diese Vorhersage korrigiert, @@ -32,6 +41,7 @@ wobei die Korrektur abhänging von der Differenz zwischen erwarteter und effekti Dabei sind sowohl die Vorhersage als auch die Messung nur Schätzungen und unweigerlich fehlerbehaftet. Unter der Annahme, dass die Fehler normalverteilt sind, +\index{normalverteilt}% lassen sich beide Schätzungen zu einer neuen, optimalen Schätzung kombinieren. Die genaue Herleitung des Kalman-Filters ist relativ aufwendig und kann unter Anderem in \cite{erdbeben:skript:wrstat} nachgelesen werden. @@ -66,11 +76,11 @@ Durch das Multiplizieren zweier Normalverteilungen entsteht eine neue Normalvert Wir haben also eine Normalverteilung der Vorhersage \[ -{y_1}(x;{\mu_1},{\sigma_1})=\frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}}\quad e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} +{y_1}(x;{\mu_1},{\sigma_1})=\frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}} e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} \] und der Messung \[ -{y_2}(x;{\mu_2},{\sigma_2})=\frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}}\quad e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}}. +{y_2}(x;{\mu_2},{\sigma_2})=\frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}} e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}}. \] Diesen werden nun multipliziert und durch deren Fläche geteilt, um sie wieder zu normieren. @@ -81,10 +91,10 @@ $\odot$~beschreibt dabei die Multiplikation und die Normierung auf den Flächeni {y_1}(x;{ \mu_1},{ \sigma_1}) \odot {y_2}(x; {\mu_2}, {\sigma_2}) \\ &= - \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}}\quad e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} \odot \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}}\quad e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}} + \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}} e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} \odot \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}} e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}} \\ &= - \frac{ \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}}e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} \cdot \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}}e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}}}{\int {y_1} {y_2} dx}. + \frac{ \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_1^2}}e^{-\frac{(x-{\mu_1})^2}{2{\sigma_1}^2}} \cdot \frac{1}{\sqrt{2\pi\sigma_2^2}}e^{-\frac{(x-{\mu_2})^2}{2{\sigma_2}^2}}}{\int {y_1} {y_2} \,dx}. \end{align*} Die genaue Berechnung ist nicht schwierig aber aufwendig und wird hier deshalb ausgelassen. Nach einigem Rechnen findet man die Ausdrücke @@ -99,7 +109,7 @@ Interessant daran ist, dass sich die fusionierte Kurve der genaueren Normalverte Ist ${\sigma_2}$ klein und ${\sigma_1}$ gross, so wird sich die fusionierte Kurve näher an ${y_2}(x;{\mu_2},{\sigma_2})$ begeben. $\mu_f$ ist das gewichtete Mittel der beiden $\mu_{1,2}$, und die Varianzen $\sigma_{1,2}$ sind die Gewichte. -Das Interessante an $\mu_{f}$ ist, dass ${\mu_2}$ das Gewicht für ${\sigma_1}$ ist. +Das Interessante an $\mu_{f}$ ist, dass ${\sigma_2^2}$ das Gewicht für ${\mu_1}$ ist. Somit ist die Unsicherheit der Messung das Gewicht der Vorhersage und umgekehrt. Diese neue Funktion ist die bestmögliche Schätzung für zwei Verteilungen, welche den selben Zustand beschreiben. Dies ist in der Abbildung~\ref{erdbeben:Gauss3} anhand der roten Funktion ersichtlich. @@ -123,7 +133,7 @@ aufgrund des Wissens bis zum und mit dem Zeitpunkt $m$ repräsentiert. \subsubsection*{Vorhersage} Im Filterschritt Vorhersage wird anhand des aktuellen Zustands und der Systemmatrix eine Schätzung für den nächsten Zustand berechnet. Die Systemmatrix $A$ aus Gleichung~\eqref{erdbeben:systemmatrix} beschreibt ein kontinuierliches System $\dot x = Ax$. -Wir benötigen jedoch ein Zeit-diskretes System $x_{k+1} = \Phi x_k$. +Wir benötigen jedoch ein zeitdiskretes System $x_{k+1} = \Phi x_k$. Die Exponentialfunktion $\exp(At)$ beschreibt die Entwicklung eine Zustandes im Laufe der Zeit. Die Übergangs-Matrix $\Phi$ erhalten wir folglich aus der Systemdynamikmatrix $A$ durch die Exponentialfunktion @@ -137,8 +147,10 @@ Damit haben wir die Systemdynamik nun in der für unser Kalman-Filter notwendige Als nächstes benötigen wir die Unsicherheit der Vorhersage. Im Abschnitt ~\ref{erdbeben:Wahrscheindlichkeit} haben wir dafür die Varianzen der Normalverteilungen verwendet. Im mehrdimensionalen Fall übernimmt dies die Kovarianzmatrix $P$. +\index{Kovarianzmatrix}% Sie wird in jedem Schritt aktualisiert. Hinzu kommt die Prozessunsicherheit $Q$, welche als Parameter in unser Modell einfliesst. +\index{Prozessunsicherheit}% $Q$ beschreibt Unsicherheiten im Modell, wie etwa unsere Annahme, dass die Kraft sich nicht ändert, aber auch nicht-modellierbare Einflüsse wie Vibrationen. @@ -147,13 +159,16 @@ Die Gleichung lautet \[ {P_{k|k-1}}=\Phi {P_{k-1|k-1}} {\Phi _{k}}^T + {Q_{k-1}}. \] -Es vergeht genau $\Delta t$ Zeit, und dieser Vorgang wird wiederholt. +Es vergeht genau $\Delta t$ Zeit und dieser Vorgang wird wiederholt. Das Filter passt sich selber an und korrigiert sich bei grosser Abweichung. \subsubsection*{Messen} Der Sensor wurde noch nicht benutzt, doch genau der liefert die Messwerte $z_k$ für unser Filter. +\index{Sensor}% Aus der Vorhersage des Zustandes $x_{k|k-1}$ und der Messmatrix $H$ erhalten wird eine Vorhersage der Messung. +\index{Messmatrix}% Die Innovation +\index{Innovation}% \[ {w_{k}}={z_{k}}-{H}{x_{k|k-1}} \] @@ -166,6 +181,7 @@ Entsprechende Korrekturen werden dann gross bzw. nur gering ausfallen. \subsubsection*{Aktualisieren} Für eine optimale Schätzung des Zustandes muss die Vorhersage entsprechend der Innovation korrigiert werden. +\index{optimale Schätzung}% In der Literatur findet man für eine optimales Korrektur die Gleichungen \begin{align*} {S_{k}} &={H}{P_{k|k-1}}{H}^T+{R_{k}} @@ -173,6 +189,7 @@ In der Literatur findet man für eine optimales Korrektur die Gleichungen {K_{k}} &= {P_{k|k-1}} {H^T}{S_{k}^{-1}} \end{align*} Dabei ist $K$ das Kalman-Gain. +\index{Kalman-Gain}% $K$ beschreibt, wie die Vorhersage korrigiert werden muss. Die optimale Schätzung des neuen Zustandes wird dann zu \[ @@ -198,7 +215,16 @@ Aufgrund der iterativen Arbeitsweise von Kalman-Filtern benötigen wir zudem ein Für die erste Vorhersage benötigt das Filter einen Anfangszustand. In unserem Fall ist es die Ruhelage, die Masse bewegt sich nicht. Zudem erfährt die Apparatur keine äussere Kraft: -\[ {x_0 }= \left( \begin{array}{c} {s_0}\\ {v_0}\\{f_0}\end{array}\right) = \left( \begin{array}{c} 0\\ 0\\ 0\end{array}\right). \] +\[ {x_0 } += +\begin{pmatrix} +{s_0}\\ {v_0}\\{F_0} +\end{pmatrix} += +\begin{pmatrix} +0\\ 0\\ 0 +\end{pmatrix}. +\] \subsubsection*{Systemmatrix $A$ und $\Phi$} Für unseren Seismographen haben wir die entsprechende Matrixdarstellung @@ -240,10 +266,10 @@ Q = \begin{pmatrix} \sigma_s^2& 0& 0 \\ 0 & \sigma_v ^2& 0\\ -0 & 0& \sigma_f^2\\ +0 & 0& \sigma_F^2\\ \end{pmatrix} . \] -Die Standabweichungen müssten statistisch ermittelt werden, da der Fehler nicht vom Sensor kommt und somit nicht vom Hersteller gegeben ist. +Die Standardabweichungen müssten statistisch ermittelt werden, da der Fehler nicht vom Sensor kommt und somit nicht vom Hersteller gegeben ist. \subsubsection*{Messmatrix $H$} Die Messmatrix gibt an, welche Zustände gemessen werden. @@ -257,7 +283,7 @@ H = \begin{pmatrix} 1 & 0 & 0 \end{pmatrix} . Die Messrauschkovarianzmatrix beinhaltet, wie der Name schon sagt, das Rauschen der Messung. In unserem Fall wird nur die Position der Masse gemessen. Da wir keine anderen Sensoren haben ist $R$ lediglich: \[ -R= (\sigma_\mathrm{Sensor}^2). +R= \begin{pmatrix}\sigma_\mathrm{Sensor}^2\end{pmatrix}. \] Diese Messrauchen wird meistens vom Sensorhersteller angegeben. Für unsere theoretische Apparatur wird hier ein kleiner Fehler eingesetzt, @@ -277,7 +303,7 @@ Anschliessend werden folgende Schritte iterativ ausgeführt: {P_{k|k-1}}=\Phi {P_{k-1|k-1}} {\Phi _{k}}^T + {Q_{k-1}} \] -\item Innovation (= Messung - Vorhersage) +\item Innovation ($= \text{Messung} - \text{Vorhersage}$) \[ {w_{k}}={z_{k}}-{H}{x_{k|k-1}} \] |