From 3dc190b1151b67bfd47d148b5e466e19d6890e12 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Tue, 23 Mar 2021 19:54:10 +0100 Subject: intro Lie-Gruppen --- buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex | 139 +++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 139 insertions(+) (limited to 'buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex') diff --git a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex index cb1ca84..022de97 100644 --- a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex +++ b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex @@ -6,3 +6,142 @@ \section{Lie-Gruppen \label{buch:section:lie-gruppen}} \rhead{Lie-Gruppen} + +\subsection{Drehungen in der Ebene +\label{buch:gruppen:drehungen2d}} +Drehungen der Ebene können in einer orthonormierten Basis durch +Matrizen der Form +\[ +D_{\alpha} += +\begin{pmatrix} +\cos\alpha&-\sin\alpha\\ +\sin\alpha& \cos\alpha +\end{pmatrix} +\] +dargestellt werden. +Wir bezeichnen die Menge der Drehmatrizen in der Ebene mit +$\operatorname{SO}(2)\subset\operatorname{GL}_2(\mathbb{R})$. +Die Abbildung +\[ +D_{\bullet} +\colon +\mathbb{R}\to \operatorname{SO}(2) +: +\alpha \mapsto D_{\alpha} +\] +hat die Eigenschaften +\begin{align*} +D_{\alpha+\beta}&= D_{\alpha}D_{\beta} +\\ +D_0&=I +\\ +D_{2k\pi}&=I\qquad \forall k\in\mathbb{Z}. +\end{align*} +Daraus folgt zum Beispiel, dass $D_{\bullet}$ eine $2\pi$-periodische +Funktion ist. +$D_{\bullet}$ bildet die Menge der Winkel $[0,2\pi)$ bijektiv auf +die Menge der Drehmatrizen in der Ebene ab. + +Ein alternatives Bild für die Drehungen der Ebene kann man in der komplexen +Ebene $\mathbb{C}$ erhalten. +Die Multiplikation mit der komplexen Zahl $e^{i\alpha}$ beschreibt eine +Drehung der komplexen Ebene um den Winkel $\alpha$. +Die Zahlen der Form $e^{i\alpha}$ haben den Betrag $1$ und die Abbildung +\[ +f\colon \mathbb{R}\to \mathbb{C}:\alpha \mapsto e^{i\alpha} +\] +hat die Eigenschaften +\begin{align*} +f(\alpha+\beta) &= f(\alpha)f(\beta) +\\ +f(0)&=1 +\\ +f(2\pi k)&=1\qquad\forall k\in\mathbb{Z}, +\end{align*} +die zu den Eigenschaften der Abbildung $\alpha\mapsto D_{\alpha}$ +analog sind. + +Jede komplexe Zahl $z$ vom Betrag $1$ kann geschrieben werden in der Form +$z=e^{i\alpha}$, die Abbildung $f$ ist also eine Parametrisierung des +Einheitskreises in der Ebene. +Wir bezeichen $S^1=\{z\in\mathbb{C}\;|\; |z|=1\}$ die komplexen Zahlen vom +Betrag $1$. +$S^1$ ist eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, da für jede Zahl +$z,w\in S^1$ gilt +$|z^{-1}|=1$ und $|zw|=1$ und damit $z^{-1}\in S^1$ und $zw\in S^1$. + +Zu einer komplexen Zahl $z\in S^1$ gibt es einen bis auf Vielfache +von $2\pi$ eindeutigen Winkel $\alpha(z)$ derart, dass $e^{i\alpha(z)}=z$. +Damit kann man jetzt die Abbildung +\[ +\varphi +\colon +S^1\to \operatorname{SO}(2) +: +z\mapsto D_{\alpha(z)} +\] +konstruieren. +Da $D_{\alpha}$ $2\pi$-periodisch ist, geben um Vielfache +von $2\pi$ verschiedene Wahlen von $\alpha(z)$ die gleiche +Matrix $D_{\alpha(z)}$, die Abbildung $\varphi$ ist daher +wohldefiniert. +$\varphi$ erfüllt ausserdem die Bedingungen +\begin{align*} +\varphi(z_1z_2) +&= +D_{\alpha(z_1z_2)} += +D_{\alpha(z_1)+\alpha(z_2)} += +D_{\alpha(z_1)}D_{\alpha(z_2)} += +\varphi(z_1)\varphi(z_2) +\\ +\varphi(1) +&= +D_{\alpha(1)} += +D_0 += +I +\end{align*} +Die Abbildung $\varphi$ ist ein Homomorphismus der Gruppe $S^1$ +in die Gruppe $\operatorname{SO}(2)$. +Die Menge der Drehmatrizen in der Ebene kann also mit dem Einheitskreis +in der komplexen Ebene identifiziert werden. + +\subsection{Isometrien von $\mathbb{R}^n$ +\label{buch:gruppen:isometrien}} +Lineare Abbildungen der Ebene $\mathbb{R}^n$ mit dem üblichen Skalarprodukt +können durch $n\times n$-Matrizen beschrieben werden. +Die Matrizen, die das Skalarprodukt erhalten, bilden eine Gruppe, +die in diesem Abschnitt genauer untersucht werden soll. +Eine Matrix $A\in M_{2}(\mathbb{R})$ ändert das Skalarprodukt nicht, wenn +für jedes beliebige Paar $x,y$ von Vektoren gilt +$\langle Ax,Ay\rangle = \langle x,y\rangle$. +Das Standardskalarprodukt kann mit dem Matrixprodukt ausgedrückt werden: +\[ +\langle Ax,Ay\rangle += +(Ax)^tAy += +x^tA^tAy += +x^ty += +\langle x,y\rangle +\] +für jedes Paar von Vektoren $x,y\in\mathbb{R}$. + +Mit dem Skalarprodukt kann man auch die Matrixelemente einer Matrix +einer Abbildung $f$ in der Standardbasis bestimmen. +Das Skalarprodukt $\langle e_i, v\rangle$ ist die Länge der Projektion +des Vektors $v$ auf die Richtung $e_i$. +Die Komponenten von $Ae_j$ sind daher $a_{ij}=\langle e_i,f(e_j)\rangle$. +Die Matrix $A$ der Abbildung $f$ hat also die Matrixelemente +$a_{ij}=e_i^tAe_j$. + + +\subsection{Die Gruppe $\operatorname{SU}(2)$ +\label{buch:gruppen:su2}} -- cgit v1.2.1 From 0a3486fa2ae398bb113053ad0823cf59c4a3b1eb Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Sat, 27 Mar 2021 20:33:43 +0100 Subject: new images --- buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex | 179 +++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 179 insertions(+) (limited to 'buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex') diff --git a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex index 022de97..1268ce2 100644 --- a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex +++ b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex @@ -111,6 +111,9 @@ in die Gruppe $\operatorname{SO}(2)$. Die Menge der Drehmatrizen in der Ebene kann also mit dem Einheitskreis in der komplexen Ebene identifiziert werden. +% +% Isometrien von R^n +% \subsection{Isometrien von $\mathbb{R}^n$ \label{buch:gruppen:isometrien}} Lineare Abbildungen der Ebene $\mathbb{R}^n$ mit dem üblichen Skalarprodukt @@ -142,6 +145,182 @@ Die Komponenten von $Ae_j$ sind daher $a_{ij}=\langle e_i,f(e_j)\rangle$. Die Matrix $A$ der Abbildung $f$ hat also die Matrixelemente $a_{ij}=e_i^tAe_j$. +\subsubsection{Die orthogonale Gruppe $\operatorname{O}(n)$} +Die Matrixelemente von $A^tA$ sind +$\langle A^tAe_i, e_j\rangle =\langle e_i,e_j\rangle = \delta_{ij}$ +sind diejenigen der Einheitsmatrix, +die Matrix $A$ erfüllt $AA^t=I$ oder $A^{-1}=A^t$. +Dies sind die {\em orthogonalen} Matrizen. +Die Menge $\operatorname{O}(n)$ der isometrischen Abbildungen besteht +daher aus den Matrizen +\[ +\operatorname{O}(n) += +\{ A\in M_n(\mathbb{R})\;|\; AA^t=I\}. +\] +Die Matrixgleichung $AA^t=I$ liefert $n(n+1)/2$ unabhängige Bedingungen, +die die orthogonalen Matrizen innerhalb der $n^2$-dimensionalen +Menge $M_n(\mathbb{R})$ auszeichnen. +Die Menge $\operatorname{O}(n)$ der orthogonalen Matrizen hat daher +die Dimension +\[ +n^2 - \frac{n(n+1)}{2} += +\frac{2n^2-n^2-n}{2} += +\frac{n(n-1)}2. +\] +Im Spezialfall $n=2$ ist die Gruppe $O(2)$ eindimensional. + +\subsubsection{Die Gruppe $\operatorname{SO}(n)$} +Die Gruppe $\operatorname{O}(n)$ enhält auch Isometrien, die +die Orientierung des Raumes umkehren, wie zum Beispiel Spiegelungen. +Wegen $\det (AA^t)=\det A\det A^t = (\det A)^2=1$ kann die Determinante +einer orthogonalen Matrix nur $\pm 1$ sein. +Orientierungserhaltende Isometrien haben Determinante $1$. + +Die Gruppe +\[ +\operatorname{SO}(n) += +\{A\in\operatorname{O}(n)\;|\; \det A=1\} +\] +heisst die {\em spezielle orthogonale Gruppe}. +Die Dimension der Gruppe $\operatorname{O}(n)$ ist $n(n-1)/2$. + +\subsubsection{Die Gruppe $\operatorname{SO}(3)$} +Die Gruppe $\operatorname{SO}(3)$ der Drehungen des dreidimensionalen +Raumes hat die Dimension $3(3-1)/2=3$. +Eine Drehung wird festgelegt durch die Richtung der Drehachse und den +Drehwinkel. +Die Richtung der Drehachse ist ein Einheitsvektor, also ein Punkt +auf der zweidimensionalen Kugel. +Der Drehwinkel ist der dritte Parameter. +Drehungen mit kleinen Drehwinkeln können zusammengesetzt werden +aus den Matrizen +\[ +D_{x,\alpha} += +\begin{pmatrix} +1&0&0\\ +0&\cos\alpha&-\sin\alpha\\ +0&\sin\alpha& \cos\alpha +\end{pmatrix}, +\qquad +D_{y,\beta} += +\begin{pmatrix} + \cos\beta&0&\sin\beta\\ + 0 &1& 0 \\ +-\sin\beta&0&\cos\beta +\end{pmatrix}, +\qquad +D_{z,\gamma} += +\begin{pmatrix} +\cos\gamma&-\sin\gamma&0\\ +\sin\gamma& \cos\gamma&0\\ + 0 & 0 &1 +\end{pmatrix}, +\] +die Drehungen um die Koordinatenachsen um den Winkel $\alpha$ +beschreiben. +Auch die Winkel $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$ können als die +drei Koordinaten der Mannigkfaltigkeit $\operatorname{SO}(3)$ +angesehen werden. + +% +% Die Gruppe SU(2) +% \subsection{Die Gruppe $\operatorname{SU}(2)$ \label{buch:gruppen:su2}} +Die Menge der Matrizen +\[ +\operatorname{SU}(2) += +\left\{ +\left. +A=\begin{pmatrix} a&b\\c&d\end{pmatrix} +\;\right|\; +a,b,c,d\in\mathbb{C},\det(A)=1, AA^*=I +\right\} +\] +heisst die {\em spezielle unitäre Gruppe}. +Wegen $\det(AB)=\det(A)\det(B)=1$ und $(AB)^*AB=B^*A^*AB=B^*B=I$ ist +$\operatorname{SU}(2)$ eine Untergruppe von $\operatorname{GL}_2(\mathbb{C})$. +Die Bedingungen $\det A=1$ und $AA^*=I$ schränken die möglichen Werte +von $a$ und $b$ weiter ein. +Aus +\[ +A^* += +\begin{pmatrix} +\overline{a}&\overline{c}\\ +\overline{b}&\overline{d} +\end{pmatrix} +\] +und den Bedingungen führen die Gleichungen +\[ +\begin{aligned} +a\overline{a}+b\overline{b}&=1 +&&\Rightarrow&|a|^2+|b|^2&=1 +\\ +a\overline{c}+b\overline{d}&=0 +&&\Rightarrow& +\frac{a}{b}&=-\frac{\overline{d}}{\overline{c}} +\\ +c\overline{a}+d\overline{b}&=0 +&&\Rightarrow& +\frac{c}{d}&=-\frac{\overline{b}}{\overline{a}} +\\ +c\overline{c}+d\overline{d}&=1&&\Rightarrow&|c|^2+|d|^2&=1 +\\ +ad-bc&=1 +\end{aligned} +\] +Aus der zweiten Gleichung kann man ableiten, dass es eine Zahl $t\in\mathbb{C}$ +gibt derart, dass $c=-t\overline{b}$ und $d=t\overline{a}$. +Damit wird die Bedingung an die Determinante zu +\[ +1 += +ad-bc = at\overline{a} - b(-t\overline{b}) += +t(|a|^2+|b|^2) += +t, +\] +also muss die Matrix $A$ die Form haben +\[ +A += +\begin{pmatrix} +a&b\\ +-\overline{b}&\overline{a} +\end{pmatrix} +\qquad\text{mit}\quad |a|^2+|b|^2=1. +\] +Schreibt man $a=a_1+ia_2$ und $b=b_1+ib_2$ mit rellen $a_i$ und $b_i$, +dann besteht $SU(2)$ aus den Matrizen der Form +\[ +A= +\begin{pmatrix} + a_1+ia_2&b_1+ib_2\\ +-b_1+ib_2&a_1-ia_2 +\end{pmatrix} +\] +mit der zusätzlichen Bedingung +\[ +|a|^2+|b|^2 += +a_1^2 + a_2^2 + b_1^2 + b_2^2 = 1. +\] +Die Matrizen von $\operatorname{SU}(2)$ stehen daher in einer +eins-zu-eins-Beziehung zu den Vektoren $(a_1,a_2,b_1,b_2)\in\mathbb{R}^4$ +eines vierdimensionalen reellen Vektorraums mit Länge $1$. +Geometrisch betrachtet ist also $\operatorname{SU}(2)$ eine dreidmensionalen +Kugel, die in einem vierdimensionalen Raum eingebettet ist. + + + -- cgit v1.2.1