From e4713250376d10840dbfd23ca353e394aa84be08 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Sat, 3 Apr 2021 20:52:04 +0200 Subject: =?UTF-8?q?Info=20=C3=BCber=20Mannigfaltigkeiten=20hinzuf=C3=BCgen?= MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex | 99 ++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 99 insertions(+) (limited to 'buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex') diff --git a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex index 1268ce2..48d6b43 100644 --- a/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex +++ b/buch/chapters/60-gruppen/lie-gruppen.tex @@ -6,6 +6,105 @@ \section{Lie-Gruppen \label{buch:section:lie-gruppen}} \rhead{Lie-Gruppen} +Die in bisherigen Beispielen untersuchten Matrizengruppen zeichnen sich +durch zusätzliche Eigenschaften aus. +Die Gruppe +\[ +\operatorname{GL}_n(\mathbb{R}) += +\{ A \in M_n(\mathbb{R})\;|\; \det A \ne 0\} +\] +besteht aus den Matrizen, deren Determinante nicht $0$ ist. +Da die Menge der Matrizen mit $\det A=0$ eine abgeschlossene Menge +in $M_n(\mathbb{R}) \simeq \mathbb{R}^{n^2}$ ist, ist +$\operatorname{GL}_n(\mathbb{R})$ eine offene Teilmenge in $\mathbb{R}^{n^2}$, +sie besitzt also automatisch die Struktur einer $n^2$-Mannigfaltigkeit. +Dies gilt jedoch auch für alle anderen Matrizengruppen, die in diesem +Abschnitt genauer untersucht werden sollen. + +\subsection{Mannigfaltigkeitsstruktur der Matrizengruppen +\label{buch:subsection:mannigfaltigkeitsstruktur-der-matrizengruppen}} +Eine Matrizengruppe wird automatsich zu einer Mannigfaltigkeit, +wenn es gelingt, eine Karte für eine Umgebung des neutralen Elements +zu finden. +Dazu muss gezeigt werden, dass sich aus einer solchen Karte für jedes +andere Gruppenelement eine Karte für eine Umgebung ableiten lässt. +Sei also $\varphi_e\colon U_e\mathbb{R}^N$ eine Karte für die Umgebung +$U_e\subset G$ von $e\in G$. +Für $g\in G$ ist dann die Abbildung +\[ +\varphi_g +\colon +U_g += +gU_e +\to +\mathbb{R} +: +h\mapsto \varphi_e(g^{-1}h) +\] +eine Karte für die Umgebung $U_g$ des Gruppenelementes $g$. +schreibt man $l_{g}$ für die Abbildung $h\mapsto gh$, dann +kann man die Kartenabbildung auch $\varphi_g = \varphi_e\circ l_{g^{-1}}$ +schreiben. + +Die Kartenwechsel-Abbildungen für zwei Karten $\varphi_{g_1}$ +und $\varphi_{g_2}$ ist die Abbildung +\[ +\varphi_{g_1,g_2} += +\varphi_{g_1}\circ \varphi_{g_2}^{-1} += +\varphi_e\circ l_{g_1^{-1}} \circ (\varphi_e\circ l_{g_2^{-1}})^{-1} += +\varphi_e\circ l_{g_1^{-1}} \circ l_{g_2^{-1}}^{-1} \varphi_e^{-1} += +\varphi_e\circ l_{g_1^{-1}} \circ l_{g_2}\varphi_e^{-1} += +\varphi_e\circ l_{g_1^{-1}g_2}\varphi_e^{-1} +\] +mit der Ableitung +\[ +D\varphi_e\circ Dl_{g_1^{-1}g_2} D\varphi_e^{-1} += +D\varphi_e\circ Dl_{g_1^{-1}g_2} (D\varphi_e)^{-1}. +\] +Die Abbildung $l_{g_1^{-1}g_2}$ ist aber nur die Multiplikation mit +einer Matrix, also eine lineare Abbildung, so dass der Kartenwechsel +nichts anderes ist als die Darstellung der Matrix der Linksmultiplikation +$l_{g_1^{-1}g_2}$ im Koordinatensystem der Karte $U_e$ ist. +Differenzierbarkeit der Kartenwechsel ist damit sichergestellt, +die Matrizengruppen sind automatisch differenzierbare Mannigfaltigkeiten. + +Die Konstruktion aller Karten aus einer einzigen Karte für eine +Umgebung des neutralen Elements zeigt auch, dass es für die Matrizengruppen +reicht, wenn man die Elemente in einer Umgebung des neutralen +Elementes parametrisieren kann. +Dies ist jedoch nicht nur für die Matrizengruppen möglich. +Wenn eine Gruppe gleichzeitig eine differenzierbare Mannigfaltigkeit +ist, dann können Karten über die ganze Gruppe transportiert werden, +wenn die Multiplikation mit Gruppenelementen eine differenzierbare +Abbildung ist. +Solche Gruppen heissen auch Lie-Gruppen gemäss der folgenden Definition. + +\begin{definition} +\index{Lie-Gruppe}% +Eine {\em Lie-Gruppe} ist eine Gruppe, die gleichzeitig eine differenzierbare +Mannigfaltigkeit ist derart, dass die Abbildungen +\begin{align*} +G\times G \to G &: (g_1,g_2)\mapsto g_1g_2 +G\to G &: g \mapsto g^{-1} +\end{align*} +differenzierbare Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten sind. +\end{definition} + +Die Abstraktheit dieser Definition täuscht etwas über die +Tatsache hinweg, dass sich mit Hilfe der Darstellungstheorie +jede beliebige Lie-Gruppe als Untermannigfaltigkeit einer +Matrizengruppe verstehen lässt. +Das Studium der Matrizengruppen erlaubt uns daher ohne grosse +Einschränkungen ein Verständnis für die Theorie der Lie-Gruppen +zu entwickeln. \subsection{Drehungen in der Ebene \label{buch:gruppen:drehungen2d}} -- cgit v1.2.1