From 8c5d6d7b31f052bd90010a0ed182ac6468c10bc4 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Mon, 24 May 2021 09:41:46 +0200 Subject: abschnitt spektrale Graphentheorie --- buch/chapters/70-graphen/spektral.tex | 269 +++++++++++++--------------------- 1 file changed, 102 insertions(+), 167 deletions(-) (limited to 'buch/chapters/70-graphen/spektral.tex') diff --git a/buch/chapters/70-graphen/spektral.tex b/buch/chapters/70-graphen/spektral.tex index f68c814..bc5c425 100644 --- a/buch/chapters/70-graphen/spektral.tex +++ b/buch/chapters/70-graphen/spektral.tex @@ -1,198 +1,133 @@ % -% spektral.tex +% spektral.tex -- spektrale Graphentheorie % % (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil % \section{Spektrale Graphentheorie \label{buch:section:spektrale-graphentheorie}} \rhead{Spektrale Graphentheorie} -Die Laplace-Matrix codiert alle wesentliche Information eines +Die Adjazenz-Matrix, die Grad-Matrix und damit natürlich auch +die Laplace-Matrix codieren alle wesentliche Information eines ungerichteten Graphen. Sie operiert auf Vektoren, die für jeden Knoten des Graphen eine Komponente haben. Dies eröffnet die Möglichkeit, den Graphen über die linearalgebraischen -Eigenschaften der Laplace-Matrix zu studieren. +Eigenschaften dieser Matrizen zu studieren. +Dieser Abschnitt soll diese Idee an dem ziemlich übersichtlichen Beispiel +der chromatischen Zahl eines Graphen illustrieren. -\subsection{Grapheigenschaften und Spektrum von $L$ -\label{buch:subsection:grapheigenschaften-und-spektrum-von-l}} -TODO XXX +\subsection{Chromatische Zahl und Unabhängigkeitszahl +\label{buch:subsection:chromatische-zahl}} +Der Grad eines Knotens ist ein mass dafür, wie stark ein Graph +``vernetzt'' ist. +Je höher der Grad, desto mehr direkte Verbindungen zwischen Knoten gibt es. +Noch etwas präziser können diese Idee die beiden mit Hilfe der +chromatischen zahl und der Unabhängigkeitszahl erfasst werden. -\subsection{Wärmeleitung auf einem Graphen -\label{buch:subsection:waermeleitung-auf-einem-graphen}} -Die Vektoren, auf denen die Laplace-Matrix operiert, können betrachtet -werden als Funktionen, die jedem Knoten einen Wert zuordnen. -Eine mögliche physikalische Interpretation davon ist die Temperaturverteilung -auf dem Graphen. -Die Kanten zwischen den Knoten erlauben der Wärmeenergie, von einem Knoten -zu einem anderen zu fliessen. -Je grösser die Temperaturdifferenz zwischen zwei Knoten ist, desto -grösser ist der Wärmefluss und desto schneller ändert sich die Temperatur -der beteiligten Knoten. -Die zeitliche Änderung der Temperatur $T_i$ im Knoten $i$ ist proportional -\[ -\frac{dT_i}{dt} -= -\sum_{\text{$j$ Nachbar von $i$}} \kappa (T_j-T_i) -= -- -\kappa -\biggl( -d_iT_i -- -\sum_{\text{$j$ Nachbar von $i$}} T_j -\biggr) -\] -Der Term auf der rechten Seite ist genau die Wirkung der -Laplace-Matrix auf dem Vektor $T$ der Temperaturen: -\begin{equation} -\frac{dT}{dt} -= --\kappa L T. -\label{buch:graphen:eqn:waermeleitung} -\end{equation} -Der Wärmefluss, der durch die -Wärmeleitungsgleichung~\eqref{buch:graphen:eqn:waermeleitung} beschrieben -wird, codiert ebenfalls wesentliche Informationen über den Graphen. -Je mehr Kanten es zwischen verschiedenen Teilen eines Graphen gibt, -desto schneller findet der Wärmeaustausch zwischen diesen Teilen -statt. -Die Lösungen der Wärmeleitungsgleichung liefern also Informationen -über den Graphen. +\begin{definition} +Die {\em chromatische Zahl} $\operatorname{chr}G$ eines Graphen $G$ ist +die minimale Anzahl von Farben, die Einfärben der Knoten eines Graphen +nötig sind, sodass benachbarte Knoten verschiedene Farben haben. +\index{chromatische Zahl} +\end{definition} -\subsection{Eigenwerte und Eigenvektoren -\label{buch:subsection:ein-zyklischer-graph}} -Die Wärmeleitungsgleichung~\eqref{buch:graphen:eqn:waermeleitung} -ist eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten, -die mit der Matrixexponentialfunktion gelöst werden. -Die Lösung ist -\[ -f(t) = e^{-\kappa Lt}f(0). -\] +\begin{definition} +Eine Menge von Knoten eines Graphen heisst {\em unabhängig}, wenn +keine zwei Knoten im Graphen verbunden sind. +Die {\em Unabhängigkeitszahl} $\operatorname{ind}G$ eines Graphen $G$ +ist die maximale Anzahl Knoten einer unabhängigen Menge. +\index{Unabhängigkeitszahl} +\end{definition} -Die Berechnung der Lösung mit der Matrixexponentialreihe ist ziemlich -ineffizient, da grosse Matrizenprodukte berechnet werden müssen. -Da die Matrix $L$ symmetrisch ist, gibt es eine Basis aus -orthonormierten Eigenvektoren und die Eigenwerte sind reell. -Wir bezeichnen die Eigenvektoren mit $f_1,\dots,f_n$ und die -zugehörigen Eigenwerte mit $\lambda_i$. -Die Funktion $f_i(t)= e^{-\kappa\lambda_it}f_i$ ist dann eine Lösung -der Wärmeleitungsgleichung, denn die beiden Seiten +Zwischen der chromatischen Zahl und der Unabhängigkeitszahl eines Graphen +muss es einen Zusammenhang geben. +Je mehr Verbingungen es im Graphen gibt, desto grösser wird die chromatische +Zahl. +Gleichzeitig wird es schwieriger für Mengen von Knoten, unabhängig zu sein. + +\begin{satz} +\label{buch:satz:chrind} +Ist $G$ ein Graph mit $n$ Knoten, dann gilt +$\operatorname{chr}G\cdot\operatorname{ind}G\ge n$. +\end{satz} + +\begin{proof}[Beweis] +Eine minimale Färbung des Graphen mit $\operatorname{chr}G$ Farben +teilt die Knoten in $\operatorname{chr}G$ Mengen $V_f$ von Knoten mit +gleicher Farbe $f$ ein. +Da diese Mengen einfarbig sind, sind sie unabhängig, enthalten also +höchstens so viele Knoten, wie die Unabhängigkeitszahl erlaubt. +Die Gesamtzahl der Knoten ist also \begin{align*} -\frac{d}{dt}f_i(t) +V +&= +\bigcup_{\text{$f$ eine Farbe}} V_f +&&\Rightarrow& +n &= --\kappa\lambda_ie^{-\kappa\lambda_it}f_i +\sum_{\text{$f$ eine Farbe}} |V_f| +\le +\sum_{\text{$f$ eine Farbe}} \operatorname{ind}G = --\kappa\lambda_i f_i(t) +(\text{Anzahl Farben})\cdot \operatorname{ind}G \\ --\kappa Lf_i(t) +& +&&& &= --\kappa e^{-\kappa\lambda_it} Lf_i -= --\kappa e^{-\kappa\lambda_it} \lambda_i f_i -= --\kappa \lambda_i f_i(t) +\operatorname{chr}G \cdot \operatorname{ind}G \end{align*} -von \eqref{buch:graphen:eqn:waermeleitung} stimmen überein. +Damit ist $n\le \operatorname{chr}G\cdot\operatorname{ind}G$ gezeigt. +\qedhere +\end{proof} -Eine Lösung der Wärmeleitungsgleichung zu einer beliebigen -Anfangstemperaturverteilung $f$ kann durch Linearkombination aus -den Lösungen $f_i(t)$ zusammengesetzt werden. -Dazu ist nötig, $f$ aus den Vektoren $f_i$ linear zu kombinieren. -Da aber die $f_i$ orthonormiert sind, ist dies besonders einfach, -die Koeffizienten sind die Skalarprodukte mit den Eigenvektoren: -\[ -f=\sum_{i=1}^n \langle f_i,f\rangle f_i. -\] -Daraus kann man die allgmeine Lösungsformel -\begin{equation} -f(t) -= -\sum_{i=1}^n \langle f_i,f\rangle f_i(t) -= -\sum_{i=1}^n \langle f_i,f\rangle e^{-\kappa\lambda_i t}f_i -\label{buch:graphen:eqn:eigloesung} -\end{equation} -ableiten. +\begin{beispiel} +In einem vollständigen Graphen ist jeder Knoten mit jedem anderen verbunden. +Jede Menge mit zwei oder mehr Knoten kann daher nicht unabhängig sein, die +Unabhängigkeitszahl ist daher $\operatorname{ind}G=1$. +Andererseits ist für jeden Knoten eine eigene Farbe nötig, daher ist die +chromatische Zahl $\operatorname{chr}G=n$. +Die Ungleichung von Satz~\ref{buch:satz:chrind} ist erfüllt, sogar mit +Gleichheit. +Das Beispiel zeigt, dass die Ungleichung nicht ohne zusätzliche Annahmen +verbessert werden kann. +\end{beispiel} -\subsection{Beispiel: Ein zyklischer Graph} \begin{figure} \centering -\includegraphics{chapters/70-graphen/images/kreis.pdf} -\caption{Beispiel Graph zur Illustration der verschiedenen Basen auf einem -Graphen. -\label{buch:graphen:fig:kreis}} +\includegraphics{chapters/70-graphen/images/petersonchrind.pdf} +\caption{Chromatische Zahl und Unabhängigkeitszahl des Peterson-Graphen. +Die chromatische Zahl ist $3$, da der Graph sich mit drei Farben einfärben +lässt (links). +Die Unabhängigkeitszahl ist $4$, die vier grösseren Knoten im rechten +Graphen sind unabhängig. +Die Farben der kleinen Knoten sind die additive Mischung der Farben +der grossen Knoten, mit denen sie verbunden sind. +\label{buch:graphen:fig:chrindpeterson}} \end{figure} -Wir illustrieren die im folgenden entwickelte Theorie an dem Beispielgraphen -von Abbildung~\ref{buch:graphen:fig:kreis}. -Besonders interessant sind die folgenden Funktionen: -\[ -\left. -\begin{aligned} -s_m(k) -&= -\sin\frac{2\pi mk}{n} -\\ -c_m(k) -&= -\cos\frac{2\pi mk}{n} -\end{aligned} -\; -\right\} -\quad -\Rightarrow -\quad -e_m(k) -= -e^{2\pi imk/n} -= -c_m(k) + is_m(k). -\] -Das Skalarprodukt dieser Funktionen ist -\[ -\langle e_m, e_{m'}\rangle -= -\frac1n -\sum_{k=1}^n -\overline{e^{2\pi i km/n}} -e^{2\pi ikm'/n} -= -\frac1n -\sum_{k=1}^n -e^{\frac{2\pi i}{n}(m'-m)k} -= -\delta_{mm'} -\] -Die Funktionen bilden daher eine Orthonormalbasis des Raums der -Funktionen auf $G$. -Wegen $\overline{e_m} = e_{-m}$ folgt, dass für gerade $n$ -die Funktionen -\[ -c_0, c_1,s_1,c_2,s_2,\dots c_{\frac{n}2-1},c_{\frac{n}2-1},c_{\frac{n}2} -\] -eine orthonormierte Basis. +\begin{beispiel} +Der Peterson-Graph $P$ von Abbildung~\ref{buch:graphen:fig:chrindpeterson} +hat chromatische Zahl $\operatorname{chr}P=3$ und unabhängigkeitszahl +$\operatorname{ind}P=4$. +Die Ungleichung von Satz~\ref{buch:satz:chrind} ist erfüllt, sogar als +Ungleichung: $\operatorname{chr}P\cdot\operatorname{ind}P=3\cdot 4=12>10=n$. +\end{beispiel} -Die Laplace-Matrix kann mit der folgenden Definition zu einer linearen -Abbildung auf Funktionen auf dem Graphen gemacht werden. -Sei $f\colon V\to \mathbb{R}$ und $L$ die Laplace-Matrix mit -Matrixelementen $l_{vv'}$ wobei $v,v'\in V$ ist. -Dann definieren wir die Funktion $Lf$ durch -\[ -(Lf)(v) -= -\sum_{v'\in V} l_{vv'}f(v'). -\] +Nach Definition ist Unabhängigkeitszahl ein Mass für die Grösse einer +unabhängigen Menge von Punkten. +Der Beweis von Satz~\ref{buch:satz:chrind} zeigt, dass man sich die +chromatische Zahl als ein Mass dafür, wieviele solche anabhängige +Mengen in einem Grapehn untergebracht werden können. + +\subsection{Chromatische Zahl und maximaler Grad +\label{buch:subsection:chr-und-maximaler-grad}} + +\subsection{Maximaler Eigenwert von $A(G)$ maximaler Grad +\label{buch:subsection:maximaler-eigenwert}} -\subsection{Standardbasis und Eigenbasis -\label{buch:subsection:standardbasis-und-eigenbasis}} -Die einfachste Basis, aus der siche Funktionen auf dem Graphen linear -kombinieren lassen, ist die Standardbasis. -Sie hat für jeden Knoten $v$ des Graphen eine Basisfunktion mit den Werten -\[ -e_v\colon V\to\mathbb R:v'\mapsto \begin{cases} -1\qquad&v=v'\\ -0\qquad&\text{sonst.} -\end{cases} -\] +\subsection{$\alpha_{\text{max}}$ eines Untegraphen +\label{buch:subsection:alphamax-eines-untergraphen}} +\subsection{Chromatische Zahl und $\alpha_{\text{max}}$ +\label{buch:subsection:chr-und-alpha-max}} -- cgit v1.2.1