From c86af9374c1a16de9401566e75c153c29b2ebaf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Thu, 29 Jul 2021 10:19:33 +0200 Subject: add polyhedra/triangulations --- buch/chapters/95-homologie/simplex.tex | 129 +++++++++++++++++++++++++++++++-- 1 file changed, 124 insertions(+), 5 deletions(-) (limited to 'buch/chapters/95-homologie/simplex.tex') diff --git a/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex b/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex index 397ba07..0cf4aa7 100644 --- a/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex +++ b/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex @@ -1,17 +1,17 @@ % -% simplex.tex -- simplizes und simpliziale Komplexe +% simplex.tex -- simplizes und Polyeder % % (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule % -\section{Simplexe und simpliziale Komplexe +\section{Simplices \label{buch:section:simplexe}} -\rhead{Simplexe und simpliziale Komplexe} +\rhead{Simplices} Die Idee, das Dreieck und seinen Rand zu unterscheiden verlangt, dass wir zunächst Dreiecke und deren höherdimensionale Verallgemeinerungen, die sogenannten Simplizes entwickeln müssen. -\subsection{Simplexe und Rand -\label{buch:subsection:simplexe}} +\subsection{Simplices und Rand +\label{buch:subsection:simplices}} \subsubsection{Rand eines Dreiecks} Die Inzidenz-Matrix eines Graphen hat einer Kante die beiden Endpunkte @@ -231,8 +231,127 @@ Vorzeichen zu, die Matrix ist \] \end{definition} +\subsection{Polyeder} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/95-homologie/images/polyeder.pdf} +\caption{Aufbau eines zweidimensionalen Polyeders aus +verschiedenen Simplizes. +Die Schnittmenge zweier Simplizes muss ein Untersimplex beider Simplizes +sein. +Die roten Kreise im linken Bild weisen auf verschiedene Situationen +hin, wo das diese Bedingung nicht erfüllt ist. +In rechten Bild sind zusätzliche Simlizes hinzugefügt worden, um +die Bedingungen eines Polyeders zu erfüllen. +\label{buch:homologie:figure:polyeder}} +\end{figure} +Aus einzelnen Simplizes können jetzt kompliziertere geometrische +Objekte gebaut werden. +Ein Graph ist ein Beispiel für ein geometrisches Objekt, welches +als Vereinigung von 1-Simplizes entsteht. +Die Vereinigung ist aber nicht beliebig, vielmehr ist die Schnittmenge +zweier beliebiger 1-Simplizes immer entweder leer, eine Menge +mit nur einem Vertex oder ein ganzes 1-Simplex. + +Dies reicht aber nicht, wie Abbildung~\ref{buch:homologie:polyeder} +zeigt. +In einem Graphen dürfen sich Kanten nicht in einem inneren Punkt treffen, +sondern nur in Endpunkten. +Verallgemeinert auf höherdimensionale Simplizes kann man dies als die +Bedingung formulieren, dass die Schnittmenge zweier beliebiger +Simplizes immer Untersimplizes beider Simplizes sein müssen. +Wir fassen dies zusammen in der folgenden Definition. + +\begin{definition} +\index{Polyeder}% +\index{Dimension eines Polyeders}% +\index{Polyeder, Dimension eines}% +Ein {\em Polyeder} ist eine Vereingung von endlich vielen Simplizes derart, +dass die Schnittmenge zweier beliebiger Simplizes immer ein Untersimplex +beider Simplizes ist. +Die {\em Dimension} des Polyeders ist die grösste Dimension der darin +enthaltenen Simplizes. +\end{definition} + +Ein Graph ist nach dieser Definition ein eindimensionales Polyeder. +Die Mengen in der Abbildung~\ref{buch:homologie:figure:polyeder} +ist kein Polyeder, kann aber leicht zu einem Polyeder gemacht werden, +indem man einzelne Kanten mit zusätzlichen Punkten unterteilt. +Auch müssen die zweidimensionalen Simplizes aufgeteilt werden. + +Die Abbildung~\ref{buch:homologie:figure:polyeder} zeigt auch, dass +die Darstellung einer Punktmenge als Polyeder nicht eindeutig ist. +Man kann die Kanten und Flächen jederzeit weiter unterteilen, ohne +dass sich die Gestalt der gesamten Menge dadurch ändert. \subsection{Triangulation \label{buch:subsection:triangulation}} +Unser Ziel ist, geometrische Objekte besser verstehen zu können. +Dabei sind uns Deformationen ja sogar Knicke egal, es interessiert uns +nur die ``Gestalt'' des Objekts. +Entfernungen zwischen Punkten sind ebenfalls von untergeordneter +Bedeutung, da sie bei Deformation nicht erhalten bleiben. +Der Begriff des ``topologischen Raumes'' fasst diese Ideen mathematisch +präzise ein, eine genaue Definition würde aber an dieser Stelle zu weit +führen. +Stattdessen beschränken wir uns auf eine Klasse von Punktmengen, die man +mit Simplizes beschreiben kann. + +Ein topologischer Raum zeichnet sich durch einen Nachbarschaftsbegriff +von Punkte aus, der erlaubt zu definieren, was eine stetige Abbildung ist. +Ein stetige Abbildungen bildet nahe beeinander liegende Punkte wieder +auf nahe beeinander liegende Punkte ab. +Dass nahe liegende Punkte nicht plötzlich auf weit auseinander liegende +Punkte abgebildet werden gibt die Intuition wieder, dass Deformationen +möglich sein sollen, dass der Raum dabei aber nicht ``reissen'' darf. +Zwei topologische Räume $X$ und $Y$ können daher als ``gleichgestaltig'' +betrachtet werden, wenn es zwei stetige Abbildungen $f\colon X\to Y$ +und $g\colon Y\to X$ gibt, die zu einander invers sein. +Oder wenn sich $X$ stetig auf $Y$ abbilden lässt, so dass auch die +Umkehrabbildung stetig ist. +Eine solche Abbildung heisst ein {\em Homöomorphismus}, die beiden Räume +$X$ und $Y$ heissen {\em homomorph}. + +Eine Kugel ist natürlich kein Polyeder, aber sie kann leicht homöomorph +auf ein dreidimensionales Simplex abgebildet werden. + +\begin{beispiel} +Sei $T$ ein reguläres Tetraeder mit den Ecken auf der dreidimensionalen +Einheitskugel $B^3$. +Für jeden Richtungsvektor $x\ne 0$ sei $l(x)$ Entfernung vom Mittelpunkt des +Tetraeders bis zum Durchstosspunkt einer Geraden durch den Mittelpunkt +mit Richtungsvektor $x$ durch die Oberfläche des Tetraeders. +Dann sind die Abbildungen +\[ +f\colon +T\to B^3 +: +x \mapsto\begin{cases} +\displaystyle +\frac{x}{l(x)}&\quad\text{für $x\ne 0$}\\ +0&\quad\text{für $x=0$} +\end{cases} +\qquad\text{und}\qquad +g\colon +B^3\to T +: +x \mapsto\begin{cases} +l(x) x&\quad\text{für $x\ne 0$}\\ +0&\quad\text{für $x=0$} +\end{cases} +\] +zueinander inverse stetige Abbildungen oder Homöomorphismen. +\end{beispiel} + +Im Folgenden sollen daher nur solche topologischen Räume untersucht werden, +die homöomorph sind zu einem Polyeder. +Man nennt die homöomorphe Abbildung eines Polyeders auf so einen Raum +auch eine Triangulation. +Durch Unterteilung der Simplizes in kleiner Simplizes kann eine solche +Triangulation beliebig verfeinert werden. + + + + -- cgit v1.2.1