% % lie-gruppen.tex -- Lie-Gruppebn % % (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil % \section{Lie-Gruppen \label{buch:section:lie-gruppen}} \rhead{Lie-Gruppen} \subsection{Drehungen in der Ebene \label{buch:gruppen:drehungen2d}} Drehungen der Ebene können in einer orthonormierten Basis durch Matrizen der Form \[ D_{\alpha} = \begin{pmatrix} \cos\alpha&-\sin\alpha\\ \sin\alpha& \cos\alpha \end{pmatrix} \] dargestellt werden. Wir bezeichnen die Menge der Drehmatrizen in der Ebene mit $\operatorname{SO}(2)\subset\operatorname{GL}_2(\mathbb{R})$. Die Abbildung \[ D_{\bullet} \colon \mathbb{R}\to \operatorname{SO}(2) : \alpha \mapsto D_{\alpha} \] hat die Eigenschaften \begin{align*} D_{\alpha+\beta}&= D_{\alpha}D_{\beta} \\ D_0&=I \\ D_{2k\pi}&=I\qquad \forall k\in\mathbb{Z}. \end{align*} Daraus folgt zum Beispiel, dass $D_{\bullet}$ eine $2\pi$-periodische Funktion ist. $D_{\bullet}$ bildet die Menge der Winkel $[0,2\pi)$ bijektiv auf die Menge der Drehmatrizen in der Ebene ab. Ein alternatives Bild für die Drehungen der Ebene kann man in der komplexen Ebene $\mathbb{C}$ erhalten. Die Multiplikation mit der komplexen Zahl $e^{i\alpha}$ beschreibt eine Drehung der komplexen Ebene um den Winkel $\alpha$. Die Zahlen der Form $e^{i\alpha}$ haben den Betrag $1$ und die Abbildung \[ f\colon \mathbb{R}\to \mathbb{C}:\alpha \mapsto e^{i\alpha} \] hat die Eigenschaften \begin{align*} f(\alpha+\beta) &= f(\alpha)f(\beta) \\ f(0)&=1 \\ f(2\pi k)&=1\qquad\forall k\in\mathbb{Z}, \end{align*} die zu den Eigenschaften der Abbildung $\alpha\mapsto D_{\alpha}$ analog sind. Jede komplexe Zahl $z$ vom Betrag $1$ kann geschrieben werden in der Form $z=e^{i\alpha}$, die Abbildung $f$ ist also eine Parametrisierung des Einheitskreises in der Ebene. Wir bezeichen $S^1=\{z\in\mathbb{C}\;|\; |z|=1\}$ die komplexen Zahlen vom Betrag $1$. $S^1$ ist eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, da für jede Zahl $z,w\in S^1$ gilt $|z^{-1}|=1$ und $|zw|=1$ und damit $z^{-1}\in S^1$ und $zw\in S^1$. Zu einer komplexen Zahl $z\in S^1$ gibt es einen bis auf Vielfache von $2\pi$ eindeutigen Winkel $\alpha(z)$ derart, dass $e^{i\alpha(z)}=z$. Damit kann man jetzt die Abbildung \[ \varphi \colon S^1\to \operatorname{SO}(2) : z\mapsto D_{\alpha(z)} \] konstruieren. Da $D_{\alpha}$ $2\pi$-periodisch ist, geben um Vielfache von $2\pi$ verschiedene Wahlen von $\alpha(z)$ die gleiche Matrix $D_{\alpha(z)}$, die Abbildung $\varphi$ ist daher wohldefiniert. $\varphi$ erfüllt ausserdem die Bedingungen \begin{align*} \varphi(z_1z_2) &= D_{\alpha(z_1z_2)} = D_{\alpha(z_1)+\alpha(z_2)} = D_{\alpha(z_1)}D_{\alpha(z_2)} = \varphi(z_1)\varphi(z_2) \\ \varphi(1) &= D_{\alpha(1)} = D_0 = I \end{align*} Die Abbildung $\varphi$ ist ein Homomorphismus der Gruppe $S^1$ in die Gruppe $\operatorname{SO}(2)$. Die Menge der Drehmatrizen in der Ebene kann also mit dem Einheitskreis in der komplexen Ebene identifiziert werden. \subsection{Isometrien von $\mathbb{R}^n$ \label{buch:gruppen:isometrien}} Lineare Abbildungen der Ebene $\mathbb{R}^n$ mit dem üblichen Skalarprodukt können durch $n\times n$-Matrizen beschrieben werden. Die Matrizen, die das Skalarprodukt erhalten, bilden eine Gruppe, die in diesem Abschnitt genauer untersucht werden soll. Eine Matrix $A\in M_{2}(\mathbb{R})$ ändert das Skalarprodukt nicht, wenn für jedes beliebige Paar $x,y$ von Vektoren gilt $\langle Ax,Ay\rangle = \langle x,y\rangle$. Das Standardskalarprodukt kann mit dem Matrixprodukt ausgedrückt werden: \[ \langle Ax,Ay\rangle = (Ax)^tAy = x^tA^tAy = x^ty = \langle x,y\rangle \] für jedes Paar von Vektoren $x,y\in\mathbb{R}$. Mit dem Skalarprodukt kann man auch die Matrixelemente einer Matrix einer Abbildung $f$ in der Standardbasis bestimmen. Das Skalarprodukt $\langle e_i, v\rangle$ ist die Länge der Projektion des Vektors $v$ auf die Richtung $e_i$. Die Komponenten von $Ae_j$ sind daher $a_{ij}=\langle e_i,f(e_j)\rangle$. Die Matrix $A$ der Abbildung $f$ hat also die Matrixelemente $a_{ij}=e_i^tAe_j$. \subsection{Die Gruppe $\operatorname{SU}(2)$ \label{buch:gruppen:su2}}