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-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/differentialkoerper.tex5
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/diffke.tex106
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/elementar.tex199
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/erweiterungen.tex98
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/logexp.tex20
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/rational.tex27
-rw-r--r--buch/chapters/060-integral/risch.tex12
-rw-r--r--buch/chapters/110-elliptisch/lemniskate.tex24
-rw-r--r--buch/chapters/references.bib7
9 files changed, 475 insertions, 23 deletions
diff --git a/buch/chapters/060-integral/differentialkoerper.tex b/buch/chapters/060-integral/differentialkoerper.tex
index a071ae2..a112e33 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/differentialkoerper.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/differentialkoerper.tex
@@ -15,6 +15,11 @@ Doch woher weiss man, dass es keine solche Funktion gibt, und
was heisst überhaupt ``Stammfunktion in geschlossener Form''?
In diesem Abschnitt wird daher ein algebraischer Rahmen entwickelt,
in dem diese Frage sinnvoll gestellt werden kann.
+Das ultimative Ziel, welches aber erst in
+Abschnitt~\ref{buch:integral:section:risch} in Angriff genommen
+wird, ist ein Computer-Algorithmus, der Integrale in geschlossener
+Form findet oder beweist, dass dies für einen gegebenen Integranden
+nicht möglich ist.
\input{chapters/060-integral/rational.tex}
\input{chapters/060-integral/erweiterungen.tex}
diff --git a/buch/chapters/060-integral/diffke.tex b/buch/chapters/060-integral/diffke.tex
index 02e90f6..61badc8 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/diffke.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/diffke.tex
@@ -106,6 +106,94 @@ Die Menge $C$ heisst der {\em Konstantenkörper} von $\mathscr{F}$.
\index{Konstantenkörper}%
%
+% Ableitung algebraischer Elemente
+%
+\subsubsection{Ableitung und algebraische Körpererweiterungen}
+Die Rechenregeln in einem Differentialkörper $\mathscr{F}$ legen auch die
+Ableitung eines algebraischen Elements fest.
+Sei $m(z)=m_0+m_1z+\ldots+m_{n-1}z^{n-1}+z^n$ das Minimalpolynom eines
+über $\mathscr{F}$ algebraischen Elements $f$.
+Aus $m(f)=0$ folgt durch Ableiten
+\[
+0
+=
+m(f)'
+=
+m_0'
++
+(m_1'f+m_1f')
++
+(m_2'f + m_12f'f)
++
+\ldots
++
+(m_{n-1}'f^{n-1} + m_{n-1} (n-1)f'f^{n-2})
++
+nf'f^{n-1}.
+\]
+Zusammenfassen der Ableitung $f'$ auf der linken Seite liefert die
+Gleichung
+\[
+f'(
+m_1+2m_2f+\ldots+(n-1)m_{n-1}f^{n-2}+nf^{n-1}
+)
+=
+m_0' + m_1'f + m_2'f^2 + \ldots + m_{n-1}'f^{n-1} + f^n,
+\]
+aus der
+\[
+f'
+=
+\frac{
+m_0' + m_1'f + m_2'f^2 + \ldots + m_{n-1}'f^{n-1} + f^n
+}{
+m_1+2m_2f+\ldots+(n-1)m_{n-1}f^{n-2}+nf^{n-1}
+}
+\]
+als Element von $\mathscr{F}(g)$ berechnet werden kann.
+Die Ableitungsoperation lässt sich somit auf die Körpererweiterung
+$\mathscr{F}(f)$ fortsetzen.
+
+\begin{beispiel}
+Das über $\mathbb{Q}(x)$ algebraische Element $y=\sqrt{ax^2+bx+c}$
+hat das Minimalpolynom
+\[
+m(z)
+=
+z^2 - [ax^2+bx+c]
+\in
+\mathbb{Q}(x)[z]
+\]
+mit Koeffizienten $m_0 = ax^2+bx+c,$ $m_1=0$ und $m_2=1$.
+Es hat die Ableitung
+\[
+y'
+=
+\frac{m_0'}{2m_2y}
+=
+\frac{
+2ax+b
+}{
+2y
+}
+\in
+\mathbb{Q}(x,y)
+\]
+wegen $m_0'=2ax+b$.
+\end{beispiel}
+
+\begin{definition}
+Eine differentielle Körpererweiterung ist eine Körpererweiterung
+$\mathscr{K}\subset\mathscr{F}$ von Differentialkörpern derart, dass
+die Ableitungen $D_{\mathscr{K}}$ in $\mathscr{K}$
+und $D_{\mathscr{F}}$ in $\mathscr{F}$ übereinstimmen:
+\(
+D_{\mathscr{K}}g= D_{\mathscr{F}} g
+\)
+für alle $g\in\mathscr{K}$.
+\end{definition}
+
+%
% Logarithmus und Exponantialfunktion
%
\subsubsection{Logarithmus und Exponentialfunktion}
@@ -116,6 +204,7 @@ Sie zeichnen sich aber durch besondere Ableitungseigenschaften aus.
Die Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen garantiert,
dass eine Funktion durch eine Differentialgleichung und Anfangsbedingungen
festgelegt ist.
+\label{buch:integral:expundlog}
Für die Exponentialfunktion und der Logarithmus haben die
Ableitungseigenschaften
\[
@@ -128,10 +217,19 @@ x \log'(x) = 1.
In der algebraischen Beschreibung eines Funktionenkörpers gibt es
das Konzept des Wertes einer Funktion an einer bestimmten Stelle nicht.
Somit können keine Anfangsbedingungen vorgegeben werden.
-Da die Gleichungen linear sind, sind Vielfache einer Lösung wieder
-Lösungen.
-Insbesondere ist mit $\exp(x)$ auch $a\exp(x)$ eine Lösung und mit
-$\log(x)$ auch $a\log(x)$ für alle Konstanten $a$.
+Da die Gleichung für $\exp$ linear sind, sind Vielfache einer Lösung wieder
+Lösungen,
+insbesondere ist mit $\exp(x)$ auch $a\exp(x)$ eine Lösung.
+Die Gleichung für $\log$ ist nicht linear, aber es ist
+$\log'(x) = 1/x$, $\log$ ist eine Stammfunktion von $1/x$, die
+nur bis auf eine Konstante bestimmt ist.
+Tatsächlich gilt
+\[
+x(\log(x)+a)'
+=
+x\log(x) + xa' = x\log(x)=1,
+\]
+die Funktion $\log(x)+a$ ist also auch eine Lösung für den Logarithmus.
Die Eigenschaft, dass die Exponentialfunktion die Umkehrfunktion
des Logarithmus ist, lässt sich mit den Mitteln eines Differentialkörpers
diff --git a/buch/chapters/060-integral/elementar.tex b/buch/chapters/060-integral/elementar.tex
index 854a875..fd5f051 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/elementar.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/elementar.tex
@@ -13,3 +13,202 @@ Die Stammfunktionen verwenden dieselben Funktionen oder höchstens
Erweiterungen um Logarithmen von Funktionen, die man schon im
Integranden gesehen hat.
+%
+% Exponentielle und logarithmische Funktione
+%
+\subsubsection{Exponentielle und logarithmische Funktionen}
+In Abschnitt~\ref{buch:integral:subsection:diffke} haben wir
+bereits die Exponentialfunktion $e^x$ und die Logarithmusfunktion
+$\log x$ charakterisiert als eine Körpererweiterung durch
+Elemente, die der Differentialgleichung
+\[
+\exp' = \exp
+\qquad\text{und}\qquad
+\log' = \frac{1}{x}
+\]
+genügen.
+Für die Stammfunktionen, die in
+Abschnitt~\ref{buch:integral:subsection:logexp}
+gefunden wurden, sind aber Logarithmusfunktionen nicht von
+$x$ sondern von beliebigen über $\mathbb{Q}$ algebraischen Elementen
+nötig.
+Um zu verstehen, wie wir diese Funktion als Körpererweiterung erhalten
+könnten, betrachten wir die Ableitung einer Exponentialfunktion
+$\vartheta(x) = \exp(f(x))$ und eines
+Logarithmus
+$\psi(x) = \log(f(x))$, wie man sie mit der Kettenregel
+berechnet hätte:
+\begin{align*}
+\vartheta'(x)
+&=\exp(f(x)) \cdot f'(x)
+&
+\psi'(x)
+&=
+\frac{f'(x)}{f(x)}
+\quad\Leftrightarrow\quad
+f(x)\psi'(x)
+=
+f'(x).
+\end{align*}
+Dies motiviert die folgende Definition
+
+\begin{definition}
+\label{buch:integral:def:explog}
+Sei $\mathscr{F}$ ein Differentialklörper und $f\in\mathscr{F}$.
+Ein Exponentialfunktion von $f$ ist ein $\vartheta\in \mathscr{F}$mit
+$\vartheta' = \vartheta f'$.
+Ein Logarithmus von $f$ ist ein $\vartheta\in\mathscr{F}$ mit
+$f\vartheta'=f'$.
+\end{definition}
+
+Für $f=x$ mit $f'=1$ reduziert sich die
+Definition~\ref{buch:integral:def:explog}
+auf die Definition der Exponentialfunktion $\exp(x)$ und
+Logarithmusfunktion $\log(x)$ auf Seite~\pageref{buch:integral:expundlog}.
+
+
+%
+%
+%
+\subsubsection{Transzendente Körpererweiterungen}
+Die Wurzelfunktionen haben wir früher als algebraische Erweiterungen
+eines Differentialkörpers erkannt.
+Die logarithmischen und exponentiellen Elemente gemäss
+Definition~\ref{buch:integral:def:explog} sind nicht algebraisch.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:integral:def:transzendent}
+Sei $\mathscr{F}\subset\mathscr{G}$ eine Körpererweiterung und
+$\vartheta\in\mathscr{G}$.
+$\vartheta$ heisst {\em transzendent}, wenn $\vartheta$ nicht
+algebraisch ist.
+\end{definition}
+
+\begin{beispiel}
+Die Funktion $f = e^x + e^{2x} + e^{x/2}$ ist sicher transzendent,
+in diesem Beispiel zeigen wir, dass es mindestens drei verschiedene
+Möglichkeiten gibt, eine Körpererweiterung von $\mathbb{Q}(x)$ zu
+konstruieren, die $f$ enthält.
+
+Erste Möglichkeit: $f=\vartheta_1 + \vartheta_2 + \vartheta_3$ mit
+$\vartheta_1=e^x$,
+$\vartheta_2=e^{2x}$
+und
+$\vartheta_3=e^{x/2}$.
+Jedes der Elemente $\vartheta_i$ ist exponentiell über $\mathbb{Q}(x)$ und
+$f$ ist in
+\[
+\mathbb{Q}(x)
+\subset
+\mathbb{Q}(x,\vartheta_1)
+\subset
+\mathbb{Q}(x,\vartheta_1,\vartheta_2)
+\subset
+\mathbb{Q}(x,\vartheta_1,\vartheta_2,\vartheta_3)
+\ni
+f.
+\]
+Jede dieser Körpererweiterungen ist transzendent.
+
+Zweite Möglichkeit: $\vartheta_1=e^x$ ist exponentiell über
+$\mathbb{Q}(x)$ und $\mathbb{Q}(x,\vartheta_1)$ enthält wegen
+\[
+(\vartheta_1^2)'
+=
+2\vartheta_1\vartheta_1'
+=
+2\vartheta_1^2,
+\]
+somit ist $\vartheta_1^2=\vartheta_2$ eine Exponentialfunktion von $2x$
+über $\mathbb{Q}(x)$.
+Das Element $\vartheta_3=e^{x/2}$ ist zwar auch exponentiell über
+$\mathbb{Q}(x)$, es ist aber auch eine Nullstelle des Polynoms
+$m(z)=z^2-[\vartheta_1]$.
+Die Erweiterung
+$\mathbb{Q}(x,\vartheta_1)\subset\mathbb{Q}(x,\vartheta_1,\vartheta_3)$
+ist eine algebraische Erweiterung, die
+$f=\vartheta_1 + \vartheta_1^2+\vartheta_3$ enthält.
+
+Dritte Möglichkeit: $\vartheta_3=e^{x/2}$ ist exponentiell über
+$\mathbb{Q}(x)$.
+Die transzendente Körpererweiterung
+\[
+\mathbb{Q}(x) \subset \mathbb{Q}(x,\vartheta_3)
+\]
+enthält das Element
+$f=\vartheta_3^4+\vartheta_3^2 + \vartheta_3 $.
+\end{beispiel}
+
+Das Beispiel zeigt, dass man nicht sagen kann, dass eine Funktion
+ausschliesslich in einer algebraischen oder transzendenten Körpererweiterung
+zu finden ist.
+Vielmehr gibt es für die gleiche Funktion möglicherweise verschiedene
+Körpererweiterungen, die alle die Funktion enthalten können.
+
+%
+% Elementare Funktionen
+%
+\subsubsection{Elementare Funktionen}
+Die Stammfunktionen~\eqref{buch:integration:risch:eqn:integralbeispiel2}
+können aufgebaut werden, indem man dem Körper $\mathbb{Q}(x)$ schrittweise
+sowohl algebraische wie auch transzendente Elemente hinzufügt,
+wie in der folgenden Definition, die dies für abstrakte
+Differentialkörpererweiterungen formuliert.
+
+\begin{definition}
+Eine Körpererweiterung $\mathscr{F}\subset\mathscr{G}$ heisst
+{\em transzendente elementare Erweiterung}, wenn
+$\mathscr{G} = \mathscr{F}(\vartheta_1,\dots,\vartheta_n)$ und
+jedes der Element $\vartheta_i$ transzendent und logarithmisch oder
+exponentiell ist über
+$\mathscr{F}_{i-1}=\mathscr{F}(\vartheta_1,\dots,\vartheta_{i-1})$.
+Die Körpererweiterung $\mathscr{F}\subset\mathscr{G}$ heisst
+{\em elementare Erweiterung}, wenn
+$\mathscr{G} = \mathscr{F}(\vartheta_1,\dots,\vartheta_n)$ und
+jedes Element $\vartheta_i$ ist entweder logarithmisch, exponentiell
+oder algebraisch über $\mathscr{F}_{i-1}$.
+\end{definition}
+
+Die Funktionen, die als akzeptable Stammfunktionen für das Integrationsproblem
+in Betracht kommen, sind also jene, die in einer geeigneten elementaren
+Erweiterung des von $\mathbb{Q}(x)$ liegen.
+Ausserdem können auch noch weitere Konstanten nötig sein, sowohl
+algebraische Zahlen wie auch Konstanten wie $\pi$ oder $e$.
+
+\begin{definition}
+Sei $\mathscr{K}(x)$ der Differentialklörper der rationalen Funktionen
+über dem Konstantenkörper $\mathscr{K}\supset\mathbb{Q}$, der in $\mathbb{C}$
+enthalten ist.
+Ist $\mathscr{F}\supset \mathscr{K}(x)$ eine transzendente elementare
+Erweiterung von $\mathscr{K}(x)$, dann heisst $\mathscr{F}$
+ein Körper von {\em transzendenten elementaren Funktionen}.
+Ist $\mathscr{F}$ eine elementare Erweiterung von $\mathscr{K}(x)$, dann
+heisst $\mathscr{F}$ ein Körper von {\em elementaren Funktionen}.
+\end{definition}
+
+\subsubsection{Das Integrationsproblem}
+Die elementaren Funktionen enthalten alle Funktionen, die sich mit
+arithmetischen Operationen, Wurzeln, Exponentialfunktionen, Logarithmen und
+damit auch mit trigonometrischen und hyperbolischen Funktionen und ihren
+Umkehrfunktionen aus den rationalen Zahlen, der unabhängigen Variablen $x$
+und möglicherweise einigen zusätzlichen Konstanten aufbauen lassen.
+Sei also $f$ eine Funktion in einem Körper von elementaren
+Funktionen
+\[
+\mathscr(F)
+=
+\mathbb{Q}(\alpha_1,\dots,\alpha_l)(x,\vartheta_1,\dots,\vartheta_n).
+\]
+Eine elementare Stammfunktion ist eine Funktion $F=\int f$ in einer
+elementaren Körpererweiterung
+\[
+\mathscr{G}
+=
+\mathbb{Q}(\alpha_1,\dots,\alpha_l,\dots,\alpha_{l+k})
+(x,\vartheta_1,\dots,\vartheta_n,\dots,\vartheta_{n+m})
+\]
+mit $F'=f$.
+Das Ziel ist, $F$ mit Hilfe eines Algorithmus zu bestimmen.
+
+
+
diff --git a/buch/chapters/060-integral/erweiterungen.tex b/buch/chapters/060-integral/erweiterungen.tex
index a999ebb..9138f3e 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/erweiterungen.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/erweiterungen.tex
@@ -97,8 +97,8 @@ a_i\in K
\}
\label{buch:integral:eqn:algelement}
\end{equation}
-mit $n=\deg m(x) - 1$ der durch Adjunktion von $\alpha$ erhaltene
-Erweiterungsköper.
+mit $n=\deg m(x) - 1$ der durch {\em Adjunktion} oder Hinzufügen
+von $\alpha$ erhaltene Erweiterungsköper.
\end{definition}
Wieder muss nur überprüft werden, dass jedes Produkt oder jeder
@@ -151,7 +151,9 @@ Die Menge $\mathbb{Q}(i)$ ist daher eine algebraische Körpererweiterung
von $\mathbb{Q}$ bestehend aus den komplexen Zahlen mit rationalem
Real- und Imaginärteil.
+%
% Transzendente Körpererweiterungen
+%
\subsubsection{Transzendente Erweiterungen}
Nicht alle Zahlen in $\mathbb{R}$ sind algebraisch.
Lindemann bewies 1882 einen allgemeinen Satz, aus dem folgt,
@@ -201,7 +203,9 @@ $K\subset K(\alpha)$ ist zwar immer noch eine Körpererweiterung, aber
$K(\alpha)$ ist nicht mehr ein endlichdimensionaler Vektorraum.
Die Körpererweiterung $K\subset K(\alpha)$ heisst {\em transzendent}.
+%
% rationale Funktionen als Körpererweiterungen
+%
\subsubsection{Rationale Funktionen als Körpererweiterung}
Die unabhängige Variable wird bei Rechnen so behandelt, dass die
Potenzen alle linear unabhängig sind.
@@ -209,7 +213,9 @@ Dies ist die Grundlage für den Koeffizientenvergleich.
Der Körper der rationalen Funktion $K(x)$
ist also eine transzendente Körpererweiterung von $K$.
+%
% Erweiterungen mit algebraischen Funktionen
+%
\subsubsection{Algebraische Funktionen}
Für das Integrationsproblem möchten wir nicht nur rationale Funktionen
verwenden können, sondern auch Wurzelfunktionen.
@@ -246,4 +252,92 @@ $y=\sqrt{ax^2+bx+c}$ zu $K(x,y)=K(x,\sqrt{ax^2+bx+c}$ erweitert.
Wurzelfunktion werden daher nicht als Zusammensetzungen, sondern als
algebraische Erweiterungen eines Funktionenkörpers betrachtet.
+%
+% Konjugation
+%
+\subsubsection{Konjugation}
+Die komplexen Zahlen sind die algebraische Erweiterung der reellen Zahlen
+um die Nullstelle $i$ des Polynoms $m(x)=x^2+1$.
+Die Zahl $-i$ ist aber auch eine Nullstelle von $m(x)$, die mit algebraischen
+Mitteln nicht von $i$ unterscheidbar ist.
+Die komplexe Konjugation $a+bi\mapsto a-bi$ vertauscht die beiden
+\index{Konjugation, komplexe}%
+\index{komplexe Konjugation}%
+Nullstellen des Minimalpolynoms.
+
+Ähnliches gilt für die Körpererweiterung $\mathbb{Q}(\!\sqrt{2})$.
+$\sqrt{2}$ und $\sqrt{2}$ sind beide Nullstellen des Minimalpolynoms
+$m(x)=x^2-2$, die mit algebraischen Mitteln nicht unterschiedbar sind.
+Sie haben zwar verschiedene Vorzeichen, doch ohne eine Ordnungsrelation
+können diese nicht unterschieden werden.
+\index{Ordnungsrelation}%
+Eine Ordnungsrelation zwischen rationalen Zahlen lässt sich zwar
+definieren, aber die Zahl $\sqrt{2}$ ist nicht rational, es braucht
+also eine zusätzliche Annahme, zum Beispiel die Identifikation von
+$\sqrt{2}$ mit einer reellen Zahl in $\mathbb{R}$, wo der Vergleich
+möglich ist.
+
+Auch in $\mathbb{Q}(\!\sqrt{2})$ ist die Konjugation
+$a+b\sqrt{2}\mapsto a-b\sqrt{2}$ eine Selbstabbildung, die
+die Körperoperationen respektiert.
+
+Das Polynom $m(x)=x^2-x-1$ hat die Nullstellen
+\[
+\frac12 \pm\sqrt{\biggl(\frac12\biggr)^2+1}
+=
+\frac{1\pm\sqrt{5}}{2}
+=
+\left\{
+\bgroup
+\renewcommand{\arraystretch}{2.20}
+\renewcommand{\arraycolsep}{2pt}
+\begin{array}{lcl}
+\displaystyle
+\frac{1+\sqrt{5}}{2} &=& \phantom{-}\varphi \\
+\displaystyle
+\frac{1-\sqrt{5}}{2} &=& \displaystyle-\frac{1}{\varphi}.
+\end{array}
+\egroup
+\right.
+\]
+Sie erfüllen die gleiche algebraische Relation $x^2=x+1$.
+Sie sind sowohl im Vorzeichen wie auch im absoluten Betrag
+verschieden, beides verlangt jedoch eine Ordnungsrelation als
+Voraussetzung, die uns fehlt.
+Aus beiden kann man mit rationalen Operationen $\sqrt{5}$ gewinnen,
+denn
+\[
+\sqrt{5}
+=
+4\varphi-1
+=
+-4\biggl(-\frac{1}{\varphi}\biggr)^2-1
+\qquad\Rightarrow\qquad
+\mathbb{Q}(\!\sqrt{5})
+=
+\mathbb{Q}(\varphi)
+=
+\mathbb{Q}(-1/\varphi).
+\]
+Die Abbildung $a+b\varphi\mapsto a-b/\varphi$ ist eine Selbstabbildung
+des Körpers $\mathbb{Q}(\!\sqrt{5})$, welche die beiden Nullstellen
+vertauscht.
+
+Dieses Phänomen gilt für jede algebraische Erweiterung.
+Die Nullstellen des Minimalpolynoms, welches die Erweiterung
+definiert, sind grundsätzlich nicht unterscheidbar.
+Mit der Adjunktion einer Nullstelle enthält der Erweiterungskörper
+auch alle anderen.
+Sind $\alpha_1$ und $\alpha_2$ zwei Nullstellen des Minimalpolynoms,
+dann definiert die Abbildung $\alpha_1\mapsto\alpha_2$ eine Selbstabbildung,
+die die Nullstellen permutiert.
+
+Die algebraische Körpererweiterung
+$\mathbb{Q}(x)\subset \mathbb{Q}(x,\sqrt{ax^2+bx+c})$
+ist nicht unterscheidbar von
+$\mathbb{Q}(x)\subset \mathbb{Q}(x,-\!\sqrt{ax^2+bx+c})$.
+Für das Integrationsproblem bedeutet dies, dass alle Methoden so
+formuliert werden müssen, dass die Wahl der Nullstellen auf die
+Lösung keinen Einfluss haben.
+
diff --git a/buch/chapters/060-integral/logexp.tex b/buch/chapters/060-integral/logexp.tex
index 2bfe0e1..e0efab2 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/logexp.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/logexp.tex
@@ -3,7 +3,7 @@
%
% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschlue
%
-\subsection{Log-Exp-Notation für elementare Funktionen
+\subsection{Log-Exp-Notation für trigonometrische und hyperbolische Funktionen
\label{buch:integral:subsection:logexp}}
Die Integration rationaler Funktionen hat bereits gezeigt, dass
eine Stammfunktion nicht immer im Körper der rationalen Funktionen
@@ -37,6 +37,7 @@ x \operatorname{arcosh} x - \sqrt{x^2-1}.
In der Stammfunktion treten Funktionen auf, die auf den ersten
Blick nichts mit den Funktionen im Integranden zu tun haben.
+\subsubsection{Trigonometrische und hyperbolische Funktionen}
Die trigonometrischen und hyperbolichen Funktionen
in~\eqref{buch:integration:risch:allgform}
lassen sich alle durch Exponentialfunktionen ausdrücken.
@@ -53,7 +54,7 @@ So gilt
&\qquad&
\cosh x &= \frac12\bigl( e^x + e^{-x} \bigr).
\end{aligned}
-\label{buch:integral:risch:trighypinv}
+\label{buch:integral:risch:trighyp}
\end{equation}
Nach Multiplikation mit $e^{ix}$ bzw.~$e^{x}$ entsteht eine
quadratische Gleichung in $e^{ix}$ bzw.~$e^{x}$.
@@ -66,27 +67,27 @@ Die Rechnung ergibt
&=
\frac{1}{i}\log\bigl(
iy\pm\sqrt{1-y^2}
-\bigr)
+\bigr),
&
&\qquad&
\arccos y
&=
\log\bigl(
y\pm \sqrt{y^2-1}
-\bigr)
+\bigr),
\\
\operatorname{arsinh}y
&=
\log\bigl(
y \pm \sqrt{1+y^2}
-\bigr)
+\bigr),
&
&\qquad&
\operatorname{arcosh} y
&=
\log\bigl(
y\pm \sqrt{y^2-1}
-\bigr)
+\bigr).
\end{aligned}
\label{buch:integral:risch:trighypinv}
\end{equation}
@@ -97,6 +98,7 @@ Man nennt dies die $\log$-$\exp$-Notation der trigonometrischen
und hyperbolischen Funktionen.
\index{logexpnotation@$\log$-$\exp$-Notation}%
+\subsubsection{$\log$-$\exp$-Notation}
Wendet man die Substitutionen
\eqref{buch:integral:risch:trighyp}
und
@@ -110,7 +112,7 @@ an, entstehen die Beziehungen
&=
\frac12i\bigl(
\log(1-ix) - \log(1+ix)
-\bigr)
+\bigr),
\\
\int\bigl(
{\textstyle\frac12}
@@ -121,12 +123,12 @@ e^{-ix}
\bigr)
&=
-{\textstyle\frac12}ie^{ix}
-+{\textstyle\frac12}ie^{-ix}
++{\textstyle\frac12}ie^{-ix},
\\
\int
\frac{1}{\sqrt{1-x^2}}
&=
--i\log\bigl(ix+\sqrt{1-x^2})
+-i\log\bigl(ix+\sqrt{1-x^2}),
\\
\int \log\bigl(x+\sqrt{x^2-1}\bigr)
&=
diff --git a/buch/chapters/060-integral/rational.tex b/buch/chapters/060-integral/rational.tex
index 7b24e9f..0ca164d 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/rational.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/rational.tex
@@ -132,7 +132,9 @@ ac + 2bd + (ad+bc)\sqrt{2} \in \mathbb{Q}(\!\sqrt{2})
\end{align*}
\end{beispiel}
-
+%
+% Rationale Funktionen
+%
\subsubsection{Rationalen Funktionen}
Die als Antworten auf die Frage nach einer Stammfunktion akzeptablen
Funktionen sollten alle rationalen Zahlen sowie die unabhängige
@@ -174,5 +176,28 @@ zweier Brüche auch für Nenner funktioniert, die Polynome sind, und die
Summe wzeier Brüche von Polynomen wieder in einen Bruch von Polynomen
umwandelt.
+%
+% Warum rationale Zahlen?
+%
+\subsubsection{Warum die Beschränkung auf rationale Zahlen?}
+Aus mathematischer Sicht gibt es gute Gründe, Analysis im Körper $\mathbb{R}$
+oder $\mathbb{C}$ zu betreiben.
+Da Ableitung und Integral als Grenzwerte definiert sind, stellt diese
+Wahl des Körpers sicher, dass die Grenzwerte auch tatsächlich existieren.
+Der Fundamentalsatz der Algebra garantiert, dass über $\mathbb{C}$
+jedes Polynome in Linearfaktoren zerlegt werden kann.
+
+Der Einfachheit der Analyse in $\mathbb{R}$ oder $\mathbb{C}$ steht
+die Schwierigkeit gegenüber, beliebige Elemente von $\mathbb{R}$ in
+einem Computer exakt darzustellen.
+Für Brüche in $\mathbb{Q}$ gibt es eine solche Darstellung durch
+Paare von Ganzzahlen, wie sie die GNU Multiprecision Arithmetic Library
+\cite{buch:gmp} realisiert.
+Irrationale Zahlen dagegen können nur exakt gehandhabt werden, wenn
+man im wesentlichen symbolisch mit ihnen rechnet.
+Die Grundlage dafür wird in
+Abschnitt~\ref{buch:integral:subsection:koerpererweiterungen}
+gelegt.
+
diff --git a/buch/chapters/060-integral/risch.tex b/buch/chapters/060-integral/risch.tex
index 1ba746a..2080ce8 100644
--- a/buch/chapters/060-integral/risch.tex
+++ b/buch/chapters/060-integral/risch.tex
@@ -6,6 +6,18 @@
\section{Der Risch-Algorithmus
\label{buch:integral:section:risch}}
\rhead{Risch-Algorithmus}
+Die Lösung des Integrationsproblem für $\mathbb{Q}(x)$ und für
+$\mathbb{Q}(x,y)$ mit $y=\!\sqrt{ax^2+bx+c}$ hat gezeigt, dass
+ein Differentialkörper genau die richtige Bühne für dieses Unterfangen
+sein dürfte.
+Die Stammfunktionen konnten in einem Erweiterungskörper gefunden
+werden, der ein paar Logarithmen hinzugefügt worden sind.
+Tatsächlich lässt sich in diesem Rahmen sogar ein Algorithmus
+formulieren, der in einem noch zu definierenden Sinn ``elementare''
+Funktionen als Stammfunktionen finden kann oder beweisen kann, dass
+eine solche nicht existiert.
+Dieser Abschnitt soll einen Überblick darüber geben.
+
\input{chapters/060-integral/logexp.tex}
\input{chapters/060-integral/elementar.tex}
diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/lemniskate.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/lemniskate.tex
index 0df27a7..f750a82 100644
--- a/buch/chapters/110-elliptisch/lemniskate.tex
+++ b/buch/chapters/110-elliptisch/lemniskate.tex
@@ -20,7 +20,9 @@ elliptischen Funktionen hergestellt werden.
\caption{Bogenlänge und Radius der Lemniskate von Bernoulli.
\label{buch:elliptisch:fig:lemniskate}}
\end{figure}
-Die Lemniskate von Bernoulli ist die Kurve vierten Grades mit der Gleichung
+Die {\em Lemniskate von Bernoulli} ist die Kurve vierten Grades
+mit der Gleichung
+\index{Lemniskate von Bernoulli}%
\begin{equation}
(X^2+Y^2)^2 = 2a^2(X^2-Y^2).
\label{buch:elliptisch:eqn:lemniskate}
@@ -161,13 +163,14 @@ Parameters $k$.
Die Länge des rechten Blattes der Lemniskate wird mit $\varpi$ bezeichnet
und hat den numerischen Wert
-\[
+\begin{equation}
\varpi
=
2\int_0^1\sqrt{\frac{1}{1-t^4}}\,dt
=
2.6220575542.
-\]
+\label{buch:elliptisch:eqn:varpi}
+\end{equation}
$\varpi$ ist auch als die {\em lemniskatische Konstante} bekannt.
\index{lemniskatische Konstante}%
Der Lemniskatenbogen zwischen dem Nullpunkt und $(1,0)$ hat die Länge
@@ -179,7 +182,7 @@ $\varpi/2$.
\subsection{Bogenlängenparametrisierung}
Die Lemniskate mit der Gleichung
\[
-(X^2+X^2)^2=2(X^2-X^2)
+(X^2+Y^2)^2=2(X^2-Y^2)
\]
(der Fall $a=1$ in \eqref{buch:elliptisch:eqn:lemniskate})
kann mit Jacobischen elliptischen Funktionen
@@ -332,7 +335,8 @@ Dies bedeutet, dass die Bogenlänge zwischen den Parameterwerten $0$ und $s$
=
s,
\]
-der Parameter $t$ ist also ein Bogenlängenparameter.
+der Parameter $t$ ist also ein Bogenlängenparameter, man darf also
+$s=t$ schreiben.
Die mit dem Faktor $1/\sqrt{2}$ skalierte Standard-Lemniskate mit der
Gleichung
@@ -355,10 +359,9 @@ y(t)
\end{equation}
\subsection{Der lemniskatische Sinus und Kosinus}
-Der Sinus Berechnet die Gegenkathete zu einer gegebenen Bogenlänge des
+Der Sinus berechnet die Gegenkathete zu einer gegebenen Bogenlänge des
Kreises, er ist die Umkehrfunktion der Funktion, die der Gegenkathete
die Bogenlänge zuordnet.
-
Daher ist es naheliegend, die Umkehrfunktion von $s(r)$ in
\eqref{buch:elliptisch:eqn:lemniskatebogenlaenge}
den {\em lemniskatischen Sinus} zu nennen mit der Bezeichnung
@@ -368,6 +371,13 @@ Der Kosinus ist der Sinus des komplementären Winkels.
Auch für die lemniskatische Bogenlänge $s(r)$ lässt sich eine
komplementäre Bogenlänge definieren, nämlich die Bogenlänge zwischen
dem Punkt $(x(r), y(r))$ und $(1,0)$.
+Da die Bogenlänge zwischen $(0,0)$ und $(1,0)$ in
+in \eqref{buch:elliptisch:eqn:varpi} bereits bereichnet wurde.
+ist sie $\varpi/2-s$.
+Der {\em lemniskatische Kosinus} ist daher
+$\operatorname{cl}(s) = \operatorname{sl}(\varpi/2-s)$
+Graphen des lemniskatische Sinus und Kosinus sind in
+Abbildung~\label{buch:elliptisch:figure:slcl} dargestellt.
Da die Parametrisierung~\eqref{buch:elliptisch:lemniskate:bogenlaenge}
eine Bogenlängenparametrisierung ist, darf man $t=s$ schreiben.
diff --git a/buch/chapters/references.bib b/buch/chapters/references.bib
index 17ef273..32a86ec 100644
--- a/buch/chapters/references.bib
+++ b/buch/chapters/references.bib
@@ -111,3 +111,10 @@
publisher = { Addison-Wesley }
}
+@online{buch:gmp,
+ title = {GNU Multiprecision Arithmetic Library},
+ DAY = 26,
+ MONTH = 5,
+ YEAR = 2022,
+ url = {https://de.wikipedia.org/wiki/GNU_Multiple_Precision_Arithmetic_Library}
+}