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diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/Makefile.inc b/buch/chapters/030-geometrie/Makefile.inc index a34633e..a79e614 100644 --- a/buch/chapters/030-geometrie/Makefile.inc +++ b/buch/chapters/030-geometrie/Makefile.inc @@ -8,4 +8,6 @@ CHAPTERFILES = $(CHAPTERFILES) \ chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex \ chapters/030-geometrie/sphaerisch.tex \ chapters/030-geometrie/hyperbolisch.tex \ + chapters/030-geometrie/flaeche.tex \ + chapters/030-geometrie/laenge.tex \ chapters/030-geometrie/chapter.tex diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex b/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex index ea63b6e..974a3a4 100644 --- a/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex +++ b/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex @@ -9,9 +9,24 @@ \lhead{Spezielle Funktionen aus der Geometrie} \rhead{} +Die ältesten geometrisch definierten speziellen Funktionen +sind die Wurzeln. +Sie haben ermöglicht, die Kantenlänge eines Quadrates mit vorgegebenem +Flächeninhalt zu bestimmen. +Sie werden unmittelbar gefolgt von den trigonometrischen Funktionen, +die ebenfalls bereits im Altertum bekannt waren. +Die Analysis hat die Möglichkeit geschaffen, die Länge von Kurven +zu definieren und zu berechnen, wie auch den Flächeninhalt von +Gebieten, die von Kurven berandet sind. +Es stellt sich heraus, dass bereits anscheinend einfache Aufgaben +wie die Berechnung der Länge von Ellipsen- oder Hyperbelbögen auf +die Notwendigkeit führt, neue spezielle Funktionen zu definieren. + \input{chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex} \input{chapters/030-geometrie/sphaerisch.tex} \input{chapters/030-geometrie/hyperbolisch.tex} +\input{chapters/030-geometrie/laenge.tex} +\input{chapters/030-geometrie/flaeche.tex} %\section*{Übungsaufgaben} %\rhead{Übungsaufgaben} diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/flaeche.tex b/buch/chapters/030-geometrie/flaeche.tex new file mode 100644 index 0000000..468e175 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/flaeche.tex @@ -0,0 +1,286 @@ +% +% flaeche.tex +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Flächeninhalt +\label{buch:geometrie:section:flaeche}} +\rhead{Flächeninhalt} +Die elementare Definition des Integrals versucht, den Flächeninhalt +unter dem Graphen der Funktion $y=f(x)$ zu definieren. +Die Erfahrung zeigt, dass es nicht immer einfach ist, ein Integral in +geschlossener Form zu berechnen. +Solche Integrale können auf sinnvolle neue spezielle Funktionen führen. + +\subsection{Berechnung des Flächeninhaltes in kartesischen Koordinaten} +Wir betrachten in diesem Abschnitt nur die Berechnung des +Flächeninhaltes von Teilgebieten der Ebene $\mathbb{R}^2$ +aus ihrer Berandung. +Sei $\gamma\colon I \to\mathbb{R}^2$ eine Kurve und +\[ +a=t_0<t_1<t_2<\dots t_{n-2}<t_{n-1}<t_n=b +\] +eine Unterteilung des Intervalls. +Die Kurve muss ausserdem geschlossen sein, also $\gamma(a)=\gamma(b)$. +Die Punkte $\gamma(t_i)$ sind die Ecken eines Polygons, das die gesucht +Fläche approximiert. + +Der Flächeninhalt des Polygons kann mit der Schuhbändelformel +\cite[p.~184]{buch:linalg} +berechnet werden. + +\begin{align*} +F +&= +\sum_{i=0}^{n-1} +\frac12 +\biggl|\begin{matrix} +x(t_i) &y(t_i) \\ +x(t_{i+1})&y(t_{i+1}) +\end{matrix}\biggr| +\approx +\frac12 +\sum_{i=0}^{n-1} +\biggl|\begin{matrix} +x(t_i) &y(t_i) \\ +x(t_{i+1})-x(t_i)&y(t_{i+1})-y(t_i) +\end{matrix}\biggr| +\\ +&= +\frac12 +\sum_{i=0}^{n-1} +\biggl|\begin{matrix} +x(t_i) &y(t_i) \\ +\dot{x}(t_{i+1}) (t_{i+1}-t_i)& \dot{y}(t_{i+1}) (t_{i+1}-t_i) +\end{matrix}\biggr| +\\ +&= +\frac12 +\sum_{i=0}^{n-1} +\biggl|\begin{matrix} +x(t_i) &y(t_i) \\ +\dot{x}(t_{i+1}) & \dot{y}(t_{i+1}) +\end{matrix}\biggr| +(t_{i+1}-t_{i}) +\end{align*} +Die letzte Summe kann als Riemann-Summe und damit als Approximation für +das Integral +\[ +F +\approx +\frac12 +\int_a^b +\left|\begin{pmatrix} x(t)&y(t)\\\dot{x}(t)&\dot{y}(t)\end{pmatrix}\right| +\,dt +\] +gesehen werden. +Der Flächeninhalt des Gebietes, welches von der Kurve $\gamma$ +berandet wird, ist daher +\begin{equation} +F += +\frac12 +\int_a^b x(t)\dot{y}(t)-y(t)\dot{x}(t)\,dt. +\label{buch:geometrie:eqn:flaeche} +\end{equation} + +Die Formel~\eqref{buch:geometrie:eqn:flaeche} gilt auch für nicht +geschlossene Kurven. +Sie berechnet dann den Flächeninhalt eines Gebietes, welches von +der Strecke vom Ursprung zu $\gamma(a)$, der Kurve von $\gamma(a)$ nach +$\gamma(b)$ und von der Strecke von $\gamma(b)$ zurück zum Nullpunkt +berandet wird. + +\begin{beispiel} +Der Flächeninhalt eines Kreissektors mit Öffnungswinkel $\alpha$ ist +kann mit Hilfe der Parametrisierung +\[ +\gamma +\colon +[0,\alpha] \to \mathbb{R}^2 +: +t\mapsto \begin{pmatrix}r\cos t\\ r\sin t\end{pmatrix} +\] +berechnet werden. +Das Integral~\eqref{buch:geometrie:eqn:flaeche} wird dann zu +\begin{align*} +F +&= +\frac12 +\int_0^\alpha r\cos t \cdot r\cos t - r\sin t \cdot (-r\sin t)\,dt +\\ +&= +\frac{r^2}2 +\int_0^\alpha +\cos^2t + \sin^2t\,dt += +\frac{r^2\alpha}2, +\end{align*} +wie erwartet. +\end{beispiel} + +\subsubsection{Flächeninhalt in Polarkoordinaten} +Ist die Kurve in Polarkoordinaten durch die Funktion +$\varphi\mapsto r(\varphi)$ gegeben, dann kann man $\varphi$ als +Parameter verwenden. +Die Determinante in der Flächenformel wird +\begin{align*} +\biggl| +\begin{matrix} +x(t_i)& y(t_i)\\ +\dot{x}(t_i)& \dot{y}(t_i) +\end{matrix} +\biggr| +&= +\biggl| +\begin{matrix} +r(\varphi)\cos\varphi&r(\varphi)\sin\varphi\\ +-r(\varphi)\sin\varphi+r'(\varphi)\cos\varphi + &r(\varphi)\cos\varphi+r'(\varphi)\sin\varphi +\end{matrix} +\biggr|. +\end{align*} +Der Integrand in der Flächenformel wird dann +\[ +\frac12\bigl( +r(\varphi)^2 \cos^2\varphi +r(\varphi)r'(\varphi)\cos\varphi\sin\varphi ++ +r(\varphi)^2 \sin^2\varphi -r(\varphi)r'(\varphi)\sin\varphi\cos\varphi +\bigr) += +\frac{r(\varphi)^2}2 +\] +und die Fläche kann mit +\[ +F(\alpha,\beta)=\int_\alpha^\beta \frac{r(\varphi)^2}{2}\,d\varphi +\] +berechnet werden. + +\subsection{Flächeninhalt von Ellipsen und Hyperbeln} +Ellipsen und Hyperbeln sind besonders einfach zu parametrisieren und +damit ist auch die Fläche, die von Ellipsen oder Hyperbeln berandet +wird, besonders einfach zu berechnen. + +\subsubsection{Ellipse} +Für die Ellipse mit der Gleichung +\[ +\frac{x^2}{a^2}+\frac{y^2}{b^2}=1 +\] +kann man mit der Parametrisierung +\[ +\gamma\colon +[0,2\pi] \to \mathbb{R}^2 +: +t \mapsto \begin{pmatrix}a\cos t\\ b\sin t\end{pmatrix} +\] +beschreiben. +Einen Sektor zwischen den Winkeln $\alpha$ und $\beta$ +\begin{align*} +F +&= +\int_\alpha^\beta a\cos t \cdot b\cos t-b\sin t\cdot (-a\sin t)\,dt +\\ +&= +ab +\int_\alpha^\beta \cos^2 t + \sin^2 t\,dt +=ab(\beta-\alpha). +\end{align*} +Dieses Resultat ist auch rein geometrisch leicht nachzuvollziehen: +Der Sektor entsteht dadurch, dass man ein Kreissektor mit Radius $a$ +entlang der $y$-Achse um den Faktor $b/a$ gestaucht wird. +Aus dem Flächeninhalt $a^2(\beta-\alpha)$ des Kreissektors wird dann +der Flächeninhalt $a^2(\beta-\alpha)\cdot \frac{b}{a}=ab(\beta-\alpha)$. + +\subsubsection{Hyperbel} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.pdf} +\caption{Das Argument $t$ der hyperbolischen Funktionen ist der Inhalt +des krummlinig berandeten Dreiecks, bestehend aus der Strecke +vom Nullpunkt $O$ zum Punkte $(1,0)$, dem Hyperbelbogen bis zum +Punkt $\gamma(t)=(\cosh t,\sinh t)$ und schliesslich der Strecke +von $\gamma(t)$ zurück zum Nullpunkt. +\label{buch:geometrie:fig:hyperbelflaeche}} +\end{figure} +Die hyperbolischen Funktionen geben eine einfache Parametrisierung +der in Abbildung~\ref{buch:geometrie:fig:hyperbelflaeche} +dargestellten Hyperbel mit der Gleichung +\( +x^2-y^2=1 +\). +Der in der Abbildung blau hervorgehobene Flächeninhalt ist der Wert +des Integrals +\begin{align*} +F(t) +&= +\int_0^t +\biggl| +\begin{matrix} +\cosh s&\sinh s\\ +\sinh s&\cosh s +\end{matrix} +\biggr| +\,ds += +\int_0^t +\cosh^2s-\sinh^2s\,ds += +\int_0^t ds = t. +\end{align*} +Das Argument $t$ der hyperbolischen Funktionen ist also der Flächeninhalt +des von der Hyperbel krummlienig berandeten Dreiecks. +Daher heissen die Umkehrfunktionen der hyperbolischen Funktionen +$\operatorname{arsinh}y$ und $\operatorname{arcosh}x$, Abkürzung +für {\em area cuius sinus hyperbolicus $y$ est}, Fläche, deren zugehöriger +Wert des Sinus hyperbolicus $y$ ist. + +\subsubsection{Fokalgleichung in Polarkoordinaten} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/030-geometrie/images/polargleichung.pdf} +\caption{Polargleichung der Kegelschnitte mit konstantem Wert für den +Parameter $p$ und verschiedene Werte der Exzentrizität $\varepsilon$. +Der Kreis (rot) hat Exzentrizität $\varepsilon=0$, +die Parabel (blau) hat $\varepsilon=1$. +Für $0<\varepsilon<1$ entstehen Ellipsen, die im blauen Bereich liegen, +für $\varepsilon>1$ entstehen Hyperbeln, die im grün hinterlegten Teil +der Ebene liegen. +\label{buch:geometrie:fig:polargleichung}} +\end{figure} +Das zweite Keplersche Gesetz über Planetenbahnen besagt, dass sich ein +Planet auf seiner elliptischen Bahn um die Sonne so bewegt, dass +sein Radiusvektor in gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht. +Die bisher verwendete Parametrisierung hat den Mittelpunkt der Ellipse +im Nullpunkt, nach dem ersten Keplerschen Gesetz ist aber müssen +wir eine Parametrisierung verwenden so, dass der Brennpunkt im +Ursprung liegt. +In Polarkoordinaten ist +\begin{equation} +r(\varphi) = \frac{p}{1+\varepsilon \cos\varphi} +\label{buch:geometrie:eqn:polargleichung} +\end{equation} +die sogenannte {\em Polargleichung} für die Kegelschnitte. +Für $\varepsilon=0$ wird $r(\varphi)=p$ konstant, die Gleichung +beschreibt in diesem Fall einen Kreis. +Für $\varepsilon=1$ entsteht eine Parabel. +Werte zwischen $0$ und $1$ parametrisieren Ellipsen mit verschiedener +Exzentrizität, Werte grösser als $1$ führen auf Hyperbeln. +Abbildung~\ref{buch:geometrie:fig:polargleichung} zeigt alle vier Fälle. + +Die zwischen den Polarwinkeln $\alpha$ und $\beta$ überstrichene Fläche +wird durch das Integral +\[ +F(\alpha,\beta) += +\int_\alpha^\beta +\frac{r(\varphi)^2}2 +\,d\varphi += +\frac12 \int_\alpha^\beta +\frac{p^2 \,d\varphi}{(1+\varepsilon\cos\varphi)^2} +\] +Das Integral kann in geschlossener Form angegeben werden, die Formeln +sind aber ziemlich kompliziert und für uns hier nicht weiter nützlich. + + + diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/images/Makefile b/buch/chapters/030-geometrie/images/Makefile new file mode 100644 index 0000000..8796cf6 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/images/Makefile @@ -0,0 +1,14 @@ +# +# Makefile for images +# +# (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +# + +all: hyperbelflaeche.pdf polargleichung.pdf + +hyperbelflaeche.pdf: hyperbelflaeche.tex + pdflatex hyperbelflaeche.tex + +polargleichung.pdf: polargleichung.tex + pdflatex polargleichung.tex + diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.pdf b/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.pdf Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..a475b07 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.pdf diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.tex b/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.tex new file mode 100644 index 0000000..11e865f --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/images/hyperbelflaeche.tex @@ -0,0 +1,49 @@ +% +% hyperbelflaeche.tex -- Argument der Hyperbelfunktionen +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\documentclass[tikz]{standalone} +\usepackage{amsmath} +\usepackage{times} +\usepackage{txfonts} +\usepackage{pgfplots} +\usepackage{csvsimple} +\usetikzlibrary{arrows,intersections,math} +\begin{document} +\def\skala{2} +\begin{tikzpicture}[>=latex,thick,scale=\skala] + +\fill[color=blue!20] + (0,0) + -- + plot[domain=0:1,samples=100] ({cosh(\x)},{sinh(\x)}) + -- cycle; +\draw[color=blue] + (0,0) + -- + plot[domain=0:1,samples=100] ({cosh(\x)},{sinh(\x)}) + -- cycle; + +\begin{scope} +\clip (-1.8,-2) rectangle (2.5,2); +\draw[color=red,line width=1.4pt] plot[domain=-2:2,samples=100] + ({cosh(\x)},{sinh(\x)}); +\draw[color=red,line width=1.4pt] plot[domain=-2:2,samples=100] + ({-cosh(\x)},{sinh(\x)}); +\end{scope} + +\fill[color=white] ({cosh(1)},{sinh(1)}) circle[radius=0.03]; +\draw ({cosh(1)},{sinh(1)}) circle[radius=0.03]; + +\node at ({cosh(1)},{sinh(1)}) [right] {$\gamma(t)=(\cosh t,\sinh t)$}; + +\draw[->] (-1.8,0) -- (3.1,0) coordinate[label={$x$}]; +\draw[->] (0,-2) -- (0,2.1) coordinate[label={right:$y$}]; + +\node[color=blue] at (0.8,0.3) {$t$}; +\node at (0,0) [below left] {$O$}; + +\end{tikzpicture} +\end{document} + diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.pdf b/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.pdf Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..40115ea --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.pdf diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.tex b/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.tex new file mode 100644 index 0000000..5210903 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/images/polargleichung.tex @@ -0,0 +1,108 @@ +% +% polargleichung.tex -- Kegelschnitte in Polardarstellung +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\documentclass[tikz]{standalone} +\usepackage{amsmath} +\usepackage{times} +\usepackage{txfonts} +\usepackage{pgfplots} +\usepackage{csvsimple} +\usetikzlibrary{arrows,intersections,math,calc} +\begin{document} +\def\skala{2} +\definecolor{darkgreen}{rgb}{0,0.6,0} +\begin{tikzpicture}[>=latex,thick,scale=\skala] + +\def\p{1} + +\begin{scope} +\clip (-4,-3) rectangle (1.1,3); +\fill[color=blue!20] + (0,1) + -- + plot[domain=90:-90,samples=100] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- + (0,-1) arc (-90:90:1) + -- + cycle; + +\fill[color=blue!20] + (0,1) arc (90:270:1) + -- + plot[domain=-90:-145,samples=20] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- + plot[domain=145:90,samples=20] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- + cycle; + +\fill[color=darkgreen!20] + plot[domain=90:-90,samples=100] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- cycle; + +\fill[color=darkgreen!20] + (0,1) + -- + (0,3) + -- + plot[domain=145:90,samples=20] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- + cycle; + +\fill[color=darkgreen!20] + (0,-1) + -- + (0,-3) + -- + plot[domain=-145:-90,samples=20] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}) + -- + cycle; + +\end{scope} + +\draw[->] (-4.1,0) -- (1.3,0) coordinate[label={$\varphi=0$}]; +\draw (0,-3.1) -- (0,3.1); + +\begin{scope} +\clip (-4,-3) rectangle (1.1,3); +\draw[color=red,line width=1.4pt] (0,0) circle[radius=1]; +\foreach \e in {10,20,...,90}{ + \draw[color=blue!\e!red,line width=1.4pt] + plot[domain=0:360,samples=100] + (\x:{\p/(1+(\e/100)*cos(\x))}); +} + +\draw[color=blue,line width=1.4pt] + plot[domain=-145:145,samples=100] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}); + +\foreach \e in {10,30,50,70,90}{ + \draw[color=darkgreen!\e!blue,line width=1.4pt] + plot[domain={-138+\e/5}:{138-\e/5},samples=100] + (\x:{\p/(1+((\e+100)/100)*cos(\x))}); +} +\end{scope} + +\fill[color=white] (0,1) circle[radius=0.04]; +\draw (0,1) circle[radius=0.04]; +\fill[color=white] (0,-1) circle[radius=0.04]; +\draw (0,-1) circle[radius=0.04]; +\node at (0,0.6) [left] {$p$}; + +\node at (0,0) [below left] {$O$}; +\fill[color=white] (0,0) circle[radius=0.04]; +\draw (0,0) circle[radius=0.04]; + +\node[color=red] at (45:1) [above right] {$\varepsilon=0$}; +\node[color=red] at ($(45:1)+(0,0.2)$) [above right] {Kreis:}; +\node[color=blue!70!red] at (-3.5,0.7) {$\varepsilon=0.7$}; +\node[color=blue!70!red] at (-3.5,0.9) {Ellipse:}; +\node[color=blue] at (-3.4,2.65) [rotate=-18] {Parabel: $\varepsilon=1$}; +\node[color=darkgreen!90!blue] at (-1,2.8) [right] {Hyperbel: $\varepsilon=1.9$}; + +%\draw[color=yellow] +% plot[domain=90:-90,samples=100] ({\x}:{\p/(1+cos(\x))}); + +\end{tikzpicture} +\end{document} + diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/laenge.tex b/buch/chapters/030-geometrie/laenge.tex new file mode 100644 index 0000000..b0b1b32 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/030-geometrie/laenge.tex @@ -0,0 +1,324 @@ +% +% ellipsenbogen.tex +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Bogenlänge +\label{buch:geometrie:section:ellipsenbogen}} +\rhead{Bogenlänge} +Die Möglichkeit, die Länge einer Kurve zu definieren und zu bestimmen, +ist eine der Leistungen der Infinitesimalrechnung. +In einigen Fällen lässt sich die Länge auch auf elementare Art und +Weise bestimmen oder mit Integralen, die leicht auflösbar sind. +Bereits bei der Bogenlänge entlang einer Ellipse sieht die Lage +jedoch ganz anders aus. + +\subsection{Berechnung der Bogenlänge} +In diesem Abschnitt sollen ein paar Methoden zusammgengestellt werden, +mit denen die Länge einer Kurve berechnet werden kann. + +\subsubsection{Länge einer parametrisierten Kurve} +Beispiele wie die Kochsche Schneeflockenkurve, deren Länge schwer +zu definieren ist, zeigen, dass der Begriff einer Kurve für die Zwecke +dieses Abschnittes genügend eng gefasst werden muss. +Die folgende Definition tut dies. + +\begin{definition} +\label{buch:geometrie:def:kurve} +Sei $I=[a,b]\subset\mathbb{R}$ ein Intervall. +Eine {\em Kurve} ist eine differenzierbare Abbildung +$\gamma \colon I \to \mathbb{R}^n$. +\index{Kurve} +\end{definition} + +\begin{beispiel} +XXX TODO Bild der Helix im Zylinder und Abrollung +\\ +Die Abbildung +\begin{equation} +\gamma +\colon +[0,2\pi] \to \mathbb{R}^3 +: +t\mapsto\begin{pmatrix}r\cos t\\ r\sin t\\ th/2\pi\end{pmatrix} +\label{buch:geometrie:eqn:helix} +\end{equation} +beschreibt eine Schraubenlinie oder Helix. +\index{Schraubenlinie}% +\index{Helix}% +Die Abbildung ist ganz offensichtlich differenzierbar und hat die +Ableitung +\begin{equation} +\frac{d}{dt}\gamma(t) += +\dot{\gamma}(t) += +\begin{pmatrix} -r\sin t \\ r\cos t \\ h/2\pi\end{pmatrix}. +\label{buch:geometrie:eqn:helixdot} +\end{equation} +Die Länge dieser Schraubenlinie lässt sich direkt berechnen. +Die Schraubenlinie liegt auf dem Mantel eines Zylinders mit +Radius $r$ und Höhe $h$. +Durch Abrollen des Zylinders erkennt man, dass die Schraubenlinie +die Hypothenuse eines rechtwinkligen Dreiecks mit Katheten +$2\pi r$ und $h$ ist. +Die Länge $l$ der Schraubenlinie ist daher +\begin{equation} +l = \sqrt{(2\pi r)^2 +h^2} +\label{buch:geometrie:eqn:helixlaenge} +\end{equation} +nach dem Satz von Pythagoras. +\end{beispiel} + +Unterteilt man das Intervall $I$ in den Teilpunkten $t_i$ mit +\[ +a = t_0 < t_1 < t_2 < \dots < t_{n-1} < t_n = b, +\] +dann ist die Summe +\[ +L += +\sum_{i=0}^{n-1} |\gamma(t_{i+1}) - \gamma(t_{i})| +\] +eine Approximation für die Länge der Kurve. +Die Differenz auffeinanderfolgender Punkte kann mit Hilfe der +Ableitung als +\[ +\gamma(t_{i+1})-\gamma(t_i) +\approx +\dot{\gamma}(t_{i}) \cdot (t_{i+1}-t_i) +\] +approximiert werden. +Damit wird die Summe $L$ approximiert durch +\[ +L\approx \sum_{i=0}^{n-1} |\dot{\gamma}(t_i)| \cdot (t_{i+1}-t_i). +\] +Dies ist eine Riemannsche Summe für das Integral +\[ +\int_a^b |\dot{\gamma}(t)|\,dt, +\] +wir definieren die Bogenlänge einer Kurve daher wie folgt. + +\begin{definition} +\label{buch:geometrie:def:kurvenlaenge} +Sei $\gamma\colon I\to\mathbb{R}$ eine Kurve im Sinne der +Definition~\ref{buch:geometrie:def:kurve}. +Dann ist die {\em Bogenlänge} entlang der Kurve zwischen dem Punkt +$\gamma(a)$ und $\gamma(t)$ definiert durch das +Integral +\[ +l(t) = \int_{a}^t |\dot{\gamma}(\tau)|\,d\tau. +\] +\end{definition} + +\begin{beispiel} +Die Helix mit der Parametrisierung~\eqref{buch:geometrie:eqn:helix} +hat die Kurvenlänge +\begin{align*} +l(t) +&= +\int_0^t |\dot{\gamma}(\tau)|\,d\tau += +\int_0^t \sqrt{r^2\sin^2 \tau + r^2\cos^2\tau + (h/2\pi)^2}\,d\tau +\\ +&= +\int_0^t \sqrt{r^2 + (h/2\pi)^2}\,d\tau += +t\sqrt{r^2+(h/2\pi)^2}. +\end{align*} +Für eine ganze Umdrehung, also für $t=2\pi$ finden wir +\( +l(2\pi) = \sqrt{4\pi^2 r^2 + h^2}, +\) +was mit dem elementaren Resultat~\eqref{buch:geometrie:eqn:helixlaenge} +übereinstimmt. +\end{beispiel} + +\subsubsection{Länge eines Graphen} +Der Graph einer auf dem Intervall $I=[a,b]$ definierte Funktion +$y=f(x)$ kann als Parametrisierung einer Kurve +\[ +\gamma +\colon +[a,b] \to \mathbb{R}^2 +: +x \mapsto \begin{pmatrix}x\\f(x)\end{pmatrix} +\] +betrachtet werden. +Nach Definition~\ref{buch:geometrie:def:kurvenlaenge} +ist Länge dieser Kurven zwischen den Punkten $(a,f(a))$ und $(x,f(x))$ +durch das Integral +\[ +l(x) += +\int_a^x \biggl| \begin{pmatrix}1\\f'(\xi)\end{pmatrix}\biggr|\,d\xi += +\int_a^x \sqrt{1+f'(\xi)^2}\,d\xi +\] +gegeben. + +\begin{beispiel} +Die auf dem Intervall $I=[0,b]$ definierte quadratische Funktion $f(x)=cx^2$ +mit $b>0$ und $c>0$ hat die Bogenlänge +\begin{align*} +l(x) +&= +\int_0^x \sqrt{1+f'(\xi)^2}\,d\xi += +\int_0^x \sqrt{1+4c^2\xi^2}\,d\xi += +\biggl[ +\frac{ \operatorname{arsinh}2c\xi)}{4c} + \frac{\xi\sqrt{4c^2\xi^2+1}}{2} +\biggr]_0^x +\\ +&= +\frac{ \operatorname{arsinh}(2cx)}{4c}. +\end{align*} +Die Stammfunktion wurde mit einem Computeralgebraprogramm gefunden. +\end{beispiel} + +\subsubsection{Kurvenlänge in Polarkoordinaten} +Eine Kurve kann in Polarkoordinaten in der Ebene durch eine Funktion +$r=r(\varphi)$ beschrieben werden. +Dies führt auf eine Parametrisierung +\[ +\varphi \mapsto \gamma(\varphi)=\begin{pmatrix} +r(\varphi)\cos\varphi\\ +r(\varphi)\sin\varphi +\end{pmatrix} +\] +durch den Polarwinkel $\varphi$. +Die Kurvenlänge kann gemäss +Definition~\label{buch:geometrie:def:kurvenlaenge} braucht +die Ableitung der Parametrisierung, also die Funktion +\[ +\dot{\gamma}(\varphi) += +\begin{pmatrix} +r'(\varphi)\cos\varphi - r(\varphi)\sin\varphi\\ +r'(\varphi)\sin\varphi + r(\varphi)\cos\varphi +\end{pmatrix}. +\] +Die Länge von $\dot{\gamma}$ ist +\begin{align*} +|\dot{\gamma}(\varphi)|^2 +&= +\bigl( +r'(\varphi)\cos\varphi - r(\varphi)\sin\varphi +\bigr)^2 ++ +\bigl( +r'(\varphi)\sin\varphi + r(\varphi)\cos\varphi +\bigr)^2 +\\ +&= +r'(\varphi)^2\cos^2\varphi +-2r(\varphi)r'(\varphi)\cos\varphi\sin\varphi ++r(\varphi)^2\sin^2\varphi +\\ +&\qquad ++r'(\varphi)^2\sin^2\varphi ++2r(\varphi)r'(\varphi)\sin\varphi\cos\varphi ++r(\varphi)^2\cos^2\varphi +\\ +&=r'(\varphi)^2(\cos^2\varphi+\sin^2\varphi) ++ r(\varphi)^2(\sin^2\varphi+\cos^2\varphi). +\\ +&= +r'(\varphi)^2 + r(\varphi)^2. +\end{align*} +Dies führt auf das +Integral +\begin{equation} +l(\alpha) += +\int_a^\alpha \sqrt{r'(\varphi)^2 + r(\varphi)^2}\,d\varphi +\end{equation} +für die Länge der Kurve. + +\subsection{Kreis} +Die Länge eines Bogens auf dem Einheitskreis zwischen dem Punkt +$(1,0)$ und $P=(x,y)$ mit $x^2+y^2=1$ ist nach Definition der +Winkel $\alpha$ zwischen der $x$-Achse und $P$. +Es gilt also +\[ +\tan\alpha = \frac{y}{x} +\qquad\text{oder}\qquad +\sin\alpha = y = \sqrt{1-x^2}. +\] +Der Kreis kann auch als Graph $y=f(x)=\sqrt{1-x^2}$ parametrisiert werden, +in der die Länge des Bogens +\begin{align*} +l(x) += +\int_x^1 \sqrt{1+f'(t)^2}\,dt += +\int_x^1 \sqrt{1+\frac{t^2}{1-t^2}}\,dt += +\int_x^1 \sqrt{\frac{1-t^2+t^2}{1-t^2}}\,dt += +\int_x^1 \frac{dt}{\sqrt{1-t^2}}. +\end{align*} +Aus dem bekannten Wert der Länge des Bogens erhalten wir jetzt die +Formel +\begin{equation} +\arcsin \sqrt{1-x^2} = \int_x^1 \frac{dt}{\sqrt{1-t^2}}. +\label{buch:geometrie:eqn:kreislaenge} +\end{equation} +Tatsächlich ist die Ableitung davon +\[ +\frac{d}{dx}\arcsin\sqrt{1-x^2} += +-\frac{1}{\sqrt{1-x^2}}, +\] +was mit der Integralformel~\ref{buch:geometrie:eqn:kreislaenge} +übereinstimmt. + +\subsection{Hyperbeln und Ellipsen +\label{buch:geometrie:subsection:hyperbeln-und-ellipsen}} +Die Funktion $f(x)=\sqrt{1+x^2}$ beschreibt eine gleichseitige +Hyperbel. +Die Bogenlänge zwischen dem Punkt $(0,1)$ und $(x,y)$ auf der +Hyperbel ist gegeben durch das Integral: +\[ +l(x) += +\int_0^x \sqrt{1+f'(t)^2}\,dt += +\int_0^x \sqrt{1+\frac{t^2}{1+t^2}}\,dt += +\int_0^x \sqrt{\frac{1+2t^2}{1+t^2}}\,dt. +\] +Dieses Integral ist nicht in geschlossener Form lösbar. +Natürlich können auch andere Parametrisierungen für die Hyperbel +verwendet werden, die entstehenden Integrals, dies ändert jedoch +nichts an der Schwierigkeit, einen Ausdruck für den Wert des +Integrals anzugeben. + +Für eine Ellipse kann man die Parameterdarstellung +\[ +t\mapsto \begin{pmatrix}a\cos t\\b\sin t\end{pmatrix} +\] +verwenden. +Die Länge eines Ellipsenbogens zwischen den Winkelargumenten $\alpha$ und +$\beta$ ist dann +\[ +l(\alpha,\beta) += +\int_\alpha^\beta +a^2 \sin^2 t + b^2 \cos^2t +\,dt += +a^2 +\int_\alpha^\beta +\sin^2 t + \frac{b^2}{a^2} \cos^2t +\,dt. +\] +Auch dieses Integral ist nicht in geschlossener Form lösbar. +Die elliptischen Funktionen von Jacobi, die in Kapitel~\ref{XXX} +beschrieben werden, ermöglichen, Ausdrücke für diese Integrale +anzugeben. + + + + |