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path: root/buch/chapters/080-funktionentheorie
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space:
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Diffstat (limited to '')
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/Makefile.inc3
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex1
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator-1.pdfbin0 -> 6228 bytes
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator.mp46
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex427
5 files changed, 476 insertions, 1 deletions
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/Makefile.inc b/buch/chapters/080-funktionentheorie/Makefile.inc
index 813865f..779cd80 100644
--- a/buch/chapters/080-funktionentheorie/Makefile.inc
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/Makefile.inc
@@ -4,7 +4,7 @@
# (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
#
-CHAPTERFILES = $(CHAPTERFILES) \
+CHAPTERFILES += \
chapters/080-funktionentheorie/holomorph.tex \
chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex \
chapters/080-funktionentheorie/cauchy.tex \
@@ -12,6 +12,7 @@ CHAPTERFILES = $(CHAPTERFILES) \
chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex \
chapters/080-funktionentheorie/gammareflektion.tex \
chapters/080-funktionentheorie/carlson.tex \
+ chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex \
chapters/080-funktionentheorie/uebungsaufgaben/1.tex \
chapters/080-funktionentheorie/uebungsaufgaben/2.tex \
chapters/080-funktionentheorie/chapter.tex
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex b/buch/chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex
index e02fb3e..4cdf9be 100644
--- a/buch/chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/anwendungen.tex
@@ -8,3 +8,4 @@
\input{chapters/080-funktionentheorie/gammareflektion.tex}
\input{chapters/080-funktionentheorie/carlson.tex}
+\input{chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex}
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator-1.pdf b/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator-1.pdf
new file mode 100644
index 0000000..4ba1346
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator-1.pdf
Binary files differ
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator.mp b/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator.mp
new file mode 100644
index 0000000..35f4303
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/images/operator.mp
@@ -0,0 +1,46 @@
+%
+% operatormp -- Seitz-Kull-Operator in Metapost
+%
+% (c) 2016 Prof Dr Andreas Mueller, Hochschule Rapperswil
+%
+verbatimtex
+\documentclass{book}
+\usepackage{times}
+\usepackage{amsmath}
+\usepackage{amssymb}
+\usepackage{amsfonts}
+\usepackage{txfonts}
+\begin{document}
+etex;
+
+beginfig(1)
+
+label(btex $A$ etex, (0,0));
+
+path circle;
+
+numeric r;
+r := 4.7;
+numeric b;
+b := 0.45;
+
+circle := r * (cosd(40), sind(40));
+
+for alpha = 41 step 1 until 370:
+ circle := circle--(r * (cosd(alpha), sind(alpha)));
+endfor;
+
+path head;
+head := (0,0)--(5,-3)--(0,6)--(-5,-3)--cycle;
+
+z1 = (-0.3,-0.4);
+
+pickup pencircle scaled b;
+draw circle shifted z1;
+fill head scaled 0.2 rotated 10 shifted (r,0) rotated 10 shifted z1;
+
+endfig;
+
+end
+
+
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex b/buch/chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex
new file mode 100644
index 0000000..71d1844
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/singularitaeten.tex
@@ -0,0 +1,427 @@
+%
+% singularitaeten.tex
+%
+% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
+%
+\newcommand*\sk{\vcenter{\hbox{\includegraphics[scale=0.8]{chapters/080-funktionentheorie/images/operator-1.pdf}}}}
+
+\subsection{Lösungen von linearen Differentialgleichungen mit Singularitäten
+\label{buch:funktionentheorie:subsection:dglsing}}
+Die Potenzreihenmethode hat ermöglicht, mindestens eine Lösung gewisser
+linearer Differentialgleichungen zu finden.
+Bei Differentialgleichungen wie der Besselschen Differentialgleichung,
+deren Koeffizienten Singularitäten aufweisen, konnte aber nur eine
+Lösung gefunden werden, während die Theorie verlangt, dass eine
+Differentialgleichung zweiter Ordnung zwei linear unabhängige Lösungen
+haben muss.
+
+Ziel dieses Abschnitts ist zu zeigen, warum dies nicht möglich war und
+wie diese Schwierigkeit mit Hilfe der analytischen Fortsetzung überwunden
+werden kann.
+
+\subsubsection{Differentialgleichungen mit Singularitäten}
+Mit der Besselschen
+Differentialgleichung~\eqref{buch:differentialgleichungen:eqn:bessel}
+ist es nicht möglich, die zweite Ableitung $y''(0)$ an der Stelle $x=0$
+zu bestimmen.
+Die Differentialgleichung kann an der Stelle $x=0$ nicht nach $y''$
+aufgelöst werden.
+Wenn man die Differentialgleichung in ein Differntialgleichungssystem
+\[
+\frac{d}{dx}
+\begin{pmatrix}
+y_1\\y_2
+\end{pmatrix}
+=
+\begin{pmatrix}
+0&1\\
+1-\frac{\alpha^2}{x^2}
+&
+-\frac{1}{x}
+\end{pmatrix}
+\begin{pmatrix}
+y_1\\y_2
+\end{pmatrix}
+\]
+erster Ordnung umwandelt, zeigt sich an der Stelle $x=0$ eine
+Singularität in der Matrix, die Ableitung kann also für $x=0$
+nicht bestimmt werden.
+In einer Umgebung von $x=0$ erfüllt die Differentialgleichung
+die Voraussetzungen bekannter Existenz- und Eindeutigkeitssätze
+für gewöhnliche Differentialgleichungen nicht.
+
+Ein ähnliches Problem tritt bei jeder hypergeometrischen
+Differentialgleichung auf.
+Diese werden gemäss Abschnitt
+\ref{buch:differentialgleichungen:section:hypergeometrisch}
+aus den Differentialoperatoren
+\[
+D_a=z\frac{d}{dz} + a
+\]
+zusammengesetzt.
+Die Ableitung höchster Ordnung eines Produktes solcher Operationen ist
+\[
+D_{a_1}
+\cdots
+D_{a_p}
+=
+z^p\frac{d^p}{dz^p} + \text{Ableitungen niedrigerer Ordnung}.
+\]
+Dies zeigt, dass für $p>0$ oder $q>0$ ein Faktor $x$ bei der
+Ableitung höchster Ordnung unvermeidlich ist, die Differentialgleichung
+kann also wieder nicht nach dieser Ableitung aufgelöst werden und
+erfüllt die Voraussetzungen der Existenz- und Eindeutigkeitssätze
+in einer Umgebung von $x=0$ wieder nicht.
+
+Die Besselsche Differentialgleichung
+hat auch nicht die Form $y''+p(x)xy'+q(x)=0$, die der Theorie der
+Indexgleichung zugrunde lag.
+Daher kann es auch keine Garantie geben, dass die Methode der
+verallgemeinerten Potenzreihen zwei linear unabhängige Lösungen
+liefern kann.
+Tatsächlich wurde für ganzzahlige $n$ wegen $J_n(x) = (-1)^n J_{-n}(x)$
+nur eine Lösung statt der erwarteten zwei linear unabhängigen
+Lösungen gefunden.
+
+Sind die Koeffizienten einer linearen Differentialgleichungen wie
+in den genannten Beispielen singulär bei $x=0$, kann man auch nicht
+erwarten, dass die Lösungen singulär sind.
+Dies war schliesslich die Motivation, einen Lösungsansatz mit einer
+verallgemeinerten Potenzreihe zu versuchen.
+Mit den Funktion $x^\varrho$ lässt sich bereits eine recht grosse
+Klasse von Singularitäten beschreiben, aber es ist nicht klar,
+welche weiteren Arten von Singularitäten berücksichtigt werden sollten.
+Dies soll im Folgenden geklärt werden.
+
+\subsubsection{Der Lösungsraum einer Differentialgleichung zweiter Ordnung}
+Eine Differentialgleichung $n$-ter Ordnung hat lokal einen $n$-dimensionalen
+Vektorraum als Lösungsraum.
+
+\begin{definition}
+Sei
+\begin{equation}
+\sum_{k=0}^n a_k(x) y^{(n)}(x) = 0
+\label{buch:funktionentheorie:singularitaeten:eqn:defdgl}
+\end{equation}
+eine Differentialgleichung $n$-ter Ordnung mit analytischen Koeffizienten
+und $x_0\in \mathbb{C}$.
+Dann ist
+\[
+\mathbb{L}_{x_0}
+=
+\left\{
+y(x)
+\;\left|\;
+\begin{minipage}{6cm}
+$y$ ist Lösung der Differentialgleichung
+\eqref{buch:funktionentheorie:singularitaeten:eqn:defdgl}
+in einer Umgebung von $x_0$
+\end{minipage}
+\right.
+\right\}
+\]
+der Lösungsraum der Differentialgleichung
+\eqref{buch:funktionentheorie:singularitaeten:eqn:defdgl}.
+Wenn der Punkt $x_0$ aus dem Kontext klar ist, kann er auch weggelassen
+werden: $\mathbb{L}_{x_0}=\mathbb{L}$.
+\end{definition}
+
+\subsubsection{Analytische Fortsetzung auf einem Weg um $0$}
+Die betrachteten Differentialgleichungen haben holomorphe
+Koeffizienten, Lösungen der Differentialgleichung lassen sich
+daher immer in die komplexe Ebene fortsetzen, solange man die
+Singularitäten der Koeffizienten vermeidet.
+Hat eine Funktion $y(z)$ eine Laurent-Reihe
+\[
+y(z) = \sum_{k=-\infty}^\infty a_kz^k,
+\]
+dann ist sie automatisch in einer Umgebung von $0$ definiert
+ausser in $0$.
+Die analytische Fortsetzung entlang eines Pfades, der $0$
+umschliesst, ist die Funktion $y(z)$ selbst.
+
+Für die Wurzelfunktion $y(z)=z^{\frac1n}$ ist dies nicht möglich.
+Die analytische Fortsetzung von $\sqrt[n]{x}$ auf der positiven reellen
+Achse entlang einer Kurve, die $0$ umschliesst,
+produziert die Funktion
+\[
+\sqrt[n]{z}
+=
+\sqrt[n]{re^{i\varphi}}
+=
+\sqrt[n]{r}e^{i\frac{\varphi}n},
+\]
+die für $\varphi=2\pi$ zu $e^{i\frac{2\pi}n}\sqrt{x}$ wird.
+Verallgemeinerte Potenzreihen als Lösungen zeigen daher, dass
+die analytische Fortsetzung der Lösung entlang eines Pfades um
+eine Singularität nicht mit der Lösung übereinstimmen muss.
+Das Studium dieser analytischen Fortsetzung dürfte daher zusätzliche
+Informationen über die Lösung hervorbringen.
+
+\begin{definition}
+Der {\em Fortsetzungsoperator} $\sk$ ist der lineare Operator, der eine
+in einem Punkt $x\in\mathbb{R}^+$ analytische Funktion $f(x)$ entlang eines
+geschlossenen Weges fortsetzt, der $0$ im Gegenuhrzeigersinn umläuft.
+Die Einschränkung der analytischen Fortsetzung auf $\mathbb{R}^+$ wird
+mit $\sk f(x)$ bezeichnet.
+\end{definition}
+
+Die obengenannten Beispiele lassen sich mit dem Operator $\sk$ als
+\[
+\begin{aligned}
+\sk z^n
+&=
+z^n
+&\qquad& n \in \mathbb{Z}
+\\
+\sk
+\sum_{k=-\infty}^\infty a_kz^k
+&=
+\sum_{k=-\infty}^\infty a_kz^k
+\\
+\sk z^\varrho
+&=
+e^{2\pi i\varrho} z^\varrho
+\end{aligned}
+\]
+schreiben.
+
+\subsubsection{Rechenregeln für die analytische Fortsetzung}
+Der Operator $\sk$ ist ein Algebrahomomorphismus, d.~h.~für zwei analytische
+Funktionen $f$ und $g$ gilt
+\[
+\begin{aligned}
+\sk(\lambda f + \mu g)
+&=
+\lambda \sk f + \mu \sk g
+\\
+\sk(fg)
+&=
+(\sk f)(\sk g)
+\end{aligned}
+\]
+für beliebige $\lambda,\mu\in\mathbb{C}$.
+Ist $f$ eine in ganz $\mathbb{C}$ holomorphe Funktion, dann lässt sie
+sich mit Hilfe einer Potenzreihe berechnen.
+Der Wert $f(g(z))$ entsteht durch Einsetzen von $g(z)$ in die Potenzreihe.
+Analytische Fortsetzung mit $\sk$ reproduziert jeden einzelnen Term
+der Potenzreihe, es folgt
+$\sk f(g(z)) = f(\sk g(z))$.
+Ebenso folgt auch, dass der Operator $\sk$ mit der Ableitung
+vertauscht, dass also
+\[
+\frac{d^n}{dz^n}(\sk f)
+=
+\sk(f^{(n)}).
+\]
+
+
+\subsubsection{Analytische Fortsetzung von Lösungen einer Differentialgleichung}
+Wir untersuchen jetzt die Wirkung des Operators $\sk$ auf
+den Lösungsraum $\mathbb{L}$ einer Differentialgleichung mit
+analytischen Koeffizienten, die in einer Umgebung von $0$
+definiert sind.
+Auf den Koeffizienten wirkt $\sk$ als die Identität.
+Ist $y(x)$ eine Lösung der Differentialgleichung, dann gilt
+\[
+0
+=
+\sk\biggl(
+\sum_{k=0}^n a_k(x) y^{(n)}(x)
+\biggr)
+=
+\sum_{k=0}^n (\sk a_k)(x) \cdot (\sk y)^{(n)}(x)
+=
+\sum_{k=0}^n a_k(x) \cdot (\sk y)^{(n)}(x),
+\]
+somit ist $\sk y$ ebenfalls eine Lösung.
+Wir schliessen daraus, dass $\sk$ eine lineare Abbildung
+$\mathbb{L}\to\mathbb{L}$ ist.
+
+Der Lösungsraum einer Differentialgleichung $n$-ter Ordnung
+ist $n$-dimensional.
+Nach Wahl einer Basis des Lösungsraums kann der Operator $\sk$
+mit Hilfe einer Matrix $A\in M_{n\times n}(\mathbb{C})$ beschrieben werden.
+Sei $\mathscr{W}=\{w_1,\dots,w_n\}$ eine Basis des Lösungsraums, dann
+kann $\sk w_j$ wieder eine Lösung der Differentialgleichung
+und kann daher geschrieben werden als Linearkombination
+\begin{equation}
+\sk w_j
+=
+\sum_{k=1}^n
+a_{jk} w_k
+\end{equation}
+der Funktionen in $\mathscr{W}$.
+
+Die Matrix $A$ mit den Einträgen $a_{jk}$ kann durch Wahl einer
+geeigneten Basis in besonders einfache Form gebracht.
+Wir führen diese Diskussion im folgenden nur für eine Differentialgleichung
+zweiter Ordnung $n=2$.
+
+
+\subsubsection{Fall $A$ diagonalisierbar: verallgemeinerte Potenzreihen}
+In diesem Fall kann man die Lösungsfunktionen $w_1$ und $w_2$ so
+wählen, dass die Matrix
+\[
+A=\begin{pmatrix}\lambda_1&0\\0&\lambda_2\end{pmatrix}
+\]
+diagonal wird mit Eigenwerten $\lambda_j$, $j=1,2$.
+Dies bedeutet, dass $\sk w_j = \lambda_j w_j$.
+Wir schreiben
+\[
+\varrho_j = \frac{1}{2\pi i} \log\lambda_j.
+\]
+Der Logarithmus ist nicht eindeutig, er ist nur bis auf ein Vielfaches
+von $2\pi i$ bestimmt.
+Folglich aus auch $\varrho_j$ nicht eindeutig bestimmt, eine
+andere Wahl des Logarithmus ändert $\varrho_j$ aber um eine ganze Zahl.
+
+Die Funktion $z^{\varrho_j}$ wird unter der Wirkung von $\sk$ zu
+\[
+\sk z^{\varrho_j}
+=
+e^{2\pi i\varrho_j} z^{\varrho_j}
+=
+e^{\log \lambda_j} z^{\varrho_j}
+=
+\lambda_j z^{\varrho_j}.
+\]
+Auf den Funktionen $z^{\varrho_j}$ und $w_j$ wirkt der Operator $\sk$
+also die gleich durch Multiplikation mit $\lambda_j$.
+Deren Quotient
+\[
+f(z) = \frac{w_j(z)}{z^{\varrho_j}}
+\qquad\text{erfüllt}\qquad
+\sk f
+=
+\frac{\sk w_j}{\sk z^{\varrho_j}}
+=
+\frac{\lambda_j w_j}{\lambda_j z^{\varrho_j}}
+=
+\frac{w_j}{z^{\varrho_j}}
+=
+f.
+\]
+Die Funktion $f$ kann daher als Laurent-Reihe
+\[
+f(z)
+=
+\sum_{k=-\infty}^\infty a_kz^k
+\]
+geschrieben werden.
+Die Lösung $w_2(z)$ muss daher die Form
+\begin{equation}
+w_j(z)
+=
+z^{\varrho_j} f(z)
+=
+z^{\varrho_j} \sum_{k=-\infty}^\infty a_kz^k
+\end{equation}
+haben, also die einer verallgemeinerten Potenzreihe.
+Auch hier zeigt sich, dass die Wahl des Logarithmus in der Definition
+von $\varrho_j$ unbedeutend ist, sie äussert sich nur in einer
+Verschiebung der Koeffizienten $a_k$.
+
+Falls der Operator $\sk$ also diagonalisierbar ist, dann gibt es
+zwei linear unabhängige Lösungen der Differentialgleichung in der
+Form einer verallgemeinerten Potenzreihe.
+
+\subsubsection{Fall $A$ nicht diagonalisierbar: logarithmische Lösungen}
+Falls die Matrix $A$ nicht diagonalisierbar ist, hat sie nur einen
+Eigenwert $\lambda$ und kann durch geeignete Wahl einer Basis in
+Jordansche Normalform
+\[
+A
+=
+\begin{pmatrix}
+\lambda & 1 \\
+ 0 & \lambda
+\end{pmatrix}
+\]
+gebracht werden.
+Dies bedeutet, dass
+\begin{align*}
+\sk w_1 &= \lambda w_1 + w_2
+\\
+\sk w_2 &= \lambda w_2.
+\end{align*}
+Die Funktion $w_2$ hat unter $\sk$ die gleichen Eigenschaften
+wie im diagonalisierbaren Fall, man kann also wieder schliessen,
+dass $w_2$ durch eine verallgemeinerte Potenzreihe mit
+\[
+\varrho=\frac{1}{2\pi i} \log \lambda
+\]
+dargestellt werden kann.
+
+Für den Quotienten $w_1/w_2$ findet man jetzt das Bild
+\begin{equation}
+\sk \frac{w_1}{w_2}
+=
+\frac{\sk w_1}{\sk w_2}
+=
+\frac{\lambda w_1+w_2}{\lambda w_2}
+=
+\frac{w_1}{w_2} + \frac{1}{\lambda}
+\label{buch:funktionentheorie:singularitaeten:sklog}
+\end{equation}
+Das Verhalten von $w_1$ unter $\sk$ in
+\eqref{buch:funktionentheorie:singularitaeten:sklog}
+ist dasselbe wie bei $\log(z)/\lambda$, denn
+\[
+\sk \frac{\log(z)}{\lambda}
+=
+\frac{\log(z)}{\lambda} + 1.
+\]
+Die Differenz $w_1-\log(z)/\lambda$ wird bei der analytischen
+Fortsetzung zu
+\[
+\sk\biggl(
+\frac{w_1}{w_2}-\frac{\log(z)}{\lambda}
+\biggr)
+=
+\sk \frac{w_1}{w_2} - \sk\frac{\log(z)}{\lambda}
+=
+\frac{w_1}{w_2} + \frac{1}{\lambda}
+-
+\frac{\log(z)}{\lambda}
+-\frac{1}{\lambda}
+=
+\frac{w_1}{w_2}-\frac{\log(z)}{\lambda}.
+\]
+Die Differenz ist daher wieder als Laurent-Reihe
+\[
+\frac{w_1}{w_2}-\frac{\log(z)}{\lambda}
+=
+\sum_{k=-\infty}^\infty b_kz^k
+\]
+darstellbar, was nach $w_1$ aufgelöst
+\[
+w_1(z)
+=
+\frac{1}{\lambda} \log(z) w_2(z)
++
+w_2(z) \sum_{k=-\infty}^\infty b_kz^k
+\]
+ergibt.
+Da $w_2$ eine verallgemeinerte Potenzreihe ist, kann man dies auch
+als
+\begin{equation}
+w_1(z)
+=
+c \log(z) w_2(z)
++
+z^{\varrho}
+\sum_{k=-\infty}^{\infty} c_kz^k
+\label{buch:funktionentheorie:singularitäten:eqn:w1}
+\end{equation}
+schreiben, wobei Konstanten $c$ und $c_k$ noch bestimmt werden müssen.
+Setzt man
+\eqref{buch:funktionentheorie:singularitäten:eqn:w1}
+in die ursprüngliche Differentialgleichung ein, verschwindet der
+$\log(z)$-Term und für die verbleibenden Koeffizienten kann die
+bekannte Methode des Koeffizientenvergleichs verwendet werden.
+
+\subsubsection{Bessel-Funktionen zweiter Art}
+
+
+