diff options
Diffstat (limited to 'buch')
-rw-r--r-- | buch/chapters/110-elliptisch/dglsol.tex | 494 | ||||
-rw-r--r-- | buch/chapters/110-elliptisch/elltrigo.tex | 1012 | ||||
-rw-r--r-- | buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex | 250 |
3 files changed, 1756 insertions, 0 deletions
diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/dglsol.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/dglsol.tex new file mode 100644 index 0000000..7eaab38 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/110-elliptisch/dglsol.tex @@ -0,0 +1,494 @@ +% +% dglsol.tex -- Lösung von Differentialgleichungen +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% + +% +% Lösung von Differentialgleichungen +% +\subsection{Lösungen von Differentialgleichungen +\label{buch:elliptisch:subsection:differentialgleichungen}} +Die elliptischen Funktionen ermöglichen die Lösung gewisser nichtlinearer +Differentialgleichungen in geschlossener Form. +Ziel dieses Abschnitts ist, Differentialgleichungen der Form +\( +\dot{x}(t)^2 += +P(x(t)) +\) +mit einem Polynom $P$ vierten Grades oder +\( +\ddot{x}(t) += +p(x(t)) +\) +mit einem Polynom dritten Grades als rechter Seite lösen zu können. + +% +% Die Differentialgleichung der elliptischen Funktionen +% +\subsubsection{Die Differentialgleichungen der elliptischen Funktionen} +Um Differentialgleichungen mit elliptischen Funktion lösen zu +können, muss man als erstes die Differentialgleichungen derselben +finden. +Quadriert man die Ableitungsregel für $\operatorname{sn}(u,k)$, erhält +man +\[ +\biggl(\frac{d}{du}\operatorname{sn}(u,k)\biggr)^2 += +\operatorname{cn}(u,k)^2 \operatorname{dn}(u,k)^2. +\] +Die Funktionen auf der rechten Seite können durch $\operatorname{sn}(u,k)$ +ausgedrückt werden, dies führt auf die Differentialgleichung +\begin{align*} +\biggl(\frac{d}{du}\operatorname{sn}(u,k)\biggr)^2 +&= +\bigl( +1-\operatorname{sn}(u,k)^2 +\bigr) +\bigl( +1-k^2 \operatorname{sn}(u,k)^2 +\bigr) +\\ +&= +k^2\operatorname{sn}(u,k)^4 +-(1+k^2) +\operatorname{sn}(u,k)^2 ++1. +\end{align*} +Für die Funktion $\operatorname{cn}(u,k)$ ergibt die analoge Rechnung +\begin{align*} +\frac{d}{du}\operatorname{cn}(u,k) +&= +-\operatorname{sn}(u,k) \operatorname{dn}(u,k) +\\ +\biggl(\frac{d}{du}\operatorname{cn}(u,k)\biggr)^2 +&= +\operatorname{sn}(u,k)^2 \operatorname{dn}(u,k)^2 +\\ +&= +\bigl(1-\operatorname{cn}(u,k)^2\bigr) +\bigl(k^{\prime 2}+k^2 \operatorname{cn}(u,k)^2\bigr) +\\ +&= +-k^2\operatorname{cn}(u,k)^4 ++ +(k^2-k^{\prime 2})\operatorname{cn}(u,k)^2 ++ +k^{\prime 2} +\intertext{und weiter für $\operatorname{dn}(u,k)$:} +\frac{d}{du}\operatorname{dn}(u,k) +&= +-k^2\operatorname{sn}(u,k)\operatorname{cn}(u,k) +\\ +\biggl( +\frac{d}{du}\operatorname{dn}(u,k) +\biggr)^2 +&= +\bigl(k^2 \operatorname{sn}(u,k)^2\bigr) +\bigl(k^2 \operatorname{cn}(u,k)^2\bigr) +\\ +&= +\bigl( +1-\operatorname{dn}(u,k)^2 +\bigr) +\bigl( +\operatorname{dn}(u,k)^2-k^{\prime 2} +\bigr) +\\ +&= +-\operatorname{dn}(u,k)^4 ++ +(1+k^{\prime 2})\operatorname{dn}(u,k)^2 +-k^{\prime 2}. +\end{align*} + +\begin{table} +\centering +\renewcommand{\arraystretch}{1.7} +\begin{tabular}{|>{$}l<{$}|>{$}l<{$}|>{$}c<{$}|>{$}c<{$}|>{$}c<{$}|} +\hline +\text{Funktion $y=$}&\text{Differentialgleichung}&\alpha&\beta&\gamma\\ +\hline +\operatorname{sn}(u,k) + & y'^2 = \phantom{-}(1-y^2)(1-k^2y^2) + &k^2&1+k^2&1 +\\ +\operatorname{cn}(u,k) &y'^2 = \phantom{-}(1-y^2)(k^{\prime2}+k^2y^2) + &-k^2 &k^2-k^{\prime 2}=2k^2-1&k^{\prime2} +\\ +\operatorname{dn}(u,k) + & y'^2 = -(1-y^2)(k^{\prime 2}-y^2) + &-1 &1+k^{\prime 2}=2-k^2 &-k^{\prime2} +\\ +\hline +\end{tabular} +\caption{Elliptische Funktionen als Lösungsfunktionen für verschiedene +nichtlineare Differentialgleichungen der Art +\eqref{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell}. +Die Vorzeichen der Koeffizienten $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$ +entscheidet darüber, welche Funktion für die Lösung verwendet werden +muss. +\label{buch:elliptisch:tabelle:loesungsfunktionen}} +\end{table} + +Die drei grundlegenden Jacobischen elliptischen Funktionen genügen also alle +einer nichtlinearen Differentialgleichung erster Ordnung der selben Art. +Das Quadrat der Ableitung ist ein Polynom vierten Grades der Funktion. +Die Differentialgleichungen sind in der +Tabelle~\ref{buch:elliptisch:tabelle:loesungsfunktionen} zusammengefasst. + +% +% Differentialgleichung der abgeleiteten elliptischen Funktionen +% +\subsubsection{Die Differentialgleichung der abgeleiteten elliptischen +Funktionen} +Da auch die Ableitungen der abgeleiteten Jacobischen elliptischen +Funktionen Produkte von genau zwei Funktionen sind, die sich wieder +durch die ursprüngliche Funktion ausdrücken lassen, darf man erwarten, +dass alle elliptischen Funktionen einer ähnlichen Differentialgleichung +genügen. +Um dies besser einzufangen, schreiben wir $\operatorname{pq}(u,k)$, +wenn wir eine beliebige abgeleitete Jacobische elliptische Funktion. +Für +$\operatorname{pq}=\operatorname{sn}$ +$\operatorname{pq}=\operatorname{cn}$ +und +$\operatorname{pq}=\operatorname{dn}$ +wissen wir bereits und erwarten für jede andere Funktion dass +$\operatorname{pq}(u,k)$ auch, dass sie Lösung einer Differentialgleichung +der Form +\begin{equation} +\operatorname{pq}'(u,k)^2 += +\alpha \operatorname{pq}(u,k)^4 + \beta \operatorname{pq}(u,k)^2 + \gamma +\label{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell} +\end{equation} +erfüllt, +wobei wir mit $\operatorname{pq}'(u,k)$ die Ableitung von +$\operatorname{pq}(u,k)$ nach dem ersten Argument meinen. +Die Koeffizienten $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$ hängen von $k$ ab, +ihre Werte für die grundlegenden Jacobischen elliptischen +sind in Tabelle~\ref{buch:elliptisch:table:differentialgleichungen} +zusammengestellt. + +Die Koeffizienten müssen nicht für jede Funktion wieder neu bestimmt +werden, denn für den Kehrwert einer Funktion lässt sich die +Differentialgleichung aus der Differentialgleichung der ursprünglichen +Funktion ermitteln. + +% +% Differentialgleichung der Kehrwertfunktion +% +\subsubsection{Differentialgleichung für den Kehrwert einer elliptischen Funktion} +Aus der Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell} +für die Funktion $\operatorname{pq}(u,k)$ kann auch eine +Differentialgleichung für den Kehrwert +$\operatorname{qp}(u,k)=\operatorname{pq}(u,k)^{-1}$ +ableiten. +Dazu rechnet man +\[ +\operatorname{qp}'(u,k) += +\frac{d}{du}\frac{1}{\operatorname{pq}(u,k)} += +\frac{\operatorname{pq}'(u,k)}{\operatorname{pq}(u,k)^2} +\qquad\Rightarrow\qquad +\left\{ +\quad +\begin{aligned} +\operatorname{pq}(u,k) +&= +\frac{1}{\operatorname{qp}(u,k)} +\\ +\operatorname{pq}'(u,k) +&= +\frac{\operatorname{qp}'(u,k)}{\operatorname{qp}(u,k)^2} +\end{aligned} +\right. +\] +und setzt in die Differentialgleichung ein: +\begin{align*} +\biggl( +\frac{ +\operatorname{qp}'(u,k) +}{ +\operatorname{qp}(u,k) +} +\biggr)^2 +&= +\alpha \frac{1}{\operatorname{qp}(u,k)^4} ++ +\beta \frac{1}{\operatorname{qp}(u,k)^2} ++ +\gamma. +\end{align*} +Nach Multiplikation mit $\operatorname{qp}(u,k)^4$ erhält man den +folgenden Satz. + +\begin{satz} +Wenn die Jacobische elliptische Funktion $\operatorname{pq}(u,k)$ +der Differentialgleichung genügt, dann genügt der Kehrwert +$\operatorname{qp}(u,k) = 1/\operatorname{pq}(u,k)$ der Differentialgleichung +\begin{equation} +(\operatorname{qp}'(u,k))^2 += +\gamma \operatorname{qp}(u,k)^4 ++ +\beta \operatorname{qp}(u,k)^2 ++ +\alpha +\label{buch:elliptisch:eqn:kehrwertdgl} +\end{equation} +\end{satz} + +\begin{table} +\centering +\def\lfn#1{\multicolumn{1}{|l|}{#1}} +\def\rfn#1{\multicolumn{1}{r|}{#1}} +\renewcommand{\arraystretch}{1.3} +\begin{tabular}{l|>{$}c<{$}>{$}c<{$}>{$}c<{$}|r} +\cline{1-4} +\lfn{Funktion} + & \alpha & \beta & \gamma &\\ +\hline +\lfn{sn}& k^2 & -(1+k^2) & 1 &\rfn{ns}\\ +\lfn{cn}& -k^2 & -(1-2k^2) & 1-k^2 &\rfn{nc}\\ +\lfn{dn}& 1 & 2-k^2 & -(1-k^2) &\rfn{nd}\\ +\hline +\lfn{sc}& 1-k^2 & 2-k^2 & 1 &\rfn{cs}\\ +\lfn{sd}&-k^2(1-k^2)&-(1-2k^2) & 1 &\rfn{ds}\\ +\lfn{cd}& k^2 &-(1+k^2) & 1 &\rfn{dc}\\ +\hline + & \gamma & \beta & \alpha &\rfn{Reziproke}\\ +\cline{2-5} +\end{tabular} +\caption{Koeffizienten der Differentialgleichungen für die Jacobischen +elliptischen Funktionen. +Der Kehrwert einer Funktion hat jeweils die Differentialgleichung der +ursprünglichen Funktion, in der die Koeffizienten $\alpha$ und $\gamma$ +vertauscht worden sind. +\label{buch:elliptisch:table:differentialgleichungen}} +\end{table} + +% +% Differentialgleichung zweiter Ordnung +% +\subsubsection{Differentialgleichung zweiter Ordnung} +Leitet die Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell} +man dies nochmals nach $u$ ab, erhält man die Differentialgleichung +\[ +2\operatorname{pq}''(u,k)\operatorname{pq}'(u,k) += +4\alpha \operatorname{pq}(u,k)^3\operatorname{pq}'(u,k) + 2\beta \operatorname{pq}'(u,k)\operatorname{pq}(u,k). +\] +Teilt man auf beiden Seiten durch $2\operatorname{pq}'(u,k)$, +bleibt die nichtlineare +Differentialgleichung +\[ +\frac{d^2\operatorname{pq}}{du^2} += +\beta \operatorname{pq} + 2\alpha \operatorname{pq}^3. +\] +Dies ist die Gleichung eines harmonischen Oszillators mit einer +Anharmonizität der Form $2\alpha z^3$. + + + +% +% Jacobischen elliptische Funktionen und elliptische Integrale +% +\subsubsection{Jacobische elliptische Funktionen als elliptische Integrale} +Die in Tabelle~\ref{buch:elliptisch:tabelle:loesungsfunktionen} +zusammengestellten Differentialgleichungen ermöglichen nun, den +Zusammenhang zwischen den Funktionen +$\operatorname{sn}(u,k)$, $\operatorname{cn}(u,k)$ und $\operatorname{dn}(u,k)$ +und den unvollständigen elliptischen Integralen herzustellen. +Die Differentialgleichungen sind alle von der Form +\begin{equation} +\biggl( +\frac{d y}{d u} +\biggr)^2 += +p(u), +\label{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} +\end{equation} +wobei $p(u)$ ein Polynom vierten Grades in $y$ ist. +Diese Differentialgleichung lässt sich mit Separation lösen. +Dazu zieht man aus~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} die +Wurzel +\begin{align} +\frac{dy}{du} += +\sqrt{p(y)} +\notag +\intertext{und trennt die Variablen. Man erhält} +\int\frac{dy}{\sqrt{p(y)}} = u+C. +\label{buch:elliptisch:eqn:yintegral} +\end{align} +Solange $p(y)>0$ ist, ist der Integrand auf der linken Seite +von~\eqref{buch:elliptisch:eqn:yintegral} ebenfalls positiv und +das Integral ist eine monoton wachsende Funktion $F(y)$. +Insbesondere ist $F(y)$ invertierbar. +Die Lösung $y(u)$ der Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} +ist daher +\[ +y(u) = F^{-1}(u+C). +\] +Die Jacobischen elliptischen Funktionen sind daher inverse Funktionen +der unvollständigen elliptischen Integrale. + + +% +% Differentialgleichung des anharmonischen Oszillators +% +\subsubsection{Differentialgleichung des anharmonischen Oszillators} +Wir möchten die nichtlineare Differentialgleichung +\begin{equation} +\biggl( +\frac{dx}{dt} +\biggr)^2 += +Ax^4+Bx^2 + C +\label{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} +\end{equation} +mit Hilfe elliptischer Funktionen lösen. +Wir nehmen also an, dass die gesuchte Lösung eine Funktion der Form +\begin{equation} +x(t) = a\operatorname{zn}(bt,k) +\label{buch:elliptisch:eqn:loesungsansatz} +\end{equation} +ist. +Die erste Ableitung von $x(t)$ ist +\[ +\dot{x}(t) += +a\operatorname{zn}'(bt,k). +\] + +Indem wir diesen Lösungsansatz in die +Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} +einsetzen, erhalten wir +\begin{equation} +a^2b^2 \operatorname{zn}'(bt,k)^2 += +a^4A\operatorname{zn}(bt,k)^4 ++ +a^2B\operatorname{zn}(bt,k)^2 ++C +\label{buch:elliptisch:eqn:dglx} +\end{equation} +Andererseits wissen wir, dass $\operatorname{zn}(u,k)$ einer +Differentilgleichung der Form~\eqref{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell} +erfüllt. +Wenn wir \eqref{buch:elliptisch:eqn:dglx} durch $a^2b^2$ teilen, können wir +die rechte Seite von \eqref{buch:elliptisch:eqn:dglx} mit der rechten +Seite von \eqref{buch:elliptisch:eqn:1storderdglell} vergleichen: +\[ +\frac{a^2A}{b^2}\operatorname{zn}(bt,k)^4 ++ +\frac{B}{b^2}\operatorname{zn}(bt,k)^2 ++\frac{C}{a^2b^2} += +\alpha\operatorname{zn}(bt,k)^4 ++ +\beta\operatorname{zn}(bt,k)^2 ++ +\gamma\operatorname{zn}(bt,k). +\] +Daraus ergeben sich die Gleichungen +\begin{align} +\alpha &= \frac{a^2A}{b^2}, +& +\beta &= \frac{B}{b^2} +&&\text{und} +& +\gamma &= \frac{C}{a^2b^2} +\label{buch:elliptisch:eqn:koeffvergl} +\intertext{oder aufgelöst nach den Koeffizienten der ursprünglichen +Differentialgleichung} +A&=\frac{\alpha b^2}{a^2} +& +B&=\beta b^2 +&&\text{und}& +C &= \gamma a^2b^2 +\label{buch:elliptisch:eqn:koeffABC} +\end{align} +für die Koeffizienten der Differentialgleichung der zu verwendenden +Funktion. + +Man beachte, dass nach \eqref{buch:elliptisch:eqn:koeffvergl} die +Koeffizienten $A$, $B$ und $C$ die gleichen Vorzeichen haben wie +$\alpha$, $\beta$ und $\gamma$, da in +\eqref{buch:elliptisch:eqn:koeffvergl} nur mit Quadraten multipliziert +wird, die immer positiv sind. +Diese Vorzeichen bestimmen, welche der Funktionen gewählt werden muss. + +In den Differentialgleichungen für die elliptischen Funktionen gibt +es nur den Parameter $k$, der angepasst werden kann. +Es folgt, dass die Gleichungen +\eqref{buch:elliptisch:eqn:koeffvergl} +auch $a$ und $b$ bestimmen. +Zum Beispiel folgt aus der letzten Gleichung, dass +\[ +b = \pm\sqrt{\frac{B}{\beta}}. +\] +Damit folgt dann aus der zweiten +\[ +a=\pm\sqrt{\frac{\beta C}{\gamma B}}. +\] +Die verbleibende Gleichung legt $k$ fest. +Das folgende Beispiel illustriert das Vorgehen am Beispiel einer +Gleichung, die Lösungsfunktion $\operatorname{sn}(u,k)$ verlangt. + +\begin{beispiel} +Wir nehmen an, dass die Vorzeichen von $A$, $B$ und $C$ gemäss +Tabelle~\ref{buch:elliptische:tabelle:loesungsfunktionen} verlangen, +dass die Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$ für die Lösung verwendet +werden muss. +Die Tabelle sagt dann auch, dass +$\alpha=k^2$, $\beta=1$ und $\gamma=1$ gewählt werden müssen. +Aus dem Koeffizientenvergleich~\eqref{buch:elliptisch:eqn:koeffvergl} +folgt dann der Reihe nach +\begin{align*} +b&=\pm \sqrt{B} +\\ +a&=\pm \sqrt{\frac{C}{B}} +\\ +k^2 +&= +\frac{AC}{B^2}. +\end{align*} +Man beachte, dass man $k^2$ durch Einsetzen von +\eqref{buch:elliptisch:eqn:koeffABC} +auch direkt aus den Koeffizienten $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$ +erhalten kann, nämlich +\[ +\frac{AC}{B^2} += +\frac{\frac{\alpha b^2}{a^2} \gamma a^2b^2}{\beta^2 b^4} += +\frac{\alpha\gamma}{\beta^2}. +\qedhere +\] +\end{beispiel} + +Da alle Parameter im +Lösungsansatz~\eqref{buch:elliptisch:eqn:loesungsansatz} bereits +festgelegt sind stellt sich die Frage, woher man einen weiteren +Parameter nehmen kann, mit dem Anfangsbedingungen erfüllen kann. +Die Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} ist +autonom, die Koeffizienten der rechten Seite der Differentialgleichung +sind nicht von der Zeit abhängig. +Damit ist eine zeitverschobene Funktion $x(t-t_0)$ ebenfalls eine +Lösung der Differentialgleichung. +Die allgmeine Lösung der +Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgdgl} hat +also die Form +\[ +x(t) = a\operatorname{zn}(b(t-t_0)), +\] +wobei die Funktion $\operatorname{zn}(u,k)$ auf Grund der Vorzeichen +von $A$, $B$ und $C$ gewählt werden müssen. + diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/elltrigo.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/elltrigo.tex new file mode 100644 index 0000000..d600243 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/110-elliptisch/elltrigo.tex @@ -0,0 +1,1012 @@ +% +% elltrigo.tex +% +% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% + +% +% elliptische Funktionen als Trigonometrie +% +\subsection{Elliptische Funktionen als Trigonometrie} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/110-elliptisch/images/ellipse.pdf} +\caption{Kreis und Ellipse zum Vergleich und zur Herleitung der +elliptischen Funktionen von Jacobi als ``trigonometrische'' Funktionen +auf einer Ellipse. +\label{buch:elliptisch:fig:ellipse}} +\end{figure} +% based on Willliam Schwalm, Elliptic functions and elliptic integrals +% https://youtu.be/DCXItCajCyo + +% +% Geometrie einer Ellipse +% +\subsubsection{Geometrie einer Ellipse} +Eine {\em Ellipse} ist die Menge der Punkte der Ebene, für die die Summe +\index{Ellipse}% +der Entfernungen von zwei festen Punkten $F_1$ und $F_2$, +den {\em Brennpunkten}, konstant ist. +\index{Brennpunkt}% +In Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:ellipse} eine Ellipse +mit Brennpunkten in $F_1=(-e,0)$ und $F_2=(e,0)$ dargestellt, +die durch die Punkte $(\pm a,0)$ und $(0,\pm b)$ auf den Achsen geht. +Der Punkt $(a,0)$ hat die Entfernungen $a+e$ und $a-e$ von den beiden +Brennpunkten, also die Entfernungssumme $a+e+a-e=2a$. +Jeder andere Punkt auf der Ellipse muss ebenfalls diese Entfernungssumme +haben, insbesondere auch der Punkt $(0,b)$. +Seine Entfernung zu jedem Brennpunkt muss aus Symmetriegründen gleich gross, +also $a$ sein. +Aus dem Satz von Pythagoras liest man daher ab, dass +\[ +b^2+e^2=a^2 +\qquad\Rightarrow\qquad +e^2 = a^2-b^2 +\] +sein muss. +Die Strecke $e$ heisst auch {\em (lineare) Exzentrizität} der Ellipse. +Das Verhältnis $\varepsilon= e/a$ heisst die {\em numerische Exzentrizität} +der Ellipse. + +% +% Die Ellipsengleichung +% +\subsubsection{Ellipsengleichung} +Der Punkt $P=(x,y)$ auf der Ellipse hat die Entfernungen +\begin{equation} +\begin{aligned} +\overline{PF_1}^2 +&= +y^2 + (x+e)^2 +\\ +\overline{PF_2}^2 +&= +y^2 + (x-e)^2 +\end{aligned} +\label{buch:elliptisch:eqn:wurzelausdruecke} +\end{equation} +von den Brennpunkten, für die +\begin{equation} +\overline{PF_1}+\overline{PF_2} += +2a +\label{buch:elliptisch:eqn:pf1pf2a} +\end{equation} +gelten muss. +Man kann nachrechnen, dass ein Punkt $P$, der die Gleichung +\[ +\frac{x^2}{a^2} + \frac{y^2}{b^2}=1 +\] +erfüllt, auch die Eigenschaft~\eqref{buch:elliptisch:eqn:pf1pf2a} +erfüllt. +Zur Vereinfachung setzen wir $l_1=\overline{PF_1}$ und $l_2=\overline{PF_2}$. +$l_1$ und $l_2$ sind Wurzeln aus der rechten Seite von +\eqref{buch:elliptisch:eqn:wurzelausdruecke}. +Das Quadrat von $l_1+l_2$ ist +\[ +l_1^2 + 2l_1l_2 + l_2^2 = 4a^2. +\] +Um die Wurzeln ganz zu eliminieren, bringt man das Produkt $l_1l_2$ alleine +auf die rechte Seite und quadriert. +Man muss also verifizieren, dass +\[ +(l_1^2 + l_2^2 -4a^2)^2 = 4l_1^2l_2^2. +\] +In den entstehenden Ausdrücken muss man ausserdem $e=\sqrt{a^2-b^2}$ und +\[ +y=b\sqrt{1-\frac{x^2}{a^2}} +\] +substituieren. +Diese Rechnung führt man am einfachsten mit Hilfe eines +Computeralgebraprogramms durch, welches obige Behauptung bestätigt. + +% +% Normierung +% +\subsubsection{Normierung} +Die trigonometrischen Funktionen sind definiert als Verhältnisse +von Seiten rechtwinkliger Dreiecke. +Dadurch, dass man den die Hypothenuse auf Länge $1$ normiert, +kann man die Sinus- und Kosinus-Funktion als Koordinaten eines +Punktes auf dem Einheitskreis interpretieren. + +Für die Koordinaten eines Punktes auf der Ellipse ist dies nicht so einfach, +weil es nicht nur eine Ellipse gibt, sondern für jede numerische Exzentrizität +mindestens eine mit Halbeachse $1$. +Wir wählen die Ellipsen so, dass $a$ die grosse Halbachse ist, also $a>b$. +Als Normierungsbedingung verwenden wir, dass $b=1$ sein soll, wie in +Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobidef}. +Dann ist $a=1/\varepsilon>1$. +In dieser Normierung haben Punkte $(x,y)$ auf der Ellipse $y$-Koordinaten +zwischen $-1$ und $1$ und $x$-Koordinaten zwischen $-a$ und $a$. + +Im Zusammenhang mit elliptischen Funktionen wird die numerische Exzentrizität +$\varepsilon$ auch mit +\[ +k += +\varepsilon += +\frac{e}{a} += +\frac{\sqrt{a^2-b^2}}{a} += +\frac{\sqrt{a^2-1}}{a}, +\] +die Zahl $k$ heisst auch der {\em Modulus}. +Man kann $a$ auch durch $k$ ausdrücken, durch Quadrieren und Umstellen +findet man +\[ +k^2a^2 = a^2-1 +\quad\Rightarrow\quad +1=a^2(k^2-1) +\quad\Rightarrow\quad +a=\frac{1}{\sqrt{k^2-1}}. +\] + +Die Gleichung der ``Einheitsellipse'' zu diesem Modulus ist +\[ +\frac{x^2}{a^2}+y^2=1 +\qquad\text{oder}\qquad +x^2(k^2-1) + y^2 = 1. +\] + +% +% Definition der elliptischen Funktionen +% +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/110-elliptisch/images/jacobidef.pdf} +\caption{Definition der elliptischen Funktionen als Trigonometrie +an einer Ellipse mit Halbachsen $a$ und $1$. +\label{buch:elliptisch:fig:jacobidef}} +\end{figure} +\subsubsection{Definition der elliptischen Funktionen} +Die elliptischen Funktionen für einen Punkt $P$ auf der Ellipse mit Modulus $k$ +können jetzt als Verhältnisse der Koordinaten des Punktes definieren. +Es stellt sich aber die Frage, was man als Argument verwenden soll. +Es soll so etwas wie den Winkel $\varphi$ zwischen der $x$-Achse und dem +Radiusvektor zum Punkt $P$ +darstellen, aber wir haben hier noch eine Wahlfreiheit, die wir später +ausnützen möchten. +Im Moment müssen wir die Frage noch nicht beantworten und nennen das +noch unbestimmte Argument $u$. +Wir kümmern uns später um die Frage, wie $u$ von $\varphi$ abhängt. + +Die Funktionen, die wir definieren wollen, hängen ausserdem auch +vom Modulus ab. +Falls der verwendete Modulus aus dem Zusammenhang klar ist, lassen +wir das $k$-Argument weg. + +Die Punkte auf dem Einheitskreis haben alle den gleichen Abstand vom +Nullpunkt, dies ist gleichzeitig die definierende Gleichung $r^2=x^2+y^2=1$ +des Kreises. +Die Punkte auf der Ellipse erfüllen die Gleichung $x^2/a^2+y^2=1$, +die Entfernung der Punkte $r=\sqrt{x^2+y^2}$ vom Nullpunkt variert aber. + +In Analogie zu den trigonometrischen Funktionen setzen wir jetzt für +die Funktionen +\[ +\begin{aligned} +&\text{sinus amplitudinis:}& +{\color{red}\operatorname{sn}(u,k)}&= y \\ +&\text{cosinus amplitudinis:}& +{\color{blue}\operatorname{cn}(u,k)}&= \frac{x}{a} \\ +&\text{delta amplitudinis:}& +{\color{darkgreen}\operatorname{dn}(u,k)}&=\frac{r}{a}, +\end{aligned} +\] +die auch in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobidef} +dargestellt sind. +Aus der Gleichung der Ellipse folgt sofort, dass +\[ +\operatorname{sn}(u,k)^2 + \operatorname{cn}(u,k)^2 = 1 +\] +ist. +Der Satz von Pythagoras kann verwendet werden, um die Entfernung zu +berechnen, also gilt +\begin{equation} +r^2 += +a^2 \operatorname{dn}(u,k)^2 += +x^2 + y^2 += +a^2\operatorname{cn}(u,k)^2 + \operatorname{sn}(u,k)^2 +\quad +\Rightarrow +\quad +a^2 \operatorname{dn}(u,k)^2 += +a^2\operatorname{cn}(u,k)^2 + \operatorname{sn}(u,k)^2. +\label{buch:elliptisch:eqn:sncndnrelation} +\end{equation} +Ersetzt man +$ +a^2\operatorname{cn}(u,k)^2 += +a^2-a^2\operatorname{sn}(u,k)^2 +$, ergibt sich +\[ +a^2 \operatorname{dn}(u,k)^2 += +a^2-a^2\operatorname{sn}(u,k)^2 ++ +\operatorname{sn}(u,k)^2 +\quad +\Rightarrow +\quad +\operatorname{dn}(u,k)^2 ++ +\frac{a^2-1}{a^2}\operatorname{sn}(u,k)^2 += +1, +\] +woraus sich die Identität +\[ +\operatorname{dn}(u,k)^2 + k^2 \operatorname{sn}(u,k)^2 = 1 +\] +ergibt. +Ebenso kann man aus~\eqref{buch:elliptisch:eqn:sncndnrelation} +die Funktion $\operatorname{cn}(u,k)$ eliminieren, was auf +\[ +a^2\operatorname{dn}(u,k)^2 += +a^2\operatorname{cn}(u,k)^2 ++1-\operatorname{cn}(u,k)^2 += +(a^2-1)\operatorname{cn}(u,k)^2 ++1. +\] +Nach Division durch $a^2$ ergibt sich +\begin{align*} +\operatorname{dn}(u,k)^2 +- +k^2\operatorname{cn}(u,k)^2 +&= +\frac{1}{a^2} += +\frac{a^2-a^2+1}{a^2} += +1-k^2 =: k^{\prime 2}. +\end{align*} +Wir stellen die hiermit gefundenen Relationen zwischen den grundlegenden +Jacobischen elliptischen Funktionen für später zusammen in den Formeln +\begin{equation} +\begin{aligned} +\operatorname{sn}^2(u,k) ++ +\operatorname{cn}^2(u,k) +&= +1 +\\ +\operatorname{dn}^2(u,k) + k^2\operatorname{sn}^2(u,k) +&= +1 +\\ +\operatorname{dn}^2(u,k) -k^2\operatorname{cn}^2(u,k) +&= +k^{\prime 2}. +\end{aligned} +\label{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +\end{equation} +zusammen. +So wie es möglich ist, $\sin\alpha$ durch $\cos\alpha$ auszudrücken, +ist es mit +\eqref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +jetzt auch möglich jede grundlegende elliptische Funktion durch +jede anderen auszudrücken. +Die Resultate sind in der Tabelle~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobi-relationen} +zusammengestellt. + +\begin{table} +\centering +\renewcommand{\arraystretch}{2.1} +\begin{tabular}{|>{$\displaystyle}c<{$}|>{$\displaystyle}c<{$}>{$\displaystyle}c<{$}>{$\displaystyle}c<{$}|} +\hline +&\operatorname{sn}(u,k) +&\operatorname{cn}(u,k) +&\operatorname{dn}(u,k)\\ +\hline +\operatorname{sn}(u,k) +&\operatorname{sn}(u,k) +&\sqrt{1-\operatorname{cn}^2(u,k)} +&\frac1k\sqrt{1-\operatorname{dn}^2(u,k)} +\\ +\operatorname{cn}(u,k) +&\sqrt{1-\operatorname{sn}^2(u,k)} +&\operatorname{cn}(u,k) +&\frac{1}{k}\sqrt{\operatorname{dn}^2(u,k)-k^{\prime2}} +\\ +\operatorname{dn}(u,k) +&\sqrt{1-k^2\operatorname{sn}^2(u,k)} +&\sqrt{k^{\prime2}+k^2\operatorname{cn}^2(u,k)} +&\operatorname{dn}(u,k) +\\ +\hline +\end{tabular} +\caption{Jede der Jacobischen elliptischen Funktionen lässt sich +unter Verwendung der Relationen~\eqref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +durch jede andere ausdrücken. +\label{buch:elliptisch:fig:jacobi-relationen}} +\end{table} + +% +% Ableitungen der Jacobi-ellpitischen Funktionen +% +\subsubsection{Ableitung} +Die trigonometrischen Funktionen sind deshalb so besonders nützlich +für die Lösung von Schwingungsdifferentialgleichungen, weil sie die +Beziehungen +\[ +\frac{d}{d\varphi} \cos\varphi = -\sin\varphi +\qquad\text{und}\qquad +\frac{d}{d\varphi} \sin\varphi = \cos\varphi +\] +erfüllen. +So einfach können die Beziehungen natürlich nicht sein, sonst würde sich +durch Integration ja wieder nur die trigonometrischen Funktionen ergeben. +Durch geschickte Wahl des Arguments $u$ kann man aber erreichen, dass +sie ähnlich nützliche Beziehungen zwischen den Ableitungen ergeben. + +Gesucht ist jetzt also eine Wahl für das Argument $u$ zum Beispiel in +Abhängigkeit von $\varphi$, dass sich einfache und nützliche +Ableitungsformeln ergeben. +Wir setzen daher $u(\varphi)$ voraus und beachten, dass $x$ und $y$ +ebenfalls von $\varphi$ abhängen, es ist +$y=\sin\varphi$ und $x=a\cos\varphi$. +Die Ableitungen von $x$ und $y$ nach $\varphi$ sind +\begin{align*} +\frac{dy}{d\varphi} +&= +\cos\varphi += +\frac{1}{a} x += +\operatorname{cn}(u,k) +\\ +\frac{dx}{d\varphi} +&= +-a\sin\varphi += +-a y += +-a\operatorname{sn}(u,k). +\end{align*} +Daraus kann man jetzt die folgenden Ausdrücke für die Ableitungen der +elliptischen Funktionen nach $\varphi$ ableiten: +\begin{align*} +\frac{d}{d\varphi} \operatorname{sn}(u,z) +&= +\frac{d}{d\varphi} y(\varphi) += +\cos\varphi += +\frac{x}{a} += +\operatorname{cn}(u,k) +&&\Rightarrow& +\frac{d}{du} +\operatorname{sn}(u,k) +&= +\operatorname{cn}(u,k) \frac{d\varphi}{du} +\\ +\frac{d}{d\varphi} \operatorname{cn}(u,z) +&= +\frac{d}{d\varphi} \frac{x(\varphi)}{a} += +-\sin\varphi += +-\operatorname{sn}(u,k) +&&\Rightarrow& +\frac{d}{du}\operatorname{cn}(u,k) +&= +-\operatorname{sn}(u,k) \frac{d\varphi}{du} +\\ +\frac{d}{d\varphi} \operatorname{dn}(u,z) +&= +\frac{1}{a}\frac{dr}{d\varphi} += +\frac{1}{a}\frac{d\sqrt{x^2+y^2}}{d\varphi} +%\\ +%& +\rlap{$\displaystyle\mathstrut += +\frac{x}{ar} \frac{dx}{d\varphi} ++ +\frac{y}{ar} \frac{dy}{d\varphi} +%\\ +%& += +\frac{x}{ar} (-a\operatorname{sn}(u,k)) ++ +\frac{y}{ar} \operatorname{cn}(u,k) +$} +\\ +& +\rlap{$\displaystyle\mathstrut += +\frac{x}{ar}(-ay) ++ +\frac{y}{ar} \frac{x}{a} +%\rlap{$\displaystyle += +\frac{xy(-1+\frac{1}{a^2})}{r} +%$} +%\\ +%& += +-\frac{xy(a^2-1)}{a^2r} +$} +\\ +&= +-\frac{a^2-1}{ar} +\operatorname{cn}(u,k) \operatorname{sn}(u,k) +%\\ +%& +\rlap{$\displaystyle\mathstrut += +-k^2 +\frac{a}{r} +\operatorname{cn}(u,k) \operatorname{sn}(u,k) +$} +\\ +&= +-k^2\frac{\operatorname{cn}(u,k)\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{dn}(u,k)} +&&\Rightarrow& +\frac{d}{du} \operatorname{dn}(u,k) +&= +-k^2\frac{\operatorname{cn}(u,k) +\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{dn}(u,k)} +\frac{d\varphi}{du}. +\end{align*} +Die einfachsten Beziehungen ergeben sich offenbar, wenn man $u$ so +wählt, dass +\[ +\frac{d\varphi}{du} += +\operatorname{dn}(u,k) += +\frac{r}{a}. +\] +Damit haben wir die grundlegenden Ableitungsregeln + +\begin{satz} +\label{buch:elliptisch:satz:ableitungen} +Die Jacobischen elliptischen Funktionen haben die Ableitungen +\begin{equation} +\begin{aligned} +\frac{d}{du}\operatorname{sn}(u,k) +&= +\phantom{-}\operatorname{cn}(u,k)\operatorname{dn}(u,k) +\\ +\frac{d}{du}\operatorname{cn}(u,k) +&= +-\operatorname{sn}(u,k)\operatorname{dn}(u,k) +\\ +\frac{d}{du}\operatorname{dn}(u,k) +&= +-k^2\operatorname{sn}(u,k)\operatorname{cn}(u,k). +\end{aligned} +\label{buch:elliptisch:eqn:ableitungsregeln} +\end{equation} +\end{satz} + +% +% Der Grenzfall $k=1$ +% +\subsubsection{Der Grenzwert $k\to1$} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/110-elliptisch/images/sncnlimit.pdf} +\caption{Grenzfälle der Jacobischen elliptischen Funktionen +für die Werte $0$ und $1$ des Parameters $k$. +\label{buch:elliptisch:fig:sncnlimit}} +\end{figure} +Für $k=1$ ist $k^{\prime2}=1-k^2=$ und es folgt aus den +Relationen~\eqref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +\[ +\operatorname{cn}^2(u,k) +- +k^2 +\operatorname{dn}^2(u,k) += +k^{\prime2} += +0 +\qquad\Rightarrow\qquad +\operatorname{cn}^2(u,1) += +\operatorname{dn}^2(u,1), +\] +die beiden Funktionen +$\operatorname{cn}(u,k)$ +und +$\operatorname{dn}(u,k)$ +fallen also zusammen. +Die Ableitungsregeln werden dadurch vereinfacht: +\begin{align*} +\operatorname{sn}'(u,1) +&= +\operatorname{cn}(u,1) +\operatorname{dn}(u,1) += +\operatorname{cn}^2(u,1) += +1-\operatorname{sn}^2(u,1) +&&\Rightarrow& y'&=1-y^2 +\\ +\operatorname{cn}'(u,1) +&= +- +\operatorname{sn}(u,1) +\operatorname{dn}(u,1) += +- +\operatorname{sn}(u,1)\operatorname{cn}(u,1) +&&\Rightarrow& +\frac{z'}{z}&=(\log z)' = -y +\end{align*} +Die erste Differentialgleichung für $y$ lässt sich separieren, man findet +die Lösung +\[ +\frac{y'}{1-y^2} += +1 +\quad\Rightarrow\quad +\int \frac{dy}{1-y^2} = \int \,du +\quad\Rightarrow\quad +\operatorname{artanh}(y) = u +\quad\Rightarrow\quad +\operatorname{sn}(u,1)=\tanh u. +\] +Damit kann man jetzt auch $z$ berechnen: +\begin{align*} +(\log \operatorname{cn}(u,1))' +&= +\tanh u +&&\Rightarrow& +\log\operatorname{cn}(u,1) +&= +-\int\tanh u\,du += +-\log\cosh u +\\ +& +&&\Rightarrow& +\operatorname{cn}(u,1) +&= +\frac{1}{\cosh u} += +\operatorname{sech}u. +\end{align*} +Die Grenzfunktionen sind in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:sncnlimit} +dargestellt. + +% +% Das Argument u +% +\subsubsection{Das Argument $u$} +Die Gleichung +\begin{equation} +\frac{d\varphi}{du} += +\operatorname{dn}(u,k) +\label{buch:elliptisch:eqn:uableitung} +\end{equation} +ermöglicht, $\varphi$ in Abhängigkeit von $u$ zu berechnen, ohne jedoch +die geometrische Bedeutung zu klären. +Das beginnt bereits damit, dass der Winkel $\varphi$ nicht nicht der +Polarwinkel des Punktes $P$ in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobidef} +ist, diesen nennen wir $\vartheta$. +Der Zusammenhang zwischen $\varphi$ und $\vartheta$ ist +\begin{equation} +\frac1{a}\tan\varphi = \tan\vartheta +\label{buch:elliptisch:eqn:phitheta} +\end{equation} + +Um die geometrische Bedeutung besser zu verstehen, nehmen wir jetzt an, +dass die Ellipse mit einem Parameter $t$ parametrisiert ist, dass also +$\varphi(t)$, $\vartheta(t)$ und $u(t)$ Funktionen von $t$ sind. +Die Ableitung von~\eqref{buch:elliptisch:eqn:phitheta} ist +\[ +\frac1{a}\cdot \frac{1}{\cos^2\varphi}\cdot \dot{\varphi} += +\frac{1}{\cos^2\vartheta}\cdot \dot{\vartheta}. +\] +Daraus kann die Ableitung von $\vartheta$ nach $\varphi$ bestimmt +werden, sie ist +\[ +\frac{d\vartheta}{d\varphi} += +\frac{\dot{\vartheta}}{\dot{\varphi}} += +\frac{1}{a} +\cdot +\frac{\cos^2\vartheta}{\cos^2\varphi} += +\frac{1}{a} +\cdot +\frac{(x/r)^2}{(x/a)^2} += +\frac{1}{a}\cdot +\frac{a^2}{r^2} += +\frac{1}{a}\cdot\frac{1}{\operatorname{dn}^2(u,k)}. +\] +Damit kann man jetzt mit Hilfe von~\eqref{buch:elliptisch:eqn:uableitung} +Die Ableitung von $\vartheta$ nach $u$ ermitteln, sie ist +\[ +\frac{d\vartheta}{du} += +\frac{d\vartheta}{d\varphi} +\cdot +\frac{d\varphi}{du} += +\frac{1}{a}\cdot\frac{1}{\operatorname{dn}^2(u,k)} +\cdot +\operatorname{dn}(u,k) += +\frac{1}{a} +\cdot +\frac{1}{\operatorname{dn}(u,k)} += +\frac{1}{a} +\cdot\frac{a}{r} += +\frac{1}{r}, +\] +wobei wir auch die Definition der Funktion $\operatorname{dn}(u,k)$ +verwendet haben. + +In der Parametrisierung mit dem Parameter $t$ kann man jetzt die Ableitung +von $u$ nach $t$ berechnen als +\[ +\frac{du}{dt} += +\frac{du}{d\vartheta} +\frac{d\vartheta}{dt} += +r +\dot{\vartheta}. +\] +Darin ist $\dot{\vartheta}$ die Winkelgeschwindigkeit des Punktes um +das Zentrum $O$ und $r$ ist die aktuelle Entfernung des Punktes $P$ +von $O$. +$r\dot{\vartheta}$ ist also die Geschwindigkeitskomponenten des Punktes +$P$ senkrecht auf den aktuellen Radiusvektor. +Der Parameter $u$, der zum Punkt $P$ gehört, ist also das Integral +\[ +u(P) = \int_0^P r\,d\vartheta. +\] +Für einen Kreis ist die Geschwindigkeit von $P$ immer senkrecht +auf dem Radiusvektor und der Radius ist konstant, so dass +$u(P)=\vartheta(P)$ ist. + +% +% Die abgeleiteten elliptischen Funktionen +% +\begin{figure} +\centering +\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/110-elliptisch/images/jacobi12.pdf} +\caption{Die Verhältnisse der Funktionen +$\operatorname{sn}(u,k)$, +$\operatorname{cn}(u,k)$ +udn +$\operatorname{dn}(u,k)$ +geben Anlass zu neun weitere Funktionen, die sich mit Hilfe +des Strahlensatzes geometrisch interpretieren lassen. +\label{buch:elliptisch:fig:jacobi12}} +\end{figure} +\begin{table} +\centering +\renewcommand{\arraystretch}{2.5} +\begin{tabular}{|>{$\displaystyle}c<{$}|>{$\displaystyle}c<{$}>{$\displaystyle}c<{$}>{$\displaystyle}c<{$}>{$\displaystyle}c<{$}|} +\hline +\cdot & +\frac{1}{1} & +\frac{1}{\operatorname{sn}(u,k)} & +\frac{1}{\operatorname{cn}(u,k)} & +\frac{1}{\operatorname{dn}(u,k)} +\\[5pt] +\hline +1& +&%\operatorname{nn}(u,k)=\frac{1}{1} & +\operatorname{ns}(u,k)=\frac{1}{\operatorname{sn}(u,k)} & +\operatorname{nc}(u,k)=\frac{1}{\operatorname{cn}(u,k)} & +\operatorname{nd}(u,k)=\frac{1}{\operatorname{dn}(u,k)} +\\ +\operatorname{sn}(u,k) & +\operatorname{sn}(u,k)=\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{1}& +&%\operatorname{ss}(u,k)=\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{sn}(u,k)}& +\operatorname{sc}(u,k)=\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)}& +\operatorname{sd}(u,k)=\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{dn}(u,k)} +\\ +\operatorname{cn}(u,k) & +\operatorname{cn}(u,k)=\frac{\operatorname{cn}(u,k)}{1} & +\operatorname{cs}(u,k)=\frac{\operatorname{cn}(u,k)}{\operatorname{sn}(u,k)}& +&%\operatorname{cc}(u,k)=\frac{\operatorname{cn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)}& +\operatorname{cd}(u,k)=\frac{\operatorname{cn}(u,k)}{\operatorname{dn}(u,k)} +\\ +\operatorname{dn}(u,k) & +\operatorname{dn}(u,k)=\frac{\operatorname{dn}(u,k)}{1} & +\operatorname{ds}(u,k)=\frac{\operatorname{dn}(u,k)}{\operatorname{sn}(u,k)}& +\operatorname{dc}(u,k)=\frac{\operatorname{dn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)}& +%\operatorname{dd}(u,k)=\frac{\operatorname{dn}(u,k)}{\operatorname{dn}(u,k)} +\\[5pt] +\hline +\end{tabular} +\caption{Zusammenstellung der abgeleiteten Jacobischen elliptischen +Funktionen in hinteren drei Spalten als Quotienten der grundlegenden +Jacobischen elliptischen Funktionen. +Die erste Spalte zum Nenner $1$ enthält die grundlegenden +Jacobischen elliptischen Funktionen. +\label{buch:elliptisch:table:abgeleitetjacobi}} +\end{table} + +% +% Die abgeleiteten elliptischen Funktionen +% +\subsubsection{Die abgeleiteten elliptischen Funktionen} +Zusätzlich zu den grundlegenden Jacobischen elliptischen Funktioenn +lassen sich weitere elliptische Funktionen bilden, die unglücklicherweise +die {\em abgeleiteten elliptischen Funktionen} genannt werden. +Ähnlich wie die trigonometrischen Funktionen $\tan\alpha$, $\cot\alpha$, +$\sec\alpha$ und $\csc\alpha$ als Quotienten von $\sin\alpha$ und +$\cos\alpha$ definiert sind, sind die abgeleiteten elliptischen Funktionen +die in Tabelle~\ref{buch:elliptisch:table:abgeleitetjacobi} zusammengestellten +Quotienten der grundlegenden Jacobischen elliptischen Funktionen. +Die Bezeichnungskonvention ist, dass die Funktion $\operatorname{pq}(u,k)$ +ein Quotient ist, dessen Zähler durch den Buchstaben p bestimmt ist, +der Nenner durch den Buchstaben q. +Der Buchstabe n steht für eine $1$, die Buchstaben s, c und d stehen für +die Anfangsbuchstaben der grundlegenden Jacobischen elliptischen +Funktionen. +Meint man irgend eine der Jacobischen elliptischen Funktionen, schreibt +man manchmal auch $\operatorname{zn}(u,k)$. + +In Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobi12} sind die Quotienten auch +geometrisch interpretiert. +Der Wert der Funktion $\operatorname{nq}(u,k)$ ist die auf dem Strahl +mit Polarwinkel $\varphi$ abgetragene Länge bis zu den vertikalen +Geraden, die den verschiedenen möglichen Nennern entsprechen. +Entsprechend ist der Wert der Funktion $\operatorname{dq}(u,k)$ die +Länge auf dem Strahl mit Polarwinkel $\vartheta$. + +Die Relationen~\ref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +ermöglichen, jede Funktion $\operatorname{zn}(u,k)$ durch jede +andere auszudrücken. +Die schiere Anzahl solcher Beziehungen macht es unmöglich, sie +übersichtlich in einer Tabelle zusammenzustellen, daher soll hier +nur an einem Beispiel das Vorgehen gezeigt werden: + +\begin{beispiel} +Die Funktion $\operatorname{sc}(u,k)$ soll durch $\operatorname{cd}(u,k)$ +ausgedrückt werden. +Zunächst ist +\[ +\operatorname{sc}(u,k) += +\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)} +\] +nach Definition. +Im Resultat sollen nur noch $\operatorname{cn}(u,k)$ und +$\operatorname{dn}(u,k)$ vorkommen. +Daher eliminieren wir zunächst die Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$ +mit Hilfe von \eqref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} und erhalten +\begin{equation} +\operatorname{sc}(u,k) += +\frac{\sqrt{1-\operatorname{cn}^2(u,k)}}{\operatorname{cn}(u,k)}. +\label{buch:elliptisch:eqn:allgausdruecken} +\end{equation} +Nun genügt es, die Funktion $\operatorname{cn}(u,k)$ durch +$\operatorname{cd}(u,k)$ auszudrücken. +Aus der Definition und der +dritten Relation in \eqref{buch:elliptisch:eqn:jacobi-relationen} +erhält man +\begin{align*} +\operatorname{cd}^2(u,k) +&= +\frac{\operatorname{cn}^2(u,k)}{\operatorname{dn}^2(u,k)} += +\frac{\operatorname{cn}^2(u,k)}{k^{\prime2}+k^2\operatorname{cn}^2(u,k)} +\\ +\Rightarrow +\qquad +k^{\prime 2} +\operatorname{cd}^2(u,k) ++ +k^2\operatorname{cd}^2(u,k)\operatorname{cn}^2(u,k) +&= +\operatorname{cn}^2(u,k) +\\ +\operatorname{cn}^2(u,k) +- +k^2\operatorname{cd}^2(u,k)\operatorname{cn}^2(u,k) +&= +k^{\prime 2} +\operatorname{cd}^2(u,k) +\\ +\operatorname{cn}^2(u,k) +&= +\frac{ +k^{\prime 2} +\operatorname{cd}^2(u,k) +}{ +1 - k^2\operatorname{cd}^2(u,k) +} +\end{align*} +Für den Zähler brauchen wir $1-\operatorname{cn}^2(u,k)$, also +\[ +1-\operatorname{cn}^2(u,k) += +\frac{ +1 +- +k^2\operatorname{cd}^2(u,k) +- +k^{\prime 2} +\operatorname{cd}^2(u,k) +}{ +1 +- +k^2\operatorname{cd}^2(u,k) +} += +\frac{1-\operatorname{cd}^2(u,k)}{1-k^2\operatorname{cd}^2(u,k)} +\] +Einsetzen in~\eqref{buch:elliptisch:eqn:allgausdruecken} gibt +\begin{align*} +\operatorname{sc}(u,k) +&= +\frac{ +\sqrt{1-\operatorname{cd}^2(u,k)} +}{\sqrt{1-k^2\operatorname{cd}^2(u,k)}} +\cdot +\frac{ +\sqrt{1 - k^2\operatorname{cd}^2(u,k)} +}{ +k' +\operatorname{cd}(u,k) +} += +\frac{ +\sqrt{1-\operatorname{cd}^2(u,k)} +}{ +k' +\operatorname{cd}(u,k) +}. +\qedhere +\end{align*} +\end{beispiel} + +\subsubsection{Ableitung der abgeleiteten elliptischen Funktionen} +Aus den Ableitungen der grundlegenden Jacobischen elliptischen Funktionen +können mit der Quotientenregel nun auch beliebige Ableitungen der +abgeleiteten Jacobischen elliptischen Funktionen gefunden werden. +Als Beispiel berechnen wir die Ableitung von $\operatorname{sc}(u,k)$. +Sie ist +\begin{align*} +\frac{d}{du} +\operatorname{sc}(u,k) +&= +\frac{d}{du} +\frac{\operatorname{sn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)} += +\frac{ +\operatorname{sn}'(u,k)\operatorname{cn}(u,k) +- +\operatorname{sn}(u,k)\operatorname{cn}'(u,k)}{ +\operatorname{cn}^2(u,k) +} +\\ +&= +\frac{ +\operatorname{cn}^2(u,k)\operatorname{dn}(u,k) ++ +\operatorname{sn}^2(u,k)\operatorname{dn}(u,k) +}{ +\operatorname{cn}^2(u,k) +} += +\frac{( +\operatorname{sn}^2(u,k) ++ +\operatorname{cn}^2(u,k) +)\operatorname{dn}(u,k)}{ +\operatorname{cn}^2(u,k) +} +\\ +&= +\frac{1}{\operatorname{cn}(u,k)} +\cdot +\frac{\operatorname{dn}(u,k)}{\operatorname{cn}(u,k)} += +\operatorname{nc}(u,k) +\operatorname{dc}(u,k). +\end{align*} +Man beachte, dass das Quadrat der Nennerfunktion im Resultat +der Quotientenregel zur Folge hat, dass die +beiden Funktionen im Resultat beide den gleichen Nenner haben wie +die Funktion, die abgeleitet wird. + +Mit etwas Fleiss kann man nach diesem Muster alle Ableitungen +\begin{equation} +%\small +\begin{aligned} +\operatorname{sn}'(u,k) +&= +\phantom{-} +\operatorname{cn}(u,k)\,\operatorname{dn}(u,k) +&&\qquad& +\operatorname{ns}'(u,k) +&= +- +\operatorname{cs}(u,k)\,\operatorname{ds}(u,k) +\\ +\operatorname{cn}'(u,k) +&= +- +\operatorname{sn}(u,k)\,\operatorname{dn}(u,k) +&&& +\operatorname{nc}'(u,k) +&= +\phantom{-} +\operatorname{sc}(u,k)\,\operatorname{dc}(u,k) +\\ +\operatorname{dn}'(u,k) +&= +-k^2 +\operatorname{sn}(u,k)\,\operatorname{cn}(u,k) +&&& +\operatorname{nd}'(u,k) +&= +\phantom{-} +k^2 +\operatorname{sd}(u,k)\,\operatorname{cd}(u,k) +\\ +\operatorname{sc}'(u,k) +&= +\phantom{-} +\operatorname{dc}(u,k)\,\operatorname{nc}(u,k) +&&& +\operatorname{cs}'(u,k) +&= +- +\operatorname{ds}(u,k)\,\operatorname{ns}(u,k) +\\ +\operatorname{cd}'(u,k) +&= +-k^{\prime2} +\operatorname{sd}(u,k)\,\operatorname{nd}(u,k) +&&& +\operatorname{dc}'(u,k) +&= +\phantom{-} +k^{\prime2} +\operatorname{dc}(u,k)\,\operatorname{nc}(u,k) +\\ +\operatorname{ds}'(d,k) +&= +- +\operatorname{cs}(u,k)\,\operatorname{ns}(u,k) +&&& +\operatorname{sd}'(d,k) +&= +\phantom{-} +\operatorname{cd}(u,k)\,\operatorname{nd}(u,k) +\end{aligned} +\label{buch:elliptisch:eqn:alleableitungen} +\end{equation} +finden. +Man beachte, dass in jeder Identität alle Funktionen den gleichen +zweiten Buchstaben haben. + +\subsubsection{TODO} +XXX algebraische Beziehungen \\ +XXX Additionstheoreme \\ +XXX Perioden +% use https://math.stackexchange.com/questions/3013692/how-to-show-that-jacobi-sine-function-is-doubly-periodic + + diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex new file mode 100644 index 0000000..d61bcf6 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex @@ -0,0 +1,250 @@ +% +% mathpendel.tex -- Das mathematische Pendel +% +% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% + +\subsection{Das mathematische Pendel +\label{buch:elliptisch:subsection:mathpendel}} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/110-elliptisch/images/pendel.pdf} +\caption{Mathematisches Pendel +\label{buch:elliptisch:fig:mathpendel}} +\end{figure} +Das in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} dargestellte +Mathematische Pendel besteht aus einem Massepunkt der Masse $m$ +im Punkt $P$, +der über eine masselose Stange der Länge $l$ mit dem Drehpunkt $O$ +verbunden ist. +Das Pendel bewegt sich unter dem Einfluss der Schwerebeschleunigung $g$. + +Das Trägheitsmoment des Massepunktes um den Drehpunkt $O$ ist +\( +I=ml^2 +\). +Das Drehmoment der Schwerkraft ist +\(M=gl\sin\vartheta\). +Die Bewegungsgleichung wird daher +\[ +\begin{aligned} +\frac{d}{dt} I\dot{\vartheta} +&= +M += +gl\sin\vartheta +\\ +ml^2\ddot{\vartheta} +&= +gl\sin\vartheta +&&\Rightarrow& +\ddot{\vartheta} +&=\frac{g}{l}\sin\vartheta +\end{aligned} +\] +Dies ist eine nichtlineare Differentialgleichung zweiter Ordnung, die +wir nicht unmittelbar mit den Differentialgleichungen erster Ordnung +der elliptischen Funktionen vergleichen können. + +Die Differentialgleichungen erster Ordnung der elliptischen Funktionen +enthalten das Quadrat der ersten Ableitung. +In unserem Fall entspricht das einer Gleichung, die $\dot{\vartheta}^2$ +enthält. +Der Energieerhaltungssatz kann uns eine solche Gleichung geben. +Die Summe von kinetischer und potentieller Energie muss konstant sein. +Dies führt auf +\[ +E_{\text{kinetisch}} ++ +E_{\text{potentiell}} += +\frac12I\dot{\vartheta}^2 ++ +mgl(1-\cos\vartheta) += +\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 ++ +mgl(1-\cos\vartheta) += +E +\] +Durch Auflösen nach $\dot{\vartheta}$ kann man jetzt die +Differentialgleichung +\[ +\dot{\vartheta}^2 += +- +\frac{2g}{l}(1-\cos\vartheta) ++\frac{2E}{ml^2} +\] +finden. +In erster Näherung, d.h. wenn man die rechte Seite bis zu vierten +Potenzen in eine Taylor-Reihe in $\vartheta$ entwickelt, ist dies +tatsächlich eine Differentialgleichung der Art, wie wir sie für +elliptische Funktionen gefunden haben, wir möchten aber eine exakte +Lösung konstruieren. + +Die maximale Energie für eine Bewegung, bei der sich das Pendel gerade +über den höchsten Punkt hinweg zu bewegen vermag, ist +$E=2lmg$. +Falls $E<2mgl$ ist, erwarten wir Schwingungslösungen, bei denen +der Winkel $\vartheta$ immer im offenen Interval $(-\pi,\pi)$ +bleibt. +Für $E>2mgl$ wird sich das Pendel im Kreis bewegen, für sehr grosse +Energie ist die kinetische Energie dominant, die Verlangsamung im +höchsten Punkt wird immer weniger ausgeprägt sein. + +% +% Koordinatentransformation auf elliptische Funktionen +% +\subsubsection{Koordinatentransformation auf elliptische Funktionen} +Wir verwenden als neue Variable +\[ +y = \sin\frac{\vartheta}2 +\] +mit der Ableitung +\[ +\dot{y}=\frac12\cos\frac{\vartheta}{2}\cdot \dot{\vartheta}. +\] +Man beachte, dass $y$ nicht eine Koordinate in +Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} ist. + +Aus den Halbwinkelformeln finden wir +\[ +\cos\vartheta += +1-2\sin^2 \frac{\vartheta}2 += +1-2y^2. +\] +Dies können wir zusammen mit der +Identität $\cos^2\vartheta/2 = 1-\sin^2\vartheta/2 = 1-y^2$ +in die Energiegleichung einsetzen und erhalten +\[ +\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 + mgly^2 = E +\qquad\Rightarrow\qquad +\frac14 \dot{\vartheta}^2 = \frac{E}{2ml^2} - \frac{g}{2l}y^2. +\] +Der konstante Term auf der rechten Seite ist grösser oder kleiner als +$1$ je nachdem, ob das Pendel sich im Kreis bewegt oder nicht. + +Durch Multiplizieren mit $\cos^2\frac{\vartheta}{2}=1-y^2$ +erhalten wir auf der linken Seite einen Ausdruck, den wir +als Funktion von $\dot{y}$ ausdrücken können. +Wir erhalten +\begin{align*} +\frac14 +\cos^2\frac{\vartheta}2 +\cdot +\dot{\vartheta}^2 +&= +\frac14 +(1-y^2) +\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{2l}y^2\biggr) +\\ +\dot{y}^2 +&= +\frac{1}{4} +(1-y^2) +\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{2l}y^2\biggr) +\end{align*} +Die letzte Gleichung hat die Form einer Differentialgleichung +für elliptische Funktionen. +Welche Funktion verwendet werden muss, hängt von der Grösse der +Koeffizienten in der zweiten Klammer ab. +Die Tabelle~\ref{buch:elliptisch:tabelle:loesungsfunktionen} +zeigt, dass in der zweiten Klammer jeweils einer der Terme +$1$ sein muss. + +% +% Der Fall E < 2mgl +% +\subsubsection{Der Fall $E<2mgl$} +\begin{figure} +\centering +\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/110-elliptisch/images/jacobiplots.pdf} +\caption{% +Abhängigkeit der elliptischen Funktionen von $u$ für +verschiedene Werte von $k^2=m$. +Für $m=0$ ist $\operatorname{sn}(u,0)=\sin u$, +$\operatorname{cn}(u,0)=\cos u$ und $\operatorname{dn}(u,0)=1$, diese +sind in allen Plots in einer helleren Farbe eingezeichnet. +Für kleine Werte von $m$ weichen die elliptischen Funktionen nur wenig +von den trigonometrischen Funktionen ab, +es ist aber klar erkennbar, dass die anharmonischen Terme in der +Differentialgleichung die Periode mit steigender Amplitude verlängern. +Sehr grosse Werte von $m$ nahe bei $1$ entsprechen der Situation, dass +die Energie des Pendels fast ausreicht, dass es den höchsten Punkt +erreichen kann, was es für $m$ macht. +\label{buch:elliptisch:fig:jacobiplots}} +\end{figure} + + +Wir verwenden als neue Variable +\[ +y = \sin\frac{\vartheta}2 +\] +mit der Ableitung +\[ +\dot{y}=\frac12\cos\frac{\vartheta}{2}\cdot \dot{\vartheta}. +\] +Man beachte, dass $y$ nicht eine Koordinate in +Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} ist. + +Aus den Halbwinkelformeln finden wir +\[ +\cos\vartheta += +1-2\sin^2 \frac{\vartheta}2 += +1-2y^2. +\] +Dies können wir zusammen mit der +Identität $\cos^2\vartheta/2 = 1-\sin^2\vartheta/2 = 1-y^2$ +in die Energiegleichung einsetzen und erhalten +\[ +\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 + mgly^2 = E. +\] +Durch Multiplizieren mit $\cos^2\frac{\vartheta}{2}=1-y^2$ +erhalten wir auf der linken Seite einen Ausdruck, den wir +als Funktion von $\dot{y}$ ausdrücken können. +Wir erhalten +\begin{align*} +\frac12ml^2 +\cos^2\frac{\vartheta}2 +\dot{\vartheta}^2 +&= +(1-y^2) +(E -mgly^2) +\\ +\frac{1}{4}\cos^2\frac{\vartheta}{2}\dot{\vartheta}^2 +&= +\frac{1}{2} +(1-y^2) +\biggl(\frac{E}{ml^2} -\frac{g}{l}y^2\biggr) +\\ +\dot{y}^2 +&= +\frac{E}{2ml^2} +(1-y^2)\biggl( +1-\frac{2gml}{E}y^2 +\biggr). +\end{align*} +Dies ist genau die Form der Differentialgleichung für die elliptische +Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$ +mit $k^2 = 2gml/E< 1$. + +%% +%% Der Fall E > 2mgl +%% +%\subsection{Der Fall $E > 2mgl$} +%In diesem Fall hat das Pendel im höchsten Punkte immer noch genügend +%kinetische Energie, so dass es sich im Kreise dreht. +%Indem wir die Gleichung + + +%\subsection{Soliton-Lösungen der Sinus-Gordon-Gleichung} + +%\subsection{Nichtlineare Differentialgleichung vierter Ordnung} +%XXX Möbius-Transformation \\ +%XXX Reduktion auf die Differentialgleichung elliptischer Funktionen |