From dd95c65a823843e439b930fc8dad050003413e32 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Mon, 22 Nov 2021 20:57:40 +0100 Subject: new stuff --- buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex | 524 +++++++++++++++++++++++- 1 file changed, 522 insertions(+), 2 deletions(-) (limited to 'buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex') diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex b/buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex index c639b5c..a2426a7 100644 --- a/buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex +++ b/buch/chapters/030-geometrie/trigonometrisch.tex @@ -6,10 +6,530 @@ \section{Trigonometrische Funktionen \label{buch:geometrie:section:trigonometrisch}} \rhead{Trigonometrische Funktionen} +Die Navigation zur See wie auch die Landvermessung hängen davon ab, +dass man Winkel zwischen Himmelskörpern, Landmarken oder dem Horizont +messen kann. +Aus solchen Messungen können dann mittels bekannter Beziehungen +zwischen den Winkeln und Seitenlängen in Dreiecken weitere Seitenlängen +und Winkel berechnet werden. +Schon in rechtwinkligen Dreiecken sind die Beziehungen zwischen Winkel +und Seitenlängen von einer Art, die sich nicht durch algebraische +Ausdrücke berechnen lässt. +Es ist daher notwendig, neue spezielle Funktionen zu definieren, +die trigonometrischen Funktionen. + +\subsection{Definition der trigonometrischen Funktionen} +% XXX Abbildung Jakobsstab +Eines der ältesten Messgeräte für Winkel ist der Jakobsstab, +dargestellt in Abbildung~\ref{}. +Der Querstab kann entlang des Stabs verschoben werden. +Die beiden Punkte, deren Zwischenwinkel bestimmt werden soll, +werden so anvisiert, dass sie sich auf den Enden des Querstabs +zu befinden scheinen. +Abgelesen wird dann die Strecke $l$ zwischen dem Auge des Beobachters +und dem Querstab. +Daraus und aus der Länge $l_Q$ des Querstabes lässt sich jetzt der Winkel +mit der Formel +\[ +\tan\frac{\alpha}2 = \frac{l_Q}{2l} +\] +berechnen. +Um nun einen numerischen Wert für $\alpha$ zu bekommen, braucht man +eine Tabelle der Funktionswerte der Funktion auf der linken Seite. + +\begin{figure} +\centering +\begin{tikzpicture}[>=latex,thick] +\def\r{3} +\def\a{53} +\fill[color=red!20] (0,0) -- (-\a:1) arc (-\a:\a:1) -- cycle; +\draw (0,0) -- (\a:\r); +\draw (0,0) -- (-\a:\r); +\node[color=red] at ({cos(\a/2)},0) [above left] {$\alpha$}; +\draw (0,0) circle[radius=\r]; +\draw[color=red,line width=1.4pt] (\a:\r) -- (-\a:\r); +\fill[color=red] (\a:\r) circle[radius=0.05]; +\fill[color=red] (-\a:\r) circle[radius=0.05]; +\node[color=red] at ({\r*cos(\a)},0) + [above,rotate=-90] {$\operatorname{chord}\alpha$}; +\draw[color=gray,line width=1.0pt] (0,0) -- ({\r*cos(\a)},0); +\fill[color=white] (0,0) circle[radius=0.08]; +\draw (0,0) circle[radius=0.08]; +\node at (\a:{0.5*\r}) [above,rotate=\a] {$r=1$}; +\node at ({\r*cos(\a)},{0.35*\r*sin(\a)}) + [above,rotate=90] {$\sin\frac{\alpha}2$}; +\end{tikzpicture} +\caption{Definition der Chord-Funktion $\operatorname{chord}\alpha$ +am Einheitskreis. +\label{buch:geometrie:trigo:chorddef}} +\end{figure} + +Die älteste bekannt Tabelle von Funktionswerten trigonometrischer +Funktionen stammt von Hipparchus aus dem 2.~Jahrhundert BCE und +enthält Werte der sogenannten Chord-Funktion $\operatorname{chord}\alpha$, +welche die Länge der Sehne eines Bogens $\alpha$ des Einheitskreises +berechnet. +Aus der Abbildung~\ref{buch:geometrie:trigo:chorddef} ergibt sich +\[ +\operatorname{chord}\alpha = 2\sin\frac{\alpha}2. +\] +Die Verwendung der Chord-Funktion war bis ins 19.~Jahrhundert in der +Landvermessung üblich. +Neben der Chord-Funktion waren auch noch andere heute weitgehend +vergessen Funktionen im Einsatz wie zum Beispiel der Sinus versus +\[ +\operatorname{vers}\alpha=1-\cos\alpha += +2\sin^2\frac{\alpha}2 +\] +oder der Semiversus +\[ +\operatorname{sem}\alpha += +\frac{\operatorname{vers}\alpha}{2} += +\sin^2\frac{\alpha}2, +\] +der besonders nützlich bei der Berechnung der Entfernung +zweier in geographischer Länge und Breite gegebener Punkte +auf der Erdoberfläche ist und daher in der Navigation lange +üblich war. + +Eine neue spezielle Funktion sollte sowohl möglichst +universell einsetzbar sein als auch gut und effizient +berechnet werden können. +Aus dieser Forderung haben sich die Funktion $\sin\alpha$, +$\cos\alpha$ und $\tan\alpha$ als die nützlichsten herausgestellt. +Mit ihnen lassen sich a + +% +% Rechtwinklige Dreiecke +% +\subsubsection{Rechtwinklige Dreiecke} +Ähnliche Dreiecke haben gleiche Seitenverhältnisse und Winkel. +Rechtwinklige Dreiecke sind daher bis auf Ähnlichkeit vollständig +durch die Angabe eines Winkels beschrieben. +Die Seitenverhältnisse müssen daher aus den Winkeln berechnet werden +können. +Genau dies ist die Aufgabe, die die trigonometrischen Funktionen lösen. + +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/030-geometrie/images/deftrig.pdf} +\caption{Rechtwinkliges Dreieck zur Definition der trigonometrischen +Funktionen. +\label{buch:geometrie:trigo:fig:definition}} +\end{figure} + +\begin{definition} +\label{buch:geometrie:def:trigo} +In einem rechtwinkligen Dreieck mit Winkel $\alpha$, $0<\alpha < \frac{\pi}2$, +sind die Seitenverhältnisse gegeben durch die trigonometrischen Funktionen, +die wie folgt definiert sind: +\begin{align*} +\sin\alpha &= \frac{\text{Gegenkatete}}{\text{Hypothenuse}} = \frac{b}{c}, +& +\cos\alpha &= \frac{\text{Ankatete}}{\text{Hypothenuse}} = \frac{a}{c} +&&\text{und} +& +\tan\alpha &= \frac{\text{Gegenkatete}}{\text{Ankatete}} = \frac{a}{b} +\intertext{mit den Kehrwerten} +\sec\alpha &= \frac{\text{Hypothenuse}}{\text{Gegenkatete}} = \frac{c}{b}, +& +\csc\alpha &= \frac{\text{Hypothenuse}}{\text{Ankatete}} = \frac{c}{a} +&&\text{und} +& +\cot\alpha &= \frac{\text{Ankatete}}{\text{Gegenkatete}} = \frac{b}{a} +\end{align*} +(siehe auch Abbildung~\ref{buch:geometrie:trigo:fig:definition}). +\end{definition} + +Aus der Definition und dem Satz von Pythagoras kann eine grosse Zahl +von Beziehungen zwischen den trigonometrischen Funktionen abgeleitet +werden. +Zum Beispiel folgt sofort +\[ +\sin^2\alpha+\cos^2\alpha += +\biggl(\frac{b}{c}\biggr)^2 ++ +\biggl(\frac{a}{c}\biggr)^2 += +\frac{a^2+b^2}{c^2} += +1. +\] +Insbesondere lässt sich $\sin\alpha$ durch $\cos\alpha$ ausdrücken +und umgekehrt: +\[ +\sin\alpha += +\sqrt{1-\cos^2\alpha} +\qquad\text{und}\qquad +\cos\alpha += +\sqrt{1-\sin^2\alpha} +\] +Da sich alle Funktionen durch $\cos\alpha$ und $\sin\alpha$ ausdrücken +lassen, können alle auch nur durch eine ausgedrückt werden. +Durch Umkehrung dieser Beziehung kann man jede der trigonometrischen +Funktionen durch jede andere ausdrücken, wie dies in +Tabelle~\ref{buch:geometrie:tab:trigo} zusammengestellt ist. + +\begin{figure} +\centering +\renewcommand{\arraystretch}{2.5} +\renewcommand{\tabcolsep}{5pt} +\begin{tabular}{|>{$}c<{$}|>{$}c<{$}>{$}c<{$}>{$}c<{$}>{$}c<{$}>{$}c<{$}>{$}c<{$}|} +\hline +%\downarrow\text{ ausgedrückt durch }\rightarrow +&\sin\alpha&\cos\alpha&\tan\alpha&\cot\alpha&\sec\alpha&\csc\alpha\\[5pt] +\hline +\sin\alpha + &\sin\alpha + &\sqrt{1-\cos^2} + &\displaystyle\frac{\tan\alpha}{\sqrt{1+\tan^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{1+\cot^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{1}{\sec\alpha} + &\displaystyle\frac{\sqrt{\csc^2\alpha-1}}{\csc\alpha} +\\ +\cos\alpha + &\sqrt{1-\sin^2\alpha} + &\cos\alpha + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{1+\tan^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{\cot\alpha}{\sqrt{1+\cot^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{\sqrt{\sec^2\alpha-1}}{\sec\alpha} + &\displaystyle\frac{1}{\csc\alpha} +\\ +\tan\alpha + &\displaystyle\frac{\sin\alpha}{\sqrt{1-\sin^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{\sqrt{1-\cos^2\alpha}}{\cos\alpha} + &\tan\alpha + &\displaystyle\frac{1}{\cot\alpha} + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{\sec^2\alpha-1}} + &\displaystyle\sqrt{\csc^2\alpha-1} +\\ +\cot\alpha + &\displaystyle\frac{\sqrt{1-\sin^2\alpha}}{\sin\alpha} + &\displaystyle\frac{\cos\alpha}{\sqrt{1-\cos^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{1}{\tan\alpha} + &\cot\alpha + &\displaystyle\sqrt{\sec^2\alpha-1} + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{\sec^2\alpha-1}} +\\ +\sec\alpha + &\displaystyle\frac{1}{\sin\alpha} + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{1-\cos^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{\sqrt{1+\tan^2\alpha}}{\tan\alpha} + &\displaystyle\sqrt{1+\cot^2\alpha} + &\sec\alpha + &\displaystyle\frac{\csc\alpha}{\sqrt{\csc^2\alpha-1}} +\\ +\csc\alpha + &\displaystyle\frac{1}{\sqrt{1-\sin^2\alpha}} + &\displaystyle\frac{1}{\cos\alpha} + &\displaystyle\sqrt{1+\tan^2\alpha} + &\displaystyle\frac{\sqrt{1+\cot^2\alpha}}{\cot\alpha} + &\displaystyle\frac{\sec\alpha}{\sqrt{\sec^2\alpha-1}} + &\csc\alpha +\\[8pt] +\hline +\end{tabular} +\caption{Darstellung aller trigonometrischen Funktionen durch jede beliebige +andere Funktion. +Für Winkel ausserhalb des 1.~Quadranten müssen die Vorzeichen der +Quadratwurzeln so gewählt werden, dass die Funktion das richtige +Vorzeichen erhält. +\label{buch:geometrie:tab:trigo}} +\end{figure} + +Diese Definition~\ref{buch:geometrie:def:trigo} +ist auf spitze Winkel und damit auf nichtnegative Werte der +trigonometrischen Funktionen beschränkt. + +% +% Definition am Einheitskreis +% +\subsubsection{Einheitskreis} +Im vorangegangen Abschnitt wurden die rechtwinkligen Dreiecke durch +einen Winkel charakterisiert und die trigonometrischen +Funktionen als Verhältnis von Seiten des Dreiecks abgeleitet. +Dabei wurde die Schwierigkeit übergangen, wie überhaupt der Winkel +definiert werden soll. +Ein Winkel war im Wesentlichen durch die Eigenschaft +definiert, dass ähnliche Dreiecke den gleichen Winkel haben. +Die Definition~\ref{buch:geometrie:def:trigo} ist in diesem Licht +nichts anderes als eine Namenskonvention für die Seitenverhältnisse +einer Klasse von ähnlichen rechtwinkligen Dreiecken. + +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/030-geometrie/images/einheitskreis.pdf} +\caption{Definition der trigonometrischen Funktion mit Hilfe des +Einheitskreises +\label{buch:geometrie:trigo:fig:einheitskreis}} +\end{figure} + +Eine alternative Charakterisierung rechtwinkliger Dreiecke +geht von Punkten auf dem Einheitskreis aus. +Die Lote von einem Punkt $P$ auf dem Einheitskreis definieren +zwei ähnliche Dreiecke, mit dem Ursprung $O$, dem Punkt $P$ +und dem Fusspunkt des Lotes. +Die Koordinaten des Punktes $P$ können im Gegensatz zu den Seiten +des rechtwinkligen Dreiecks in +Abbildung~\ref{buch:geometrie:trigo:fig:definition} +auch negativ sein. +Ein Punkt im zweiten Quadranten hat zum Beispiel eine negative +$x$-Koordinate. +Die trigonometrischen Funktionen können nun analog zu +Definition~\ref{buch:geometrie:def:trigo} aber unter Verwendung +der Koordinaten $x$ und $y$. + +Auch das Argument $\alpha$ der trigonometrischen Funktionen kann +jetzt auf natürlichere Art und Weise definiert werden. +Es ist die Länge des Bogens auf dem Einheitskreis zwischen dem +Punkt $(1,0)$ und $P$. +Damit lassen sich die trigonometrischen Funktionen jetzt +für beliebige Winkel $\alpha\in\mathbb{R}$ definieren. + +\begin{definition} +\label{buch:geometrie:def:trigeinheitskreis} +Die trigonometrischen Funktionen des Winkels $\alpha$ zwischen der +$x$-Achse und der Richtung durch den Punkt $P$ sind +\begin{align*} +\sin\alpha &= x, &\cos\alpha &= y&&\text{und}& \tan\alpha=\frac{y}{x} +\intertext{mit den Kehrwerten} +\sec\alpha &= \frac{1}{x}, &\csc\alpha &= \frac{1}{y}&&\text{und}& \tan\alpha=\frac{x}{y}. +\end{align*} +(siehe auch Abbildung~\ref{buch:geometrie:trigo:fig:einheitskreis}). +\end{definition} + +Die Beziehungen der Tabelle~\ref{buch:geometrie:tab:trigo} +zwischen den trigonometrischen Funktionen bleibt auch für +diese erweiterten Funktionen gültig, wenn das Vorzeichen der +Quadratwurzel falls vorhanden geeignet gewählt wird. + +% +% Drehungen in der Ebene +% +\subsection{Drehungen der Ebene} +Die Funktionen $\sin\alpha$ und $\cos\alpha$ sind in den Anwendungen +besonders nützlich, weil sich damit die Kreisbewegung parametrisieren +lässt. +Etwas allgemeiner kann man damit Drehungen der Ebene beschreiben. +Damit entstehen die Funktion als Nebenprodukt einer Parametrisierung +der Drehgruppe $\operatorname{SO}(2)$. +Daraus werden sich später Ableitungseigenschaften und +Potenzreihendarstellungen der trigonometrischen Funktionen ableiten +lassen. + +\subsubsection{Drehmatrizen und Additionstheoreme} +Eine Drehung der Ebenen $\mathbb{R}^2$ um den Winkel $\alpha$ bildet +die Standardbasisvektoren auf die Vektoren +\[ +e_1=\begin{pmatrix}1\\0\end{pmatrix} +\mapsto +\begin{pmatrix} +\cos\alpha\\\sin\alpha +\end{pmatrix} +\qquad\text{und}\qquad +e_2=\begin{pmatrix}0\\1\end{pmatrix} +\mapsto +\begin{pmatrix} +-\sin\alpha +\\ +\cos\alpha +\end{pmatrix} +\] +ab. +Die Abildungsmatrix der Drehung ist daher +\[ +D_\alpha += +\begin{pmatrix*}[r] +\cos\alpha&-\sin\alpha\\ +\sin\alpha& \cos\alpha +\end{pmatrix*}. +\] +Die Zusammensetzung zweier Drehungen um die Winkel $\alpha$ und $\beta$ +ist wieder eine Drehung um den Winkel $\alpha+\beta$, es gilt +also +\[ +D_{\alpha+\beta} += +D_{\alpha}D_{\beta}, +\] +oder in Matrizenform +\begin{align*} +D_{\alpha+\beta} +&= +\begin{pmatrix*}[r] +\cos(\alpha+\beta)&-\sin(\alpha+\beta) \\ +\sin(\alpha+\beta)& \cos(\alpha+\beta) +\end{pmatrix*} +\\ += +D_{\alpha}D_{\beta} +&= +\begin{pmatrix*}[r] +\cos\alpha&-\sin\alpha\\ +\sin\alpha&\cos\alpha +\end{pmatrix*} +\begin{pmatrix*}[r] +\cos\beta&-\sin\beta\\ +\sin\beta&\cos\beta +\end{pmatrix*} +\\ +&= +\begin{pmatrix} +\cos\alpha\cos\beta-\sin\alpha\sin\beta + & -\cos\alpha\sin\beta -\sin\alpha\cos\beta\\\ +\cos\alpha\sin\beta+\sin\alpha\cos\beta + & \cos\alpha\cos\beta-\sin\alpha\sin\beta +\end{pmatrix} +\end{align*} +Aus dem Vergleich der beiden Matrizen liest man die Additionstheoreme. + +\begin{satz} +Für $\alpha,\beta\in\mathbb{R}$ gilt +\begin{align*} +\sin(\alpha\pm\beta) +&= +\cos\alpha\cos\beta\mp\sin\alpha\sin\beta +\\ +\cos(\alpha\pm\beta) +&= +\cos\alpha\cos\beta\pm\sin\alpha\sin\beta +\end{align*} +\end{satz} + +Ein besonders einfacher Spezialfalls ist $\alpha=\beta$, es ergben sich die +Doppelwinkelformeln +\begin{align*} +\cos2\alpha &= \cos^2\alpha-\sin^2\alpha +\\ +\sin2\alpha &= 2\cos\alpha\sin\alpha. +\end{align*} +In der Formel für $\cos2\alpha$ kann die rechte Seite durch nur +eine Winkelfunktion ausdrücken: +\begin{align*} +\cos2\alpha &= \cos^2\alpha - (1-\cos^2\alpha) = 2\cos^2\alpha -1 +\\ +\cos2\alpha &= (1-\sin^2\alpha) - \sin^2\alpha = 1-2\sin^2\alpha. +\end{align*} +Beide Ausdrücke lassen sich leicht nach den Funktionen auf der rechten +Seite auflösen, so erhält man die Halbwinkelformeln +\begin{align*} +\cos^2\alpha &= \frac{1+\cos2\alpha}2 +&&\Rightarrow& +\cos^2\frac{\alpha}2 &=\frac{1+\cos\alpha}2 +\\ +\sin^2\alpha &= \frac{1-\sin2\alpha}2 +&&\Rightarrow& +\sin^2\frac{\alpha}2 &= \frac{1-\sin\alpha}2. +\end{align*} +Der letzte Ausdruck ist auch bekannt als der Semiversus. + +\subsubsection{Funktionen für mehrfache Winkel} +Die Additionstheoreme können dazu verwendet werden, Formeln für +die Werte der trigonometrischen Funktionen mehrfacher Winkel zu +finden. +Die Berechnung kann etwas vereinfacht werden, wenn man die Drehmatrix +mit Hilfe der Matrix +\[ +J=\begin{pmatrix}0&-1\\1&0\end{pmatrix} +\] +als +\[ +D_{\alpha} += +E +\cos\alpha ++ +J +\sin\alpha +\] +schreiben. +Die Potenzen von $J$ sind +\[ +J^2 = -E,\quad +J^3 = -J \quad\text{und}\quad +J^4 = E. +\] +Daraus ergibt sich +\begin{align*} +D_{n\alpha} += +(D_{\alpha})^n +&= +(E\cos\alpha+J\sin\alpha)^n +\\ +&= +\sum_{k=0}^n \binom{n}{k}\cos^{n-k}\alpha\sin^{k}\alpha J^k +\\ +&= +\sum_{l=0}^{\lfloor\frac{n}2\rfloor} +(-1)^l +\binom{n}{2l}\cos^{n-2l}\alpha \sin^{2l}\alpha +- +J +\sum_{l=0}^{\lfloor\frac{n}2\rfloor} +(-1)^l +\binom{n}{2l+1}\cos^{n-2l-1}\alpha \sin^{2l+1}\alpha +\intertext{Durch Vergleich mit der Matrix $D_{n\alpha}$ findet man die +Formeln für die Funktionen des $n$-fachen Winkels:} +\cos n\alpha +&= +\sum_{l=0}^{\lfloor\frac{n}2\rfloor} +(-1)^l +\binom{n}{2l}\cos^{n-2l}\alpha \sin^{2l}\alpha +\\ +\sin n\alpha +&= +- +\sum_{l=0}^{\lfloor\frac{n}2\rfloor} +(-1)^l +\binom{n}{2l+1}\cos^{n-2l-1}\alpha \sin^{2l+1}\alpha +\end{align*} +Für kleine Werte von $n$ sind die Formeln einigermassen übersichtlich, +zum Beispiel für $n=3$: +\begin{align*} +\cos 3\alpha +&= +\cos^3\alpha-3\cos\alpha\sin^2\alpha += +\cos^3\alpha-3\cos\alpha(1-\cos^2\alpha) +\\ +&= +4\cos^3\alpha-3\cos\alpha +\\ +\sin 3\alpha +&= +-3\cos^2\alpha\sin\alpha ++ +\sin^3\alpha += +-3(1-\sin^2\alpha)\sin\alpha+\sin^3\alpha +\\ +&= +4\sin^3\alpha +-3\sin\alpha +\end{align*} +Indem man diese Formeln als kubische Gleichungen für die +Unbekannte $\cos\alpha$ bzw.~$\sin\alpha$ betrachtet, kann +man durch Lösung der Gleichung zum Beispiel mit der Formel von +Cardano +% XXX Verweis auf die Formel von Cardano +zu gegebenen Werten von $\cos 3\alpha$ und $\sin 3 \alpha$ +die Werte von $\cos\alpha$ und $\sin\alpha$ durch rein +algebraische Operationen bestimmen. + +\subsubsection{Eine Tabelle der Werte der trigonometrischen Funktionen +aufstellen} + +\subsection{Differentialgleichungen} -\subsection{Rechtwinklige Dreiecke} -\subsection{Einheitskreis} -- cgit v1.2.1