From d4046eef3dee4b3de6f1d456132cda22fef8743f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: =?UTF-8?q?Andreas=20M=C3=BCller?= Date: Sat, 9 Oct 2021 21:13:51 +0200 Subject: erster Entwurf Kapitel Funktionentheorie --- buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex | 145 +++++++++++++++++++++ 1 file changed, 145 insertions(+) create mode 100644 buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex (limited to 'buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex') diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex b/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex new file mode 100644 index 0000000..89d906c --- /dev/null +++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex @@ -0,0 +1,145 @@ +% +% analytisch.tex +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Analytische Funktionen +\label{buch:funktionentheorie:section:analytisch}} +\rhead{Analytische Funktionen} +Holomorphe Funktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auch immer +eine konvergente Reihenentwicklung haben, sie sind also analytisch. + +\subsection{Definition} +\index{Taylor-Reihe}% +\index{Exponentialfunktion}% +Die Taylor-Reihenentwicklung der Exponentialfunktion ermöglicht deren +effiziente Berechnung. +Es ist aber nicht selbstverständlich, dass die Taylor-Reihe überhaupt +gegen die Funktion konvergiert, aus deren Ableitungen sie gebildet +worden ist, wie das folgende Beispiel illustriert. + +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/080-funktionentheorie/images/nonanalytic.pdf} +\caption{Beispiel einer beliebig oft stetig differenzierbaren Funktion, +deren Ableitungen in $x=0$ alle verschwinden. +Die zugehörige Taylor-Reihe ist die Nullfunktion, sie hat nichts mit der +Funktion zu tun. +\label{buch:funktionentheorie:fig:nonanalytic}} +\end{figure} + +\begin{beispiel} +Wir betrachten die Funktion +\[ +f\colon \mathbb{R}\to\mathbb{R} +: +x \mapsto +\begin{cases} +e^{-1/x^2}&\qquad x\ne 0\\ +0&\qquad x=0. +\end{cases} +\] +Der Graph $y=f(x)$ ist in Abbildung~\ref{buch:funktionentheorie:fig:nonanalytic} +dargestellt. + +Die ersten zwei Ableitungen der Funktion $f$ sind +\begin{align*} +f'(x) &= \frac{2e^{-1/x^2}}{x^3} = \frac{2}{x^3}\cdot f(x) +\\ +f''(x) &= \frac{(4-6x^2) e^{-1/x^2}}{x^6} = \frac{4-6x^2}{x^6}\cdot f(x) +\\ +&\dots +\end{align*} +Man kann vermuten, dass alle +Ableitungen Funktionen der Form +\begin{equation} +F(x) = \frac{p(x)}{x^n} \cdot f(x), +\label{buch:funktionentheorie:eqn:nonanalytic:form} +\end{equation} +sind, +wobei $p(x)$ ein Polynom ist. +Leitet man eine solche Funktion nach $x$ ab, erhält man +\begin{align*} +\frac{d}{dx} F(x) +&= +\frac{\frac{d}{dx}(p(x)f(x)) x^n - nx^{n-1}p(x)f(x)}{x^{2n}} +\\ +&= +\frac{p'(x)f(x) + p(x)f'(x) - nx^{n-1}p(x)f(x)}{x^{2n}} +\\ +&= +\frac{p'(x) + p(x)(2/x^3) - nx^{n-1}p(x)}{x^{2n}} \cdot f(x) +\\ +&= +\frac{x^3p'(x)+2p(x)-nx^{n-1}p(x)}{x^{2n+3}}\cdot f(x). +\end{align*} +Dies ist wieder eine Funktion der +Form~\eqref{buch:funktionentheorie:eqn:nonanalytic:form}. + +Der Faktor $f(x)=e^{-1/x^2}$ von $F(x)$ geht für $x\to 0$ exponentiell +schnell gegen $0$, schneller als der Nenner $x^n$ gegen $0$ gehen +kann. +Der Grenzwert $x\to 0$ einer Funktion der +Form~\eqref{buch:funktionentheorie:eqn:nonanalytic:form} +ist daher immer +\[ +\lim_{x\to 0} F(x) =0. +\] +Damit ist gezeigt, dass alle Ableitungen $f^{(n)}(0)=0$ sind. +Die Taylorreihe von $f(x)$ ist daher die Nullfunktion. +\end{beispiel} + +Die Klasse der Funktionen, die sich durch ihre Taylor-Reihe darstellen +lassen, zeichnet sich also durch besondere Eigenschaften aus, die in +der folgenden Definition zusammengefasst werden. + +\index{analytisch in einem Punkt}% +\index{analytisch}% +\begin{definition} +Eine auf einem offenen Intervall $I\subset \mathbb {R}$ definierte Funktion +$f\colon U\to\mathbb{R}$ heisst {\em analytisch im Punkt $x_0\in I$}, wenn +es eine in einer Umgebung von $x_0$ konvergente Potenzreihe +\[ +\sum_{k=0}^\infty a_k(x-x_0)^k = f(x) +\] +gibt. +Sie heisst {\em analytisch}, wenn sie analytisch ist in jedem Punkt von $I$. +\end{definition} + +Es ist wohlbekannt aus der elementaren Theorie der Potenzreihen, dass +eine analytische Funktion beliebig oft differenzierbar ist und dass +die Potenzreihe im Punkt $x_0$ die Taylor-Reihe sein muss. +Ausserdem sidn Summen, Differenzen und Produkte von analytischen Funktionen +wieder analytisch. + +Für eine komplexe Funktion lässt sich der Begriff der +analytischen Funktion genau gleich definieren. + +\begin{definition} +Eine in einer offenen Teilmenge $U\subset \mathbb{C}$ definierte Funktion +$f\colon U\to\mathbb{C}$ heisst {\em analytisch im Punkt $z_0\in U$}, wenn +es eine in einer Umgebung von $z_0$ konvergente Potenzreihe +\[ +\sum_{k=0}^\infty a_k(z-z_0) = f(z) +\] +gibt. +Sie heisst {\em analytisch}, wenn sie analytisch ist in jedem Punkt von $U$. +\end{definition} + +Die Verwendung einer offenen Teilmenge $U\subset\mathbb{C}$ ist wesentlich, +denn die Funktion $f\colon z\mapsto \overline{z}$ kann in jedem Punkt +$x_0\in\mathbb{R}$ +der reellen Achse $\mathbb{R}\subset\mathbb{C}$ durch die Potenzreihe +$f(x) = x_0 + (x-x_0)$ dargestellt werden. +Es gibt aber keine Potenzreihe, die $f(z)$ in einer offenen Teilmenge +von $\mathbb{C}$ gegen $f(z)=\overline{z}$ konvergiert. + +% +% Der Konvergenzradius einer Potenzreihe +% +\subsection{Konvergenzradius +\label{buch:funktionentheorie:subsection:konvergenzradius}} + +% XXX auf dem Rand des Konvergenzkreises gibt es immer eine Singularität + + -- cgit v1.2.1