% % tschebyscheff.tex % % (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller % \section{Die Tschebyscheff-Polynome \label{buch:polynome:section:tschebyscheff}} Die Tschbeyscheff-Polynome sind ein Beispiel einer nützlichen Familie von Polynomen, die wegen ihrer Anwendbarkeit durchaus den Rang von speziellen Funktionen im weiteren Sinne verdienen. Sie ermöglichen, Interpolationspolynome mit besonders guten Fehlereigenschaften zu finden, haben aber auch andere Anwendungen zum Beispiel beim Design von Filtern in der Elektronik. \subsection{Motivation: Interpolation} Nach dem Satz von Weierstrass~\ref{buch:potenzen:satz:weierstrass} lässt sich jede stetige Funktion auf einem kompakten Intervall durch ein Polynom approximieren. Interpolation kann zur Konstruktion solcher approximierender Polynome verwendet werden, wie die folgenden Abschnitte zeigen sollen. Die Optimierung des Approximationsfehlers führt auf die Spezifikation einer interessanten Familie von Polynomen. \subsubsection{Lagrange-Interplationspolynome} Eine mögliche Lösung des Problems, solche approximierenden Polynome der Funktion $f(x)$ zu finden, besteht darin, ein Polynom $p(x)$ zu konstruieren, welches in einzelnen, Stützstellen genannten Werten $x_0m$ ist. In solchen Fällen ist aber $T_{-n}(x)$ als \[ T_{-n}(x) = \cos(-n\arccos(x)) = \cos(n\arccos(x)) = T_n(x), \] da die Kosinus-Funktion gerade ist. \begin{proof}[Beweis] Zunächst ist wieder mit der Abkürzung $t=\arccos x$ \begin{align*} T_m(x)T_n(x) &= \cos mt \cos nt = \frac12\bigl(\cos((m+n)t)+\cos((m-n)t)\bigr) = \frac12\bigl( T_{m+n}(x) + T_{m-n}(x) \bigr), \end{align*} dies beweist~\eqref{buch:potenzen:tschebyscheff:mult1}. Für \eqref{buch:potenzen:tschebyscheff:mult2} rechnet man \[ T_m(T_n(x)) = \underbrace{\cos(m\arccos(}_{\displaystyle T_m(}\underbrace{\cos(n\arccos x)}_{\displaystyle T_n(x)}\underbrace{))}_{\displaystyle)} = \cos(mn\arccos x) = T_{mn}(x). \] Damit ist auch \eqref{buch:potenzen:tschebyscheff:mult2} bewiesen. \end{proof} % % Differentialgleichung % \subsubsection{Tschebyscheff-Differentialgleichung} Die Ableitungen der Tschebyscheff-Polynome sind \begin{align*} T_n(x) &= \cos (ny(x)) && && \\ \frac{d}{dx} T_n(x) &= \frac{d}{dx} \cos(ny(x)) = n\sin(ny(x)) \cdot \frac{dy}{dx} & &\text{mit}& \frac{dy}{dx} &= -\frac{1}{\sqrt{1-x^2}} \\ \frac{d^2}{dx^2} T_n(x) &= -n^2\cos(ny(x)) \biggl(\frac{dy}{dx}\biggr)^2 + n\sin(ny(x)) \frac{d^2y}{dx^2} & &\text{mit}& \frac{d^2y}{dx^2} &= -\frac{x}{(1-x^2)^{\frac32}}. \end{align*} Wir suchen eine verschwindende Linearkombination dieser drei Terme mit Funktionen von $x$ als Koeffizienten. Wir setzen daher an \begin{align*} 0 &= \alpha(x) T_n''(x) + \beta(x) T_n'(x) + \gamma(x) T_n(x) \\ &= \biggl( -\frac{n^2\alpha(x)}{1-x^2} + \gamma(x) \biggr) \cos(ny(x)) + \biggl( -\frac{nx\alpha(x)}{(1-x^2)^{\frac32}} -\frac{n\beta(x)}{\sqrt{1-x^2}} \biggr) \sin(ny(x)) \end{align*} Die grossen Klammern müssen verschwinden, was nur möglich ist, wenn zu gegebenem $\alpha(x)$ die anderen beiden Koeffizienten \begin{align*} \beta(x) &= -\frac{x\alpha(x)}{1-x^2} \\ \gamma(x) &= n^2 \frac{\alpha(x)}{1-x^2} \end{align*} sind. Die Koeffizienten werden besonders einfach, wenn man $\alpha(x)=1-x^2$ wählt. Die Tschebyscheff-Polynome sind Lösungen der Differentialgleichung \begin{equation} (1-x^2) T_n''(x) -x T_n'(x) +n^2 T_n(x) = 0. \label{buch:potenzen:tschebyscheff:dgl} \end{equation} Die Differentialgleichung~\eqref{buch:potenzen:tschebyscheff:dgl} heisst {\em Tschebyscheff-Differentialgleichung}. \index{Tschebyscheff-Differentialgleichung}% \index{Differentialgleichung!Tschebyscheff-}%