% % kugel.tex % % (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule % \section{Kugelfunktionen \label{buch:pde:section:kugel}} Kugelsymmetrische Probleme können oft vorteilhaft in Kugelkoordinaten beschrieben werden. Die Separationsmethode kann auf partielle Differentialgleichungen mit dem Laplace-Operator angewendet werden. Die daraus resultierenden gewöhnlichen Differentialgleichungen führen einerseits auf die Laguerre-Differentialgleichung für den radialen Anteil sowie auf Kugelfunktionen für die Koordinaten der geographischen Länge und Breite. \subsection{Kugelkoordinaten} Wir verwenden Kugelkoordinaten $(r,\vartheta,\varphi)$, wobei $r$ der Radius ist, $\vartheta$ die geographische Breite gemessen vom Nordpol der Kugel und $\varphi$ die geographische Breite. Der Definitionsbereich für Kugelkoordinaten ist \[ \Omega = \{(r,\vartheta,\varphi) \;|\; r\ge 0\wedge 0\le \vartheta\le \pi\wedge 0\le \varphi< 2\pi \}. \] Die Entfernung eines Punktes von der $z$-Achse ist $r\sin\vartheta$. Daraus lassen sich die karteischen Koordinaten eines Punktes mit Hilfe von \[ \begin{pmatrix}x\\y\\z\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} r\cos\vartheta\\ r\sin\vartheta\cos\varphi\\ r\sin\vartheta\sin\varphi \end{pmatrix}. \] Man beachte, dass die Punkte auf der $z$-Achse keine eindeutigen Kugelkoordinaten haben. Sie sind charakterisiert durch $r\sin\vartheta=0$, was $\cos\vartheta=\pm1$ impliziert. Entsprechend führen alle Werte von $\varphi$ auf den gleichen Punkt $(0,0,\pm r)$. \subsection{Der Laplace-Operator in Kugelkoordinaten} Der Laplace-Operator in Kugelkoordinaten lautet \begin{align} \Delta &= \frac{1}{r^2} \frac{\partial}{\partial r}r^2\frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2\sin\vartheta}\frac{\partial}{\partial\vartheta} \sin\vartheta\frac{\partial}{\partial\vartheta} + \frac{1}{r^2\sin^2\vartheta}\frac{\partial^2}{\partial\varphi^2}. \label{buch:pde:kugel:laplace1} \intertext{Dies kann auch geschrieben werden als} &= \frac{\partial^2}{\partial r^2} + \frac{2}{r}\frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2\sin\vartheta}\frac{\partial}{\partial\vartheta} \sin\vartheta\frac{\partial}{\partial\vartheta} + \frac{1}{r^2\sin^2\vartheta}\frac{\partial^2}{\partial\varphi^2} \label{buch:pde:kugel:laplace2} \intertext{oder} &= \frac{1}{r} \frac{\partial^2}{\partial r^2} r + \frac{1}{r^2\sin\vartheta}\frac{\partial}{\partial\vartheta} \sin\vartheta\frac{\partial}{\partial\vartheta} + \frac{1}{r^2\sin^2\vartheta}\frac{\partial^2}{\partial\varphi^2}. \label{buch:pde:kugel:laplace3} \end{align} Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit der Notation gemeint ist, dass ein Ableitungsoperator auf alles wirkt, was rechts im gleichen Term steht. Der Operator \[ \frac{1}{r} \frac{\partial^2}{\partial r^2}r \quad\text{wirkt daher als}\quad \frac{1}{r} \frac{\partial^2}{\partial r^2}rf = \frac{1}{r} \frac{\partial}{\partial r}\biggl(f + r\frac{\partial f}{\partial r}\biggr) = \frac{1}{r} \frac{\partial f}{\partial r} + \frac{1}{r} \frac{\partial f}{\partial r} + \frac{\partial^2f}{\partial r^2}. = \frac{2}{r}\frac{\partial f}{\partial r} + \frac{\partial^2f}{\partial r^2}, \] was die Äquivalenz der beiden Formen \eqref{buch:pde:kugel:laplace2} und \eqref{buch:pde:kugel:laplace3} rechtfertigt. Auch die Äquivalenz mit \eqref{buch:pde:kugel:laplace1} kann auf ähnliche Weise verstanden werden. Die Herleitung dieser Formel ist ziemlich aufwendig und soll hier nicht dargestellt werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass sich für $\vartheta=\frac{\pi}2$ wegen $\sin\vartheta=\sin\frac{\pi}2=1$ der eingeschränkte Operator \[ \Delta = \frac{1}{r^2}\frac{\partial }{\partial r} r^2\frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2}\frac{\partial^2}{\partial\varphi^2} \] ergibt. Wendet man wie oben die Produktregel auf den ersten Term an, entsteht die Form \[ \frac{\partial^2}{\partial r^2} + \frac{2}{r} \frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2}\frac{\partial^2}{\partial\varphi^2} \] die {\em nicht} übereinstimmt mit dem Laplace-Operator in Polarkoordinaten~\eqref{buch:pde:kreis:laplace}. Der Unterschied rührt daher, dass der Laplace-Operator die Krümmung der Koordinatenlinien berücksichtigt, in diesem Fall der Meridiane. \subsection{Separation}