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Da die Menge der Matrizen mit $\det A=0$ eine abgeschlossene Menge -in $M_n(\mathbb{R}) \simeq \mathbb{R}^{n^2}$ ist, ist +in $M_n(\mathbb{R}) \cong \mathbb{R}^{n^2}$ ist, ist $\operatorname{GL}_n(\mathbb{R})$ eine offene Teilmenge in $\mathbb{R}^{n^2}$, sie besitzt also automatisch die Struktur einer $n^2$-Mannigfaltigkeit. -Dies gilt jedoch auch für alle anderen Matrizengruppen, die in diesem -Abschnitt genauer untersucht werden sollen. +Doch auch alle anderen Matrizengruppen, +die in diesem Abschnitt genauer untersucht werden sollen, +stellens ich als Untermannigfaltigkeiten von +$\operatorname{GL}_n(\mathbb{R})$ heraus. \subsection{Mannigfaltigkeitsstruktur der Matrizengruppen \label{buch:subsection:mannigfaltigkeitsstruktur-der-matrizengruppen}} @@ -74,8 +76,9 @@ Die Abbildung $l_{g_1^{-1}g_2}$ ist aber nur die Multiplikation mit einer Matrix, also eine lineare Abbildung, so dass der Kartenwechsel nichts anderes ist als die Darstellung der Matrix der Linksmultiplikation $l_{g_1^{-1}g_2}$ im Koordinatensystem der Karte $U_e$ ist. -Differenzierbarkeit der Kartenwechsel ist damit sichergestellt, -die Matrizengruppen sind automatisch differenzierbare Mannigfaltigkeiten. +Differenzierbarkeit der Kartenwechsel ist damit sichergestellt. +Somit sind +die Matrizengruppen automatisch differenzierbare Mannigfaltigkeiten. Die Konstruktion aller Karten aus einer einzigen Karte für eine Umgebung des neutralen Elements zeigt auch, dass es für die Matrizengruppen @@ -115,7 +118,7 @@ enthalten. Diffferenzierbare Kurven $\gamma(t)$ in $\operatorname{GL}_n(\mathbb{R})$ haben daher in jedem Punkt Tangentialvektoren, die als Matrizen in $M_n(\mathbb{R})$ betrachtet werden können. -Wenn $\gamma(t)$ die Matrixelemente $\gamma_{ij}(t)$ hat, dann ist der +Wenn $\gamma(t)$ die Matrixelemente $\gamma_{i\!j}(t)$ hat, dann ist der Tangentialvektor im Punkt $\gamma(t)$ durch \[ \frac{d}{dt} @@ -152,7 +155,8 @@ Eine solche Kurve muss die Differentialgleichung erfüllen, wobei $A\in M_n(\mathbb{R})$ der gegebene Tangentialvektor in $e=I$ ist. -Die Matrixexponentialfunktion +Die {\em Matrixexponentialfunktion} +\index{Matrixexponentialfunktion}% \[ e^{At} = @@ -183,49 +187,53 @@ beschrieben werden kann. $\operatorname{SO}(2)\subset \operatorname{GL}_2(\mathbb{R})$} Drehungen der Ebene können in einer orthonormierten Basis durch Matrizen der Form -\[ -D_{\alpha} +\begin{equation} +R_{\alpha} = \begin{pmatrix} \cos\alpha&-\sin\alpha\\ \sin\alpha& \cos\alpha \end{pmatrix} -\] +\label{buch:lie:eqn:ralphadefinition} +\end{equation} dargestellt werden. Wir bezeichnen die Menge der Drehmatrizen in der Ebene mit $\operatorname{SO}(2)\subset\operatorname{GL}_2(\mathbb{R})$. Die Abbildung \[ -D_{\bullet} +R_{\bullet} \colon \mathbb{R}\to \operatorname{SO}(2) : -\alpha \mapsto D_{\alpha} +\alpha \mapsto R_{\alpha} \] hat die Eigenschaften -\begin{align*} -D_{\alpha+\beta}&= D_{\alpha}D_{\beta} +\begin{equation} +\begin{aligned} +R_{\alpha+\beta}&= R_{\alpha}R_{\beta} \\ -D_0&=I +R_0&=I \\ -D_{2k\pi}&=I\qquad \forall k\in\mathbb{Z}. -\end{align*} -Daraus folgt zum Beispiel, dass $D_{\bullet}$ eine $2\pi$-periodische +R_{2k\pi}&=I\qquad \forall k\in\mathbb{Z}. +\end{aligned} +\label{buch:lie:so2matrizen} +\end{equation} +Daraus folgt zum Beispiel, dass $R_{\bullet}$ eine $2\pi$-periodische Funktion ist. -$D_{\bullet}$ bildet die Menge der Winkel $[0,2\pi)$ bijektiv auf +$R_{\bullet}$ bildet die Menge der Winkel $[0,2\pi)$ bijektiv auf die Menge der Drehmatrizen in der Ebene ab. Für jedes Intervall $(a,b)\subset\mathbb{R}$ mit Länge -$b-a < 2\pi$ ist die Abbildung $\alpha\mapsto D_{\alpha}$ umkehrbar, +$b-a < 2\pi$ ist die Abbildung $\alpha\mapsto R_{\alpha}$ umkehrbar, die Umkehrung kann als Karte verwendet werden. Zwei verschiedene Karten $\alpha_1\colon U_1\to\mathbb{R}$ und $\alpha_2\colon U_2\to\mathbb{R}$ bilden die Elemente $g\in U_1\cap U_2$ in Winkel $\alpha_1(g)$ und $\alpha_2(g)$ ab, für die -$D_{\alpha_1(g)}=D_{\alpha_2(g)}$ gilt. +$R_{\alpha_1(g)}=R_{\alpha_2(g)}$ gilt. Dies ist gleichbedeutend damit, dass $\alpha_1(g)=\alpha_2(g)+2\pi k$ mit $k\in \mathbb{Z}$. In einem Intervall in $U_1\cap U_2$ muss $k$ konstant sein. -Die Kartenwechselabblidung ist also nur die Addition eines Vielfachen +Die Kartenwechselabbildung ist also nur die Addition eines Vielfachen von $2\pi$, mit der identischen Abbildung als Ableitung. Diese Karten führen also auf besonders einfache Kartenwechselabbildungen. @@ -239,22 +247,27 @@ Die Zahlen der Form $e^{i\alpha}$ haben den Betrag $1$ und die Abbildung f\colon \mathbb{R}\to \mathbb{C}:\alpha \mapsto e^{i\alpha} \] hat die Eigenschaften -\begin{align*} +\begin{equation} +\begin{aligned} f(\alpha+\beta) &= f(\alpha)f(\beta) \\ f(0)&=1 \\ f(2\pi k)&=1\qquad\forall k\in\mathbb{Z}, -\end{align*} -die zu den Eigenschaften der Abbildung $\alpha\mapsto D_{\alpha}$ +\end{aligned} +\label{buch:lie:so2komplex} +\end{equation} +die zu den Eigenschaften +\eqref{buch:lie:so2matrizen} der Abbildung $\alpha\mapsto R_{\alpha}$ analog sind. Jede komplexe Zahl $z$ vom Betrag $1$ kann geschrieben werden in der Form -$z=e^{i\alpha}$, die Abbildung $f$ ist also eine Parametrisierung des +$z=e^{i\alpha}$. +Die Abbildung $f$ ist also eine Parametrisierung des Einheitskreises in der Ebene. Wir bezeichen $S^1=\{z\in\mathbb{C}\;|\; |z|=1\}$ die komplexen Zahlen vom Betrag $1$. -$S^1$ ist eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, da für jede Zahl +$S^1$ ist eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, da für alle Zahlen $z,w\in S^1$ gilt $|z^{-1}|=1$ und $|zw|=1$ und damit $z^{-1}\in S^1$ und $zw\in S^1$. @@ -266,32 +279,32 @@ Damit kann man jetzt die Abbildung \colon S^1\to \operatorname{SO}(2) : -z\mapsto D_{\alpha(z)} +z\mapsto R_{\alpha(z)} \] konstruieren. -Da $D_{\alpha}$ $2\pi$-periodisch ist, geben um Vielfache +Da $R_{\alpha}$ $2\pi$-periodisch ist, geben um Vielfache von $2\pi$ verschiedene Wahlen von $\alpha(z)$ die gleiche -Matrix $D_{\alpha(z)}$, die Abbildung $\varphi$ ist daher +Matrix $R_{\alpha(z)}$, die Abbildung $\varphi$ ist daher wohldefiniert. $\varphi$ erfüllt ausserdem die Bedingungen \begin{align*} \varphi(z_1z_2) &= -D_{\alpha(z_1z_2)} +R_{\alpha(z_1z_2)} = -D_{\alpha(z_1)+\alpha(z_2)} +R_{\alpha(z_1)+\alpha(z_2)} = -D_{\alpha(z_1)}D_{\alpha(z_2)} +R_{\alpha(z_1)}R_{\alpha(z_2)} = -\varphi(z_1)\varphi(z_2) +\varphi(z_1)\varphi(z_2), \\ \varphi(1) &= -D_{\alpha(1)} +R_{\alpha(1)} = -D_0 +R_0 = -I +I. \end{align*} Die Abbildung $\varphi$ ist ein Homomorphismus der Gruppe $S^1$ in die Gruppe $\operatorname{SO}(2)$. @@ -301,7 +314,7 @@ in der komplexen Ebene identifiziert werden. \subsubsection{Tangentialvektoren von $\operatorname{SO}(2)$} Da die Gruppe $\operatorname{SO}(2)$ eine eindimensionale Gruppe ist, kann jede Kurve $\gamma(t)$ durch den Drehwinkel $\alpha(t)$ -mit $\gamma(t) = D_{\alpha(t)}$ beschrieben werden. +mit $\gamma(t) = R_{\alpha(t)}$ beschrieben werden. Die Ableitung in $M_2(\mathbb{R})$ ist \begin{align*} \frac{d}{dt} \gamma(t) @@ -334,24 +347,27 @@ Die Ableitung in $M_2(\mathbb{R})$ ist \cdot \dot{\alpha}(t) = -D_{\alpha(t)}J\cdot\dot{\alpha}(t). +R_{\alpha(t)}J\cdot\dot{\alpha}(t). \end{align*} -Alle Tangentialvektoren von $\operatorname{SO}(2)$ im Punkt $D_\alpha$ -entstehen aus $J$ durch Drehung mit der Matrix $D_\alpha$ und Skalierung -mit $\dot{\alpha}(t)$. +Alle Tangentialvektoren von $\operatorname{SO}(2)$ im Punkt $R_\alpha$ +entstehen aus $J$ durch Drehung mit der Matrix $R_\alpha$ und Skalierung +mit der Winkelgeschwindigkeit $\dot{\alpha}(t)$. +\index{Winkelgeschwindigkeit}% % % Isometrien von R^n % \subsection{Isometrien von $\mathbb{R}^n$ \label{buch:gruppen:isometrien}} +Isometrien von $\mathbb{R}^n$ führen automatisch auf eine interessante +Lie-Gruppe. \subsubsection{Skalarprodukt} Lineare Abbildungen des Raumes $\mathbb{R}^n$ können durch $n\times n$-Matrizen beschrieben werden. Die Matrizen, die das Standardskalarprodukt $\mathbb{R}^n$ erhalten, bilden eine Gruppe, die in diesem Abschnitt genauer untersucht werden soll. -Eine Matrix $A\in M_{n}(\mathbb{R})$ ändert das Skalarprodukt, wenn +Eine Matrix $A\in M_{n}(\mathbb{R})$ ändert das Skalarprodukt nicht, wenn für jedes beliebige Paar $x,y$ von Vektoren gilt $\langle Ax,Ay\rangle = \langle x,y\rangle$. Das Standardskalarprodukt kann mit dem Matrixprodukt ausgedrückt werden: @@ -372,17 +388,20 @@ Mit dem Skalarprodukt kann man auch die Matrixelemente einer Matrix einer Abbildung $f$ in der Standardbasis bestimmen. Das Skalarprodukt $\langle e_i, v\rangle$ ist die Länge der Projektion des Vektors $v$ auf die Richtung $e_i$. -Die Komponenten von $Ae_j$ sind daher $a_{ij}=\langle e_i,f(e_j)\rangle$. -Die Matrix $A$ der Abbildung $f$ hat also die Matrixelemente -$a_{ij}=e_i^tAe_j$. +Die Komponenten von $Ae_j$ sind daher $a_{i\!j}=\langle e_i,f(e_j)\rangle$. +Die Matrix $A$ der Abbildung $f$ hat folglich die Matrixelemente +$a_{i\!j}=e_i^tAe_j$. \subsubsection{Die orthogonale Gruppe $\operatorname{O}(n)$} Die Matrixelemente von $A^tA$ sind -$\langle A^tAe_i, e_j\rangle =\langle e_i,e_j\rangle = \delta_{ij}$ -sind diejenigen der Einheitsmatrix, -die Matrix $A$ erfüllt $AA^t=I$ oder $A^{-1}=A^t$. +$\langle A^tAe_i, e_j\rangle =\langle e_i,e_j\rangle = \delta_{i\!j}$ +also die der Einheitsmatrix. +Die Matrix $A$ erfüllt $AA^t=I$ oder $A^{-1}=A^t$. Dies sind die {\em orthogonalen} Matrizen. -Die Menge $\operatorname{O}(n)$ der isometrischen Abbildungen besteht +\index{orthogonale Matrix}% +Die Menge $\operatorname{O}(n)$ der isometrischen Abbildungen +\index{O(n)@$\operatorname{O}(n)$}% +von $\mathbb{R}^n$ besteht daher aus den Matrizen \[ \operatorname{O}(n) @@ -401,7 +420,7 @@ n^2 - \frac{n(n+1)}{2} = \frac{n(n-1)}2. \] -Im Spezialfall $n=2$ ist die Gruppe $O(2)$ eindimensional. +Im Spezialfall $n=2$ ist die Gruppe $\operatorname{O}(2)$ eindimensional. \subsubsection{Tangentialvektoren} Die orthogonalen Matrizen bilden eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit @@ -440,16 +459,17 @@ A^t&=-A \] Die Tangentialvektoren von $\operatorname{O}(n)$ sind also genau die antisymmetrischen Matrizen. +\index{antisymmetrisch}% Für $n=2$ sind alle antisymmetrischen Matrizen Vielfache der Matrix $J$, wie in Abschnitt~\ref{buch:gruppen:drehungen2d} gezeigt wurde. -Für jedes Paar $i<j$ ist die Matrix $A_{ij}$ mit den Matrixelementen -$(A_{ij})_{ij}=-1$ und $(A_{ij})_{ji}=1$ +Für jedes Paar $i<j$ ist die Matrix $A_{i\!j}$ mit den Matrixelementen +$(A_{i\!j})_{i\!j}=-1$ und $(A_{i\!j})_{ji}=1$ antisymmetrisch. Für $n=2$ ist $A_{12}=J$. -Die $n(n-1)/2$ Matrizen $A_{ij}$ bilden eine Basis des +Die $n(n-1)/2$ Matrizen $A_{i\!j}$ bilden eine Basis des $n(n-1)/2$-dimensionale Tangentialraumes von $\operatorname{O}(n)$. Tangentialvektoren in einem anderen Punkt $g\in\operatorname{O}(n)$ @@ -464,6 +484,7 @@ Wegen $\det (AA^t)=\det A\det A^t = (\det A)^2=1$ kann die Determinante einer orthogonalen Matrix nur $\pm 1$ sein. Orientierungserhaltende Isometrien haben Determinante $1$. +\begin{definition} Die Gruppe \[ \operatorname{SO}(n) @@ -471,7 +492,13 @@ Die Gruppe \{A\in\operatorname{O}(n)\;|\; \det A=1\} \] heisst die {\em spezielle orthogonale Gruppe}. -Die Dimension der Gruppe $\operatorname{O}(n)$ ist $n(n-1)/2$. +\index{spezielle orthogonale Gruppe}% +\index{orthogonale Gruppe, speziell}% +\index{Gruppe, spezielle orthogonale}% +\index{SO(n)@$\operatorname{SO}(n)$}% +\end{definition} + +%Die Dimension der Gruppe $\operatorname{SO}(n)$ ist $n(n-1)/2$. \subsubsection{Die Gruppe $\operatorname{SO}(3)$} Die Gruppe $\operatorname{SO}(3)$ der Drehungen des dreidimensionalen @@ -485,7 +512,7 @@ Der Drehwinkel ist der dritte Parameter. Drehungen mit kleinen Drehwinkeln können zusammengesetzt werden aus den Matrizen \begin{align*} -D_{x,\alpha} +R_{x,\alpha} &= \begin{pmatrix} 1&0&0\\ @@ -493,7 +520,7 @@ D_{x,\alpha} 0&\sin\alpha& \cos\alpha \end{pmatrix}, & -D_{y,\beta} +R_{y,\beta} &= \begin{pmatrix} \cos\beta&0&\sin\beta\\ @@ -501,7 +528,7 @@ D_{y,\beta} -\sin\beta&0&\cos\beta \end{pmatrix}, & -D_{z,\gamma} +R_{z,\gamma} &= \begin{pmatrix} \cos\gamma&-\sin\gamma&0\\ @@ -524,16 +551,73 @@ Auch die Winkel $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$ können als die drei Koordinaten der Mannigkfaltigkeit $\operatorname{SO}(3)$ angesehen werden. +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/60-gruppen/images/rodriguez.pdf} +\caption{Herleitung der Rodrigues-Formel~\eqref{buch:lie:eqn:rodrigues} +für die Beschreibung einer +Drehung mit Drehachse $\vec{k}$. +\label{buch:lie:fig:rodrigues}} +\end{figure} +Die Drehung des Vektors $\vec{x}$ um die Achse mit Richtung $\vec{k}$, +$|\vec{k}|=1$, kann man mit dem Vektorprodukt und dem Skalarprodukt +beschreiben. +Die Vektoren $\vec{x}-(\vec{x}\cdot\vec{k})\vec{k}$, $-\vec{x}\times\vec{k}$ +und $\vec{k}$ bilden ein Rechtssystem im Punkt $\vec{x}$, dessen zweite +Achse tangential an die Bahn von $\vec{x}$ unter der Drehung ist. + +Die Komponente $(\vec{k}\cdot\vec{x})\vec{k}$ parallel zu $\vec{k}$ +ändert sich bei der Drehung nicht. +In der Ebene mit der orthogonalen Basis aus den Vektoren +$\vec{x}-(\vec{x}\cdot\vec{k})\vec{k}$ und $-\vec{x}\times\vec{k}$ +kann man die Drehung $R_\alpha$ um den Winkel $\alpha$ mit den +trigonometrischen Funktionen beschreiben +(siehe Abbildung~\ref{buch:lie:fig:rodrigues}): +\begin{align} +\vec{x} +\mapsto +R_\alpha\vec{x} +&= +(\vec{x}-(\vec{x}\cdot\vec{k})\vec{k}) +\cos\alpha +- +\vec{x}\times\vec{k} +\sin\alpha ++ +(\vec{k}\cdot\vec{x})\vec{k} +\notag +\\ +&= +\vec{x}\cos\alpha ++ +(1-\cos\alpha)(\vec{x}\cdot\vec{k})\vec{k} ++ +\vec{k}\times\vec{x}\sin\alpha. +\label{buch:lie:eqn:rodrigues} +\end{align} +Dies ist bekannt als die {\em Formel von Rodrigues} +\index{Formel von Rodrigues}% +\index{Rodrigues-Formel}% +Wir halten noch fest, dass die Ableitung an der Stelle $\alpha=0$ +der Tangentialvektor +\begin{equation} +\frac{d}{d\alpha}R_\alpha\vec{x}\,\bigg|_{\alpha=0} += +\vec{k}\times\vec{x} +\label{buch:lie:eqn:so3tangentialvektor} +\end{equation} +ist. + % % Spezielle lineare Gruppe % \subsection{Volumenerhaltende Abbildungen und die Gruppe $\operatorname{SL}_n(\mathbb{R})$ \label{buch:gruppen:sl}} -Die Elemente der Gruppe $SO(n)$ erhalten Längen, Winkel und die +Die Elemente der Gruppe $\operatorname{SO}(n)$ erhalten Längen, Winkel und die Orientierung, also auch das Volumen. Es gibt aber volumenerhaltende Abbildungen, die Längen oder Winkel -nicht notwendigerweise erhalten. +nicht notwendigerweise erhalten, zum Beispiel Scherungen. Matrizen $A\in M_n(\mathbb{R})$, die das Volumen erhalten, haben die Determinante $\det A=1$. Wegen $\det(AB)=\det A\det B$ ist das Produkt zweier Matrizen mit @@ -541,6 +625,7 @@ Determinante $1$ wieder eine solche, sie bilden daher eine Gruppe. \begin{definition} Die volumenerhaltenden Abbildungen bilden die Gruppe +\index{volumenerhaltend}% \[ \operatorname{SL}_n(\mathbb{R}) = @@ -551,6 +636,9 @@ A\in M_n(\mathbb{R}) \} \] sie heisst die {\em spezielle lineare Gruppe}. +\index{spezielle lineare Gruppe}% +\index{Gruppe, spezielle lineare}% +\index{SLn(R)@$\operatorname{SL}_n(\mathbb{R})$}% \end{definition} Wir wollen jetzt die Tangentialvektoren von $\operatorname{SL}_n(\mathbb{R})$ @@ -576,6 +664,10 @@ c(t)&d(t) \frac{d}{dt} \det A(t)\bigg|_{t=0} &= +\frac{d}{dt}\bigl(a(t)d(t)-b(t)c(t)\bigr)\bigg|_{t=0} +\\ +&&&& +&= \dot{a}(0) d(0)+a(0)\dot{d}(0) - \dot{b}(0) c(0)-b(0)\dot{c}(0) @@ -592,7 +684,7 @@ Dies gilt nicht nur im Falle $n=2$, sondern ganz allgemein für beliebige $n\times n$-Matrizen. \begin{satz} -Ist $A(t)$ eine differenzierbare Kurve in $\operatorname{SL}_n(\mathbb{B})$ +Ist $A(t)$ eine differenzierbare Kurve in $\operatorname{SL}_n(\mathbb{R})$ mit $A(0)=I$, dann ist $\operatorname{Spur}\dot{A}(0)=0$. \end{satz} @@ -626,8 +718,8 @@ jenes für $i=1$, somit ist die Ableitung von $\det A(t)$ \frac{d}{dt}\det A_{11}(t). \label{buch:gruppen:eqn:detspur} \end{equation} -Die Beziehung \eqref{buch:gruppen:eqn:detspur} kann für einen Beweis mit -vollständiger Induktion verwendet werden. +Die Beziehung \eqref{buch:gruppen:eqn:detspur} kann wie folgt +für einen Beweis mit vollständiger Induktion verwendet werden. Die Induktionsverankerung für $n=1$ besagt, dass $\det A(t)=a_{11}(t)$ genau dann konstant $=1$ ist, wenn $\dot{a}_{11}(0)=\operatorname{Spur}A(0)$ @@ -668,6 +760,19 @@ A=\begin{pmatrix}a&b\\c&d\end{pmatrix} A=\begin{pmatrix}a&b\\c&-a\end{pmatrix}. \] Der Tangentialraum ist also dreidimensional. +\begin{figure} +\centering +\includegraphics{chapters/60-gruppen/images/sl2.pdf} +\caption{Tangentialvektoren und die davon erzeugen Einparameteruntergruppen +für die Lie-Gruppe $\operatorname{SL}_2(\mathbb{R})$ der flächenerhaltenden +linearen Abbildungen von $\mathbb{R}^2$. +In allen drei Fällen wird das blaue Quadrat mit den Ecken in den +Standardbasisvektoren von einer Matrix der Einparameteruntergruppe zu +zum roten Viereck verzerrt, der Flächeninhalt bleibt aber erhalten. +In den beiden Fällen $B$ und $C$ stellen die grünen Kurven die Bahnen +der Bilder der Standardbasisvektoren dar. +\label{buch:gruppen:fig:sl2}} +\end{figure}% Als Basis könnte man die folgenden Vektoren verwenden: \begin{align*} A @@ -714,8 +819,10 @@ I\cosh t + C \sinh t \end{align*} wobei in der Auswertung der Potenzreihe für $e^{Ct}$ verwendet wurde, dass $C^2=I$. +Die von $A$, $B$ und $C$ erzeugten Einparameteruntergruppen sind in +Abbildung~\ref{buch:gruppen:fig:sl2} visualisiert. -Die Matrizen $e^{At}$ Streckungen der einen Koordinatenachse und +Die Matrizen $e^{At}$ sind Streckungen der einen Koordinatenachse und Stauchungen der anderen derart, dass das Volumen erhalten bleibt. Die Matrizen $e^{Bt}$ sind Drehmatrizen, die Längen und Winkel und damit erst recht den Flächeninhalt erhalten. @@ -764,25 +871,26 @@ Dies ist die gegenüber $e^{At}$ um $45^\circ$ verdrehte Situation, auch diese Matrizen sind flächenerhaltend. \begin{figure} \centering -\includegraphics{chapters/60-gruppen/images/sl2.pdf} -\caption{Tangentialvektoren und die davon erzeugen Einparameteruntergruppen -für die Lie-Gruppe $\operatorname{SL}_2(\mathbb{R})$ der flächenerhaltenden -linearen Abbildungen von $\mathbb{R}^2$. -In allen drei Fällen wird ein blauer Rhombus mit den Ecken in den -Standardbasisvektoren von einer Matrix der Einparameteruntergruppe zu -zum roten Viereck verzerrt, der Flächeninhalt bleibt aber erhalten. -In den beiden Fällen $B$ und $C$ stellen die grünen Kurven die Bahnen -der Bilder der Standardbasisvektoren dar. -\label{buch:gruppen:fig:sl2}} -\end{figure}% -\begin{figure} -\centering \includegraphics{chapters/60-gruppen/images/scherungen.pdf} -\caption{Weitere Matrizen mit Spur $0$ und ihre Wirkung -Die inken beiden Beispiele $M$ und $N$ sind nilpotente Matrizen, -die zugehörigen Einparameter-Untergruppen beschreiben Schwerungen. +\caption{Weitere Matrizen mit Spur $0$ und ihre Wirkung. +Die linken beiden Beispiele $M$ und $N$ sind nilpotente Matrizen, +die zugehörigen Einparameteruntergruppen beschreiben Scherungen. \label{buch:gruppen:fig:scherungen}} \end{figure} + +Die Gruppe $\operatorname{SL}_2(\mathbb{R})$ hat aber auch die +Tangentialvektoren +\begin{align*} +M&=\begin{pmatrix}0&1\\0&0\end{pmatrix}=\frac12(B+C) +&&\text{und}& +N&=\begin{pmatrix}0&0\\1&0\end{pmatrix}=\frac12(-B+C), +\intertext{die die Scherungen} +e^{Mt}&= \begin{pmatrix}1&0\\t&0\end{pmatrix} +&& +e^{NT}&=\begin{pmatrix}1&t\\0&1\end{pmatrix} +\end{align*} +als Einparameteruntergruppen haben. +Diese sind in Abbildung~\ref{buch:gruppen:fig:scherungen} dargestellt. \end{beispiel} % @@ -802,9 +910,20 @@ a,b,c,d\in\mathbb{C},\det(A)=1, AA^*=I \right\} \] heisst die {\em spezielle unitäre Gruppe}. +\index{spezielle unitäre Gruppe}% +\index{unitäre Gruppe, speziell}% +\index{Gruppe, speziell unitäre}% +\index{SU(n)@$\operatorname{SU}(n)$}% Wegen $\det(AB)=\det(A)\det(B)=1$ und $(AB)^*AB=B^*A^*AB=B^*B=I$ ist $\operatorname{SU}(2)$ eine Untergruppe von $\operatorname{GL}_2(\mathbb{C})$. -Die Bedingungen $\det A=1$ und $AA^*=I$ schränken die möglichen Werte +Die Bedingungen +\begin{equation} +\det A=1 +\qquad\text{und}\qquad +AA^*=I +\label{buch:lie:eqn:su2bed} +\end{equation} +schränken die möglichen Werte von $a$ und $b$ weiter ein. Aus \[ @@ -815,7 +934,7 @@ A^* \overline{b}&\overline{d} \end{pmatrix} \] -und den Bedingungen führen die Gleichungen +und den Bedingungen~\eqref{buch:lie:eqn:su2bed} folgen die Gleichungen \[ \begin{aligned} a\overline{a}+b\overline{b}&=1 @@ -831,7 +950,7 @@ c\overline{a}+d\overline{b}&=0 \\ c\overline{c}+d\overline{d}&=1&&\Rightarrow&|c|^2+|d|^2&=1 \\ -ad-bc&=1 +ad-bc&=1. \end{aligned} \] Aus der zweiten Gleichung kann man ableiten, dass es eine Zahl $t\in\mathbb{C}$ @@ -846,7 +965,7 @@ t(|a|^2+|b|^2) = t, \] -also muss die Matrix $A$ die Form haben +also muss die Matrix $A$ die Form \[ A = @@ -854,10 +973,11 @@ A a&b\\ -\overline{b}&\overline{a} \end{pmatrix} -\qquad\text{mit}\quad |a|^2+|b|^2=1. +\qquad\text{mit}\quad |a|^2+|b|^2=1 \] +haben. Schreibt man $a=a_1+ia_2$ und $b=b_1+ib_2$ mit rellen $a_i$ und $b_i$, -dann besteht $SU(2)$ aus den Matrizen der Form +dann besteht $\operatorname{SU}(2)$ aus den Matrizen der Form \[ A= \begin{pmatrix} |