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authorLordMcFungus <mceagle117@gmail.com>2021-03-22 18:05:11 +0100
committerGitHub <noreply@github.com>2021-03-22 18:05:11 +0100
commit76d2d77ddb2bed6b7c6b8ec56648d85da4103ab7 (patch)
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diff --git a/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex b/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex
new file mode 100644
index 0000000..5ca2ca8
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/95-homologie/simplex.tex
@@ -0,0 +1,238 @@
+%
+% simplex.tex -- simplizes und simpliziale Komplexe
+%
+% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
+%
+\section{Simplexe und simpliziale Komplexe
+\label{buch:section:simplexe}}
+\rhead{Simplexe und simpliziale Komplexe}
+Die Idee, das Dreieck und seinen Rand zu unterscheiden verlangt,
+dass wir zunächst Dreiecke und deren höherdimensionale Verallgemeinerungen,
+die sogenannten Simplizes entwickeln müssen.
+
+\subsection{Simplexe und Rand
+\label{buch:subsection:simplexe}}
+
+\subsubsection{Rand eines Dreiecks}
+Die Inzidenz-Matrix eines Graphen hat einer Kante die beiden Endpunkte
+mit verschiedenen Vorzeichen zugeordnet.
+Dieses Idee soll jetzt verallgemeinert werden.
+Der Rand des Dreiecks $\triangle$ in
+Abbildung~\ref{buch:homologie:figure:zusammenziehbar}
+besteht aus den Kanten $P_0P_1$, $P_1P_2$ und $P_0P_2$.
+Für eine algebraische Definition müssen die Kanten offenbar eine
+Orientierung haben, die ist aber garantiert, da wir den Anfangs-
+und Endpunkten einer Kante verschiedene Vorzeichen gegeben haben.
+Dem Dreieck $\triangle$ werden dann die drei Kanten $k_{01}$, $k_{02}$
+und $k_{12}$ zuogeordnet, aber mit zusätzlichen Vorzeichen, die
+die Orientierung festhalten.
+Durchläuft man den Rand von $\triangle$ in der Reihenfolge $P_0P_1P_2$,
+dann müssen die Kanten $k_{12}$ und $k_{02}$ ein negatives Vorzeichen
+erhalten.
+
+Wir können diese Zuordnung wieder mit einer Matrix ausdrücken.
+\[
+\begin{matrix}
+\text{$k_{01}$:}\mathstrut\\
+\text{$k_{02}$:}\mathstrut\\
+\text{$k_{12}$:}\mathstrut
+\end{matrix}
+\qquad
+\partial
+=
+\begin{pmatrix*}[r]
+1\mathstrut\\
+-1\mathstrut\\
+1\mathstrut
+\end{pmatrix*}
+\]
+
+\subsubsection{Simplizes}
+Punkte, Kanten und Dreiecke sind die einfachsten Fälle sogenannter
+Simplizes.
+Wir formulieren die Definition dieser Objekte auf eine Weise,
+die uns ermöglichen soll, sie auf beliebige Dimension zu verallgemeinern.
+
+Die Strecke, die die Punkte $P$ und $Q$ miteinander verbindet,
+kann beschrieben werden durch eine Parametrisierung
+der Form
+\begin{equation}
+s_1
+\colon
+t
+\mapsto
+t\vec{p} + (1-t) \vec{q}
+=
+t_0 \vec{p} + t_1\vec{q},
+\end{equation}
+wobei die beiden positiven reellen Zahlen $t_0,t_1\in\mathbb{R}$ die
+Bedingung $t_0 + t_1 = 1$ erfüllen.
+Für ein eindimensionales Objekt brauchen wir also zwei Punkte und zwei
+positive Parameter, die sich zu $1$ summieren.
+Die Mengen $\triangle_1=\{ (t_0,t_1)\,|t_i\ge 0, t_0+t_1=1\}$ kann also
+ganz allgemein als Parameterraum zur Beschreibung eindimensionalen Objektes
+mit den Endpunkten dienen.
+Eine Strecke ist also eine Abbildung der Form
+\begin{equation}
+s_1
+\colon
+\triangle_1 \to \mathbb{R}^N
+:
+(t_0,t_1)
+\mapsto
+t_0 \vec{p} + t_1\vec{q},
+\end{equation}
+und der Rand besteht aus den Punkten $s_1(0)$ und $s_1(1)$, wobei der
+Anfangspunkt $s_1(0)$ mit einem negativen Vorzeichen versehen wird.
+
+Für höhere Dimensionen brauchen wir auf analoge Weise erst wieder einen
+geeigneten Parameterraum.
+Die Menge
+\[
+\triangle_n
+=
+\{(t_0,\dots,t_n)\in\mathbb{R}^{n+1}\,|\, t_i\ge 0,t_0+t_1+\dots+t_n=1\}
+\]
+beschreibt zum Beispiel für $n=2$ ein Dreieck und für $n=3$ ein
+Tetraeder.
+
+Gegeben $n+1$-Punkte $P_0,\dots,P_n$ mit Ortsvektoren
+$\vec{p}_0,\dots,\vec{p}_n$ können wir eine Abbildung
+\begin{equation}
+s_n
+\colon
+\triangle_n
+\to
+\mathbb{R}^N
+:
+(t_0,\dots,t_n)
+\mapsto
+t_0\vec{p}_0
++
+t_1\vec{p}_1
++
+\dots
++
+t_n\vec{p}_n
+\end{equation}
+Eine solche Abbildung verallgemeinert also den Begriff einer Strecke
+auf höhere Dimensionen.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:def:simplex}
+Ein $n$-dimensionales {\em Simplex} oder {\em $n$-Simplex} ist eine
+stetige Abbildung $s_n\colon\triangle_n\to X$.
+\end{definition}
+
+Die Ecken des $n$-Simplex $\triangle_n$ sind die Standardbasisvektoren
+in $\mathbb{R}^{n+1}$.
+Mit $e_k$ bezeichnen wird die Ecke, deren Koordinaten $t_i=0$ sind für
+$k\ne i$, ausser der Koordinaten $t_k$, die den Wert $t_k=1$ hat.
+
+\subsubsection{Rechnen mit Simplizes}
+Damit wir leichter mit Simplizes rechnen können, betrachten wir
+jedes Simplex als einen Basisvektor eines abstrakten Vektorraumes.
+Zu einem $n$-Simplex gehören Vektorräume $C_l$ für jede Dimension
+$l=0$ bis $l=n$.
+Der Vektorraum $C_0$ besteht aus Linearkombinationen
+\[
+C_0
+=
+\{ x_0 P_0 + \dots + x_n P_n \,| x_i\in\mathbb{R} \},
+\]
+$C_0$ ist ein $n$-dimensionaler Raum.
+Der Vektorraum $C_1$ besteht aus Linearkombinationen der Kanten
+\[
+C_1
+=
+\biggl\{
+\sum_{i<j}
+x_{ij} k_{ij}
+\,
+\bigg|
+\,
+x_{ij}\in\mathbb{R}
+\biggr\},
+\]
+wobei $k_{ij}$ die Kante von der Ecke $i$ zur Ecke $j$ ist.
+
+In Dimension $l$ bezeichnen wir mit $C_l$ den Vektorraum bestehend
+aus den Linearkombinationen
+\[
+C_l
+=
+\biggl\{
+\sum_{i_1<\dots<i_l} x_{i_1\dots i_l} s_{i_1\dots i_l}
+\,
+\bigg|
+\,
+s_{i_1\dots i_l}\in\mathbb{R}
+\biggr\},
+\]
+wobei $s_{i_1\dots i_l}$ das Simplex mit den Ecken $i_1,\dots,i_l$ ist.
+
+Für $n=1$ gibt ist $C_1$ ein eindimensionaler Vektorraum und $C_0$
+ist zweidimensional.
+Die Randabbildung, die einer Kante den Rand zuordnet, ist
+\[
+\partial
+\colon
+C_1\to C_0
+:
+s_{01}
+\mapsto
+1\cdot s_0 + (-1)\cdot s_1
+\]
+und hat in den oben beschriebenden Basen die Matrix
+\[
+\partial
+=
+\begin{pmatrix}
+1\\
+-1
+\end{pmatrix}.
+\]
+
+\subsubsection{Rand eines Simplex}
+Einem Simplex muss auch der Rand zugeordnet werden können.
+Setzt man in $\triangle_2$ den Parameter $t_k=0$, dann erhält
+man die Kante,
+die der Ecke mit Nummer $k$ gegenüberliegt.
+Für jedes $k$ gibt es also eine Abbildung
+\[
+i_k
+\colon
+\triangle_{n-1} \to \triangle_n
+:
+(t_0,\dots,t_n)
+\mapsto
+(t_0,\dots,t_{k-1},0,t_{k},\dots,t_n),
+\]
+in die Kante gegenüber der Ecke $e_k$.
+Dies ist auch die Art, wie Kanten des Dreiecks $\triangle$
+in Abbildung~\ref{buch:homologie:figure:zusammenziehbar}
+orientiert wurden.
+
+Für den Rand des $2$-Simplexes mussten die Kanten mit alternierenden
+Vorzeichen zugeordnet werden.
+Damit wird erreicht, dass jeder Punkt sowohl Endpunkt einer
+Kante und
+ausserdem Anfangspunkt der nächsten Kannte ist.
+Diese Eigenschaft soll auch in höheren Dimensionen erhalten bleiben.
+Die vier Dreiecke, die den Rand eines $3$-Simplex ausmachen,
+müssen so orientiert werden,
+dass jede Kante in beiden Richtungen durchlaufen wird.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:def:randoperator}
+Der Randoperator ordnet die Kanten eines $n$-Simplex mit alternierenden
+Vorzeichen zu, die Matrix ist
+\[
+\]
+\end{definition}
+
+
+\subsection{Triangulation
+\label{buch:subsection:}}
+
+