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author | Andreas Müller <andreas.mueller@ost.ch> | 2021-05-26 18:25:20 +0200 |
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committer | GitHub <noreply@github.com> | 2021-05-26 18:25:20 +0200 |
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Few words on 2D symmetries
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-rw-r--r-- | buch/papers/punktgruppen/symmetry.tex | 182 |
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diff --git a/buch/papers/punktgruppen/symmetry.tex b/buch/papers/punktgruppen/symmetry.tex new file mode 100644 index 0000000..db05ff5 --- /dev/null +++ b/buch/papers/punktgruppen/symmetry.tex @@ -0,0 +1,182 @@ +\section{Symmetrie} +Das Wort Symmetrie ist sehr alt und hat sich seltsamerweise von seinem +ursprünglichen griechischen Wort +\(\mathrm{\sigma\nu\mu\mu\varepsilon\tau\rho\iota\alpha}\) +\footnote{\emph{Simmetr\'ia}: ein gemeinsames Mass habend, gleichmässig, +verhältnismässig} fast nicht verändert. In der Alltagssprache mag es ein +locker definierter Begriff sein, aber in der Mathematik hat Symmetrie eine sehr +präzise Bedeutung. +\begin{definition}[Symmetrie] + Ein mathematisches Objekt wird als symmetrisch bezeichnet, wenn es unter einer + bestimmten Operation invariant ist. +\end{definition} + +Wenn der Leser noch nicht mit der Gruppentheorie in Berührung gekommen ist, ist +vielleicht nicht ganz klar, was eine Operation ist, aber die Definition sollte +trotzdem Sinn machen. Die Formalisierung dieser Idee wird bald kommen, aber +zunächst wollen wir eine Intuition aufbauen. + +\begin{figure}[h] + \centering + \begin{tikzpicture}[ + node distance = 2cm, + shapetheme/.style = { + very thick, draw = black, fill = magenta!20!white, + minimum size = 2cm, + }, + line/.style = {thick, draw = darkgray}, + axis/.style = {line, dashed}, + dot/.style = { + circle, draw = darkgray, fill = darkgray, + minimum size = 1mm, inner sep = 0, outer sep = 0, + }, + ] + + \node[ + shapetheme, + rectangle + ] (R) {}; + \node[dot] at (R) {}; + \draw[axis] (R) ++(-1.5, 0) to ++(3, 0) node[right] {\(\sigma\)}; + + \node[ + shapetheme, + regular polygon, + regular polygon sides = 5, + right = of R, + ] (Ps) {}; + \node[dot] (P) at (Ps) {}; + \draw[line, dotted] (P) to ++(18:1.5); + \draw[line, dotted] (P) to ++(90:1.5); + \draw[line, ->] (P) ++(18:1.2) + arc (18:90:1.2) node[midway, above right] {\(r, 72^\circ\)}; + + \node[ + shapetheme, + circle, right = of P + ] (Cs) {}; + \node[dot] (C) at (Cs) {}; + \draw[line, dotted] (C) to ++(1.5,0); + \draw[line, dotted] (C) to ++(60:1.5); + \draw[line, ->] (C) ++(1.2,0) + arc (0:60:1.2) node[midway, above right] {\(r, \alpha\)}; + + \end{tikzpicture} + \caption{ + Beispiele für geometrisch symmetrische Formen. + \label{fig:punktgruppen:geometry-example} + } +\end{figure} + +Die intuitivsten Beispiele kommen aus der Geometrie, daher werden wir mit +einigen geometrischen Beispielen beginnen. Wie wir jedoch später sehen werden, +ist das Konzept der Symmetrie eigentlich viel allgemeiner. In Abbildung +\ref{fig:punktgruppen:geometry-example} haben wir einige Formen, die +offensichtlich symmetrisch sind. Zum Beispiel hat ein Quadrat viele Achsen, um +die es gedreht werden kann, ohne sein Aussehen zu verändern. Regelmässige +Polygone mit \(n\) Seiten sind gute Beispiele, um eine diskrete +Rotationssymmetrie zu veranschaulichen, was bedeutet, dass eine Drehung um +einen Punkt um einen bestimmten Winkel \(360^\circ/n\) sie unverändert lässt. +Das letzte Beispiel auf der rechten Seite ist eine unendliche +Rotationssymmetrie. Sie wird so genannt, weil es unendlich viele Werte für +\(\alpha \in \mathbb{R}\) gibt, die die Form unverändert lassen. Dies ist +hoffentlich ausreichend, um die Bedeutung hinter der Notation zu verstehen, die +nun eingeführt wird. + +\begin{definition}[Symmetriegruppe] + Sei \(g\) eine Operation, die ein mathematisches Objekt unverändert lässt. + Bei einer anderen Operation \(h\) definieren wir die Komposition \(h\circ g\) + als die Anwendung der Operationen nacheinander. Alle Operationen bilden unter + Komposition eine Gruppe, die Symmetriegruppe genannt wird. +\end{definition} + +Mit dem oben Gesagten können wir das \(n\)-Gon Beispiel formalisieren. Wenn wir +\(r\) eine Drehung von \(2\pi/n\) sein lassen, gibt es eine wohlbekannte Symmetriegruppe +\[ + C_n = \langle r \rangle + = \left\{\mathds{1}, r, r^2, \ldots, r^{n-1}\right\} + = \mathbb{Z}/n\mathbb{Z}, +\] +die Zyklische Gruppe heisst. Hier die Potenzen von \(r\) sind als wiederholte +Komposition gemeint, d.h. \(r^n = r\circ r \circ \cdots r\circ r\). Die +Schreibweise mit den spitzen Klammern wird als Erzeugendensystem bezeichnet. +Das liegt daran, dass alle Elemente der Symmetriegruppe aus Kombinationen einer +Teilmenge erzeugt werden, die als erzeugende Elemente bezeichnet werden. Die +Reflexionssymmetriegruppe ist nicht so interessant, da sie nur +\(\left\{\mathds{1}, \sigma\right\}\) enthält. Kombiniert man sie jedoch mit +der Rotation, erhält man die so genannte Diedergruppe +\[ + D_n = \langle r, \sigma : r^{n-1} = \sigma^2 = (\sigma r)^2 = \mathds{1} \rangle + = \left\{ + \mathds{1}, r, \ldots, r^{n-1}, \sigma, \sigma r, \ldots, \sigma r^{n-1} + \right\}. +\] +Diesmal muss die Generator-Notation die Beziehungen zwischen den beiden +Operationen beinhalten. Die ersten beiden sind leicht zu erkennen, für die +letzte empfehlen wir, sie an einem 2D-Quadrat auszuprobieren. + +Wir haben nun unseren Operationen Symbole gegeben, mit denen es tatsächlich +möglich ist, eine nicht kommutative Algebra zu erstellen. Die naheliegende +Frage ist dann, könnte es sein, dass wir bereits etwas haben, das dasselbe tut? +Natürlich, ja. Dafür führen wir den Begriff der Darstellung ein. +\begin{definition}[Darstellung einer Gruppe, Gruppenhomomorphismus] + Seien \(G\) und \(H\) Gruppe mit unterschiedlicher Operation \(\diamond\) + bzw. \(\star\). Ein Homomorphismus\footnote{ Für eine ausführlichere + Diskussion siehe \S\ref{buch:grundlagen:subsection:gruppen} im Buch.} ist + eine Funktion \(f: G \to H\), so dass für jedes \(a, b \in G\) gilt + \(f(a\diamond b) = f(a) \star f(b)\). Man sagt, dass der Homomorphismus + \(f\) \(G\) in \(H\) transformiert, oder dass \(H\) eine Darstellung von + \(G\) ist. +\end{definition} +\begin{beispiel} + Die Elemente \(r^k \in C_n\), wobei \(0 < k < n\), stellen abstrakt eine + Drehung von \(2\pi k/n\) um den Ursprung dar. Die mit der Matrix + \[ + \Phi(r^k) = \begin{pmatrix} + \cos(2\pi k/n) & -\sin(2\pi k/n) \\ + \sin(2\pi k/n) & \cos(2\pi k/n) + \end{pmatrix} + \] + definierte Funktion von \(C_n\) nach \(O(2)\) ist eine Darstellung von + \(C_n\). In diesem Fall ist die erste Gruppenoperation die Komposition und + die zweite die Matrixmultiplikation. Man kann überprüfen, dass \(\Phi(r^2 + \circ r) = \Phi(r^2)\Phi(r)\). +\end{beispiel} +\begin{beispiel} + Die Rotationssymmetrie des Kreises \(C_\infty\), mit einem unendlichen + Kontinuum von Werten \(\alpha \in \mathbb{R}\), entspricht perfekt dem + komplexen Einheitskreis. Der Homomorphismus \(\phi: C_\infty \to \mathbb{C}\) + ist durch die Eulersche Formel \(\phi(r) = e^{i\alpha}\) gegeben. +\end{beispiel} + +Die Symmetrien, die wir bis jetzt besprochen haben, haben immer mindestens +einen Punkt unbesetzt gelassen. Im Fall der Rotation war es der Drehpunkt, bei +der Spiegelung die Achse. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für eine +Symmetrie, da es Symmetrien gibt, die jeden Punkt zu einem anderen Punkt +verschieben können. Ein aufmerksamer Leser wird bemerken, dass die +unveränderten Punkte zum Eigenraum\footnote{Zur Erinnerung \(E_\lambda = +\mathrm{null}(\Phi - \lambda I)\), \(\vec{v}\in E_\lambda \implies \Phi \vec{v} += \lambda\vec{v}\)} der Matrixdarstellung der Symmetrieoperation gehören. +Diesen Spezialfall, bei dem mindestens ein Punkt unverändert bleibt, nennt man +Punktsymmetrie. +\begin{definition}[Punktgruppe] + Wenn jede Operation in einer Symmetriegruppe die Eigenschaft hat, mindestens + einen Punkt unverändert zu lassen, sagt man, dass die Symmetriegruppe eine + Punktgruppe ist. +\end{definition} +Um das Konzept zu illustrieren, werden wir den umgekehrten Fall diskutieren: +eine Symmetrie, die keine Punktsymmetrie ist, die aber in der Physik sehr +nützlich ist, nämlich die Translationssymmetrie. Von einem mathematischen +Objekt \(U\) wird gesagt, dass es eine Translationssymmetrie \(Q(x) = x + a\) +hat, wenn es die Gleichung +\[ + U(x) = U(Q(x)) = U(x + a), +\] +für ein gewisses \(a\), erfüllt. Zum Beispiel besagt das erste Newtonsche +Gesetz, dass ein Objekt, auf das keine Kraft einwirkt, eine +zeitranslationsinvariante Geschwindigkeit hat, d.h. wenn \(\vec{F} = \vec{0}\) +dann \(\vec{v}(t) = \vec{v}(t + \tau)\). + +% \subsection{Sch\"onflies notation} + +% vim:ts=2 sw=2 spell spelllang=de: |