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diff --git a/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex b/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex index 8d7d430..1245b84 100644 --- a/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex +++ b/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex @@ -106,7 +106,7 @@ $(a,b)$ und $(b,a)$ ersetzen. Aus dem ungerichteten Graphen $(V,E)$ mit Knotenmenge $V$ und Kantenmenge $E$ wird so der gerichtete Graph $(V,E')$ mit der Kantenmenge -\[ +\begin{equation*} E' = \{ @@ -114,11 +114,207 @@ E' \,|\, \{a,e\}\in E \}. -\] +\end{equation*} Eine umgekehrte Zuordnung eines ungerichteten Graphen zu einem gerichteten Graphen ist nicht möglich, da eine ``Schleife'' $(a,a)$ nicht in Kante des ungerichteten Graphen abgebildet werden kann. +In einem gerichteten Graphen kann man sinnvoll von gerichteten Pfad +sprechen. +\index{Pfad}% +Ein {\em Pfad} $\gamma$ in einem gerichteten Graphen $(V,E)$ ist eine Folge +$k_1,\dots,k_r\in E$ von Kanten derart, dass $e(k_i) = a(k_{i+1})$ +für $i=1,\dots,r-1$. +Dies bedeutet, dass der Endpunkt jeder Kante mit dem Anfangspunkt der +nachfolgenden Kante übereinstimmt. +Die {\em Länge} des Pfades $\gamma=(k_1,\dots,k_r)$ ist $|\gamma|=r$. + +Eine naheliegende Beschreibung eines gerichteten Graphen mit Hilfe einer +Matrix kann man wie folgt erhalten. +Zunächst werden die Knoten aus der Menge $V$ durch die Zahlen +$1,\dots,n$ mit $n=|V|$ ersetzt. +Diese Zahlen werden dann als Zeilen- uns Spaltenindizes interpretiert. +Die zum Graphen gehörige Matrix enthält die Einträge +\begin{equation} +g_{ij} += +\begin{cases} +1&\qquad (j,i) \in E\\ +0&\qquad \text{sonst.} +\end{cases} +\label{buch:graphen:eqn:linkmatrix} +\end{equation} +Die Matrix $G$ hat also genau dann einen nicht verschwindenden +Matrixeintrag in Zeile $i$ und Spalte $j$, wenn es eine Verbindung +von Knoten $j$ zu Knoten $i$ gibt. +% XXX Abbildung Graph und Verbindungs-Matrix +Die Beschreibung des Graphen mit der Matrix $G$ nach +\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix} ermöglicht bereits, eine interessante +Aufgabe zu lösen. + +\begin{satz} +\label{buch:graphen:pfade-der-laenge-n} +Der gerichtete Graph $([n],E)$ werde beschrieben durch die Matrix $G$. +Dann gibt das Element in Zeile $j$ und Spalte $i$ von $G^n$ die Anzahl +der Wege der Länge $n$ an, die von Knoten $i$ zu Knoten $j$ führen. +Insbesondere kann man die Definition~\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix} +formulieruen als in Zeile $j$ und Spalte $i$ der Matrix steht die Anzahl +der Pfade der Länge $1$, die $i$ mit $j$ verbinden. +\end{satz} + +\begin{proof}[Beweis] +Es ist klar, dass $G^1$ die genannte Eigenschaft hat. +Wir beweisen, dass $G^n$ Pfade der Länge $n$ zählt, mit Hilfe von +vollständiger Induktion. +Zur Unterscheidung schreiben wir $G^{(n)}$ für die Matrix, die in Zeile +$j$ und Spalte $i$ die Anzahl der Pfade der Länge $n$ von $i$ nach $j$ +enhält. +Die zugehörigen Matrixelemente schreiben wir $g_{ji}^{n}$ bzw.~$g_{ji}^{(n)}$. +Wir haben also zu zeigen, dass $G^n = G^{(n)}$. + +Wir nehmen daher an, dass bereits bewiesen ist, dass das Element in Zeile +$j$ und Spalte $i$ von $G^{n-1}$ die Anzahl der Pfade der Länge $n-1$ +zählt, dass also $G^{n-1}=G^{(n-1)}$. +Dies ist die Induktionsannahme. + +Wir bilden jetzt alle Pfade der Länge $n$ von $i$ nach $k$. +Ein Pfad der Länge besteht aus einem Pfad der Länge $n-1$, der von $i$ zu +einem beliebigen Knoten $j$ führt, gefolgt von einer einzelnen Kante, +die von $j$ nach $k$ führt. +Ob es eine solche Kante gibt, zeigt das Matrixelement $g_{kj}$ an. +Das Element in Zeile $j$ und Spalte $i$ der Matrix $G^{(n-1)}$ gibt +die Anzahl der Wege von $i$ nach $j$ an. +Es gibt also $g_{kj}\cdot g_{ji}^{(n-1)}$ Wege der Länge $n$, die von $i$ +nach $k$ führen, aber als zweitletzten Knoten über den Knoten $j$ führen. +Die Gesamtzahl der Wege der Länge $n$ von $i$ nach $k$ ist daher +\[ +g_{ki}^{(n)} += +\sum_{j=1}^n g_{kj} g_{ji}^{(n-1)}. +\] +In Matrixschreibweise bedeutet dies +\[ +G^{(n)} += +G\cdot G^{(n-1)} += +G\cdot G^{n-1} += +G^n. +\] +Beim zweiten Gleichheitszeichen haben wir die Induktionsannahme +verwendet. +\end{proof} + +Die Definition~\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix} der Matrix, die den +Graphen beschreibt, lässt sich natürlich auch auf einen ungerichteten +Graphen verallgemeinern. +Die entstehende Matrix hat dann aber die zusätzlichen Eigenschaften, dass +alle Diagonalelemente $0$ sind und dass die Matrix symmetrisch ist. +Auch im Fall eines ungerichteten Graphen kann die Matrix dazu verwendet +werden, die Anzahl der Pfade zu zählen. + +Der Satz~\ref{buch:graphen:pfade-der-laenge-n} ermöglicht auch, einen +Algorithmus für den sogenannten Durchmesser eines Graphen zu formulieren. + +\begin{definition} +\index{Durchmesser eines Graphen}% +\index{Graph!Durchmesser des}% +Der {\em Durchmesser} eines Graphen ist die kürzeste Länge $d$ derart, dass +es zwischen zwei beliebigen Knoten einen Pfad der Länge $\le d$ gibt. +\end{definition} + +Der Durchmesser $d$ eines Graphen ist der kleinste Exponent derart, +dass $G^d$ keine ausserdiagonalen Einträge $0$ hat. +Die Diagonalelemente von $G^n$ zählen die Anzahl der geschlossenen Pfade +der Länge $n$, die durch einen Knoten führen. +Diese können für den Durchmesser ignoriert werden. +Man kann also Potenzen $G^n$ berechnen bis keine Einträge $0$ mehr vorhanden +sind. + +\begin{beispiel} +\begin{figure} +\centering +\begin{tikzpicture}[>=latex,thick] +\def\l{0.25} +\def\r{1} +\def\punkt#1{({\r*sin(((#1)-1)*72)},{\r*cos(((#1)-1)*72)})} +\def\R{2} +\def\Punkt#1{({\R*sin(((#1)-6)*72)},{\R*cos(((#1)-6)*72)})} +\draw \Punkt{6} -- \Punkt{7} -- \Punkt{8} -- \Punkt{9} -- \Punkt{10} -- cycle; +\draw \punkt{1} -- \punkt{3} -- \punkt{5} -- \punkt{2} -- \punkt{4} -- cycle; +\foreach \k in {1,...,5}{ + \draw \punkt{\k} -- \Punkt{(\k+5)}; + \fill[color=white] \punkt{\k} circle[radius=\l]; + \node at \punkt{\k} {$\k$}; + \draw \punkt{\k} circle[radius=\l]; +} +\foreach \k in {6,...,10}{ + \fill[color=white] \Punkt{\k} circle[radius=\l]; + \node at \Punkt{\k} {$\k$}; + \draw \Punkt{\k} circle[radius=\l]; +} +\end{tikzpicture} +\caption{Peterson-Graph mit zehn Knoten. +\label{buch:figure:peterson}} +\end{figure} +Der Peterson-Graph hat die Matrix +\[ +G += +\begin{pmatrix} +%1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 + 0& 0& 1& 1& 0& 1& 0& 0& 0& 0\\ % 1 + 0& 0& 0& 1& 1& 0& 1& 0& 0& 0\\ % 2 + 1& 0& 0& 0& 1& 0& 0& 1& 0& 0\\ % 3 + 1& 1& 0& 0& 0& 0& 0& 0& 1& 0\\ % 4 + 0& 1& 1& 0& 0& 0& 0& 0& 0& 1\\ % 5 + 1& 0& 0& 0& 0& 0& 1& 0& 0& 1\\ % 6 + 0& 1& 0& 0& 0& 1& 0& 1& 0& 0\\ % 7 + 0& 0& 1& 0& 0& 0& 1& 0& 1& 0\\ % 8 + 0& 0& 0& 1& 0& 0& 0& 1& 0& 1\\ % 9 + 0& 0& 0& 0& 1& 1& 0& 0& 1& 0 % 10 +\end{pmatrix} +\] +Durch Nachrechnen kann man bestätigen, dass $G^3$ keine +Ausserdiagonalelemente $0$ enthält: +\[ +G^3 += +\begin{pmatrix} + 0& 2& 5& 5& 2& 5& 2& 2& 2& 2\\ + 2& 0& 2& 5& 5& 2& 5& 2& 2& 2\\ + 5& 2& 0& 2& 5& 2& 2& 5& 2& 2\\ + 5& 5& 2& 0& 2& 2& 2& 2& 5& 2\\ + 2& 5& 5& 2& 0& 2& 2& 2& 2& 5\\ + 5& 2& 2& 2& 2& 0& 5& 2& 2& 5\\ + 2& 5& 2& 2& 2& 5& 0& 5& 2& 2\\ + 2& 2& 5& 2& 2& 2& 5& 0& 5& 2\\ + 2& 2& 2& 5& 2& 2& 2& 5& 0& 5\\ + 2& 2& 2& 2& 5& 5& 2& 2& 5& 0 +\end{pmatrix} +\] +Daraus kann man jetzt ablesen, dass der Durchmesser des Petersongraphen +$d=5$ ist. +Man kann aber auch mehr ablesen: +\begin{itemize} +\item +Es gibt keine geschlossenen Pfade der Länge $\le 3$. +\item +Zwischen benachbarten Knoten gibt es jeweils $5$ Pfade der Länge $3$, +zwischen nicht benachbarten Knoten gibt es genau $2$ Pfade der Länge $3$. +\qedhere +\end{itemize} +\end{beispiel} + +Das Beispiel illustriert, wie sich Zählaufgaben von Pfaden leicht mit dem +Matrizenprodukt erledigen lassen. +Trotzdem ist der Algorithmus nicht unbedingt effizient, da der Aufwand +zur Berechnung des Matrizenproduktes relativ gross sein kann. +Für den Peterson-Graphen können die gefundenen Aussagen über die Anzahl +von Pfaden durch Ausnützung der Symmetrien des Graphen leichter direkt +gefunden werden. + \subsubsection{Beschriftete Graphen} Bei der Beschreibung eines elektrischen Netzwerkes mit Hilfe eines ungerichteten Graphen muss jeder Kante zusätzlich ein Widerstandswert @@ -131,11 +327,42 @@ eines gerichteten oder ungerichteten Graphen $G=(V,E)$ ist eine Abbildung $l\colon E\to L$. \end{definition} -\subsection{Die Adjazenz-Matrix -\label{subsection:adjazenz-matrix}} +\subsection{Die Adjazenz-Matrix und Laplace-Matrix +\label{subsection:adjazenz-und-laplace-matrix}} +Die Beschreibung mit der Matrix~\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix} +``vergisst'' den ``Namen'' der Kante, die eine Verbindung zwischen zwei +Knoten herstellt. +Damit ist sie keine geeignete Grundlage, um beschriftete Graphen einer +Matrixbeschreibung zuzuführen. +Eine solche muss eine Matrix verwenden, nicht nur das Vorhandensein einer +Verbindung wiedergibt, sondern ausdrückt, welche Kante welche beiden +Knoten miteinander verbindet. +Dies führt auf die sogenannte Ajazenz-Matrix. + +\begin{definition} +\label{buch:def:adjazenz-matrix} +Ist $G=(V,E)$ ein gerichteter Graph mit $n=|G|$ Vertizes und $m=|E|$ Kanten, +dann ist die zugehörige {\em Adjazenz-Matrix} $A=A(G)$ eine $n\times m$-Matrix. +In der Spalte $k$ wird der Anfangspunkt der Kante $k$ mit $-1$, der Endpunkt +mit $+1$ angezeigt, die übrigen Einträge sind $0$. +$A$ hat also die Matrixelemente +\begin{equation} +a_{ik} += +\begin{cases} +-1&\qquad $i=a(k)\\ ++1&\qquad $i=e(k)\\ +0&\qquad\text{sonst} +\end{cases} +\label{buch:eqn:ajazenz-matrix} +\end{equation} +\end{definition} -\subsection{Die Laplace-Matrix -\label{subsection:laplace-matrix}} +Der wesentliche Unterschied dieser Definition von der Matrix $H$ +liegt in der Bedeutung der Einträge. +Für $H$ drückt ein nicht verschwindendes Matrixelement das Vorhandensein +einer Kante aus, in $A$ ist es die Tatsache, dass in diesem Knoten +eine Kante endet. diff --git a/buch/chapters/80-wahrscheinlichkeit/chapter.tex b/buch/chapters/80-wahrscheinlichkeit/chapter.tex index 6a94ae5..e9e7531 100644 --- a/buch/chapters/80-wahrscheinlichkeit/chapter.tex +++ b/buch/chapters/80-wahrscheinlichkeit/chapter.tex @@ -7,6 +7,29 @@ \label{buch:chapter:wahrscheinlichkeit}} \lhead{Wahrscheinlichkeitsmatrizen} \rhead{} +Matrizen beschreiben lineare Abbildungen, also einen Prozess, der +jedem Vektor einen neuen Vektor zuordnet. +Es ist daher nicht abwegig zu erwarten, dass sich +die Zeitentwicklung eines vom Zufall beeinflussten Systems, welches sich +in mehreren verschiedenen Zuständen befinden kann, ebenfalls mit Hilfe +von Matrizen beschreiben lässt. +Eine solche Beschreiben ermöglicht leicht Verteilungen, +Erwartungswerte und stationäre Zustände zu ermitteln. + +Im Abschnitt~\ref{buch:section:google-matrix} wird an Hand der Google +Matrix bezeigt, wie ein anschauliches Beispiel in natürlicher Weise +auf eine Matrix führt. +Abschnitt~\ref{buch:section:diskrete-markov-ketten} stellt dann die abstrakte +mathematische Theorie der Markov-Ketten dar und behandelt einige wichtige +Eigenschaften von Wahrscheinlichkeitsmatrizen. +Es stellt sich heraus, dass thermodynamische Quantensysteme sehr gut +mit solchen Matrizen beschrieben werden können, zum Beispiel kann man +einfache Formen von Laser auf diese Art behandeln. +Aus einem solchen System hat Parrondo ein System abgeleitet, welches +ziemlich unerwartetes Verhalten an den Tag gelegt hat, welches mit +Hilfe von Matrizen leicht zu analysieren ist. +Dies wird in Abschnitt~\ref{buch:section:paradoxon-von-parrondo} +dargestellt. \input{chapters/80-wahrscheinlichkeit/google.tex} \input{chapters/80-wahrscheinlichkeit/markov.tex} diff --git a/buch/chapters/part1.tex b/buch/chapters/part1.tex index b3a6f4c..7ee7d40 100644 --- a/buch/chapters/part1.tex +++ b/buch/chapters/part1.tex @@ -14,7 +14,7 @@ \input{chapters/50-permutationen/chapter.tex} \input{chapters/60-gruppen/chapter.tex} \input{chapters/70-graphen/chapter.tex} -\input{chapters/80-wahrscheinlichkeitsmatrizen/chapter.tex} +\input{chapters/80-wahrscheinlichkeit/chapter.tex} \input{chapters/90-crypto/chapter.tex} %\begin{appendices} %\end{appendices} |