aboutsummaryrefslogtreecommitdiffstats
path: root/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex
diff options
context:
space:
mode:
Diffstat (limited to 'buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex')
-rw-r--r--buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex321
1 files changed, 191 insertions, 130 deletions
diff --git a/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex b/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex
index a0f46da..918594d 100644
--- a/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex
+++ b/buch/chapters/70-graphen/beschreibung.tex
@@ -6,16 +6,21 @@
\section{Beschreibung von Graphen mit Matrizen
\label{buch:section:beschreibung-von-graphen-mit-matrizen}}
\rhead{Beschreibung mit Matrizen}
-Ein Graph ist eine Menge von Knoten, die untereinander mit Kanten
-verbunden sind.
-Graphen können zum Beispiel verwendet werden um Netzwerke zu beschreiben,
-aber auch viele andere Datenstrukturen.
-Die Knoten können einzelne Objekte beschreiben, die Kanten beschreiben
-dann Beziehungen zwischen diesen Objekten.
+Als universelles kombinatorisches Modell sind Graphen für eine
+Vielzahl von Problemlösungen interessant.
+Zum Beispiel zeigt Kapitel~\ref{chapter:munkres}, wie man
+ein Zuordnungsproblem als Graphenproblem formulieren kann.
+Die Lösung erfolgt dann allerdings zweckmässigerweise unter
+Verwendung einer Matrix.
+Ziel dieses Abschnitts ist, Graphen und ihre zugehörige Matrizen
+zu definieren und erste Eigenschaften des Graphen mit algebraischen
+Mitteln abzuleiten.
+Die Präsentation ist allerdings nur ein erster Einstieg, tiefer
+gehende Information kann in \cite{skript:brualdi} gefunden werden.
\subsection{Definition von Graphen
\label{subsection:definition-von-graphen}}
-In der Einleitung zu diesem Abschnitt wurde bereits eine informelle
+In der Einleitung wurde bereits eine informelle
Beschreibung des Konzeptes eines Graphen gegeben.
Um zu einer Beschreibung mit Hilfe von Matrizen zu kommen,
wird eine exakte Definition benötigt.
@@ -25,7 +30,7 @@ sind und sich in Unterschieden in der Definition der zugehörigen Matrix
\subsubsection{Ungerichtete Graphen}
Die Grundlage für alle Arten von Graphen ist eine Menge $V$ von {\em Knoten},
-auch {\em Vertices} genannt.
+auch {\em Vertizes} genannt.
\index{Knoten}%
\index{Vertex}%
Die Unterschiede zeigen sich in der Art und Weise, wie die Knoten
@@ -35,7 +40,7 @@ verbunden werden.
Bei einen ungerichteten Graphen sind die beiden Endpunkte einer Kante
gleichwertig, es gibt keine bevorzugte Reihenfolge oder Richtung der
Kante.
-Eine Kante wird daher vollständig spezifiziert, wenn wir die
+Eine Kante ist daher vollständig spezifiziert, wenn wir die
Menge der Endpunkte kennen.
Dies führt auf die folgende Definition eines ungerichteten Graphen.
@@ -48,14 +53,16 @@ und eine Menge $E$ von zweielementigen Teilmengen
\[
E \subset \{\, \{a,b\}\subset V\,|\, a\ne b\}.
\]
-Die Elemente von $E$ heissen {\em Kanten} ({\em edges}).
+Die Elemente von $E$ heissen {\em Kanten} (edges).
\end{definition}
Man beachte, dass es keine Kante gibt, die einen Knoten $a\in V$
mit sich selbst verbindet, da die zugehörige Menge $\{a,a\}=\{a\}$
nicht aus zwei verschiedenen Elementen besteht, wie die
Definition~\ref{buch:def:ungerichteter-graph} dies verlangt.
+Es gibt also keine Schleifen an einem Knoten.
+\begin{beispiel}
Ein elektrisches Netzwerk von ohmschen Widerständen kann mit Hilfe
eines ungerichteten Graphen beschrieben werden.
Ohmsche Widerstände hängen nicht von der Richtung des Stromflusses
@@ -67,6 +74,7 @@ Die Endpunkte solcher Widerstände wären immer auf dem gleichen Potential.
Folglich würde kein Strom fliessen und sie hätten keinen Einfluss auf
das Verhalten des Netzwerkes.
Sie können einfach weggelassen werden.
+\end{beispiel}
\subsubsection{Gerichtete Graphen}
In vielen Anwendungen sind die Endpunkte einer Kante nicht austauschbar.
@@ -95,15 +103,15 @@ Der Knoten $a(k)$ heisst der {\em Anfangspunkt} der Kante $k\in E$,
$e(k)$ heisst der {\em Endpunkt}.
\end{definition}
-In einem gerichteten Graphen gehört also zu jeder Kante auch eine Richtung
-und die Unterscheidung von Anfangs- und Endpunkt einer Kante ist sinnvoll
+In einem gerichteten Graphen gehört also zu jeder Kante auch eine Richtung.
+Die Unterscheidung von Anfangs- und Endpunkt einer Kante ist sinnvoll
geworden.
Ausderdem ist eine Kante $(a,a)$ wohldefiniert, also eine Kante, die vom
-Knoten $a$ wieder zu $a$ zurückführt.
+Knoten $a$ wieder zu $a$ zurück führt.
Man kann einen ungerichteten Graphen in einen gerichteten Graphen
-verwandeln, indem wir jede Kante $\{a,b\}$ durch zwei Kanten
-$(a,b)$ und $(b,a)$ ersetzen.
+verwandeln, indem jede Kante $\{a,b\}$ durch zwei Kanten
+$(a,b)$ und $(b,a)$ ersetzt wird.
Aus dem ungerichteten Graphen $(V,E)$ mit Knotenmenge $V$ und Kantenmenge
$E$ wird so der gerichtete Graph
$(V,E')$ mit der Kantenmenge
@@ -130,12 +138,12 @@ Dies bedeutet, dass der Endpunkt jeder Kante mit dem Anfangspunkt der
nachfolgenden Kante übereinstimmt.
Die {\em Länge} des Pfades $\gamma=(k_1,\dots,k_r)$ ist $|\gamma|=r$.
-\subsubsection{Adjazenzmatrix}
+\subsection{Adjazenzmatrix}
\begin{figure}
\centering
\includegraphics{chapters/70-graphen/images/adjazenzu.pdf}
\caption{Adjazenz-, Inzidenz- und Gradmatrix eines ungerichteten
-Graphen mit $5$ Knoten und $7$ Kanten.
+Graphen mit fünf Knoten und sieben Kanten.
\label{buch:graphen:fig:adjazenzu}}
\end{figure}
Eine naheliegende Beschreibung eines Graphen mit Hilfe einer
@@ -146,13 +154,13 @@ Diese Zahlen werden dann als Zeilen- uns Spaltenindizes interpretiert.
Die zum Graphen gehörige sogenannte {\em Adjazenzmatrix} $A(G)$
enthält die Einträge
\begin{equation}
-a_{ij}
+a_{i\!j}
=
\begin{cases}
1&\qquad \{j,i\} \in E\\
0&\qquad \text{sonst.}
\end{cases}
-\label{buch:graphen:eqn:linkmatrix}
+\label{buch:graphen:eqn:adjazenzmatrix}
\end{equation}
Die Matrix hat also genau dann einen von Null verschiedenen Eintrag
in Zeile $i$ und Spalte $j$, wenn die beiden Knoten $i$ und $j$
@@ -165,24 +173,27 @@ dargestellt.
\centering
\includegraphics{chapters/70-graphen/images/adjazenzd.pdf}
\caption{Adjazenz-, Inzidenz- und Gradmatrix eines gerichteten
-Graphen mit $5$ Knoten und $7$ Kanten.
+Graphen mit fünf Knoten und sieben Kanten.
+Die roten Einträge in der Adjazenzmatrix $A(G)$ heben die
+Unterschiede zur Adjazenzmatrix des gerichteten Graphen
+von Abbildung~\ref{buch:graphen:fig:adjazenzu} hervor.
\label{buch:graphen:fig:adjazenzd}}
\end{figure}
Die Adjazenzmatrix kann auch für einen gerichteten Graphen definiert
-werden wie dies in in Abbildung~\ref{buch:graphen:fig:adjazenzu}
+werden wie dies in in Abbildung~\ref{buch:graphen:fig:adjazenzd}
illustriert ist.
Ihre Einträge sind in diesem Fall definiert mit Hilfe der
gerichteten Kanten als
\begin{equation}
-A(G)_{ij}
+A(G)_{i\!j}
=
-a_{ij}
+a_{i\!j}
=
\begin{cases}
1&\qquad (j,i) \in E\\
0&\qquad \text{sonst.}
\end{cases}
-\label{buch:graphen:eqn:linkmatrix}
+\label{buch:graphen:eqn:adjazenzmatrix}
\end{equation}
Die Matrix $A(G)$ hat also genau dann einen nicht verschwindenden
Matrixeintrag in Zeile $i$ und Spalte $j$, wenn es eine Verbindung
@@ -192,31 +203,36 @@ von Knoten $j$ zu Knoten $i$ gibt.
\subsubsection{Adjazenzmatrix und die Anzahl der Pfade}
Die Beschreibung des Graphen mit der Adjazenzmatrix $A=A(G)$ nach
-\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix} ermöglicht bereits, eine interessante
-Aufgabe zu lösen.
+\eqref{buch:graphen:eqn:adjazenzmatrix} ermöglicht bereits, eine
+interessante Aufgabe zu lösen.
\begin{satz}
\label{buch:graphen:pfade-der-laenge-n}
Der gerichtete Graph $G=([n],E)$ werde beschrieben durch die Adjazenzmatrix
$A=A(G)$.
-Dann gibt das Element in Zeile $j$ und Spalte $i$ von $A^n$ die Anzahl
-der Wege der Länge $n$ an, die von Knoten $i$ zu Knoten $j$ führen.
-Insbesondere kann man die Definition~\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix}
+Dann gibt das Element $(A^n)_{ji}$ in Zeile $j$ und Spalte $i$ von $A^n$
+die Anzahl der Wege der Länge $n$ an, die von Knoten $i$ zu Knoten $j$ führen.
+Insbesondere kann man die Definition~\eqref{buch:graphen:eqn:adjazenzmatrix}
formulieren als: In Zeile $j$ und Spalte $i$ der Matrix steht die Anzahl
der Pfade der Länge $1$, die $i$ mit $j$ verbinden.
\end{satz}
+\index{Anzahl der Pfade}%
\begin{proof}[Beweis]
-Es ist klar, dass $A^1$ die genannte Eigenschaft hat.
-Wir beweisen, dass $A^n$ Pfade der Länge $n$ zählt, mit Hilfe von
-vollständiger Induktion.
-Zur Unterscheidung schreiben wir $A^{(n)}$ für die Matrix, die in Zeile
+Zur Unterscheidung der Matrix der Wegzahlen von $A^n$ schreiben wir
+$A^{(n)}$ für die Matrix, die in Zeile
$j$ und Spalte $i$ die Anzahl der Pfade der Länge $n$ von $i$ nach $j$
enhält.
Die zugehörigen Matrixelemente schreiben wir $a_{ji}^{n}$ bzw.~$a_{ji}^{(n)}$.
Wir haben also zu zeigen, dass $A^n = A^{(n)}$.
-Wir nehmen daher an, dass bereits bewiesen ist, dass das Element in Zeile
+Wir beweisen, dass $A^n$ Pfade der Länge $n$ zählt, mit Hilfe von
+vollständiger Induktion.
+Es ist klar, dass $A^1$ die genannte Eigenschaft hat.
+Der Fall $A^1$ dient daher als Induktionsverankerung.
+
+Wir nehmen daher im Sinne einer Induktionsannahme an, dass bereits
+bewiesen ist, dass das Element in Zeile
$j$ und Spalte $i$ von $A^{n-1}$ die Anzahl der Pfade der Länge $n-1$
zählt, dass also $A^{n-1}=A^{(n-1)}$.
Dies ist die Induktionsannahme.
@@ -225,16 +241,16 @@ Wir bilden jetzt alle Pfade der Länge $n$ von $i$ nach $k$.
Ein Pfad der Länge besteht aus einem Pfad der Länge $n-1$, der von $i$ zu
einem beliebigen Knoten $j$ führt, gefolgt von einer einzelnen Kante,
die von $j$ nach $k$ führt.
-Ob es eine solche Kante gibt, zeigt das Matrixelement $a_{kj}$ an.
+Ob es eine solche Kante gibt, zeigt das Matrixelement $a_{k\!j}$ an.
Das Element in Zeile $j$ und Spalte $i$ der Matrix $A^{(n-1)}$ gibt
die Anzahl der Wege von $i$ nach $j$ an.
-Es gibt also $a_{kj}\cdot a_{ji}^{(n-1)}$ Wege der Länge $n$, die von $i$
+Es gibt also $a_{k\!j}\cdot a_{ji}^{(n-1)}$ Wege der Länge $n$, die von $i$
nach $k$ führen, aber als zweitletzten Knoten über den Knoten $j$ führen.
Die Gesamtzahl der Wege der Länge $n$ von $i$ nach $k$ ist daher
\[
a_{ki}^{(n)}
=
-\sum_{j=1}^n a_{kj} a_{ji}^{(n-1)}.
+\sum_{j=1}^n a_{k\!j} a_{ji}^{(n-1)}.
\]
In Matrixschreibweise bedeutet dies
\[
@@ -248,8 +264,13 @@ A^n.
\]
Beim zweiten Gleichheitszeichen haben wir die Induktionsannahme
verwendet.
+Damit ist der Induktionsschritt vollzogen und der Satz bewiesen.
\end{proof}
+Speziell geben die Diagonalelemente von $A^n$ die Zahl der geschlossenen
+Pfade an.
+$(A^n)_{ii}$ ist die Anzahl der geschlossenen Pfade, die $i$ enthalten.
+
Der Satz~\ref{buch:graphen:pfade-der-laenge-n} ermöglicht auch, einen
Algorithmus für den sogenannten Durchmesser eines Graphen zu formulieren.
@@ -291,7 +312,7 @@ G
0& 0& 1& 0& 0& 0& 1& 0& 1& 0\\ % 8
0& 0& 0& 1& 0& 0& 0& 1& 0& 1\\ % 9
0& 0& 0& 0& 1& 1& 0& 0& 1& 0 % 10
-\end{pmatrix}
+\end{pmatrix}.
\]
Durch Nachrechnen kann man bestätigen, dass $G^3$ keine
Ausserdiagonalelemente $0$ enthält:
@@ -310,13 +331,15 @@ G^3
2& 2& 2& 5& 2& 2& 2& 5& 0& 5\\
2& 2& 2& 2& 5& 5& 2& 2& 5& 0
\end{pmatrix}
+=
+2(U-I) + 3G.
\]
Daraus kann man jetzt ablesen, dass der Durchmesser des Petersongraphen
-$d=5$ ist.
-Man kann aber auch mehr ablesen:
+$d=3$ ist.
+Man kann aber noch mehr ablesen:
\begin{itemize}
\item
-Es gibt keine geschlossenen Pfade der Länge $\le 3$.
+Es gibt keine geschlossenen Pfade der Länge $3$.
\item
Zwischen benachbarten Knoten gibt es jeweils $5$ Pfade der Länge $3$,
zwischen nicht benachbarten Knoten gibt es genau $2$ Pfade der Länge $3$.
@@ -332,18 +355,6 @@ Für den Peterson-Graphen können die gefundenen Aussagen über die Anzahl
von Pfaden durch Ausnützung der Symmetrien des Graphen leichter direkt
gefunden werden.
-\subsubsection{Beschriftete Graphen}
-Bei der Beschreibung eines elektrischen Netzwerkes mit Hilfe eines
-ungerichteten Graphen muss jeder Kante zusätzlich ein Widerstandswert
-zugeordnet werden.
-Dies ist, was eine Beschriftung einer Kante bewerkstelligt.
-
-\begin{definition}
-Eine Beschriftung mit Elementen der Menge $L$
-eines gerichteten oder ungerichteten Graphen $G=(V,E)$
-ist eine Abbildung $l\colon E\to L$.
-\index{Beschriftung}%
-\end{definition}
\subsection{Inzidenzmatrix}
Die Adjazenzmatrix kann zusätzliche Information, die möglicherweise
@@ -352,27 +363,27 @@ Dies tritt zum Beispiel in der Informatik bei der Beschreibung
endlicher Automaten auf, wo zu jeder gerichteten Kante auch noch
Buchstaben gehören, für die der Übergang entlang dieser Kante
möglich ist.
-
-Die {\em Inzidenzmatrix} löst dieses Problem.
-\index{Inzidenzmatrix}%
-Dazu werden zunächst die Kanten numeriert $1,\dots,m$
-numeriert.
-Die Matrixeinträge
-\[
-a_{ij} = \begin{cases}
-1\qquad&\text{Knoten $i$ ist ein Endpunkt von Kante $j$}
-\\
-0\qquad&\text{sonst}
-\end{cases}
-\]
-stellen die Beziehung zwischen Kanten und Knoten her.
+Oder in der Elektrotechnik, wo jedes Bauteil in einem elektrischen
+Netzwerk eine Impedanz hat.
\subsubsection{Beschriftete Graphen}
-Die Inzidenzmatrix kann auch einen erweiterten Graphenbegriff abbilden,
-in dem zwischen zwei Kanten mehrere Verbindungen möglich sind.
-Graphen mit beschrifteten Kanten gehören dazu.
+Ein beschrifteter Graph löst dieses Problem.
\begin{definition}
+Eine {\em Beschriftung}
+eines gerichteten oder ungerichteten Graphen $G=(V,E)$
+mit Elementen der Menge $L$, den Labels,
+ist eine Abbildung $l\colon E\to L$.
+\index{Beschriftung}%
+\end{definition}
+
+Einen gerichteten, beschrifteten Graphen können wir gleichwertig
+statt mit einer Beschriftungsabbildung $l$ auch dadurch erhalten,
+dass wir Kanten als Tripel betrachten, die ausser den Knoten auch
+noch den Wert der Beschriftung enthalten.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:graphen:def:beschriftetergraphgerichtet}
Ein gerichteter Graph mit beschrifteten Kanten ist eine Menge $V$ von
Knoten und eine Menge von beschrifteten Kanten der Form
\[
@@ -381,63 +392,104 @@ E \{ (a,b,l)\in V^2\times L\;|\; \text{Eine Kante mit Beschriftung $l$ führt vo
Die Menge $L$ enthält die möglichen Beschriftungen der Kanten.
\end{definition}
+Diese Definition gestattet, dass zwischen zwei Knoten $a$ und $e$
+mehrere Kanten vorhanden sind, die sich durch die Beschriftung
+unterscheiden.
+
+\subsubsection{Inzidenzmatrix}
+Die Adjazenzmatrix bildet nur die Nachbarschaftsbeziehung ab,
+sie sagt nichts aus über die ``Qualität'' der Verbindung, die durch
+die Beschriftung einer Kante angezeigt wird.
+Nach Definition~\ref{buch:graphen:def:beschriftetergraphgerichtet}
+ist es auch möglich, dass mehrere Kanten von $a$ nach $e$ führen,
+die Adjazenzmatrix kann diese ebenfalls nicht unterscheiden.
+Die {\em Inzidenzmatrix}
+löst dieses Problem.
+\index{Inzidenzmatrix}%
+Dazu werden zunächst zusätzlich die Kanten $1,\dots,m$
+numeriert, wobei Kanten mit verschiedenen Beschriftungen separat
+gezählt werden.
+Die Matrixeinträge
+\[
+b_{i\!j} = \begin{cases}
+1\qquad&\text{Knoten $i$ ist ein Endpunkt von Kante $j$}
+\\
+0\qquad&\text{sonst}
+\end{cases}
+\]
+der Inzidenzmatrix $B(G)$
+stellen die Beziehung zwischen Kanten und Knoten her.
Für einen gerichteten Graphen wird in der Inzidenzmatrix für
den Anfangspunkt einer Kante $-1$ eingetragen und für den
Endpunkt $+1$.
-% XXX Beispiel
+Die Inzidenzmatrizen $B(G)$ für die Graphen der beiden Beispiele
+in den Abbildungen~\ref{buch:graphen:fig:adjazenzu} und
+\ref{buch:graphen:fig:adjazenzd} ist ebendort angegeben.
\subsubsection{Inzidenzmatrix und Adjazenzmatrix}
-Sei $B(G)$ die Inzidenzmatrix eines Graphen $G$.
+Sei $B(G)$ die Inzidenzmatrix eines ungerichteten Graphen $G$.
Die Spalten von $B(G)$ sind mit den Kanten des Graphen indiziert.
Die Matrix $B(G)B(G)^t$ ist eine quadratische Matrix, deren
Zeilen und Spalten mit den Knoten des Graphen indiziert sind.
-In dieser Matrix geht die Informatione über die individuellen
+In dieser Matrix geht die Information über die individuellen
Kanten wieder verloren.
Sie hat für $i\ne j$ die Einträge
\begin{align*}
-(B(G)B(G)^t)_{ij}
+(B(G)B(G)^t)_{i\!j}
&=
\sum_{\text{$k$ Kante}} b_{ik}b_{jk}
\\
&=\text{Anzahl der Kanten, die $i$ mit $j$ verbinden}
\\
-&=a_{ij}.
+&=a_{i\!j}.
\end{align*}
Die Adjazenzmatrix eines Graphen lässt sich also aus der
Inzidenzmatrix berechnen.
\subsubsection{Gradmatrix}
\index{Gradmatrix}%
-Die Diagonale von $B(G)B(G)^t$ enthält die Werte
-\begin{align*}
+Die Diagonale von $B(G)B(G)^t$ eines ungerichteten Graphen $G$
+enthält die Werte
+\begin{align}
(B(G)B(G)^t)_{ii}
&=
\sum_{\text{$k$ Kante}} b_{ik}^2
=
\text{Anzahl Kanten, die im Knoten $i$ enden}
-\end{align*}
+\label{buch:graphen:eqn:gradmatrix}
+\end{align}
Der {\em Grad} eines Knoten eines Graphen ist die Anzahl der
\index{Grad eines Knotens}%
Kanten, die in diesem Knoten enden.
-Die Diagonalmatrix die aus den Graden der Knoten besteht, heisst die
+Die Diagonalmatrix, die aus den Graden der Knoten besteht, heisst die
Gradmatrix $D(G)$ des Graphen.
Es gilt daher $B(G)B(G)^t = A(G) + D(G)$.
+Für Beispiele siehe die Abbildungen~\ref{buch:graphen:fig:adjazenzu} und
+\ref{buch:graphen:fig:adjazenzd}.
\subsubsection{Gerichtete Graphen}
Für einen gerichteten Graphen ändert sich an der Diagonalen
der Matrix $B(G)B(G)^t$ nichts.
-Da es in einem gerichteten Graphen nur eine einzige Kante $k$ gibt, die zwei
-Knoten $i$ und $j$ verbinden kann, muss das zugehörige
-Ausserdiagonalelement
-\[
-a_{ij}
-=b_{ik}b_{jk}
+Sei $k$ die Kante, die vom Knoten $j$ zum Knoten $i$ führt.
+Die Einträge in der Inzidenzmatrix sind daher $b_{ik}=1$ und $b_{jk}=-1$.
+Da es nur eine solche Kante gibt (der Graph ist nicht beschriftet),
+ist $b_{ik}b_{jk}$ der einzige Term in der Summe, mit der das
+Matrixelement
+\begin{equation}
+a_{i\!j}
+=
+(B(G)B(G)^t)_{i\!j}
+=
+\sum_{\kappa} b_{i\kappa}b_{j\kappa}
+=
+b_{ik}b_{jk}
=
-1
-\]
-sein.
+\label{buch:graphen:eqn:ausserdiagonal}
+\end{equation}
+berechnet wird.
Für einen gerichteten Graphen sind daher alle Ausserdiagonalelemente
-negativ und es gilt $B(G)B(G)^t = D(G)-A(G)$.
+negativ.
\subsubsection{Anwendung: Netlist}
Eine natürliche Anwendung eines gerichteten und beschrifteten Graphen
@@ -451,52 +503,61 @@ welchen Nets verbunden werden müssen.
Die Informationen in der Inzidenzmatrix werden also in einer
Applikation zum Schaltungsentwurf in ganz natürlicher Weise erhoben.
-\subsection{Die Adjazenzmatrix und Laplace-Matrix
-\label{subsection:adjazenz-und-laplace-matrix}}
-Die Beschreibung mit der Matrix~\eqref{buch:graphen:eqn:linkmatrix}
-``vergisst'' den ``Namen'' der Kante, die eine Verbindung zwischen zwei
-Knoten herstellt.
-Damit ist sie keine geeignete Grundlage, um beschriftete Graphen einer
-Matrixbeschreibung zuzuführen.
-Eine solche muss eine Matrix verwenden, die nicht nur das Vorhandensein einer
-Verbindung wiedergibt, sondern ausdrückt, welche Kante welche beiden
-Knoten miteinander verbindet.
-Dies führt zur sogenannten Adjazenzmatrix.
+\subsection{Die Laplace-Matrix
+\label{subsection:laplace-matrix}}
+Will man ein elektrisches Netzwerk modellieren oder den Transport
+von Wärme durch eine Gitterstruktur berechnen, dann muss man zwar den
+Kanten des Netzwerks eine ``Stromrichtung'' geben um ausdrücken zu können,
+in welche Richtung der Strom oder die Wärmeenergie fliesst.
+Trotzdem gestattet man natürlich auch den Stromfluss in Gegenrichtung.
+
+Wir gehen also aus von einem ungerichteten Graphen $G$, aus dem
+wir einen gerichteten Graphen $G'$ machen.
+Zu jeder Kante $\{a,b\}$ von $G$ wählen wir genau eine der möglichen
+Orientierungen $(a,b)$ oder $(b,a)$ im Graphen $G'$.
+Aus der Inzidenzmatrix $B(G')$ lässt sich jetzt ein Operator konstruieren,
+der für die Anwendungen besonders gut geeignet ist.
\begin{definition}
-\label{buch:def:adjazenz-matrix}
-Ist $G=(V,E)$ ein gerichteter Graph mit $n=|G|$ Vertizes und $m=|E|$ Kanten,
-dann ist die zugehörige {\em Adjazenzmatrix} $A=A(G)$ eine $n\times m$-Matrix.
-In der Spalte $k$ wird der Anfangspunkt der Kante $k$ mit $-1$, der Endpunkt
-mit $+1$ angezeigt, die übrigen Einträge sind $0$.
-$A$ hat also die Matrixelemente
+\label{buch:graphen:def:laplace-matrix}
+Die {\em Laplace-Matrix} des Graphen $G$ ist
+\[
+L(G) = B(G')B(G')^t,
+\]
+wobei $G'$ ein wie oben konstruierter gerichteter Graph ist.
+\end{definition}
+
+Wir müssen uns davon überzeugen, dass diese Definition sinnvoll ist
+und nicht etwa von der Wahl von $G'$ abhängt.
+Diese klärt der folgende Satz.
+
+\begin{satz}
+Die Laplace-Matrix eines ungerichteten Graphen $G$ ist
\begin{equation}
-a_{ik}
-=
-\begin{cases}
--1&\qquad i=a(k)\\
-+1&\qquad i=e(k)\\
-\phantom{+}0&\qquad\text{sonst}
-\end{cases}
-\label{buch:eqn:ajazenz-matrix}
+L(G) = D(G) - A(G)
+\label{buch:graphen:eqn:laplace-definition}
\end{equation}
-\end{definition}
+und somit insbesondere unabhängig von der Wahl des Graphen $G'$,
+der für die Definition von $L(G)$ verwendet wurde.
+\end{satz}
-Der wesentliche Unterschied dieser Definition von der Matrix $G$
-liegt in der Bedeutung der Einträge.
-Für $G$ drückt ein nicht verschwindendes Matrixelement das Vorhandensein
-einer Kante aus, in $A$ ist es die Tatsache, dass in diesem Knoten
-eine Kante beginnt oder endet.
-
-Es ist natürlich möglich, aus der Adjazenzmatrix auch die Link-Matrix
-zu rekonstruieren.
-Dazu muss für jedes Paar $(j,i)$ von Knoten festgestellt werden,
-ob die Adjazenzmatrix eine entsprechende Verbindung enthält, also ob der
-Vektor
-\[
-k_{ji} = e_i - e_j
-\]
-als Spaltenvektor vorkommt, wobei die $e_i$ die $n$-dimensionalen
-Standardbasisvektoren sind.
+\begin{proof}[Beweis]
+Aufgrund der Konstruktion des Graphen $G'$ sind die Diagonalelemente
+der Laplace-Matrix
+$L(G)=B(G')B(G')^t$ nach \eqref{buch:graphen:eqn:gradmatrix} genau
+die Elemente der Gradmatrix $D(G)$.
+Die ausserdiagonalen Elemente sind nach
+\eqref{buch:graphen:eqn:ausserdiagonal}
+genau dann, wenn es in $G$ eine Verbindung zwischen den beiden Knoten
+gibt.
+Dies sind die Elemente von $-A(G)$.
+Damit ist die Formel
+\eqref{buch:graphen:eqn:laplace-definition}
+nachgewiesen.
+\end{proof}
+Die Laplace-Matrix tritt zum Beispiel als Diskretisation des Laplace-Operators
+in partiellen Differentialgleichungen auf.
+Sie ist die Basis für die Untersuchungen der spektralen Graphentheorie
+in Abschnitt~\ref{buch:section:spektrale-graphentheorie}.