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nahe der Oberfläche einen Zusammenhang +zwischen der Zeit $T$ und der Höhe $H$ eines frei fallenden Körpers aus. +Setzt man einen Wert für $T$ in \eqref{buch:eqn:polynome:beispiel} ein, +erhält man den zugehörigen Wert für $H$. +Man stellt sich hier also vor, dass $T$ eigentlich eine Zahl ist und dass +\eqref{buch:eqn:polynome:polynom} +nur ein ``unfertiger'' Ausdruck oder ein ``Programm'' für eine Berechnung +ist. +In dieser eher arithmetischen Sichtweise ist es aber eigentlich egal, dass in +\index{arithmetische Sichtweise}% +\eqref{buch:eqn:polynome:polynom} nur einfache Multiplikationen und +Additionen vorkommen. +In einem Programm könnten ja auch beliebig komplizierte Operationen +verwendet werden, warum also diese Beschränkung. + +Für die nachfolgenden Betrachtungen stellen wir uns $X$ daher nicht +mehr einfach als einen Platzhalter für eine Zahl vor, sondern als ein neues +algebraisches Objekt, für das man die Rechenregeln erst noch definieren muss. +In diesem Kapteil sollen die Regeln zum Beispiel sicherstellen, +dass man mit Polynomen so rechnen kann, wie wenn $X$ eine Zahl wäre. +Es sollen also zum Beispiel die Regeln +\begin{align} +aX&=Xa +& +(a+b)X&=aX+bX +& +a+X &= X+a +\label{buch:eqn:polynome:basic} +\end{align} +gelten. +In dieser algebraischen Sichtweise können je nach den gewählten algebraischen +Rechenregeln für $X$ interessante rechnerische Strukturen abgebildet werden. +\index{algebraische Sichtweise}% +Ziel dieses Kapitels ist zu zeigen, wie man die Rechenregeln für $X$ +mit Hilfe von Matrizen allgemein darstellen kann. +Diese Betrachtungsweise wird später in Anwendungen ermöglichen, +handliche Realisierungen für das Rechnen mit Grössen zu finden, +die polynomielle Gleichungen erfüllen. +Ebenso sollen in späteren Kapiteln die Regeln +\eqref{buch:eqn:polynome:basic} +erweitert werden oder abgelöst werden um weitere Anwendungen zu erschliessen. + +Bei der Auswahl der zusätzlichen algebraischen Regeln muss man sehr +vorsichtig vorgehen. +Nimmt man zum Beispiel an, dass man durch $X$ teilen kann, dann würde +dies in der arithmetischen Sichtweise bereits ausschliessen, dass man +für $X$ die Zahl $0$ einsetzen kann. +Aber auch eine Regel wie $X^2 \ge 0$, die für alle reellen Zahlen gilt, +würde die Anwendungsmöglichkeiten zu stark einschränken. +Es gibt zwar keine reelle Zahl, die man in das Polynom $p(X)=X^2+1$ +einsetzen könnte, so dass es den Wert $0$ annimmt. +Man könnte $X$ aber als ein neues Objekt ausserhalb von $\mathbb{R}$ +betrachten, welches die Gleichung $X^2+1=0$ erfüllt. +In den komplexen Zahlen $\mathbb{C}$ gibt es mit der imaginären +Einheit $i\in\mathbb{C}$ tatsächlich ein Zahl mit der Eigenschaft +$i^2=-1$ und damit eine Objekt, welches die Ungleichung $X^2\ge 0$ +verletzt. + +Für das Symbol $X$ sollen also die ``üblichen'' Rechenregeln gelten. +Dies ist natürlich nur sinnvoll, wenn man auch mit den Koeffizienten +$a_0,\dots,a_n$ rechnen kann, sind müssen also Elemente einer +algebraischen Struktur sein, in der mindestens die Addition und die +Multiplikation definiert sind. +Die ganzen Zahlen $\mathbb{Z}$ kommen dafür in Frage, aber auch +die rationalen oder reellen Zahlen $\mathbb{Q}$ und $\mathbb{R}$. +Man kann sogar noch weiter gehen: man kann als Koeffizienten auch +Vektoren oder sogar Matrizen zulassen. +Polynome können addiert werden, indem die Koeffizienten addiert werden. +Polynome können aber auch multipliziert werden, was auf die Faltung +der Koeffizienten hinausläuft: +\begin{align} +p(X) &= a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots + a_1X + a_0 +\notag +\\ +q(X) &= b_mX^m + b_{m-1}X^{m-1} + \dots + b_1X + b_0 +\notag +\\ +p(X) q(X) &= +a_{n}b_{m}X^{n+m} ++ +(a_{n}b_{m-1}+a_{n-1}b_{m})X^{n+m-1} ++ +\dots ++ +\sum_{i + j = k}a_ib_j X^k ++ +\dots ++ +(a_1b_0+a_0b_1)X ++ +a_0b_0 +\label{buch:eqn:polynome:faltung} +\end{align} +Dies ist aber nur möglich, wenn die Koeffizienten selbst miteinander +multipliziert werden können, wenn also die Koeffizienten mindestens +Elemente einer Algebra sind. + +\input{chapters/20-polynome/definitionen.tex} +\input{chapters/20-polynome/vektoren.tex} +\input{chapters/20-polynome/matrizen.tex} +\input{chapters/20-polynome/minimalpolynom.tex} + diff --git a/buch/chapters/20-polynome/definitionen.tex b/buch/chapters/20-polynome/definitionen.tex new file mode 100644 index 0000000..82356d7 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/20-polynome/definitionen.tex @@ -0,0 +1,391 @@ +% +% definitionen.tex -- Definition für das Kapitel über Polynome +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Definitionen +\label{buch:section:polynome:definitionen}} +\rhead{Definitionen} +In diesem Abschnitt stellen wir einige grundlegende Definitionen für das +Rechnen mit Polynomen zusammen. + +% +% Skalare +% +\subsection{Skalare +\label{buch:subsection:polynome:skalare}} +Wie schon in der Einleitung angedeutet sind Polynome nur dann sinnvoll, +wenn man mit den Koeffizienten gewisse Rechenoperationen durchführen kann. +Wir brauchen mindestens die Möglichkeit, Koeffizienten zu addieren. +Wenn wir uns vorstellen, dass wir $X$ durch eine Zahl ersetzen können, +dann brauchen wir zusätzlich die Möglichkeit, einen Koeffizienten mit einer +Zahl zu multiplizieren. + +Die Struktur, die wir hier beschrieben haben, hängt davon ab, was wir uns +unter einer ``Zahl'' vorstellen. +Wir bezeichnen die Menge, aus der die ``Zahlen'' kommen können mit $R$ und +nennen sie die Menge der Skalare. +\index{Skalar}% +Wenn wir uns vorstellen, dass man die Elemente von $R$ an Stelle von $X$ +in das Polynom einsetzen kann, dann muss es möglich sein, in $R$ zu +Multiplizieren und zu Addieren, und es müssen die üblichen Rechenregeln +der Algebra gelten, $R$ muss also ein Ring sein. +\index{Ring}% +Wir werden im folgenden meistens voraussetzen, dass $R$ sogar kommutativ +ist und eine $1$ hat. + +\begin{definition} +Sei $R$ ein Ring. +Die Menge +\[ +R[X] += +\{ +p(X) = a_nX^n+a_{n-1}X^{n-1} + \dots a_1X+a_0\;|\; a_k\in R, n\in\mathbb{N} +\} +\] +heisst die Menge der {\em Polynome} mit Koeffizienten in $R$ +oder +{\em Polynome über} $R$. +\index{Polynome über $R$}% +Polynome können addiert werden, indem Koeffizienten mit gleichem Index +addiert werden: +\begin{align*} +p(X) &= a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots + a_1X + a_0\\ +q(X) &= b_nX^n + b_{n-1}X^{n-1} + \dots + b_1X + b_0\\ +p(X)+q(X) +&= +(a_n+b_n)X^n ++ +(a_{n-1}+b_{n-1})X^{n-1} ++ +\dots ++ +(a_1+b_1)X ++ +(a_0+b_0) +\end{align*} +Die Multiplikation ist durch die Formel~\eqref{buch:eqn:polynome:faltung} +definiert. +\end{definition} + +Ein Polynom heisst {\em normiert} oder auch {\em monisch}, wenn der +\index{Polynom!normiert}% +\index{normiertes Polynom}% +\index{Polynom!monisch}% +\index{normiertes Polynom} +höchste Koeffizient oder auch {\em Leitkoeffizient} des Polynomus $1$ ist, +also $a_n=1$. +\index{Leitkoeffizient}% +Wann man in $R$ durch $a_n$ dividieren kann, dann kann man aus dem Polynom +$p(X)=a_nX^n+\dots$ mit Leitkoeffizient $a_n$ das normierte Polynom +\[ +\frac{1}{a_n}p(X) = \frac{1}{a_n}(a_nX^n + \dots + a_0)= +X^n + \frac{a_{n-1}}{a_n}X^{n-1} + \dots + \frac{a_0}{a_n} +\] +machen. +Man sagt auch, das Polynom $p(X)$ wurde normiert. + +Die Beschreibung der Rechenoperationen wird etwas verkompliziert durch +die Tatsache, zwei Polynome nicht gleich viele von $0$ verschiedene +Koeffizienten haben müssen. +Wir werden daher im Folgenden oft für ein Polynom +\[ +p(X) += +a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots a_1X+a_0 +\] +annehmen, dass alle Koeffizienten $a_{n+1},a_{n+2},\dots$ implizit mit +Wert $0$ definiert sind. +Wir werden uns also erlauben, +\[ +p(X) += +\sum_{k}a_kX^k += +\sum_{k=0}^\infty a_kX^k +\] +zu schreiben, wobei in der ersten Form das Summenzeichen bedeuten soll, +dass nur über diejenigen Indizes $k$ summiert wird, für die $a_k$ +definiert ist. +\label{summenzeichenkonvention} + +% +% Abschnitt über Polynomring Definition +% +\subsection{Der Polynomring +\label{buch:subsection:polynome:ring}} +Die Menge $R[X]$ aller Polynome über $R$ wird zu einem Ring, wenn man die +Rechenoperationen Addition und Multiplikation so definiert, wie man das +in der Schule gelernt hat. +Die Summe von zwei Polynomen +\begin{align*} +p(X) &= a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots + a_1X + a_0\\ +q(X) &= b_mX^m + b_{m-1}X^{m-1} + \dots + b_1X + b_0 +\end{align*} +ist +\[ +p(X)+q(X) += +\sum_{k} (a_k+b_k)X^k, +\] +wobei die Summe wieder so zu interpretieren ist, über alle Terme +summiert wird, für die mindestens einer der Summanden von $0$ +verschieden ist. + +Für das Produkt verwenden wir die Definition +\[ +p(X)q(X) += +\sum_{k}\sum_{l} a_kb_l X^{k+l}, +\] +die natürlich mit Formel~\eqref{buch:eqn:polynome:faltung} +gleichbedeutend ist. +Die Polynom-Multiplikation und Addition sind nur eine natürliche +Erweiterung der Rechenregeln, die man schon in der Schule lernt, +es ist daher nicht überraschend, dass die bekannten Rechenregeln +auch für Polynome gelten. +Das Distributivgesetz +\[ +p(X)(u(X)+v(X)) = p(X)u(X) + p(X)v(X) +\qquad +(p(X)+q(X)) u(X) = p(X)u(X) + q(X)u(X) +\] +zum Beispiel sagt ja nichts anderes, als dass man ausmultiplizieren +kann. +Oder die Assoziativgesetze +\begin{align*} +p(X)+q(X)+r(X) +&= +(p(X)+q(X))+r(X) += +p(X)+(q(X)+r(X)) +\\ +p(X)q(X)r(X) +&= +(p(X)q(X))r(X) += +p(X)(q(X)r(X)) +\end{align*} +für die Multiplikation besagt, das es keine Rolle spielt, in welcher +Reihenfolge man die Additionen oder Multiplikationen ausführt. + +% +% Der Grad eines Polynoms +% +\subsection{Grad +\label{buch:subsection:polynome:grad}} + +\begin{definition} +Der {\em Grad} eines Polynoms $p(X)$ ist die höchste Potenz von $X$, die im +Polynom vorkommt. +Das Polynom +\[ +p(X) = a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1}+\dots a_1X + a_0 +\] +hat den Grad $n$, wenn $a_n\ne 0$ ist. +Der Grad von $p$ wird mit $\deg p$ bezeichnet. +Konstante Polynome $p(X)=a_0$ mit $a_0\ne 0$ hat den Grad $0$. +Der Grad des Nullpolynoms $p(X)=0$ ist definiert als +$-\infty$. +\end{definition} + +Der Grad eines Polynoms ist sinnvoll in dem Sinn, dass er sich mit +den Rechenoperationen gut verträgt. +Damit lässt sich weiter unten auch die spezielle Wahl des Grades +des Nullpolynoms begründen. +Es gelten nämlich die folgenden Rechenregeln. + +\begin{lemma} +\label{lemma:rechenregelnfuerpolynomgrad} +Sind $p$ und $q$ Polynome mit Koeffizienten in $R$ und $0\ne \lambda\in R$, +dann gilt +\begin{align} +\deg(pq) &\le \deg p + \deg q +\label{buch:eqn:polynome:gradsumme} +\\ +\deg(p+q) &\le \max(\deg p, \deg q) +\label{buch:eqn:polynome:gradprodukt} +\\ +\deg(\lambda p) &\le \deg p +\label{buch:eqn:polynome:gradskalar} +\end{align} +\end{lemma} + +Die Formel \eqref{buch:eqn:polynome:gradskalar} ist eigentlich +ein Spezialfall von \eqref{buch:eqn:polynome:gradsumme}. +Die Zahl $\lambda\in R$ kann man als Polynom vom Grad $0$ betrachten, +wofür natürlich \eqref{buch:eqn:polynome:gradsumme} gilt, also +$\deg(\lambda p) \le \deg\lambda + \deg p$. + +\begin{proof}[Beweis] +Wir schreiben die Polynome wieder in der Form +\begin{align*} +p(X) &= a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots + a_1X + a_0&&\Rightarrow&\deg p&=n\\ +q(X) &= b_mX^m + b_{m-1}X^{m-1} + \dots + b_1X + b_0&&\Rightarrow&\deg q&=m. +\end{align*} +Dann kann der höchste Koeffizient in der Summe $p+q$ nicht weiter oben +sein als die grössere von den beiden Zahlen $n$ und $m$ angibt, dies +beweist \eqref{buch:eqn:polynome:gradsumme}. +Ebenso kann der höchste Koeffizient im Produkt nach der +Formel~\eqref{buch:eqn:polynome:faltung} nicht weiter oben als bei +$n+m$ liegen, dies beweist +beweist \eqref{buch:eqn:polynome:gradprodukt}. +Es könnte aber passieren, dass $a_nb_m=0$ ist, d.~h.~es ist durchaus möglich, +dass der Grad kleiner ist. +Schliesslich kann der höchsten Koeffizient von $\lambda p(X)$ nicht grösser +als der höchste Koeffizient von $p(X)$ sein, was +\eqref{buch:eqn:polynome:gradskalar} beweist. +\end{proof} + +Etwas enttäuschend an diesen Rechenregeln ist, dass der Grad eines +Produktes nicht exakt die Summe der Grade hat. +Der Grund ist natürlich, dass es in gewissen Ringen $R$ passieren kann, +dass das Produkt $a_n\cdot b_m=0$ ist. +Zum Beispiel ist im Ring der $2\times 2$ Matrizen das Produkt der Elemente +\begin{equation} +a_n = \begin{pmatrix}1&0\\0&0\end{pmatrix} +\quad\text{und}\quad +b_m = \begin{pmatrix}0&0\\0&1\end{pmatrix} +\qquad\Rightarrow\qquad +a_nb_m = \begin{pmatrix}0&0\\0&0\end{pmatrix}. +\label{buch:eqn:definitionen:nullteilerbeispiel} +\end{equation} +Diese unangehme Situation tritt immer ein, wenn es von Null verschiedene +Elemente gibt, deren Produkt $0$ ist. +In Matrizenringen ist das der Normalfall, man kann diesen fall also nicht +einfach ausschliessen. +In den Zahlenmengen wie $\mathbb{Z}$, $\mathbb{Q}$ und $\mathbb{R}$ passiert +das natürlich nie. + +\begin{definition} +Ein Ring $R$ heisst {\em nullteilerfrei}, wenn für zwei Elemente +$a,b\in R$ aus $ab=0$ immer geschlossen werden kann, dass +$a=0$ oder $b=0$. +Ein von $0$ verschiedenes Element $a\in R$ heisst ein Nullteiler, +wenn es eine $b\in R$ mit $b\ne 0$ gibt derart dass $b=0$. +\index{Nullteiler} +\index{nullteilerfrei} +\end{definition} + +Die beiden Matrizen in +\eqref{buch:eqn:definitionen:nullteilerbeispiel} +sind Nullteiler im Ring $M_2(\mathbb{Z})$ der $2\times 2$-Matrizen. +Der Matrizenring $M_2(\mathbb{Z})$ ist also nicht nullteilerfrei. + +In einem nullteilerfreien Ring gelten die Rechenregeln für den Grad +jetzt exakt: + +\begin{lemma} +Sei $R$ ein nullteilerfreier Ring und $p$ und $q$ Polynome über $R$ +und $0\ne \lambda\in R$. +Dann gilt +\begin{align} +\deg(pq) &= \deg p + \deg q +\label{buch:eqn:polynome:gradsummeexakt} +\\ +\deg(p+q) &\le \max(\deg p, \deg q) +\label{buch:eqn:polynome:gradproduktexakt} +\\ +\deg(\lambda p) &= \deg p +\label{buch:eqn:polynome:gradskalarexakt} +\end{align} +\end{lemma} + +\begin{proof}[Beweis] +Der Fall, dass der höchste Koeffizient verschwindet, weil $a_n$, $b_m$ +und $\lambda$ Nullteiler sind, kann unter den gegebenen Voraussetzungen +nicht eintreten, daher werden die in +Lemma~\ref{lemma:rechenregelnfuerpolynomgrad} gefunden Ungleichungen +exakt für Produkte exakt. +\end{proof} + +Die Gleichung +\eqref{buch:eqn:polynome:gradskalarexakt} +kann im Fall $\lambda=0$ natürlich nicht gelten. +Betrachten wir $\lambda$ wieder als ein Polynom, dann folgt aus +\eqref{buch:eqn:polynome:gradproduktexakt}, dass +\[ +\begin{aligned} +\lambda&\ne 0 &&\Rightarrow& \deg (\lambda p) &= \deg\lambda + \deg p = 0+\deg p +\\ +\lambda&=0 &&\Rightarrow& \deg (0 p) &= \deg 0 + \deg p = \deg 0 +\end{aligned} +\] +Diese Gleichung kann also nur aufrechterhalten werden, wenn $\deg 0$ eine +Zahl ist mit der Eigenschaft, dass man immer noch $\deg 0$ bekommt, +wenn man irgend eine Zahl $\deg p$ hinzuaddiert. +So eine Zahl gibt es in den ganzen Zahlen nicht, wenn zu einer ganzen +Zahl eine andere ganze Zahl hinzuaddiert, ändert sich fast immer etwas. +Man muss daher $\deg 0 = -\infty$ setzen mit der Festlegung, dass +$-\infty + n = -\infty$ gilt für beliebige ganze Zahlen $n$. + +\begin{definition} +\label{buch:def:definitionen:polynomfilterung} +Die Polynome vom Grad $\le n$ mit Koeffizienten in $R$ +bilden die Teilmenge +\[ +R^{(n)}[X] += +\{ p\in R[X]\;|\; \deg p \le n\}. +\] +Die Mengen $R^{(n)}[X]$ bilden eine {\em Filtrierung} des Polynomrings +$R[X]$, d.~h.~sie sind ineinander geschachtelt +\[ +\arraycolsep=4pt +\begin{array}{ccccccccccccccc} +R^{(-\infty)}[X] & \subset + & R^{(0)}[X] & \subset + & R^{(1)}[X] & \subset & \dots & \subset + & R^{(k)}[X] & \subset + & R^{(k+1)}[x] & \subset & \dots & \subset + & R[X]\\[3pt] +\bigg\| & + &\bigg\| & + &\bigg\| & & & + && + && & & + & +\\[3pt] +\{0\} & \subset + & R & \subset + & \{ax+b\;|a,b\in R\} & \subset & \dots & +\end{array} +\] +und ihre Vereinigung ist $R[X]$. +\end{definition} + +Die Formeln für den Grad können wir auch mit den Mengen $R^{(k)}[X]$ +ausdrücken: +\begin{align*} +\deg (p+q) &\le \max(\deg p, \deg q) +&&\Rightarrow& +R^{(k)}+R^{(l)} +&\subset R^{(\max(k,l))} += +R^{(k)}[X] \cup R^{(l)}[X]. +\\ +\deg (p\cdot q)&=\deg p+\deg q +&&\Rightarrow& +R^{(k)}[X] \cdot R^{(l)}[X] +&= +R^{(k+l)}[X]. +\end{align*} + + +% +% Abschnitt über Teilbarkeit +% +\subsection{Teilbarkeit +\label{buch:subsection:polynome:teilbarkeit}} +XXX TODO + +% +% Abschnitt über formale Potenzreihen +% +\subsection{Formale Potenzreihen +\label{buch:subsection:polynome:potenzreihen}} +XXX TODO + + + diff --git a/buch/chapters/20-polynome/matrizen.tex b/buch/chapters/20-polynome/matrizen.tex new file mode 100644 index 0000000..256281f --- /dev/null +++ b/buch/chapters/20-polynome/matrizen.tex @@ -0,0 +1,7 @@ +% +% matrizen.tex -- Multiplikation in Polynomen als +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Polynommultiplikation mit Matrizen +\label{buch:polynome:section:matrizen}} diff --git a/buch/chapters/20-polynome/minimalpolynom.tex b/buch/chapters/20-polynome/minimalpolynom.tex new file mode 100644 index 0000000..34edda3 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/20-polynome/minimalpolynom.tex @@ -0,0 +1,7 @@ +% +% minimalpolynom.tex +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Minimalpolynom +\label{buch:polynome:section:minimalpolynom}} diff --git a/buch/chapters/20-polynome/vektoren.tex b/buch/chapters/20-polynome/vektoren.tex new file mode 100644 index 0000000..c1a660d --- /dev/null +++ b/buch/chapters/20-polynome/vektoren.tex @@ -0,0 +1,145 @@ +% +% vektoren.tex -- Darstellung von Polynomen als Vektoren +% +% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule Rapperswil +% +\section{Polynome als Vektoren +\label{buch:section:polynome:vektoren}} +Ein Polynom +\[ +p(X) = a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots a_1X+a_0 +\] +mit Koeffizienten in einem Ring $R$ +ist spezifiziert, wenn die Koeffizienten $a_k$ bekannt sind. +Die Potenzen von $X$ dienen hier nur dazu, die verschiedenen +Koeffizienten zu unterscheiden. +Das Polynom $p(X)$ vom Grad $n$ ist also auch gegeben durch den +$n+1$-dimensionalen Vektor +\[ +\begin{pmatrix} +a_0\\ +a_1\\ +\vdots\\ +a_{n-1}\\ +a_{n} +\end{pmatrix} +\in +R^n. +\] +Diese Darstellung eines Polynoms gibt auch die Addition von Polynomen +und die Multiplikation von Polynomen mit Skalaren aus $R$ korrekt wieder. +Die Abbildung von Vektoren auf Polynome +\[ +\varphi +\colon R^n \to R[X] +: +\begin{pmatrix}a_0\\\vdots\\a_n\end{pmatrix} +\mapsto +a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1}+\dots+a_1X+a_0 +\] +erfüllt also +\[ +\varphi( \lambda a) = \lambda \varphi(a) +\qquad\text{und}\qquad +\varphi(a+b) = \varphi(a) + \varphi(b) +\] +und ist damit eine lineare Abbildung. +Umgekehrt kann man auch zu jedem Polynom $p(X)$ vom Grad $\le n$ einen +Vektor finden, der von $\varphi$ auf das Polynom $p(X)$ abgebildet wird. +Die Abbildung $\varphi$ ist also ein Isomorphismus +\[ +\varphi +\colon +\{p\in R[X]\;|\; \deg(p) \le n\} +\overset{\equiv}{\to} +R^{n+1} +\] +zwischen der Menge +der Polynome vom Grad $\le n$ auf $R^{n+1}$. +Für alle Rechnungen, bei denen es nur um Addition von Polynomen oder +um Multiplikation mit Skalaren geht, ist also diese vektorielle Darstellung +mit Hilfe von $\varphi$ eine zweckmässige Darstellung. + +In zwei Bereichen ist die Beschreibung von Polynomen mit Vektoren allerdings +ungenügend: einerseits können Polynome können beliebig hohen Grad haben, +während Vektoren in $R^{n+1}$ höchstens $n+1$ Komponenten haben können. +Andererseits geht bei der vektoriellen Beschreibung die multiplikative +Struktur vollständig verloren. + +\subsection{Polynome beliebigen Grades +\label{buch:subsection:polynome:beliebigergrad}} +Ein Polynom +\[ +q(X) += +b_mX^m + b_{m-1}X^{m-1} + \dots + b_1X + b_0 +\] +vom Grad $m<n$ kann dargestellt werden als ein Vektor +\[ +\begin{pmatrix} +b_0\\ +b_1\\ +\vdots\\ +b_{m-1}\\ +b_{m}\\ +0\\ +\vdots +\end{pmatrix} +\in +R^{n+1} +\] +mit der Eigenschaft, dass die Komponenten mit Indizes +$m+1,\dots n$ verschwinden. +Polynome vom Grad $m<n$ bilden einen Unterraum der Polynome vom Grad $n$. +Wir können auch die $m+1$-dimensionalen Vektoren in den $n+1$-dimensionalen +Vektoren einbetten, indem wir die Vektoren durch ``auffüllen'' mit Nullen +auf die richtige Länge bringen. +Es gibt also eine lineare Abbildung +\[ +R^{m+1} \to R^{n+1} +\colon +\begin{pmatrix} +b_0\\b_1\\\vdots\\b_m +\end{pmatrix} +\mapsto +\begin{pmatrix} +b_0\\b_1\\\vdots\\b_m\\0\\\vdots +\end{pmatrix} +. +\] +Die Moduln $R^{k}$ sind also alle ineinandergeschachtelt, können aber +alle auf konsistente Weise mit der Abbildung $\varphi$ in den Polynomring +$R[X]$ abgebildet werden. +\begin{center} +\begin{tikzcd} +\{0\}\ar[r] %\arrow[d,"\varphi"] + &R \ar[r] %\arrow[d, "\varphi"] + &R^2 \ar[r] %\arrow[d, "\varphi"] + &\dots \ar[r] + &R^k \ar[r] %\arrow[d, "\varphi"] + &R^{k+1} \ar[r] %\arrow[d, "\varphi"] + &\dots +\\ +R^{(0)}[X]\arrow[r,hook] \arrow[drrr,hook] + &R^{(1)}[X]\arrow[r,hook] \arrow[drr,hook] + &R^{(2)}[X]\arrow[r,hook] \arrow[dr,hook] + &\dots\arrow[r,hook] + &R^{(k)}[X]\arrow[r,hook] \arrow[dl,hook] + &R^{(k+1)}[X]\arrow[r,hook] \arrow[dll,hook] + &\dots +\\ + & + & + &R[X] + & + & + & +\end{tikzcd} +\end{center} +\subsection{Multiplikative Struktur +\label{buch:subsection:polynome:multiplikativestruktur}} + + + + + diff --git a/buch/common/packages.tex b/buch/common/packages.tex index f3c0bb8..68d5e45 100644 --- a/buch/common/packages.tex +++ b/buch/common/packages.tex @@ -31,6 +31,7 @@ \usepackage{hyperref} \usepackage{subfigure} \usepackage{tikz} +\usepackage{tikz-cd} \usepackage{pgfplots} \usepackage{pgfplotstable} \usepackage{pdftexcmds} |