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% ganz.tex -- Ganze Zahlen
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% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
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\section{Ganze Zahlen
\label{buch:section:ganze-zahlen}}
\rhead{Ganze Zahlen}
Die Menge der ganzen Zahlen löst das Problem, dass nicht jede ganzzahlige
Gleichung der Form $x+a=b$ eine Lösung hat.
Dazu ist erforderlich, den natürlichen Zahlen die negativen Zahlen
hinzuzufügen, also wieder die Existenz neuer Objekte zu postulieren,
die die Rechenregeln weiterhin erfüllen.

\subsubsection{Paare von natürlichen Zahlen}
Die ganzen Zahlen können konstruiert werden als Paare $(u,v)$ von 
natürlichen Zahlen $u,v\in\mathbb{N}$.
Die Paare der Form $(u,0)$ entsprechen den natürlichn Zahlen, die
Paare $(0,v)$ sind die negativen Zahlen.
Die Rechenoperatioen sind wie folgt definiert:
\begin{equation}
\begin{aligned}
(a,b)+(u,v) &= (a+u,b+v)
\\
(a,b)\cdot (u,v) &= (au+bv,av+bu)
\end{aligned}
\label{buch:zahlen:ganze-rechenregeln}
\end{equation}

\subsubsection{Äquivalenzrelation}
Die Definition~\eqref{buch:zahlen:ganze-rechenregeln}
erzeugt neue Paare, die wir noch nicht interpretieren können.
Zum Beispiel ist $0=1+(-1) = (1,0) + (0,1) = (1,1)$, die Paare $(u,u)$ 
müssen daher alle mit der ganzen Zahl $0$ identifiziert werden.
Es folgt dann auch, dass alle Paare von natürlichen Zahlen mit 
``gleicher Differenz'' den gleichen ganzzahligen Wert darstellen,
allerdings können wir das nicht so formulieren, da ja die Differenz
noch gar nicht definiert ist.
Stattdessen gelten zwei Paare als äquivalent, wenn
\begin{equation}
(a,b) \sim (c,d)
\qquad\Leftrightarrow\qquad
a+d = c+d
\label{buch:zahlen:ganz-aquivalenz}
\end{equation}
gilt.
Diese Bedingung erhält man, indem man zu $a-b=c-d$ die Summe $b+d$ 
hinzuaddiert.
Ein ganzen Zahl $z$ ist daher eine Menge von Paaren von natürlichen
Zahlen mit der Eigenschaft
\[
(a,b)\in z\;\wedge (a',b')\in z
\qquad\Leftrightarrow\qquad
(a,b)\sim(a',b')
\qquad\Leftrightarrow\qquad
a+b' = a'+b.
\]
Man nennt eine solche Menge eine {\em Äquivalenzklasse} der Relation $\sim$.

Die Menge $\mathbb{Z}$ der {\em ganzen Zahlen} ist die Menge aller solchen
Äquivalenzklassen.
Die Menge der natürlichen Zahlen $\mathbb{N}$ ist in evidenter Weise
darin eingebettet als die Menge der Äquivalenzklassen von Paaren der
Form $(n,0)$.

\subsubsection{Entgegengesetzter Wert}
Zu jeder ganzen Zahl $z$ dargestellt durch das Paar $(a,b)$ 
stellt das Paar $(b,a)$ eine ganze Zahl dar mit der Eigenschaft
\begin{equation}
z+(b,a)
=
(a,b) + (b+a) = (a+b,a+b) \sim (0,0) = 0.
\label{buch:zahlen:eqn:entgegengesetzt}
\end{equation}
Die von $(b,a)$ dargestellte ganze Zahl wird mit $-z$ bezeichnet,
die Rechnung~\eqref{buch:zahlen:eqn:entgegengesetzt} lässt sich damit
abgekürzt als $z+(-z)=0$ schreiben.

\subsubsection{Lösung von Gleichungen}
Gleichungen der Form $a=x+b$ können jetzt für beliebige ganze Zahlen
immer gelöst werden.
Dazu schreibt man $a,b\in\mathbb{N}$ als Paare und sucht die
Lösung in der Form $x=(u,v)$.
Man erhält
\begin{align*}
(a,0) &= (u,v) + (b,0)
\\
(a+b,b) &= (u+b,v)
\end{align*}
Das Paar $(u,v) = (a,b)$ ist eine Lösung, die man normalerweise als
$a-b = (a,0) + (-(b,0)) = (a,0) + (0,b) = (a,b)$ schreibt.

\subsubsection{Ring}
\index{Ring}%
Die ganzen Zahlen sind ein Beispiel für einen sogenannten Ring,
eine algebraische Struktur in der Addition, Subtraktion und
Multiplikation definiert sind.
Weitere Beispiel werden später vorgestellt,
der Ring der Polynome $\mathbb{Z}[X]$ in Kapitel~\ref{buch:chapter:polynome}
und
der Ring der $n\times n$-Matrizen in
Kapitel~\ref{buch:chapter:vektoren-und-matrizen}.
In einem Ring wird nicht verlangt, dass die Multiplikation kommutativ
ist, Matrizenringe sind nicht kommutativ.
$\mathbb{Z}$ ist ein kommutativer Ring ebenso sind die Polynomringe 
kommutativ.
Die Theorie der nicht kommutativen Ringe ist sehr viel reichhaltiger
und leider auch komplizierter als die kommutative Theorie.
\index{Ring!kommutativer}%