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% gruppen.tex
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% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapeprswil
%
\subsection{Gruppen
\label{buch:grundlagen:subsection:gruppen}}
\rhead{Gruppen}
Die kleinste sinnvolle Struktur ist die einer Gruppe.
Eine solche besteht aus einer Menge $G$ mit einer Verknüpfung,
die additiv
\begin{align*}
G\times G \to G&: (g,h) = gh
\intertext{oder multiplikativ }
G\times G \to G&: (g,h) = g+h
\end{align*}
geschrieben werden kann.
Ein Element $0\in G$ heisst {\em neutrales Element} bezüglich der additiv
geschriebenen Verknüpfung falls $0+x=x$ für alle $x\in G$.
\index{neutrales Element}%
Ein Element $e\in G$ heisst neutrales Element bezüglich der multiplikativ 
geschriebneen Verknüpfung, wenn $ex=x$ für alle $x\in G$.
In den folgenden Definitionen werden wir immer die multiplikative
Schreibweise verwenden, für Fälle additiv geschriebener siehe auch die
Beispiele weiter unten.

\begin{definition}
\index{Gruppe}%
Ein {\em Gruppe}
\index{Gruppe}%
ist eine Menge $G$ mit einer Verknüfung mit folgenden
Eigenschaften:
\begin{enumerate}
\item
Die Verknüpfung ist assoziativ: $(ab)c=a(bc)$ für alle $a,b,c\in G$.
\item
Es gibt ein neutrales Element $e\in G$
\item
Für jedes Element $g\in G$ gibt es ein Element $h\in G$ mit 
$hg=e$.
\end{enumerate}
Das Element $h$ heisst auch das Inverse Element zu $g$.
\end{definition}

Falls nicht jedes Element invertierbar ist, aber wenigstens ein neutrales
Element vorhanden ist, spricht man von einem {\em Monoid}.
\index{Monoid}%
Hat man nur eine Verknüpfung, spricht man oft von einer {\em Halbruppe}.
\index{Halbgruppe}%

\begin{definition}
Eine Gruppe $G$ heisst abelsch, wenn $ab=ba$ für alle $a,b\in G$.
\end{definition}

Additiv geschrieben Gruppen werden immer als abelsch angenommen,
multiplikativ geschrieben Gruppen können abelsch oder nichtabelsch sein.

\subsubsection{Beispiele von Gruppen}

\begin{beispiel}
Die Menge $\mathbb{Z}$ mit der Addition ist eine additive Gruppe mit
dem neutralen Element $0$.
Das additive Inverse eines Elementes $a$ ist $-a$.
\end{beispiel}

\begin{beispiel}
Die von Null verschiedenen Elemente $\Bbbk^*$ eines Zahlekörpers bilden
bezüglich der Multiplikation eine Gruppe mit neutralem Element $1$.
Das multiplikative Inverse eines Elementes $a\in \Bbbk$ mit $a\ne 0$
ist $a^{-1}=\frac1{a}$.
\end{beispiel}

\begin{beispiel}
Die Vektoren $\Bbbk^n$ bilden bezüglich der Addition eine Gruppe mit
dem Nullvektor als neutralem Element.
Betrachtet man $\Bbbk^n$ als Gruppe, verliert man die Multiplikation
mit Skalaren aus den Augen.
$\Bbbk^n$ als Gruppe zu bezeichnen ist also nicht falsch, man
verliert dadurch aber 
\end{beispiel}

\begin{beispiel}
Die Menge aller quadratischen $n\times n$-Matrizen $M_n(\Bbbk)$ ist
eine Gruppe bezüglich der Addition mit der Nullmatrix als neutralem
Element.
Bezügich der Matrizenmultiplikation ist $M_n(\Bbbk)$ aber keine
Gruppe, da sich die singulären Matrizen nicht inverieren lassen.
Die Menge der invertierbaren Matrizen
\[
\operatorname{GL}_n(\Bbbk)
=
\{
A\in M_n(\Bbbk)\;|\; \text{$A$ invertierbar}
\}
\]
ist bezüglich der Multiplikation eine Gruppe.
Die Gruppe $\operatorname{GL}_n(\Bbbk)$ ist eine echte Teilmenge 
von $M_n(\Bbbk)$, die Addition und Multiplikation führen im Allgemeinen
aus der Gruppe heraus, es gibt also keine Mögichkeit, in der Gruppe
$\operatorname{GL}_n(\Bbbk)$ diese Operationen zu verwenden.
\end{beispiel}

\subsubsection{Einige einfache Rechenregeln in Gruppen}
Die Struktur einer Gruppe hat bereits eine Reihe von
Einschränkungen zur Folge.
Zum Beispiel sprach die Definition des neutralen Elements $e$ nur von
Produkten der Form $ex=x$, nicht von Produkten $xe$.
Und die Definition des inversen Elements $h$ von $g$ hat nur
verlangt, dass $gh=e$, es wurde nichts gesagt über das Produkt $hg$.

\begin{satz}
\label{buch:vektorenmatrizen:satz:gruppenregeln}
Ist $G$ eine Gruppe mit neutralem Element $e$, dann gilt
\begin{enumerate}
\item
$xe=x$ für alle $x\in G$
\item
Es gibt nur ein neutrales Element.
Wenn also $f\in G$ mit $fx=x$ für alle $x\in G$, ist dann folgt $f=e$.
\item 
Wenn $hg=e$ gilt, dann auch $gh=e$ und $h$ ist durch $g$ eindeutig bestimmt.
\end{enumerate}
\end{satz}

\begin{proof}[Beweis]
Wir beweisen als Erstes den ersten Teil der Eigenschaft~3.
Sei $h$ die Inverse von $g$, also $hg=e$.
Sei weiter $i$ die Inverse von $h$, also $ih=e$.
Damit folgt jetzt
\[
g
=
eg
=
(ih)g
=
i(hg)
=
ie.
\]
Wende man dies auf das Produkt $gh$ an, folgt
\[
gh
=
(ie)h
=
i(eh)
=
ih
=
e
\]
Es ist also nicht nur $hg=e$ sondern immer auch $gh=e$.

Für eine Inverse $h$ von $g$ folgt
\[
ge
=
g(hg)
=
(gh)g
=
eg
=
g,
\]
dies ist die Eigenschaft~1.

Sind $f$ und $e$ neutrale Elemente, dann folgt
\[
f = fe = e
\]
aus der Eigenschaft~1.

Schliesslich sei $x$ ein beliebiges Inverses von $g$, dann ist
$xg=e$, dann folgt
$x=xe=x(gh)=(xg)h = eh = h$, es gibt also nur ein Inverses von $g$.
\end{proof}

Diesem Problem sind wir zum Beispiel auch in
Abschnitt~\ref{buch:grundlagen:subsection:gleichungssyteme}
begegnet, wo wir nur gezeigt haben, dass $AA^{-1}=E$ ist.
Da aber die invertierbaren Matrizen eine Gruppe
bilden, folgt jetzt aus dem Satz automatisch, dass auch $A^{-1}A=E$.