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% chapter.tex -- Kapitel über Polynome
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% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
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\chapter{Polynome
\label{buch:chapter:polynome}}
\lhead{Polynome}
Ein {\em Polynom} ist ein Ausdruck der Form
\index{Polynom}%
\begin{equation}
p(X) = a_nX^n+a_{n-1}X^{n-1} + \cdots a_2X^2 + a_1X + a_0.
\label{buch:eqn:polynome:polynom}
\end{equation}
Ursprünglich stand das Symbol $X$ als Platzhalter für eine Zahl.
Die Polynomgleichung $Y=p(X)$ drückt dann einen Zusammenhang zwischen
den Grössen $X$ und $Y$ aus.
Zum Beispiel drückt
\begin{equation}
H = -\frac12gT^2 + v_0T +h_0 = p(T)
\label{buch:eqn:polynome:beispiel}
\end{equation}
im Schwerefeld der Erde nahe der Oberfläche einen Zusammenhang
zwischen der Zeit $T$ und der Höhe $H$ eines frei fallenden Körpers aus.
Setzt man einen Wert für $T$ in \eqref{buch:eqn:polynome:beispiel} ein,
erhält man den zugehörigen Wert für $H$.
Man stellt sich hier also vor, dass $T$ eigentlich eine Zahl ist und dass
\eqref{buch:eqn:polynome:polynom}
nur ein ``unfertiger'' Ausdruck oder ein ``Programm'' für eine Berechnung
ist.
In dieser eher arithmetischen Sichtweise ist es aber eigentlich egal, dass in
\index{arithmetische Sichtweise}%
\eqref{buch:eqn:polynome:polynom} nur einfache Multiplikationen und
Additionen vorkommen.
In einem Programm könnten ja auch beliebig komplizierte Operationen
verwendet werden, warum also diese Beschränkung?
Für die nachfolgenden Betrachtungen stellen wir uns $X$ daher nicht
mehr einfach als einen Platzhalter für eine Zahl vor, sondern als ein neues
algebraisches Objekt, für das man die Rechenregeln erst noch definieren muss.
In diesem Kapitel sollen die Regeln zum Beispiel sicherstellen,
dass man mit Polynomen so rechnen kann, wie wenn $X$ eine Zahl wäre.
Es sollen also zum Beispiel die Regeln
\begin{align}
aX&=Xa
&
(a+b)X&=aX+bX
&
a+X &= X+a
\label{buch:eqn:polynome:basic}
\end{align}
gelten.
In dieser algebraischen Sichtweise können je nach den gewählten algebraischen
Rechenregeln für $X$ interessante rechnerische Strukturen abgebildet werden.
\index{algebraische Sichtweise}%
Ziel dieses Kapitels ist zu zeigen, wie man die Rechenregeln für $X$
mit Hilfe von Matrizen allgemein darstellen kann.
Diese Betrachtungsweise wird später in Anwendungen ermöglichen,
handliche Realisierungen für das Rechnen mit Grössen zu finden,
die polynomielle Gleichungen erfüllen.
Ebenso sollen in späteren Kapiteln die Regeln
\eqref{buch:eqn:polynome:basic}
erweitert oder abgelöst werden um weitere Anwendungen zu erschliessen.
Bei der Auswahl der zusätzlichen algebraischen Regeln muss man sehr
vorsichtig vorgehen.
Nimmt man zum Beispiel an, dass man durch $X$ teilen kann, dann würde
dies in der arithmetischen Sichtweise bereits ausschliessen, dass man
für $X$ die Zahl $0$ einsetzen kann.
Aber auch eine Regel wie $X^2 \ge 0$, die für alle reellen Zahlen gilt,
würde die Anwendungsmöglichkeiten zu stark einschränken.
Es gibt zwar keine reelle Zahl, die man in das Polynom $p(X)=X^2+1$
einsetzen könnte, so dass es den Wert $0$ annimmt.
Man könnte $X$ aber als ein neues Objekt ausserhalb von $\mathbb{R}$
betrachten, welches die Gleichung $X^2+1=0$ erfüllt.
In den komplexen Zahlen $\mathbb{C}$ gibt es mit der imaginären
Einheit $i\in\mathbb{C}$ tatsächlich ein Zahl mit der Eigenschaft
$i^2=-1$ und damit eine Objekt, welches die Ungleichung $X^2\ge 0$
verletzt.
Für das Symbol $X$ sollen also die ``üblichen'' Rechenregeln gelten.
Dies ist natürlich nur sinnvoll, wenn man auch mit den Koeffizienten
$a_0,\dots,a_n$ rechnen kann.
Sie müssen also Elemente einer
algebraischen Struktur sein, in der mindestens die Addition und die
Multiplikation definiert sind.
Die ganzen Zahlen $\mathbb{Z}$ kommen dafür in Frage, aber auch
die rationalen oder reellen Zahlen $\mathbb{Q}$ und $\mathbb{R}$.
Man kann sogar noch weiter gehen: man kann als Koeffizienten auch
Vektoren oder sogar Matrizen zulassen.
Polynome können addiert werden, indem die Koeffizienten addiert werden,
und sie können mit Skalaren aus dem Koeffizentenkörper multipliziert werden.
Polynome können aber auch multipliziert werden, was auf die Faltung
der Koeffizienten hinausläuft:
\begin{align}
p(X) &= a_nX^n + a_{n-1}X^{n-1} + \dots + a_1X + a_0
\notag
\\
q(X) &= b_mX^m + b_{m-1}X^{m-1} + \dots + b_1X + b_0
\notag
\\
p(X) q(X) &=
a_{n}b_{m}X^{n+m}
+
(a_{n}b_{m-1}+a_{n-1}b_{m})X^{n+m-1}
+
\ldots
+
(a_1b_0+a_0b_1)X
+
a_0b_0
\\
&=
\sum_{i + j = k}a_ib_j X^k.
\notag
\label{buch:eqn:polynome:faltung}
\end{align}
Dies ist aber nur möglich, wenn die Koeffizienten selbst miteinander
multipliziert werden können, wenn also die Koeffizienten mindestens
Elemente einer Algebra sind.
\input{chapters/20-polynome/definitionen.tex}
\input{chapters/20-polynome/vektoren.tex}
%\input{chapters/20-polynome/matrizen.tex}
%\input{chapters/20-polynome/minimalpolynom.tex}
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