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% teil1.tex -- Beispiel-File für das Paper
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% (c) 2020 Prof Dr Andreas Müller, Hochschule Rapperswil
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\section{Spiegelung}
\rhead{Spiegelung}
\index{Spiegelung}%
Die Spiegelung ist eine grundlegende, geometrische Operation, aus welcher man weitere Operationen wie beispielsweise die später beschriebene Drehung ableiten kann.
Da die geometrische Algebra für geometrische Anwendungen ausgelegt ist, sollte die Spiegelung auch eine einfache, praktische Formulierung besitzen.
\begin{figure}
\centering
\begin{tikzpicture}[>=latex]
\draw[thin,gray!40] (-3,-1) grid (3,3);
\draw[->] (-3.1,0)--(3.2,0) node[right]{$a_1$};
\draw[->] (0,-1.1)--(0,3.2) node[above]{$a_2$};
\draw[blue, line width=1.0pt] (0,3)--(0,-1) node[anchor=south east]{$\sigma_u$};
\draw[line width=2pt,black,-stealth](0,0)--(2,2) node[anchor=south east]{$\boldsymbol{v}$};
\draw[line width=2pt,black,-stealth](0,0)--(-2,2) node[anchor=south east]{$\boldsymbol{v'}$};
\draw[line width=1.5pt,gray,-stealth](0,0)--(1,0) node[anchor=north]{$\boldsymbol{e_1}$};
\draw[line width=1.5pt,gray,-stealth](0,0)--(0,1) node[anchor=north east]{$\boldsymbol{e_2}$};
\draw[line width=1.5pt,red,-stealth](0,2)--(2,2) node[xshift=-1cm, yshift=
0.25cm]{$\boldsymbol{v_{\parallel u}}$};
\draw[line width=1.5pt,red,-stealth](-2,2)--(0,2) node[xshift=-1cm, yshift=
0.25cm]{$\boldsymbol{v_{\parallel u}}$};
\draw[line width=1.5pt,blue,-stealth](0,0.05)--(1,0.05) node[xshift=-0.5cm, yshift=-0.25cm]{$\boldsymbol{\hat{u}}$};
\end{tikzpicture}
\caption{Spiegelung des Vektors $\mathbf{v}$ an der Spiegelebene $\sigma_u$ mit dem Normalenvektor $\mathbf{\hat{u}}$}
\label{BildSpiegelung}
\end{figure}
\subsection{Spiegelung in der linearen Algebra}
Aus der linearen Algebra ist bekannt, dass man eine Spiegelung an einer Ebene wie in Abbildung \ref{BildSpiegelung} gezeigt wie folgt beschreiben kann.
\begin{definition}
Die Abbildung der Spiegelung in der linearen Algebra mit dem Normalenvektor $\mathbf{\hat{u}}$ zur Spiegelebene ist
\begin{equation} \label{RefLinAlg}
\mathbf{v} = \mathbf{v_{\perp u}} + \mathbf{v_{\parallel u}} \enspace\mapsto\enspace \mathbf{v'} = \mathbf{v_{\perp u}} - \mathbf{v_{\parallel u}} = \mathbf{v} - 2 \cdot \mathbf{v_{\parallel u}}.
\end{equation}
\end{definition}
Es scheint für diese Formel \eqref{RefLinAlg} aber umständlich zu sein, weitere Spiegelungen mit weiteren Spiegelebenen anzufügen. Weil man $\mathbf{v_{\parallel u}}$ auch als Skalarprodukt $\mathbf{v_{\parallel u}} = \mathbf{\hat{u}} \cdot \mathbf{v}$ schreiben kann, ist es leicht, diese Abbildung auch als Matrix darzustellen. Sei $\mathbf{\hat{u}}$ ein Normalenvektor auf die Spiegelungsebene, also $\mathbf{\hat{u}}\perp \sigma_u$, und sei ausserdem normiert $|\mathbf{\hat{u}}| = 1$, dann kann die Spiegelung durch die Matrix
\begin{align*}
S = E - 2\mathbf{\hat{u}\hat{u}}^t
\end{align*}
beschrieben werden. In zwei und drei Dimensionen ergibt die Berechnung
\begin{align} \label{Spiegelmatrizen}
S_2 = \begin{pmatrix}
1-2u_1^2 & -2u_1u_2 \\
-2u_1u_2 & 1-2u_2^2
\end{pmatrix}\quad\text{und}\quad
S_3 = \begin{pmatrix}
1-2u_1^2 & -2u_1u_2 & -2u_1u_3\\
-2u_1u_2 & 1-2u_2^2 & -2u_2u_3\\
-2u_1u_3 & -2u_2u_3 & 1-2u_3^2\\
\end{pmatrix}.
\end{align}
Diese Spiegelmatrizen gehören der orthogonalen Matrizengruppe $S_n\in \text{O}(n)$ an.
\index{On@$\operatorname{O}(n)$}%
Die Matrizengruppe $\text{O}(n)$ hat die Eigenschaft $S_n^t S_n = E$, was bedeutet, dass die Länge und Winkel bei der Abbildung beibehalten bleiben. Zusätzlich sind die Spiegelmatrizen symmetrisch, es gilt $S_n^t = S_n$. Somit liefert zweimal dieselbe Spiegelung wieder die identische Abbildung, wie man aus
\begin{align*}
S_n^t S_n = S_n^2 = E
\end{align*}
schliessen kann.
\subsection{Spiegelung in der geometrische Algebra}
Wir definieren zuerst die Inverse eines Vektors, welche in dieser Form in der linearen Algebra nicht existiert.
\index{Inverse eines Vektors}%
\begin{definition}
Die Inverse eines Vektors wird definiert als
\begin{align} \label{InverseGA}
\mathbf{u}^{-1} = \dfrac{\mathbf{u}}{|\mathbf{u}|^2}.
\end{align}
\end{definition}
Diese Definition ist sinnvoll, da wegen $\mathbf{u}^2 = |\mathbf{u}|^2$ folgt
\begin{align*}
\mathbf{uu}^{-1} = \mathbf{u} \frac{\mathbf{u}}{|\mathbf{u}|^2} = \frac{\mathbf{u}^2}{|\mathbf{u}|^2} = \frac{|\mathbf{u}|^2}{|\mathbf{u}|^2} = 1.
\end{align*}
Der Vektor $\mathbf{u}^{-1}$ in \eqref{InverseGA} ist also tatsächlich das inverse Element im Sinne des Produktes in der geometrischen Algebra.
Die geometrische Algebra leitet aus der obigen Formel \eqref{RefLinAlg} für eine Spiegelung eine einfache und intuitive Form her, welche auch für weitere Operationen erweitert werden kann.
\begin{definition}
Die Abbildung der Spiegelung in der geometrischen Algebra mit dem senkrechten Vektor $\mathbf{u}$ zur Spiegelungsebene $\sigma_u$ ist
\begin{align}\label{RefGA}
\mathbf{v} \enspace\mapsto\enspace \mathbf{v}' = -\mathbf{uvu}^{-1}.
\end{align}
\end{definition}
Um zu überprüfen, ob die Spiegelungsgleichung \eqref{RefGA} wirklich eine Spiegelung ist, setzen wir zuerst in diese Gleichung $\mathbf{v} = \mathbf{v_{\perp u}} + \mathbf{v_{\parallel u}}$ ein. Wir bekommen somit
\begin{align*}
\mathbf{v}' = -\mathbf{uv_{\perp u}u}^{-1} - \mathbf{uv_{\parallel u}u}^{-1}.
\end{align*}
Danach können wir mit Hilfe der aus der Schlussfolgerung \eqref{uperpv} und \eqref{uparallelv} hergeleiteten Zusammenhänge
\begin{align*}
\mathbf{uv_{\perp u}} = -\mathbf{v_{\perp u}u} \quad\text{und}\quad \mathbf{uv_{\parallel u}}=\mathbf{v_{\parallel u}u},
\end{align*}
die Gleichung weiter umformen zu
\begin{align*}
\mathbf{v}' = -(-\mathbf{v_{\perp u}}\underbrace{\mathbf{u})\mathbf{u}^{-1}}_{1} -(\mathbf{v_{\parallel u}}\underbrace{\mathbf{u})\mathbf{u}^{-1}}_{1} = \mathbf{v_{\perp u}} - \mathbf{v_{\parallel u}}.
\end{align*}
Man sieht, dass das Resultat $\mathbf{v}' = \mathbf{v_{\perp u}} - \mathbf{v_{\parallel u}}$
gleichbedeutend zu der Definition \eqref{RefLinAlg} der Spiegelung ist.
Verwendet man für $\mathbf{u}$ nur einen Einheitsvektor $\mathbf{\hat{u}}$, wird die Gleichung \eqref{RefGA} zu
\begin{align}
\mathbf{v'} = -\mathbf{\hat{u}v\hat{u}}
\end{align}
vereinfacht.
Im Gegensatz zu den Abbildungen in der linearen Algebra, welche in
jeder anderen Dimension durch andere Matrizen \eqref{Spiegelmatrizen}
beschrieben werden müssen, ist es in der geometrischen Algebra immer
der gleiche Vorgehensweise.
Zudem ist diese kompakte Schreibweise in der linearen Algebra nicht
möglich, da bis auf das Vektorprodukt in drei Dimensionen keine
Multiplikation von Vektoren definiert ist.
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