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author | Andreas Müller <andreas.mueller@ost.ch> | 2022-06-17 11:20:00 +0200 |
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committer | Andreas Müller <andreas.mueller@ost.ch> | 2022-06-17 11:20:00 +0200 |
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diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/Makefile.inc b/buch/chapters/010-potenzen/Makefile.inc index 27ccdae..87afe38 100644 --- a/buch/chapters/010-potenzen/Makefile.inc +++ b/buch/chapters/010-potenzen/Makefile.inc @@ -8,6 +8,7 @@ CHAPTERFILES += \ chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex \ chapters/010-potenzen/polynome.tex \ chapters/010-potenzen/tschebyscheff.tex \ + chapters/010-potenzen/rational.tex \ chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex \ chapters/010-potenzen/uebungsaufgaben/101.tex \ chapters/010-potenzen/uebungsaufgaben/102.tex \ diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/chapter.tex b/buch/chapters/010-potenzen/chapter.tex index 7dc30d4..2628e33 100644 --- a/buch/chapters/010-potenzen/chapter.tex +++ b/buch/chapters/010-potenzen/chapter.tex @@ -40,6 +40,7 @@ Abschnitt~\ref{buch:potenzen:section:potenzreihen} erinnert. \input{chapters/010-potenzen/polynome.tex} \input{chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex} \input{chapters/010-potenzen/tschebyscheff.tex} +\input{chapters/010-potenzen/rational.tex} \input{chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex} \section*{Übungsaufgaben} diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/rational.tex b/buch/chapters/010-potenzen/rational.tex new file mode 100644 index 0000000..a5612e9 --- /dev/null +++ b/buch/chapters/010-potenzen/rational.tex @@ -0,0 +1,60 @@ +% +% rational.tex +% +% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule +% +\section{Rationale Funktionen +\label{buch:polynome:section:rationale-funktionen}} +\rhead{Rationale Funktionen} +Polynome sind sehr einfach auszuwerten und können auf einem +Interval jede stetige Funktion beliebig gut approximieren. +Auf einem unbeschränkten Definitionsbereich wachsen Polynome aber +immer unbeschränkt an. +Der führende Term $a_nx^n$ dominiert das Verhalten eines Polynoms +für $x\to\infty$ wegen +\[ +\lim_{x\to\infty} a_nx^n += +\sign a_n \cdot\infty +\qquad\text{und}\qquad +\lim_{x\to-\infty} a_nx^n += +(-1)^n \sign a_n\cdot \infty. +\] +Insbesondere kann man nicht erwarten, dass sich eine beschränkte +Funktion wie $\sin x$ durch Polynome auf dem ganzen Definitionsbereich +gut approximieren lässt. +Der Unterschied $p(x)-\sin x$ wird für jedes beliebige Polynome $p(x)$ +für $x\to\pm\infty$ unbeschränkt anwachsen. + +Eine weitere Einschränkung ist, dass die Menge der Polynome bezüglich +der arithmetischen Operationen nicht abgeschlossen ist. +Man kann zwar Polynome addieren und multiplizieren, aber der Quotient +ist nicht notwendigerweise ein Polynome. +Abhilfe schafft nur, wenn man Quotienten von Polynomen zulässt. + +\begin{definition} +Eine Funktion $f(x)$ heisst {\em rationale Funktion}, wenn sie Quotient +\index{rationale Funktion}% +zweier Polynome ist, wenn es also Polynome $p(x), q(x)\in K[x]$ gibt mit +\[ +f(x) = \frac{p(x)}{q(x)}. +\] +Die Menge der rationalen Funktione mit Koeffizienten in $K$ wird mit +$K(x)$ bezeichnet. +\end{definition} + +Polynome sind rationale Funktionen, deren Nennergrad $1$ ist. +Rationale Funktionen können ebenfalls zur Approximation von Funktionen +verwendet werden. +Da sie beschränkt sein können, haben sie das Potential, +beschränkte Funktionen besser zu approximieren, als dies mit +Polynomen allein möglich wäre. +Die Theorie der Padé-Approximation, wie sie zum Beispiel im Buch +\cite{buch:pade} dargestellt ist, ist zum Beispiel auch in der +Regelungstechnik von Interesse, da sich rationale Funktionen mit +linearen Komponenten schaltungstechnisch realisieren lassen. +Weitere Anwendungen werden in Kapitel~\ref{chapter:transfer} +gezeigt. + + diff --git a/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex b/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex index 0b2842b..24fc089 100644 --- a/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex +++ b/buch/chapters/030-geometrie/chapter.tex @@ -32,6 +32,7 @@ der Strahlensatz muss durch den Satz von Menelaos ersetzt werden. Es ergibt sich eine Methode, beliebige Dreiecke auf einer Kugeloberfläche ganz analog zum Vorgehen bei ebenen Dreiecken zu berechnen. Diese sphärische Trigonometrie ist die Basis der Navigation +(siehe Kapitel~\ref{chapter:nav}) und aller astrometrischer Berechnungen. Die Analysis hat die Möglichkeit geschaffen, die Länge von Kurven diff --git a/buch/chapters/040-rekursion/hypergeometrisch.tex b/buch/chapters/040-rekursion/hypergeometrisch.tex index d92e594..39efc6b 100644 --- a/buch/chapters/040-rekursion/hypergeometrisch.tex +++ b/buch/chapters/040-rekursion/hypergeometrisch.tex @@ -16,22 +16,38 @@ n^3S_{n} mit Anfangswerten $S_0=1$ und $S_1=8$ angeben? Dies scheint auf den ersten Blick unmöglich kompliziert, man kann aber zeigen, dass -\[ +\begin{equation} S_n = \sum_{k=0}^n \binom{2n-2k}{n-k}^2 \binom{2k}{k}^2 -\] +\label{buch:rekursion:hypergeometrisch:eqn:Sn} +\end{equation} gilt (\cite[p.~xi]{buch:ab}). Die Lösung ist also eine Summe von Summanden, die sehr viel einfacher aussehen und vor allem die besondere Eigenschaft haben, dass die -Quotienten aufeinanderfolgender Terme rationale Funktionen von von $k$ +Quotienten aufeinanderfolgender Terme rationale Funktionen von $k$ sind. -% XXX Quotient berechnen -Eine besonders simple solche Funktion ist die geometrische Reihe, die -im Abschnitt~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:geometrisch} -in Erinnerung gerufen wird. +\begin{definition} +Ein Folge heisst {\em hypergeometrisch}, wenn der Quotient aufeinanderfolgender +\index{hypergeometrische Folge}% +\index{Folge, hypergeometrisch}% +Terme eine rationale Funktion des Folgenindex ist. +\end{definition} + +Die Terme der Reihenentwicklungen aller bisher behandelten speziellen +Funktionen waren hypergeometrisch. +Im aktuellen Abschnitt soll daher die Klasse der sogenannten +hypergeometrischen Funktionen untersucht werden, die durch diese +Eigenschaft charakterisiert sind. + +In Abschnitt~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:binomialkoeffizienten} +wird klar, dass Folgen, deren Terme aus Fakultäten und Binomialkoeffizienten +immer hypergeometrisch sind. +Die Untersuchung der geometrischen Reihe in +Abschnitt~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:geometrisch} +motiviert die Namensgebung. Abschnitt~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:reihen} definiert den Begriff der hypergeometrischen Reihe und zeigt, wie sie in eine Standardform gebracht werden können. @@ -39,22 +55,99 @@ In Abschnitt~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:beispiele} schliesslich wird an Hand von Beispielen gezeigt, wie bekannte Funktionen als hypergeometrische Funktionen interpretiert werden können. +% +% Quotienten von Binomialkoeffizienten +% +\subsection{Quotienten von Binomialkoeffizienten +\label{buch:rekursion:hypergeometrisch:binomialkoeffizienten}} +Aufeinanderfolgende Terme der Summe +\eqref{buch:rekursion:hypergeometrisch:eqn:Sn} +sollen als Quotienten eine rationale Funktion haben. +Dies ist eine allgemeine Eigenschaft von Folgen, die durch Fakultäten +oder Binomialkoeffizienten definiert sind, wie die beiden folgenden +Sätze zeigen. + +\begin{satz} +\label{buch:rekursion:hypergeometrisch:satz:fakquo} +Der Quotient aufeinanderfolgender Folgenglieder +der Folge $c_k=(a+bk)!$ ist der ein Polynom vom Grad $b$. +\end{satz} +\begin{proof}[Beweis] +\begin{align*} +\frac{c_{k+1}}{c_k} +&= +\frac{(a+b(k+1))!}{(a+bk)!} += +\frac{(a+bk+b)!}{(a+b)!} +\\ +&= +(a+bk+1)(a+bk+2)\cdots(a+bk+b) += +(a+bk+1)_b +\end{align*} +Das Pochhammer-Symbol hat $b$ Faktoren, es ist ein Polynom vom Grad $b$. +\end{proof} + +\begin{satz} +\label{buch:rekursion:hypergeometrisch:satz:binomquo} +Die Quotienten aufeinanderfolgender Werte der Binomialkoeffizienten +\[ +f_k += +\binom{a+bk}{c+dk} +\] +ist eine rationale Funktion von $k$ mit Zähler- und Nennergrad $b$. +\end{satz} + +\begin{proof}[Beweis] +Indem man die Binomialkoeffizienten mit Fakultäten als +\[ +\binom{a+bk}{c+dk} += +\frac{(a+bk)!}{(c+dk)!(a-c+(b-d)k)!} +\] +ausschreibt, findet man mit +Satz~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:satz:fakquo} +für die Quotienten +\begin{align} +\frac{f_{k+1}}{f_k} +&= +\frac{(a+bk+1)_b}{(c+dk+1)_d\cdot(a-c+(b-d)k+1)_{b-d}} +\label{buch:rekursion:eqn:binomquotient} +\end{align} +Die Pochhammer-Symbole sind Polynome vom Grad $b$, $d$ bzw.~$b-d$. +Insbesondere ist auch das Nenner-Polynom vom Grad $d+(b-d)=b$. +\end{proof} + +Aus den Sätzen~\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:satz:fakquo} +und +\ref{buch:rekursion:hypergeometrisch:satz:binomquo} +folgt jetzt sofort, dass auch der Quotient aufeinanderfolgender +Summanden der Summe~\eqref{buch:rekursion:hypergeometrisch:eqn:Sn} +eine rationale Funktion von $k$ ist. + +% +% Die geometrische Reihe +% \subsection{Die geometrische Reihe \label{buch:rekursion:hypergeometrisch:geometrisch}} -Die besonders einfache Potenzreihe +Die Reihe \[ f(q) = \sum_{k=0}^\infty aq^k \] -heisst die {\em geometrische Reihe}. +heisst die {\em geometrische Reihe} ist besonders einfache +Reihe mit einer hypergeometrischen Folge von Termen. +\index{geometrische Reihe}% +\index{Reihe!geometrische}% Die Partialsummen \[ S_n = \sum_{k=0}^n aq^k \] -kann mit der Differenz +können aus der Differenz \begin{equation} (1-q)S_n = @@ -75,8 +168,7 @@ a\frac{1-q^{n+1}}{1-q} \label{buch:rekursion:hypergeometrisch:eqn:geomsumme} \end{equation} auflösen kann. - -Fü $q<1$ geht $q^n\to 0$ und damit konvergiert +Für $q<1$ geht $q^n\to 0$ und damit konvergiert $S_n$ gegen \[ \sum_{k=0}^\infty aq^k @@ -97,6 +189,9 @@ Die Berechnung der Summe in beruht darauf, dass die Multiplikation mit $q$ einen ``anderen'' Teil der Summe ergibt, der sich in der Differenze weghebt. +% +% Hypergeometrische Reihen +% \subsection{Hypergeometrische Reihen \label{buch:rekursion:hypergeometrisch:reihen}} Es ist plausibel, dass eine etwas lockerere Bedingung an die @@ -105,11 +200,14 @@ ermöglichen wird, interessante Aussagen über die durch die Reihe beschriebenen Funktionen zu machen. \begin{definition} -Eine Reihe +Eine durch die Reihe \[ f(x) = \sum_{k=0}^\infty a_k x^k \] -heisst {\em hypergeometrisch}, wenn der Quotient aufeinanderfolgender +definierte Funktion $f(x)$ heisst {\em hypergeometrisch}, +wenn der Quotient aufeinanderfolgender +\index{hypergeometrisch} +\index{Reihe!hypergeometrisch} Koeffizienten eine rationale Funktion von $k$ ist, wenn also \[ @@ -485,6 +583,7 @@ x\cdot \subsubsection{Trigonometrische Funktionen} +\index{trigonometrische Funktionen!als hypergeometrische Funktionen}% Die Kosinus-Funktion wurde bereits als hypergeometrische Funktion erkannt, im Folgenden soll dies auch noch für die Sinus-Funktion durchgeführt werden. @@ -586,6 +685,7 @@ x\cdot\mathstrut_0F_1\biggl( durch eine hypergeometrische Funktion ausdrücken. \subsubsection{Hyperbolische Funktionen} +\index{hyperbolische Funktionen!als hypergeometrische Funktionen}% Die für die Sinus-Funktion angewendete Methode lässt sich auch auf die Funktion \begin{align*} @@ -619,9 +719,47 @@ Dies illustriert die Rolle der hypergeometrischen Funktionen als ``grosse Vereinheitlichung'' der bekannten speziellen Funktionen. \subsubsection{Tschebyscheff-Polynome} +\index{Tschebyscheff-Polynome}% +Man kann zeigen, dass auch die Tschebyscheff-Polynome sich durch die +hypergeometrischen Funktionen +\begin{equation} +T_n(x) += +\mathstrut_2F_1\biggl( +\begin{matrix}-n,n\\\frac12\end{matrix} +; +\frac12(1-x) +\biggr) +\label{buch:rekursion:hypergeometrisch:tschebyscheff2f1} +\end{equation} +ausdrücken lassen. +Beweisen kann man diese Beziehung zum Beispiel mit Hilfe der +Differentialgleichungen, denen die Funktionen genügen. +Diese Methode wird in +Abschnitt~\ref{buch:differentialgleichungen:section:hypergeometrisch} +von Kapitel~\ref{buch:chapter:differential} vorgestellt. -TODO -\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Chebyshev_polynomials} +Die Tschebyscheff-Polynome sind nicht die einzigen Familien von Polynomen, +\index{Tschebyscheff-Polynome!als hypergeometrische Funktion} +die sich durch $\mathstrut_pF_q$ ausdrücken lassen. +Für die zahlreichen Familien von orthogonalen Polynomen, die in +Kapitel~\ref{buch:chapter:orthogonalitaet} untersucht werden, +trifft dies auch zu. +Ein Funktion +\[ +\mathstrut_pF_q +\biggl( +\begin{matrix} +a_1,\dots,a_p\\ +b_1,\dots,b_q +\end{matrix} +;z +\biggr) +\] +ist genau dann ein Polynom, wenn mindestens einer der Parameter +$a_k$ eine negative ganze Zahl ist. +Der Grad des Polynoms ist der kleinste Betrag der negativ ganzzahligen +Werte unter den Parametern $a_k$. % % Ableitung und Stammfunktion diff --git a/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex b/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex index e187b68..65b3be7 100644 --- a/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex +++ b/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex @@ -1757,6 +1757,7 @@ T_n(x) \biggr). \end{equation} Auch die Tschebyscheff-Polynome lassen sich also mit Hilfe einer -hypergeometrischen Funktion schreiben. +hypergeometrischen Funktion schreiben, wie schon in +\eqref{buch:rekursion:hypergeometrisch:tschebyscheff2f1} +bemerkt wurde. -%\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Chebyshev_polynomials} |