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author | Andreas Müller <andreas.mueller@ost.ch> | 2022-05-18 14:24:38 +0200 |
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-rw-r--r-- | buch/papers/nav/nautischesdreieck.tex | 206 |
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diff --git a/buch/papers/nav/nautischesdreieck.tex b/buch/papers/nav/nautischesdreieck.tex new file mode 100644 index 0000000..b61e908 --- /dev/null +++ b/buch/papers/nav/nautischesdreieck.tex @@ -0,0 +1,206 @@ +\section{Das Nautische Dreieck} +\subsection{Definition des Nautischen Dreiecks} +Ursprünglich ist das nautische Dreieck ein Hilfsmittel der sphärischen Astronomie um die momentane Position eines Fixsterns oder Planeten an der \textbf{Himmelskugel}. +Die Himmelskugel ist eine gedachte Kugel, welche die Erde und dessen Beobachter umgibt und als Rechenfläche für Koordinaten in der Astronomie und Geodäsie dient.\\ +Das Nautische Dreieck definiert sich durch folgende Ecken: +\begin{itemize} + \item Zenit + \item Gestirn + \item Himmelspol +\end{itemize} +Der Zenit ist jener Punkt, der vom Erdmittelpunkt durch denn eigenen Standort an die Himmelskugel verlängert wird. +Ein Gestirn ist ein Planet oder ein Fixstern, zu welchen es diverse Jahrbücher mit allen astronomischen Eigenschaften gibt. +Der Himmelspol ist der Nordpol an die Himmelskugel projiziert. +\\ +Zur Anwendung der Formeln der sphärischen Trigonometrie gelten folgende einfache Zusammenhänge: +\begin{itemize} + \item Seitenlänge Zenit zu Himmelspol $= \frac{\pi}{2} - \phi $ + \item Seitenlänge Himmelspol zu Gestirn $= \frac{\pi}{2} - \delta$ + \item Seitenlänge Zenit zu Gestirn $= \frac{\pi}{2} - h$ + \item Winkel von Zenit zu Himmelsnordpol zu Gestirn$=\pi - \alpha$ + \item Winkel von Himmelsnordpol zu Zenit und Gestirn$= \tau$ +\end{itemize} +Um mit diesen Zusammenhängen zu rechnen benötigt man folgende Legende: + +$\alpha \ \widehat{=} \ Rektaszension $ + +$\delta \ \widehat{=} \ Deklination =$ Breitengrad des Gestirns + +$\theta \ \widehat{=} \ Sternzeit\ von\ Greenwich$ + +$\phi \ \widehat{=} \ Geographische \ Breite $ + +$\tau = \theta-\alpha \ \widehat{=} \ Stundenwinkel =$ Längengrad des Gestirns + +$a \ \widehat{=} \ Azimut $ + +$h \ \widehat{=} \ Hoehe$ + + + +\newpage +\subsection{Zusammenhang des Nautischen Dreiecks und des Kugeldreiecks auf der Erdkugel} +\begin{figure}[h] + \begin{center} + \includegraphics[height=5cm,width=5cm]{papers/nav/bilder/kugel3.png} + \caption[Nautisches Dreieck]{Nautisches Dreieck} + \end{center} +\end{figure} + +Wie man im oberen Bild sieht und auch am Anfang dieses Kapitels bereits erwähnt wurde, liegt das Nautische Dreieck auf der Himmelskugel mit den Ecken Zenit, Gestirn und Himmelsnordpol. +Das selbe Dreieck kann man aber auch auf die Erdkugel projezieren und hat dann die Ecken Standort, Bildpunkt und Nordpol. +Als Bildpunkt wird in der astronomischen Navigation der Punkt bezeichnet, an dem eine gedachte Linie vom Mittelpunkt eines beobachteten Gestirns zum Mittelpunkt der Erde die Erdoberfläche schneidet. + + +\section{Standortbestimmung ohne elektronische Hilfsmittel} +Um den eigenen Standort herauszufinden, wird in diesem Kapitel die Projektion Nautische Dreieck auf der Erdkugel zur Hilfe genommen. +Mithilfe einiger Hilfsmittel und der Sphärischen Trigonometrie kann man dann die Längen- und Breitengrade des eigenen Standortes bestimmen. + +\begin{figure}[h] + \begin{center} + \includegraphics[width=6cm]{papers/nav/bilder/dreieck.png} + \caption[Dreieck für die Standortbestimmung]{Dreieck für die Standortbestimmung} + \end{center} +\end{figure} + + + + +\subsection{Ecke P - Unser Standort} +Unser eigener Standort ist der gesuchte Punkt A. + +\subsection{Ecke A - Nordpol} +Der Vorteil ander Idee des Nautischen Dreiecks ist, dass eine Ecke immer der Nordpol (in der Himmelskugel der Himmelsnordpol) ist. +Somit ist diese Ecke immer bekannt und nur deswegen sind die Zusammenhänge von Rektaszension, Sternzeit und Deklination so simpel. +\newpage +\subsection{Ecke B und C - Bildpunkt X und Y} +Für die Standortermittlung benötigt man als weiteren Punkt ein Gestirn bzw. seinen Bildpunkt auf der Erdkugel. +Damit das trigonometrische Rechnen einfacher wird, werden hier zwei Gestirne zur Hilfe genommen. +\\ +Es gibt diverse Gestirne, die man nutzen kann. +\begin{itemize} + \item Sonne + \item Mond + \item Die vier Navigationsplaneten Venus, Mars, Jupiter und Saturn +\end{itemize} + +Zu all diesen Gestirnen gibt es Ephemeriden (Jahrbücher). +Dort findet man unter Anderem die Rektaszension und Deklination, welche für jeden Tag und Stunde beschrieben ist. Für Minuten genaue Angaben muss man dann zwischen den Stunden interpolieren. +Mithilfe dieser beiden Angaben kann man die Längen- und Breitengrade diverser Gestirne berechnen. + +\subsubsection{Sternzeit und Rektaszension} +Die Rektaszension $\alpha$ gibt an, in welchem Winkel das Gestirn zum Frühlingspunkt steht. +Der Frühlungspunkt ist der Nullpunkt auf dem Himmelsäquator. +Die Tatsache, dass sich die Himmelskugel ca. vier Minuten schneller um die eigene Achse dreht als die Erdkugel, stellt hier ein kleines Problem dar. +Die Lösung ist die Sternzeit. +Am Frühlingspunkt (21. März) 12:00 Uhr ist die Sternzeit +$\theta = 0$. + +Die Sternzeit geht vom Frühlungspunkt aus, an welchem die Sonne den Himmelsäquator schneidet. +Für die Standortermittlung auf der Erdkugel ist es am einfachsten, wenn man die Sternzeit von Greenwich berechnet. +Für die Sternzeit von Greenwich braucht man als erstes das Julianische Datum $T$ vom aktuellen Tag, welches sich leicht recherchieren lässt. +Im Anschluss berechnet man die Sternzeit von Greenwich +\\ +\\ +$T_{Greenwich} = 6^h 41^m 50^s,54841 + 8640184^s,812866 \cdot T + 0^s,093104 \cdot T^2 - 0^s,0000062 \cdot T^3$. +\\ +\\ +Wenn mann die Sternzeit von Greenwich ausgerechnet hat, kann man den Längengrad des Gestirns $\lambda = \theta - \alpha$ mithilfe der Rektaszension und Sternzeit bestimmen. +Dies gilt analog auch für das zweite Gestirn. + +\subsubsection{Deklination} +Die Deklination $\delta$ beschreibt den Winkel zwischen dem Himmelsäquator und Gestirn und ergibt schlussendlich den Breitengrad. + + +\newpage +\subsection{Bestimmung des eigenen Standortes P} +Nun hat man die Koordinaten der beiden Gestirne und man weiss die Koordinaten des Nordpols. +Somit können wir ein erstes Kugeldreieck auf der Erde aufspannen. + + +\begin{figure}[h] + \begin{center} + \includegraphics[width=4.5cm]{papers/nav/bilder/dreieck.png} + \caption[Dreieck für die Standortbestimmung]{Dreieck für die Standortbestimmung} + \end{center} +\end{figure} + + +\subsubsection{Bestimmung des ersten Dreiecks} + +$A=$ Nordpol + +$B=$ Bildpunkt des Gestirns X + +$C=$ Bildpunkt des Gestirns Y +\\ +\\ +Mithilfe des sphärischen Trigonometrie und den darausfolgenden Zusammenhängen des Nautischen Dreiecks können wir nun alle Seiten des Dreiecks $ABC$ berechnen. + +Die Seitenlänge der Seite "Nordpol zum Bildpunkt X" sei $c$. +Dann ist $c = \frac{\pi}{2} - \delta_1$. + +Die Seitenlänge der Seite "Nordpol zum Bildpunkt Y" sei $b$. +Dann ist $b = \frac{\pi}{2} - \delta_2$. + +Der Innenwinkel beim der Ecke "Nordpol" sei $\alpha$. +Dann ist $ \alpha = |\lambda_1 - \lambda_2|$. +\\ +\\ +mit + +$\delta_1 =$ Deklination Bildpunkt X + +$\delta_2 =$ Deklination Bildpunk Y + +$\lambda_1 =$ Längengrad Bildpunkt X + +$\lambda_2 =$ Längengrad Bildpunkt Y + +Wichtig ist: Die Differenz der Längengrade ist gleich der Innenwinkel Alpha, deswegen der Betrag! +\\ +\\ +Nun haben wir die beiden Seiten $c\ und\ b$ und den Winkel $\alpha$, der sich zwischen diesen Seiten befindet. +Mithilfe des Seiten-Kosinussatzes +$cos(a) = \cos(b)\cdot \cos(c) + \sin(b) \cdot \sin(c)\cdot \cos(\alpha)$ +können wir nun die dritte Seitenlänge bestimmen. +Es ist darauf zu achten, dass hier natürlich die Seitenlängen in Bogenmass sind und dementsprechend der Kosinus und Sinus verwendet wird. + +Jetzt fehlen noch die beiden anderen Innenwinkel $\beta \ und\ \gamma$. +Diese bestimmen wir mithilfe des Sinussatzes $\frac{\sin (a)}{\sin (\alpha)} =\frac{\sin (b)}{\sin (\beta)} = \frac{\sin (c)}{\sin (\gamma)}$. +Hier muss man aufpassen, dass man Seite von Winkel unterscheiden kann. +Im Zähler sind die Seiten, im Nenner die Winkel. +Somit ist $\beta =\sin^{-1} [\sin(b) \cdot \frac{\sin(\alpha)}{\sin(a)}] $. + +Schlussendlich haben wir die Seiten $a,b\ und \ c$, die Ecken A,B und C und die Winkel $\alpha, \beta \ und \ \gamma$ bestimmt und somit das ganze erste Kugeldreieck berechnet. + +\subsubsection{Bestimmung des zweiten Dreiecks} +Wir bilden nun ein zweites Dreieck, welches die Ecken B und C des ersten Dreiecks besitzt. +Die dritte Ecke ist der eigene Standort P. +Unser Standort definiere sich aus einer geographischen Breite $\delta$ und einer geographischen Länge $\lambda$. + +Die Seite von P zu B sei $pb$ und die Seite von P zu C sei $pc$. +Die beiden Seitenlängen kann man mit dem Sextant messen und durch eine einfache Formel bestimmen, nämlich $pb=\frac{\pi}{2} - h_{B}$ und $pc=\frac{\pi}{2} - h_{C}$ + +mit $h_B=$ Höhe von Gestirn in B und $h_C=$ Höhe von Gestirn in C mit Sextant gemessen. +\\ + +Nun muss man eine Verbindungslinie ziehen zwischen P und A. Die Länge $l$ dieser Linie entspricht der gesuchten geographischen Breite $\delta$. Diese lässt sich mithilfe des Dreiecks $ABP$, den bekannten Seiten $c\ und \ pb$ und des Seiten-Kosinussatzes berechnen. + +Für den Seiten-Kosinussatz benötigt es noch $\kappa$. +Da wir aber $pc$, $pb$ und $a$ kennen, kann man mit dem Seiten-Kosinussatz den Winkel $\beta1$ berechnen und anschliessend $\beta + \beta1 =\kappa$. + +Somit ist $cos(l) = \cos(c)\cdot \cos(pb) + \sin(c) \cdot \sin(pb) \cdot \cos(\kappa)$ + +und + +$\delta =\cos^{-1} [\cos(c) \cdot \cos(pb) + \sin(c) \cdot \sin(pb) \cdot \cos(\kappa)]$. +\\ + +Für die Geographische Länge $\lambda$ des eigenen Standortes muss man den Winkel $\omega$, welcher sich im Dreieck $ACP$ in der Ecke bei $A$ befindet mithilfe des Sinussatzes $\frac{\sin (a)}{\sin (\alpha)} =\frac{\sin (b)}{\sin (\beta)} = \frac{\sin (c)}{\sin (\gamma)}$ bestimmen. +\\ + +Somit ist $\omega=\sin^{-1}[\sin(pc) \cdot \frac{\sin(\gamma)}{\sin(l)}]$ und unsere gesuchte geographische Länge schlussendlich +$\lambda=\lambda_1 - \omega$ mit $\lambda_1$=Längengrad Bildpunkt XXX. +\newpage +\listoffigures
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