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-rw-r--r--buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex323
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diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex
index 39cb418..54b7531 100644
--- a/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex
+++ b/buch/chapters/110-elliptisch/mathpendel.tex
@@ -53,7 +53,7 @@ enthält.
Der Energieerhaltungssatz kann uns eine solche Gleichung geben.
Die Summe von kinetischer und potentieller Energie muss konstant sein.
Dies führt auf
-\[
+\begin{equation}
E_{\text{kinetisch}}
+
E_{\text{potentiell}}
@@ -66,8 +66,9 @@ mgl(1-\cos\vartheta)
+
mgl(1-\cos\vartheta)
=
-E
-\]
+E.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:energiegleichung}
+\end{equation}
Durch Auflösen nach $\dot{\vartheta}$ kann man jetzt die
Differentialgleichung
\[
@@ -94,159 +95,229 @@ Für $E>2mgl$ wird sich das Pendel im Kreis bewegen, für sehr grosse
Energie ist die kinetische Energie dominant, die Verlangsamung im
höchsten Punkt wird immer weniger ausgeprägt sein.
-\begin{figure}
-\centering
-\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/110-elliptisch/images/jacobiplots.pdf}
-\caption{%
-Abhängigkeit der elliptischen Funktionen von $u$ für
-verschiedene Werte von $k^2=m$.
-Für $m=0$ ist $\operatorname{sn}(u,0)=\sin u$,
-$\operatorname{cn}(u,0)=\cos u$ und $\operatorname{dn}(u,0)=1$, diese
-sind in allen Plots in einer helleren Farbe eingezeichnet.
-Für kleine Werte von $m$ weichen die elliptischen Funktionen nur wenig
-von den trigonometrischen Funktionen ab,
-es ist aber klar erkennbar, dass die anharmonischen Terme in der
-Differentialgleichung die Periode mit steigender Amplitude verlängern.
-Sehr grosse Werte von $m$ nahe bei $1$ entsprechen der Situation, dass
-die Energie des Pendels fast ausreicht, dass es den höchsten Punkt
-erreichen kann, was es für $m$ macht.
-\label{buch:elliptisch:fig:jacobiplots}}
-\end{figure}
+
%
% Koordinatentransformation auf elliptische Funktionen
%
\subsubsection{Koordinatentransformation auf elliptische Funktionen}
Wir verwenden als neue Variable
-\[
-y = \sin\frac{\vartheta}2
-\]
-mit der Ableitung
-\[
-\dot{y}=\frac12\cos\frac{\vartheta}{2}\cdot \dot{\vartheta}.
-\]
-Man beachte, dass $y$ nicht eine Koordinate in
-Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} ist.
-
-Aus den Halbwinkelformeln finden wir
-\[
+\begin{align}
+y
+&=
+\sin\frac{\vartheta}2
+&&\Rightarrow&
+\cos^2\frac{\vartheta}2
+&=
+1-y^2.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:ydef}
+\intertext{Die Ableitung ist}
+\dot{y}
+&=
+\frac12\cos\frac{\vartheta}{2}\cdot \dot{\vartheta}
+&&\Rightarrow&
+\dot{y}^2
+&=
+\frac14\cos^2\frac{\vartheta}2\cdot\dot{\vartheta}^2.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:yabl}
+\intertext{%
+Man beachte, dass die Koordinate senkrecht zur $x$-Achse in
+Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} die Auslenkung
+$l\sin\vartheta$ ist, $y$ ist also nicht die Auslenkung senkrecht
+zur $x$-Achse!
+Aus den Halbwinkelformeln finden wir ausserdem
+}
\cos\vartheta
-=
+&=
1-2\sin^2 \frac{\vartheta}2
=
-1-2y^2.
-\]
-Dies können wir zusammen mit der
-Identität $\cos^2\vartheta/2 = 1-\sin^2\vartheta/2 = 1-y^2$
-in die Energiegleichung einsetzen und erhalten
-\[
-\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 + mgly^2 = E
-\qquad\Rightarrow\qquad
-\frac14 \dot{\vartheta}^2 = \frac{E}{2ml^2} - \frac{g}{2l}y^2.
-\]
-Der konstante Term auf der rechten Seite ist grösser oder kleiner als
-$1$ je nachdem, ob das Pendel sich im Kreis bewegt oder nicht.
+1-2y^2
+&&\Rightarrow&
+1-\cos\vartheta
+&=
+2y^2.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:halbwinkel}
+\end{align}
+Die Grösse $1-\cos\vartheta$ haben wir in der Energiegleichung
+\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:energiegleichung}
+bereits angetroffen.
-Durch Multiplizieren mit $\cos^2\frac{\vartheta}{2}=1-y^2$
+Die Identitäten
+\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:halbwinkel}
+%und
+%\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:ydef}
+können wir jetzt in die
+Energiegleichung~\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:energiegleichung}
+einsetzen und erhalten
+\begin{align}
+\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 + 2mgly^2
+&=
+E
+\intertext{und nach Division durch $2ml^2$}
+\frac14 \dot{\vartheta}^2
+&=
+\frac{E}{2ml^2} - \frac{g}{l}y^2.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:thetadgl}
+\end{align}
+%Der konstante Term auf der rechten Seite ist grösser oder kleiner als
+%$1$ je nachdem, ob das Pendel sich im Kreis bewegt oder nicht.
+Durch Multiplizieren mit der rechten Gleichung von
+\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:ydef}
erhalten wir auf der linken Seite einen Ausdruck, den wir
+mit Hilfe von \eqref{buch:elliptisch:mathpendel:yabl}
als Funktion von $\dot{y}$ ausdrücken können.
Wir erhalten
-\begin{align*}
-\frac14
+\begin{align}
+\underbrace{\frac14
\cos^2\frac{\vartheta}2
\cdot
-\dot{\vartheta}^2
+\dot{\vartheta}^2}_{\displaystyle=\dot{y}^2}
&=
-\frac14
(1-y^2)
-\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{2l}y^2\biggr)
+\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{l}y^2\biggr)
+\notag
\\
\dot{y}^2
&=
-\frac{1}{4}
(1-y^2)
-\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{2l}y^2\biggr)
-\end{align*}
+\biggl(\frac{E}{2ml^2} -\frac{g}{l}y^2\biggr)
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:ydgl}
+\end{align}
Die letzte Gleichung hat die Form einer Differentialgleichung
für elliptische Funktionen.
-Welche Funktion verwendet werden muss, hängt von der Grösse der
-Koeffizienten in der zweiten Klammer ab.
-Die Tabelle~\ref{buch:elliptisch:tabelle:loesungsfunktionen}
-zeigt, dass in der zweiten Klammer jeweils einer der Terme
-$1$ sein muss.
+Welche Funktion verwendet werden muss, hängt von der relativen
+Grösse der Koeffizienten in der zweiten Klammer ab.
%
-% Der Fall E < 2mgl
+% Zeittransformation zur Elimination des konstanten Faktors
%
-\subsubsection{Der Fall $E<2mgl$}
-
-
-Wir verwenden als neue Variable
-\[
-y = \sin\frac{\vartheta}2
-\]
-mit der Ableitung
+\subsubsection{Zeittransformation}
+Die Gleichung~\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:ydgl} kann auch in
+die Form
+\begin{equation}
+\frac{2ml^2}{E}\dot{y}^2
+=
+(1-y^2)\biggl(1-\frac{2mgl}{E}y^2\biggr)
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:ydgl2}
+\end{equation}
+gebracht werden.
+Der konstante Faktor auf der linken Seite kann wie in der Diskussion
+des anharmonischen Oszillators durch eine lineare
+Transformation der Zeit zum Verschwinden gebracht werden.
+Dazu setzt man $z(t) = y(bt)$ und bekommt
\[
-\dot{y}=\frac12\cos\frac{\vartheta}{2}\cdot \dot{\vartheta}.
+\frac{d}{dt}z(t)
+=
+\frac{d}{dt}y(bt) \frac{d\,bt}{dt}
+=
+b\dot{y}(bt).
\]
-Man beachte, dass $y$ nicht eine Koordinate in
-Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:mathpendel} ist.
+Die Zeit muss also mit dem Faktor $\sqrt{2ml^2/E}$ skaliert werden.
+
+%
+% Nullstellen der rechten Seite der Differentialgleichung
+%
+\subsubsection{Nullstellen der rechten Seite}
+Die rechte Seite von \eqref{buch:elliptisch:mathpendel:ydgl2}
+hat die beiden Nullstellen $1$ und
+\begin{equation}
+y_0=\sqrt{\frac{E}{2mgl}}.
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:y0}
+\end{equation}
+Die Differentialgleichung kann damit als
+\begin{equation}
+\dot{y}^2
+=
+(1-y^2)\biggl(1-\frac{1}{y_0^2}y^2\biggr)
+\label{buch:elliptisch:mathpendel:y0dgl}
+\end{equation}
+geschrieben werden.
+Da die linke Seite $\ge 0$ sein muss, muss
+\(
+y\le \min(1,y_0)
+\)
+sein.
+Damit ergeben sich zwei Fälle.
+Wenn $y_0<1$ ist, dann schwingt das Pendel.
+Der Fall $y_0>1$ entspricht einer Bewegung, bei der das Pendel
+um den Punkt $O$ rotiert.
+
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/110-elliptisch/images/jacobiplots.pdf}
+\caption{%
+Abhängigkeit der elliptischen Funktionen von $u$ für
+verschiedene Werte von $k^2=m$.
+Für $m=0$ ist $\operatorname{sn}(u,0)=\sin u$,
+$\operatorname{cn}(u,0)=\cos u$ und $\operatorname{dn}(u,0)=1$, diese
+sind in allen Plots in einer helleren Farbe eingezeichnet.
+Für kleine Werte von $m$ weichen die elliptischen Funktionen nur wenig
+von den trigonometrischen Funktionen ab,
+es ist aber klar erkennbar, dass die anharmonischen Terme in der
+Differentialgleichung die Periode mit steigender Amplitude verlängern.
+Sehr grosse Werte von $m$ nahe bei $1$ entsprechen der Situation, dass
+die Energie des Pendels fast ausreicht, dass es den höchsten Punkt
+erreichen kann, was es für $m$ macht.
+\label{buch:elliptisch:fig:jacobiplots}}
+\end{figure}
-Aus den Halbwinkelformeln finden wir
+\subsubsection{Der Fall $E>2mgl$}
+In diesem Fall ist die zweite Nullstelle $y_0>1$ oder $1/y_0^2 < 1$.
+Die Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:y0dgl}
+sieht ganz ähnlich aus wie die Differentialgleichung der
+Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$, tatsächlich wird sie zur
+Differentialgleichung von $\operatorname{sn}(u,k)$ wenn man
\[
-\cos\vartheta
+k^2
=
-1-2\sin^2 \frac{\vartheta}2
+1/y_0^2
=
-1-2y^2.
+\frac{2mgl}{E}
\]
-Dies können wir zusammen mit der
-Identität $\cos^2\vartheta/2 = 1-\sin^2\vartheta/2 = 1-y^2$
-in die Energiegleichung einsetzen und erhalten
-\[
-\frac12ml^2\dot{\vartheta}^2 + mgly^2 = E.
-\]
-Durch Multiplizieren mit $\cos^2\frac{\vartheta}{2}=1-y^2$
-erhalten wir auf der linken Seite einen Ausdruck, den wir
-als Funktion von $\dot{y}$ ausdrücken können.
-Wir erhalten
-\begin{align*}
-\frac12ml^2
-\cos^2\frac{\vartheta}2
-\dot{\vartheta}^2
-&=
-(1-y^2)
-(E -mgly^2)
-\\
-\frac{1}{4}\cos^2\frac{\vartheta}{2}\dot{\vartheta}^2
-&=
-\frac{1}{2}
-(1-y^2)
-\biggl(\frac{E}{ml^2} -\frac{g}{l}y^2\biggr)
-\\
+wählt.
+In diesem Fall ist also $y=\operatorname{sn}(u,1/y_0)$ eine Lösung
+der Differentialgleichung, wobei $u$ eine lineare Funktion der Zeit
+ist.
+
+Wenn $y_0 \gg 1$ ist, dann ist $k\approx 0$ und die Bewegung ist
+entspricht einer gleichförmigen Kreisbewegung.
+Je näher $y_0$ an $1$ liegt, desto näher an $1$ ist auch $k$ und
+desto grösser wird die Verlangsamung der Bewgung in der Nähe des
+Scheitels, das Pendel verweilt sehr lange.
+Dies äussert sich in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobiplots}
+durch die lange Verweildauer der Funktion nahe der Extrema.
+
+%
+% Der Fall E < 2mgl
+%
+\subsubsection{Der Fall $E<2mgl$}
+In diesem Fall ist $y_0<1$ und die
+Differentialgleichung~\eqref{buch:elliptisch:mathpendel:y0dgl}
+sieht zwar immer noch wie eine Differentialgleichung für
+$\operatorname{sn}(u,k)$ aus, aber die Lage der Nullstellen
+der rechten Seite ist verkehrt.
+Indem wir $y=y_0z$ schreiben, erhalten wir
+\begin{equation}
\dot{y}^2
-&=
-\frac{E}{2ml^2}
-(1-y^2)\biggl(
-1-\frac{2gml}{E}y^2
-\biggr).
-\end{align*}
-Dies ist genau die Form der Differentialgleichung für die elliptische
-Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$
-mit $k^2 = 2gml/E< 1$.
-
-XXX Verbindung zur Abbildung
-
-%%
-%% Der Fall E > 2mgl
-%%
-%\subsection{Der Fall $E > 2mgl$}
-%In diesem Fall hat das Pendel im höchsten Punkte immer noch genügend
-%kinetische Energie, so dass es sich im Kreise dreht.
-%Indem wir die Gleichung
-
-
-%\subsection{Soliton-Lösungen der Sinus-Gordon-Gleichung}
-
-%\subsection{Nichtlineare Differentialgleichung vierter Ordnung}
-%XXX Möbius-Transformation \\
-%XXX Reduktion auf die Differentialgleichung elliptischer Funktionen
+=
+y_0^2 \dot{z}^2
+=
+(1-y_0^2z^2)(1-z^2).
+\end{equation}
+Wieder kann durch eine lineare Transformation der Zeit der Faktor $y_0^2$
+auf der linken Seite zum Verschwinden gebracht werden, es bleibt
+die Differentialgleichung der Funktion $\operatorname{sn}(u,k)$
+mit $k=y_0$.
+Daraus liest man ab, dass $y_0\operatorname{sn}(u,k)$ die Bewegung
+des Pendels im oszillatorischen Fall beschreibt, wobei $u$ wieder
+eine lineare Funktion der Zeit ist.
+
+Wenn $y_0\ll 1$ ist, dann ist auch $k$ sehr klein und die lineare
+Näherung ist sehr gut, das Pendel verhält sich wie ein harmonischer
+Oszillator mit einer Sinus-Schwingung als Lösung.
+Für $y_0=k$ nahe an $1$ dagegen erreicht die Schwingung fast den
+die maximale Höhe und wird dort sehr langsam.
+Dies äussert sich in Abbildung~
+Dies äussert sich in Abbildung~\ref{buch:elliptisch:fig:jacobiplots}
+wiederum durch die lange Verweildauer der Funktion nahe der Extrema.
+