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\section{Kristalle}
%einleitung sollte noch an das ende von der Symmetrie angepasst werden
Unter dem Begriff Kristall sollte sich jeder ein Bild machen können.
Wir werden uns aber nicht auf sein Äusseres fokussieren, sondern was ihn im Inneren ausmacht.
Die Innereien eines Kristalles sind glücklicherweise relativ einfach definiert.
\begin{definition}[Kristall]
Ein Kristall besteht aus Atomen, welche sich in einem Muster arrangieren, welches sich in drei Dimensionen periodisch wiederholt.
\end{definition}
\begin{figure}
\centering
\includegraphics[]{papers/punktgruppen/figures/lattice}
\caption{
Zweidimensionales Kristallgitter.
\label{fig:punktgruppen:lattice}
}
\end{figure}
\subsection{Kristallgitter}
Ein zweidimensionales Beispiel eines solchen Muster ist Abbildung \ref{fig:punktgruppen:lattice}.
Für die Überschaubarkeit haben wir ein simples Motiv eines einzelnen grauen Punktes dargestellt und betrachten dies nur in zwei Dimensionen.
Die eingezeichneten Vektoren \(\vec{a}_1\) und \(\vec{a}_2\) sind die kleinstmöglichen Schritte im Raum bis sich das Kristallgitter wiederholt.
Wird ein beliebiger grauer Gitterpunkt in \ref{fig:punktgruppen:lattice} gewählt und um eine ganzzahlige Linearkombination von \(\vec{a}_1\) und \(\vec{a}_2\) verschoben, endet er zwangsweise auf einem Gitterpunkt, wenn nicht wieder am selben Ort.
Im dreidimensionalen Raum können alle Gitterpunkte mit derselben Idee und einem zusätzlichen Vektor \(\vec{c}\) also
\[
\vec{r} = n_1 \vec{a}_1 + n_2 \vec{a}_2 + n_3 \vec{a}_3 = \sum_i n_i \vec{a}_i
\]
erreicht werden sofern \(n_1,n_2,n_3 \in \mathbb{Z}\) sind.
Sind die Vektoren \(\vec{a}_1\), \(\vec{a}_2\), \(\vec{a}_3\) gegeben, ist ein Kristallgitter eindeutig beschrieben, weswegen sie auch als Grundvektoren bekannt sind.
\subsection{Translationssymmetrie}
Da sich das ganze Kristallgitter wiederholt, wiederholen sich auch dessen Eigenschaften periodisch mit den Grundvektoren.
Sollte man sich auf einem Gitterpunkt in einem Kristall aufhalten, ist es unmöglich zu wissen, auf welchem Gitterpunkt man sich befindet, da die Umgebungen aller Punkte identisch sind.
Mit anderen Worten: Jedes Kristallgitter $ G $ ist \emph{Translationssymmetrisch} in der Translation
\[
\vec{Q}_i(G) = G + \vec{a}_i
\] wobei der Vektor $\vec{a}_i$ ein Grundvektor sein muss.
Da die Translationssymmetrie beliebig oft mit allen Grundvektoren angewendet werden kann,
können wir auch sagen, dass alle Verschiebungen um eine Linearkombination
der Vektoren $\vec{a}_1$ , $\vec{a}_2$ und $\vec{a}_3$ erlaubt sind oder kurz, um $\vec{r}$.
Verschiebungen um $\vec{r}$ bewirken demnach keine Veränderungen,
solange wir ein unendlich grosses Kristallgitter verschieben.
\subsection{Limitierte Kristallsymmetrien} \label{txt:punktgruppen:Translationssymmetrie}
Die Translationssymmetrie ist wohl keine grosse Überraschung, wenn man die Abbildung \ref{fig:punktgruppen:lattice} betrachtet.
Was nicht direkt ersichtlich ist, dass bei beliebigen Grundvektoren nicht beliebige Symmetrien erstellt werden können.
Die geforderte Translationssymmetrie eines Kristalles schränkt weitere Symmetrien deutlich ein.
\begin{figure}
\centering
\includegraphics[]{papers/punktgruppen/figures/combine-symmetries}
\caption{
Translations und Rotationssymmetrisches Kristallgitter
}
\label{fig:punktgruppen:rot-geometry}
\end{figure}
\begin{satz}
Die Rotationssymmetrien eines Kristalls sind auf 2-fach, 3-fach, 4-fach und 6-fach beschränkt.
Mit anderen Worten: Es sind nur Drehwinkel von
0\(^{\circ}\),
60\(^{\circ}\),
90\(^{\circ}\),
120\(^{\circ}\) und
180\(^{\circ}\)
erlaubt.
\end{satz}
\begin{proof}
In Abbildung \ref{fig:punktgruppen:rot-geometry} sehen wir Gitterpunkte und deren Zusammenhänge.
\begin{itemize}
\item \(A\) ist unser erster Gitterpunkt.
\item \(A'\) ist gegeben, weil wir \(A\) mit der Translation \(\vec{Q}\) um einen Grundvektor verschieben und wir wissen,
dass nach einer Translation wieder ein Gitterpunkt an der verschobenen Stelle sein muss.
\item \(B\) entsteht, weil wir die Rotationssymmetrie \(C_n\) auf den Punkt \(A\) anwenden.
Dadurch dreht sich das ganze Gitter um den Winkel \(360^\circ/n\).
Für uns bedeutet dies lediglich, dass unser zweiter Punkt \(A'\) abgedreht wird.
An der neuen Position \(B\) von \(A'\) muss also auch ein Punkt des Gitters sein, um die Rotationssymmetrie zu erfüllen.
\item \(B\) ist unser Name für diesen neuen Punkt.
Da auch die Eigenschaften des Kristallgittes periodisch mit dem Gitter sein müssen, dürfen wir \(C_n\) auch auf \(A'\) anwenden.
Also wenden wir \(C_n\) invertiert\footnote{Eine Rotationssymmetrie muss auch in die inverse Richtung funktionieren.
Genauere Überlegungen hierzu werden dem Leser überlassen, da sich die Autoren nicht explizit mit dieser Frage Auseinander gesetzt haben.}
auch auf \(A'\) an.
Dies dreht \(A\) auf einen neuen Punkt.
\item \(B'\) ist kein zufälliger Name für diesen neuen Punkt, denn wir wissen, dass zwischen allen Punkten eine Translationssymmetrie bestehen muss.
Die Translationssymmetrie zwischen \(B\) und \(B'\) ist hier als \(\vec{Q}'\) bezeichnet.
\end{itemize}
Mit den gegebenen Punkten lassen sich geometrische Folgerungen ziehen.
Wir beginnen, indem wir die Länge der Verschiebung \(|\vec{Q}| = Q\) setzen und \(|\vec{Q}'| = Q'\).
Aus Abbildung \ref{fig:punktgruppen:rot-geometry} ist ersichtlich, dass \(Q' = Q + 2x\).
Da \(\vec{Q}\) eine Translation um ein Grundvektor ist , muss \(\vec{Q}'\) ein ganzes vielfaches von \(\vec{Q}\) sein.
Demnach auch die Längen
\[
Q' = nQ = Q + 2x
\]
Die Strecke \(x\) lässt sich auch mit hilfe der Trigonometrie und dem angenommenen Rotationswinkel \(\alpha\) ausdrücken:
\[
nQ = Q + 2Q\sin(\alpha - \pi/2)
\]
Wir können durch \(Q\) dividieren um unabhängig von der Läge des Grundvektors zu werden, was auch Sinn macht,
da eine Skalierung eines Kristalles seine Symmetrieeigenschaften nicht tangiert.
Zusätzlich können wir den Sinusterm vereinfachen.
\[
n = 1 - 2\cos\alpha \quad\iff\quad
\alpha = \cos^{-1}\left(\frac{1-n}{2}\right)
\]
Dies schränkt die möglichen Rotationssymmetrien auf
\(
\alpha \in \left\{ 0^\circ, 60^\circ, 90^\circ, 120^\circ, 180^\circ\right\}
\)
ein.
\end{proof}
\begin{figure}
\centering
\includegraphics[height=6cm]{papers/punktgruppen/figures/stereographic-projections}
\caption{
Stereografische Projektion einer \(C_{i}\) Symmetrie. Es wird eine Linie vom magentafarbenen Punkt auf der oberen Hälfte der Kugel zum Südpol gezogen.
Wo die Linie die Ebene schneidet (\(z = 0\)), ist die Projektion des Punktes.
Die Koordinaten der Projektionen sind einfach zu berechnen: ein Punkt auf eine Kugel mit Radius \(r\) mit den Koordinaten \(x, y, z,\) wird auf \(xr/(r + z), yr/(r + z)\) projiziert.
Für den orangefarbenen Punkt unterhalb des Äquators wird die Linie zum Nordpol gezogen und die Projektionsformel hat stattdessen einen Nenner von \(r - z\).
}
\label{fig:punktgruppen:stereographic-projections}
\end{figure}
\subsection{Kristallklassen}
Vorgehend wurde gezeigt, dass in einem zweidimensionalen Kristallgitter nicht alle Symmetrien möglich sind.
Mit weiteren ähnlichen Überlegungen kann gezeigt werden, dass Kristalle im dreidimensionalen Raum nur auf genau 32 Arten rein punktsymmetrische Symmetriegruppen bilden können.
Diese 32 möglichen Symmetriegruppen scheinen durchaus relevant zu sein, denn sie werden unter anderem als Kristallklassen bezeichnet.
Die 32 möglichen Kristallklassen sind auf Abbildung \ref{fig:punktgruppen:Kristallkassen} zu sehen.
Die Darstellung von dreidimensionalen Punktsymmetrien wurde mit der stereographischen Projektion ermöglicht (siehe Abbildung \ref{fig:punktgruppen:stereographic-projections}), wobei die gestrichelten Klassen aus Gründen der Überschaubarkeit nicht im Detail gezeichnet wurden.
\begin{figure}
\centering
\includegraphics[]{papers/punktgruppen/figures/projections}
\caption{Kristallklassen mit zugehörigem Schönflies-Symbol}
\label{fig:punktgruppen:Kristallkassen}
\end{figure}
\subsubsection{Schönflies-Symbilok}
Jede der 32 Kristallklassen auf der Abbildung \ref{fig:punktgruppen:Kristallkassen} ist mit ihrem zugehörigen Schöönflies-Symbol bezeichnet.
Die Schönflies-Symbolik stammt von dem Mathematiker Arthur Moritz Schönflies, welcher sich unter anderem mit der Klasifizierung der Punktgruppen auseinandergesetzt hat.
Er hat Untergruppen gebildet, welche als Grossbuchstaben in Abbildung \ref{fig:punktgruppen:Kristallkassen} zu sehen sind.
Da nicht alle Symmetriegruppen in Kristallen möglich sind, werden nicht alle Untergruppen von Schönflies verwendet.
Es ist nur die Drehgruppe \(C\), Diedergruppe \(D\), Drehspiegelgruppe \(S\), Tetraedergruppe \(T\) und die Oktaedergruppe \(O\).
Für die eindeutige zuweisung in eine Kristallklasse werden noch identifizierende Merkmale als Subskript notiert.
Bei der Untergruppe \(C\) werden beispielsweise die möglichen Rotationssymmetrien gezeigt.
Dank Abschintt \ref{txt:punktgruppen:Translationssymmetrie} wissen wir, wieso auf \(C\) nur ganz bestimmte Subskripte folgen, weil das Subskript \(n\) von \(C_n\) zeigt, dass es sich um eine \(n\)-fache Rotationssymmetrie handelt.
Daher darf \(C_5\) auf der Abbildung \ref{fig:punktgruppen:Kristallkassen} nicht vorkommen darf, da \(360^\circ/5 = 72^\circ\) was nach Abschnitt \ref{txt:punktgruppen:Translationssymmetrie} in einem Kristall keine mögliche Rotationssymmetrie ist.
Sind im Subskript Buchstaben, definieren diese weitere Symmetrieeigenschaften der Klasse.
Wie zum Beispiel ein Inversionszentrum\footnote{Ein Objekt mit Inversionszentrum ist Punktsymmetrisch im Inversionszentrum.} \(i\) oder eine horizontale\footnote{Als Orientierungspunkt wird die Symmetrieachse höchster Ordnung (\(n\)) als vertikal definiert} Spiegelachse \(h\).
Zu beachten ist jedoch, dass manche Symmetriegruppen mit mehreren Schönflies-Symbolen beschieben werden können.
\(C_{3i}\) beschreibt genau das selbe wie \(S_6\), da eine dreifache Rotationssymmetrie mit einem Inversionszentrum einer sechsfachen Drehspiegelsymmetrie entspricht.
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