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authorAndreas Müller <andreas.mueller@othello.ch>2021-04-05 22:08:36 +0200
committerAndreas Müller <andreas.mueller@othello.ch>2021-04-05 22:08:36 +0200
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--- a/buch/chapters/90-crypto/arith.tex
+++ b/buch/chapters/90-crypto/arith.tex
@@ -6,20 +6,290 @@
\section{Arithmetik für die Kryptographie
\label{buch:section:arithmetik-fuer-kryptographie}}
\rhead{Arithmetik für die Kryptographie}
+Die Algorithmen der mathematischen Kryptographie basieren
+auf den Rechenoperationen in grossen, aber endlichen Körpern.
+Für die Division liefert der euklidische Algorithmus eine
+Methode, der in so vielen Schritten die Inverse findet,
+wie Dividend und Divisor Binärstellen haben.
+Dies ist weitgehend optimal.
+
+Die Division ist umkehrbar, in der Kryptographie strebt man aber an,
+Funktionen zu konstruieren, die nur mit grossem Aufwand umkehrbar sind.
+Eine solche Funktion ist das Potenzieren in einem endlichen Körper.
+Die Berechnung von Potenzen durch wiederholte Multiplikation ist jedoch
+prohibitiv aufwendig, daher ist ein schneller Potenzierungsalgorithmus
+nötig, der in Abschnitt~\ref{buch:subsection:potenzieren} beschrieben
+wird.
+Bei der Verschlüsselung grosser Datenmengen wie zum Beispiel bei
+der Verschlüsselung ganzer Harddisks mit Hilfe des AES-Algorithmus
+kommt es auf die Geschwindigkeit auch der elementarsten Operationen
+in den endlichen Körpern an.
+Solche Methoden werden in den Abschnitten
+\ref{buch:subsection:rechenoperationen-in-fp}
+und
+\ref{buch:subsection:rechenoperatione-in-f2l}
+besprochen.
\subsection{Potenzieren
\label{buch:subsection:potenzieren}}
-% XXX Divide-and-Conquer Algorithmus
+Wir gehen davon aus, dass wir einen schnellen Algorithmus zur
+Berechnung des Produktes zweier Elemente $a,b$ in einer
+beliebigen Gruppe $G$ haben.
+Die Gruppe $G$ kann die Multiplikation der ganzen oder reellen Zahlen
+sein, dies wird zum Beispiel in Implementation der Potenzfunktion
+verwendet.
+Für kryptographische Anwendungen ist $G$ die multiplikative Gruppe
+eines endlichen Körpers oder eine elliptische Kurve.
+
+Zur Berechnung von $a^k$ sind bei einer naiven Durchführung des
+Algorithmus $k-1$ Multiplikationen nötig, immer sofort gefolgt
+von einer Reduktion $\mod p$ um sicherzustellen, dass die Resultate
+nicht zu gross werden.
+Ist $l$ die Anzahl der Binärstellen von $k$, dann benötigt dieser
+naive Algorithmus $O(2^l)$ Multiplikationen, die Laufzeit wächst
+also exponentiell mit der Bitlänge von $k$ an.
+Der nachfolgend beschriebene Algorithmus reduziert die Laufzeit auf
+die $O(l)$.
+
+Zunächst schreiben wir den Exponenten $k$ in binärer Form als
+\[
+k = k_l2^l + k_{l-1}2^{l-1} + \dots k_22^2+k_12^1 k_02^0.
+\]
+Die Potenz $a^k$ kann dann geschrieben werden als
+\[
+a^k
+=
+a^{k_l2^l} \cdot a^{k_{l-1}2^{l-1}} \cdot \dots \cdot
+a^{k_22^2} \cdot a^{k_12^1} \cdot a^{k_02^0}
+\]
+Nur diejenigen Faktoren tragen etwas bei, für die $k_i\ne 0$ ist.
+Die Potenz kann man daher auch schreiben als
+\[
+a^k
+=
+\prod_{k_i\ne 0} a^{2^i}.
+\]
+Es sind also nur so viele Faktoren zu berücksichtigen, wie $k$
+Binärstellen $1$ hat.
+
+Die einzelnen Faktoren $a^{2^i}$ können durch wiederholtes Quadrieren
+erhalten werden:
+\[
+a^{2^i} = a^{2\cdot 2^{i-1}} = (a^{2^{i-1}})^2,
+\]
+also durch maximal $l-1$ Multiplikationen.
+Wenn $k$ keine Ganzzahl ist sondern binäre Nachkommastellen hat, also
+\[
+k=k_l2^l + \dots + k_12^1 + k_02^0 + k_{-1}2^{-1} + k_{-2}2^{-2}+\dots,
+\]
+dann können die Potenzen $a^{2^{-i}}$ durch wiederholtes Wurzelziehen
+\[
+a^{2^{-i}} = a^{\frac12\cdot 2^{-i+1}} = \sqrt{a^{2^{-i+1}}}
+\]
+gefunden werden.
+Die Berechnung der Quadratwurzel lässt sich in Hardware effizient
+implementieren.
+
+\begin{algorithmus}
+Der folgende Algorithmsu berechnet $a^k$ in $O(\log_2(k))$
+Multiplikationen
+\begin{enumerate}
+\item Initialisiere $p=1$ und $q=a$
+\item Falls $k$ ungerade ist, setze $p:=p\cdot q$
+\item Setze $q:=q^2$ und $k := k/2$, wobei die ganzzahlige Division durch $2$
+am effizientesten als Rechtsshift implementiert werden kann.
+\item Falls $k>0$, fahre weiter bei 2.
+\end{enumerate}
+\end{algorithmus}
+
+\begin{beispiel}
+Die Berechnung von $1.1^{17}$ mit diesem Algorithmus ergibt
+\begin{enumerate}
+\item $p=1$, $q=1.1$
+\item $k$ ist ungerade: $p:=1.1$
+\item $q:=q^2=1.21$, $k := 8$
+\item $k$ ist gerade
+\item $q:=q^2=1.4641$, $k := 4$
+\item $k$ ist gerade
+\item $q:=q^2=2.14358881$, $k := 2$
+\item $k$ ist gerade
+\item $q:=q^2=4.5949729863572161$, $k := 1$
+\item $k$ ist ungerade: $p:=1.1\cdot p = 5.05447028499293771$
+\item $k:=0$
+\end{enumerate}
+Multiplikationen sind nur nötig in den Schritten 3, 5, 7, 9, 10, es
+werden also genau $5$ Multiplikationen ausgeführt.
+\end{beispiel}
\subsection{Rechenoperationen in $\mathbb{F}_p$
\label{buch:subsection:rechenoperationen-in-fp}}
-% XXX Multiplikation: modulare Reduktion mit jedem Digit
-% XXX Divide-and-Conquer
+Die Multiplikation macht aus zwei Faktoren $a$ und $b$ ein
+Resultat mit Bitlänge $\log_2 a+\log_2 b$, die Bitlänge wird
+also typischerweise verdoppelt.
+In $\mathbb{F}_p$ muss anschliessend das Resultat $\mod p$
+reduziert werden, so dass die Bitlänge wieder höchstens
+$\log_2p$ ist.
+In folgenden soll gezeigt werden, dass dieser Speicheraufwand
+für eine Binärimplementation deutlich reduziert werden kann,
+wenn die Reihenfolge der Operationen modifiziert wird.
+
+Für die Multiplikation von $41\cdot 47$ rechnet man im Binärsystem
+\begin{center}
+\begin{tabular}{>{$}r<{$}}
+\texttt{{\color{darkgreen}1}0{\color{red}1}001}\cdot\texttt{101111}\\
+\hline
+\texttt{101111}\\
+\texttt{{\color{red}101111}\phantom{000}}\\
+\texttt{{\color{darkgreen}101111}\phantom{00000}}\\
+\hline
+\texttt{11110000111}\\
+\hline
+\end{tabular}
+\end{center}
+In $\mathbb{F}_{53}$ muss im Anschluss Modulo $p=53$ reduziert werden.
+
+Der Speicheraufwand entsteht zunächst dadurch, dass durch die Multiplikation
+mit $2$ die Summanden immer länger werden.
+Man kann den die Sumanden kurz halten, indem man jedesmal, wenn
+der Summand nach der Multiplikation mit $2$ grösser als $p$ geworden ist,
+$p$ subtrahiert (Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:reduktion}).
+Ebenso kann bei nach jeder Addition das bereits reduzierten zweiten
+Faktors wieder reduziert werden.
+Die Anzahl der nötigen Reduktionsoperationen wird durch diese
+frühzeitig durchgeführten Reduktionen nicht teurer als bei der Durchführung
+des Divisionsalgorithmus.
+
+\begin{figure}
+\begin{center}
+\begin{tabular}{>{$}r<{$}>{$}r<{$}>{$}r<{$}|>{$}r<{$}>{$}r<{$}>{$}r<{$}}
+\text{Multiplikation mit $2$}&\text{Reduktion?}&\text{reduziert}
+ &\text{Summanden}&\text{Summe}&\text{reduziert}
+\\
+\hline
+\texttt{101111} & &\texttt{101111}
+ &\texttt{101111}&\texttt{101111}&\texttt{101111}
+\\
+\texttt{101111\phantom{0}} &\texttt{{\color{red}1011110}}&\texttt{101001}
+ & & &
+\\
+\texttt{101111\phantom{00}} &\texttt{0{\color{red}111010}}&\texttt{011101}
+ & & &
+\\
+\texttt{101111\phantom{000}} &\texttt{0001010}&\texttt{000101}
+ &\texttt{000101}&\texttt{110100}&\texttt{110100}
+\\
+\texttt{101111\phantom{0000}} &\texttt{0010100}&\texttt{001010}
+ & & &
+\\
+\texttt{101111\phantom{00000}}&\texttt{0101000}&\texttt{010100}
+ &\texttt{010100}&\texttt{{\color{red}1001000}}&\texttt{10011}\rlap{$\mathstrut=19$}
+\end{tabular}
+\end{center}
+\caption{Multiplikation von $41=\texttt{101001}_2$ mit $47=\texttt{101111}_2$,
+Reduktion nach jeder Multiplikation mit $2$: falls das Resultat
+$>p$ ist, wie in den rot markierten Zeilen $p=53=\texttt{110101}_2$
+durchgeführt.
+Bei der Bildung der Summe wird ebenfalls in jedem Schritt falls nötig
+reduziert, angezeigt durch die roten Zahlen in der zweitletzten
+Spalte.
+Die Anzahl der Subtraktionen, die für die Reduktionen nötig sind, ist
+von der selben Grössenordnung wie bei der Durchführung des
+Divisionsalgorithmus.
+\label{buch:crypto:fig:reduktion}}
+\end{figure}
+
+Es ist also möglich, mit gleichem Aufwand an Operationen
+aber mit halbe Speicherplatzbedarf die Multiplikationen in $\mathbb{F}_p$
+durchzuführen.
+Die Platzeinsparung ist besonders bei Implementationen in Hardware
+hilfreich, wo on-die Speicherplatz teuer sein kann.
\subsection{Rechenoperationen in $\mathbb{F}_{2^l}$
\label{buch:subsection:rechenoperatione-in-f2l}}
-% XXX Darstellung eines Körpers der Art F_{2^l}
-% XXX Addition (XOR) und Multiplikation
-% XXX Beispiel F_{2^8}
+Von besonderem praktischem Interesse sind die endlichen Körper
+$\mathbb{F}_{2^l}$.
+Die arithmetischen Operationen in diesen Körpern lassen sich besonders
+effizient in Hardware realisieren.
+
+\subsubsection{Zahldarstellung}
+Ein endlicher Körper $\mathbb{F}_{2^l}$ ist definiert durch ein
+irreduzibles Polynom in $\mathbb{F}_2[X]$ vom Grad $2^l$
+\[
+m(X)
+=
+X^l + m_{l-1}X^{l-1} + m_{l-2}X^{l-2} + \dots + m_2X^2 + m_1X + m_0
+\]
+gegeben.
+Ein Element in $\mathbb{F}_2[X]/(m)$ kann dargestellt werden durch ein
+Polynom vom Grad $l-1$, also durch
+\[
+a = a_{l-1}X^{l-1} + a_{l-2}X^{l-2} +\dots + a_2X^2 + a_1X + a_0.
+\]
+In einer Maschine kann eine Zahl also als eine Bitfolge der Länge $l$
+dargestellt werden.
+
+\subsubsection{Addition}
+Die Addition in $\mathbb{F}_2$ ist in Hardware besonders leicht zu
+realisieren.
+Die Addition ist die XOR-Operation, die Multiplikation ist die UND-Verknüfung.
+Ausserdem stimmen in $\mathbb{F}_2$ Addition und Subtraktion überein.
+
+Die Addition zweier Polynome erfolgt komponentenweise.
+Die Addition von zwei Elemente von $\mathbb{F}_{2^l}$ kann also
+durch die bitweise XOR-Verknüpfung der Darstellungen der Summanden
+erfolgen.
+Diese Operation ist in einem einzigen Maschinenzyklus realisierbar.
+Die Subtraktion, die für die Reduktionsoperation module $m(X)$ nötig
+ist, ist mit der Addition identisch.
+
+\subsubsection{Multiplikation}
+Die Multiplikation zweier Polynome benötigt zunächst die Multiplikation
+mit $X$, wodurch der Grad des Polynoms ansteigt und möglicherweise so
+gross wird, dass eine Reduktionsoperation modulo $m(X)$ nötig wird.
+Die Reduktion wird immer dann nötig, wenn der Koeffizient von $X^l$
+nicht $0$ ist.
+Der Koeffizient kann dann zum Verschwinden gebracht werden, indem
+$m(X)$ addiert wird.
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics{chapters/90-crypto/images/schieberegister.pdf}
+\caption{Implementation der Multiplikation mit $X$ in einem
+endlichen Körper $\mathbb{F}_{2^l}$ mit dem Minimalpolynom
+$m(X) = X^8+X^4+X^3+X^+1$ als Feedback-Schieberegister.
+\label{buch:crypto:fig:schieberegister}}
+\end{figure}
+
+In Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:schieberegister} wird gezeigt,
+wie die Reduktion erfolgt, wenn die Multiplikation mit $X$, also der
+Shift nach links, einen Überlauf ergibt.
+Das Minimalpolynom $m(X)=X^8+X^4+X^3+X+1$ bedeutet, dass in $\mathbb{F}_{2^l}$
+$X^8=X^4+X^3+X+1$ gilt, so dass man das Überlaufbit durch
+$X^4+X^3+X+1$ ersetzen und addieren kann.
+
+Ein Produktes $p(X)\cdot q(X)$, wobei $p(X)$ und
+$q(X)$ Repräsentaten von Elementen $\mathbb{F}_{2^l}$ sind, kann jetzt
+wie folgt berechnet werden.
+Mit dem Schieberegister werden die Vielfachen $X^k\cdot p(X)$
+für $k=0,\dots,l-1$ berechnet.
+Diejenigen Vielfachen, für die der Koeffizient von $X^k$ in $q(X)$
+von $0$ verschieden ist werden aufsummiert und ergeben das Produkt.
+Der Prozess in Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:multiplikation}
+dargestellt.
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/90-crypto/images/multiplikation.pdf}
+\caption{Multiplikation zweier Elemente von $\mathbb{F}_{2^l}$.
+Mit Hilfe des Schieberegisters am linken Rand werden die Produkte
+$X\cdot p(X)$, $X^2\cdot p(X),\dots,X^7\cdot p(X)$ nach der in
+Abbildung~\ref{buch:crypto:fig:schieberegister} dargestellten
+Methode berechnet.
+Am rechten Rand werden diejenigen $X^k\cdot p(X)$ aufaddiert,
+für die der $X^k$-Koeffizient von $q(X)$ von $0$ verschieden ist.
+\label{buch:crypto:fig:multiplikation}}
+\end{figure}
+
+
% XXX Beispiel F einer Oakley-Gruppe