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authorAndreas Müller <andreas.mueller@ost.ch>2022-06-16 21:47:35 +0200
committerAndreas Müller <andreas.mueller@ost.ch>2022-06-16 21:47:35 +0200
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-rw-r--r--buch/chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex68
-rw-r--r--buch/chapters/010-potenzen/polynome.tex93
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diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex b/buch/chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex
index 692192d..f93a84b 100644
--- a/buch/chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex
+++ b/buch/chapters/010-potenzen/loesbarkeit.tex
@@ -20,8 +20,21 @@ für ein Polynome $p(x)$ und eine Konstante $c\in\mathbb{C}$.
% Fundamentalsatz der Algebra
%
\subsection{Fundamentalsatz der Algebra}
+In Abschnitt~\ref{buch:polynome:subsection:faktorisierung-und-nullstellen}
+wurde gezeigt, dass sich jede Nullstellen $\alpha$ eines Polynoms als
+Faktor $x-\alpha$ abspalten lässt.
+Jedes Polynom liess sich in ein Produkt von Linearfaktoren und
+einen Faktor zerlegen, der keine Nullstellen hat.
+Zum Beispiel hat das Polynom $x^2+1\in\mathbb{R}[x]$ keine
+Nullstellen in $\mathbb{R}$.
+Eine solche Nullstelle müsste eine Quadratwurzel von $-1$ sein.
+Die komplexen Zahlen $\mathbb{C}$ wurden genau mit dem Ziel konstruiert,
+dass $i=\sqrt{-1}$ sinnvoll wird.
+Der Fundamentalsatz der Algebra zeigt, dass $\mathbb{C}$ alle
+Nullstellen von Polynomen enthält.
\begin{satz}[Gauss]
+\index{Fundamentalsatz der Algebra}%
\label{buch:potenzen:satz:fundamentalsatz}
Jedes Polynom $p(x)=a_nx^n+\dots + a_2x^2 + a_1x + a_0\in\mathbb{C}[x]$
zerfällt in ein Produkt
@@ -34,6 +47,7 @@ a_n
für Nullstellen $\alpha_k\in\mathbb{C}$.
\end{satz}
+
%
% Lösbarkeit durch Wurzelausdrücke
%
@@ -148,3 +162,57 @@ Für Polynomegleichungen vom Grad $n\ge 5$ gibt es keine allgemeine
Lösung durch Wurzelausdrücke.
\end{satz}
+
+
+%
+% Algebraische Zahlen
+%
+\subsection{Algebraische Zahlen}
+Die Verwendung der komplexen Zahlen ist für numerische Rechnungen
+zweckmässig.
+In den Anwendungen der Computer-Algebra hingegen erwartet man zum
+Beispiel exakte Formeln für eine Stammfunktion.
+Nicht rationale Zahlen können nur exakt verarbeitet werden, wenn
+Sie sich algebraisch in endlich vielen Schritten charakterisieren
+lassen.
+Dies ist zum Beispiel für rationale Zahlen $\mathbb{Q}$ möglich.
+Gewisse irrationale Zahlen kann man charakterisieren durch
+die Eigenschaft, Nullstelle eines Polynoms $p(x)\in\mathbb{Q}[x]$
+mit rationalen Koeffizienten zu sein.
+
+\begin{definition}
+Eine Zahl $\alpha$ heisst {\em algebraisch} über $\mathbb{Q}$,
+wenn es ein Polynom
+\index{algebraische Zahl}%
+$p(x)\in \mathbb{Q}[x]$ gibt, welches $\alpha$ als Nullstelle hat.
+Eine Zahl heisst transzendent über $\mathbb{Q}$, wenn sie nicht algebraisch ist
+über $\mathbb{Q}$.
+\end{definition}
+
+Die Zahlen $i=\sqrt{-1}$ und $\sqrt{n\mathstrut}$ für $n\in\mathbb{N}$
+sind also algebraisch über $\mathbb{Z}$.
+Es ist gezeigt worden, dass $\pi$ und $e$ nicht nur irrational
+sind, sondern sogar transzendent.
+
+Eine Polynomgleichung $p(\alpha)=0$ mit $p(x)\in\mathbb{Q}[x]$
+hat eine Rechenregel für $\alpha$ zur Folge.
+Dazu schreibt man
+\[
+p_n\alpha^n + p_{n-1}\alpha^{n-1} + \dots + a_1\alpha + a_0 =0
+\qquad\Rightarrow\qquad
+\alpha^n = -\frac{1}{p_n}\bigl(
+p_{n-1}\alpha^{n-1}+\dots+a_1\alpha+a_0
+\bigr).
+\]
+Diese Regel erlaubt, jede Potenz $\alpha^k$ mit $k\ge n$ durch
+Potenzen von $\alpha^l$ mit $l<n$ auszudrücken.
+Die Zahlen, die sich durch arithmetische Operationen aus
+$\alpha$ bilden lassen, lassen sich also sogar durch lineare
+Operationen aus $1,\alpha,\alpha^2,\dots,\alpha^{n-1}$
+bilden.
+Sie bilden einen endlichdimensionalen Vektorraum über $\mathbb{Q}$.
+Rechnen mit algebraischen Zahlen ist also in einem CAS exakt möglich,
+wie das in Abschnitt~\ref{buch:integrale:section:dkoerper}
+für die Berechnung von Stammfunktionen illustriert wird.
+
+
diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/polynome.tex b/buch/chapters/010-potenzen/polynome.tex
index 2086078..9edb012 100644
--- a/buch/chapters/010-potenzen/polynome.tex
+++ b/buch/chapters/010-potenzen/polynome.tex
@@ -83,6 +83,22 @@ ebenfalls als Approximationen dienen können.
Weitere Möglichkeiten liefern Interpolationsmethoden der
numerischen Mathematik.
+Diese Betrachtungsweise von Polynomen als Funktionen trägt
+aber den zusätzlichen algebraischen Eigenschaften des Polynomringes
+nicht ausreichend Rechnung.
+Zum Beispiel bedeutet Gleichheit von zwei reellen Funktion $f(x)$ und
+$g(x)$, dass man $f(x)=g(x)$ für alle $x\in\mathbb{R}$ nachprüfen
+muss.
+Für Polynome reicht es jedoch, die Funktionswerte in nur wenigen
+Punkten zu vergleichen.
+Dies äussert sich zum Beispiel auch im Prinzip des
+Koeffizientenvergleichs von
+Satz~\ref{buch:polynome:satz:koeffizientenvergleich}.
+Im Gegensatz zu beliebigen Funktionen kann man daher Aussagen
+über Polynomen immer mit endlich Algorithmen entscheiden.
+Die nächsten Abschnitte sollen diese algebraischen Eigenschaften
+zusammenfassen.
+
%
% Polynomdivision, Teilbarkeit und ggT
%
@@ -287,7 +303,8 @@ gilt.
%
% Faktorisierung und Nullstellen
%
-\subsection{Faktorisierung und Nullstellen}
+\subsection{Faktorisierung und Nullstellen
+\label{buch:polynome:subsection:faktorisierung-und-nullstellen}}
% wird später gebraucht um bei der Definition der hypergeometrischen Reihe
% die Zaehler- und Nenner-Polynome als Pochhammer-Symbole zu entwickeln
Ist $\alpha$ eine Nullstelle des Polynoms $a(x)$, also $a(\alpha)=0$.
@@ -318,6 +335,21 @@ r(\alpha),
der Rest $r(x)$ muss also verschwinden.
Für eine Nullstelle $\alpha$ von $a(x)$ ist $a(x)$ durch $(x-\alpha)$
teilbar.
+Daraus folgt auch, dass ein Polynom $a(x)$ vom Grad $n=\deg a(x)$ höchstens
+$n$ verschiedene Nullstellen haben kann.
+
+Sind $\alpha_1,\dots,\alpha_k$ alle Nullstellen von $a(x)$, dann lässt
+sich $a(x)$ zerlegen in Faktoren
+\[
+a(x)
+=
+(x-\alpha_1)^{m_1}
+(x-\alpha_2)^{m_2}
+\cdots
+(x-\alpha_k)^{m_k}
+b(x).
+\]
+Das Polynom $b(x)\in K[x]$ hat keine Nullstellen in $K$.
Wenn zwei Polynome $a(x)$ und $b(x)$ eine gemeinsame Nullstelle $\alpha$
haben, dann ist $(x-\alpha)$ ein Teiler beider Polynome und somit auch
@@ -331,7 +363,66 @@ gemeinsame Nullstellen von $a(x)$ und $b(x)$.
\subsection{Koeffizienten-Vergleich}
% Wird gebraucht für die Potenzreihen-Methode
% Muss später ausgedehnt werden auf Potenzreihen
+Wenn zwei Polynome $a(x)$ und $b(x)$ vom Grad $\le n$ die gleichen
+Koeffizienten haben, dann sind sie selbstverständlich gleich.
+Weniger klar ist, ob zwei Polynome, die die gleichen Werte für beliebige
+$x$ haben, auch die gleichen Koeffizienten haben.
+Wir nehmen also an, dass $a(x)=b(x)$ gilt für jedes $x\in K$ und
+wollen daraus ableiten, dass die Koeffizienten übereinstimmen müssen.
+Seien $x_1,\dots,x_n$ verschiedene Elemente in $K$, dann
+hat das Polynom $p(x)=a(x)-b(x)$, welches Grad $\le n$ hat,
+die $n$ Nullstellen $x_k$ für $k=1,\dots,n$.
+$p(x)$ ist also durch alle Polynome $x-x_k$ teilbar.
+Weil $\deg p\le n$ ist, muss
+\[
+0
+=
+a(x)-b(x)
+=
+p(x)
+=
+p_n
+(x-x_1)(x-x_2)\cdots (x-x_n)
+\]
+sein.
+Ist $y\in K$ verschieden von den Nullstellen $x_i$, dann ist
+in $y-x_i\ne 0$ für alle $i$.
+Für das Produkt gilt dann
+\[
+0
+=
+p(y)
+=
+p_n
+(\underbrace{x-x_1}_{\displaystyle \ne 0})
+\cdots
+(\underbrace{x-x_n}_{\displaystyle \ne 0}),
+\]
+so dass $p_n=0$ sein muss, was schliesslich dazu führt, dass alle
+Koeffizienten von $a(x)-b(x)$ verschwinden.
+Daraus folgt das Prinzip des Koeffizientenvergleichs:
+
+\begin{satz}[Koeffizientenvergleich]
+\label{buch:polynome:satz:koeffizientenvergleich}
+Zwei Polynome $a(x)$ und $b(x)$ stimmen genau dann überein, wenn
+sie die gleichen Koeffizienten haben.
+\end{satz}
+Man beachte, dass dieses Prinzip nur funktioniert, wenn es genügend
+viele verschiedene Elemente in $K$ gibt.
+Für die endlichen Körper $\mathbb{F}_p$ gilt dies nicht, denn es gilt
+\[
+a(x)
+=
+x^p-x\equiv 0\mod p
+\]
+für jede Zahl $x\in\mathbb{F}_p$, das Polynom $a(x)$ mit Grad $p$
+hat also genau $p$ Nullstellen, es gibt aber keine weitere Nullstelle,
+mit der man wie oben schliessen könnte, dass $a(x)$ das Nullpolynom ist.
+
+%
+% Berechnung von Polynom-Werten
+%
\subsection{Berechnung von Polynom-Werten}
Die naive Berechnung der Werte eines Polynoms $p(x)$ vom Grad $n$
beginnt mit der Berechnung der Potenzen von $x$.