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Diffstat (limited to 'buch')
-rw-r--r--buch/chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex444
-rw-r--r--buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex238
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/Makefile.inc1
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/chapter.tex11
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex77
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/Makefile7
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdfbin67827 -> 67827 bytes
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.m55
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.pdfbin0 -> 27838 bytes
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.tex87
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex90
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex571
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex218
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex336
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/saev.tex95
-rw-r--r--buch/chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex218
-rw-r--r--buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex1
-rw-r--r--buch/chapters/110-elliptisch/ellintegral.tex2
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diff --git a/buch/chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex b/buch/chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex
index 7fe03eb..932e1e4 100644
--- a/buch/chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex
+++ b/buch/chapters/010-potenzen/potenzreihen.tex
@@ -5,12 +5,452 @@
%
\section{Potenzreihen
\label{buch:potenzen:section:potenzreihen}}
+Nach dem Satz von Weierstrass können
+Polynome beliebige stetige Funktionen approximieren.
+Die Ableitungen werden dabei meistens nicht gut wiedergegeben.
+Die Partialsummen einer Potenzreihe sind ebenfalls Polynome,
+die aber nicht nur die Funktion sondern auch alle ihre Ableitungen
+gut approximieren.
+%
+% Definition
+%
\subsection{Definition
\label{buch:potenzen:potenzreihen:section:definition}}
+Eine Folge von Polynomen, deren Terme niedrigen Grades sich nicht
+mehr ändern, bei der also immer nur neue Terme höheren Grades
+hinzukommen, heisst eine Potenzreihe.
-\subsection{Konvergenzkriterien
-\label{buch:potenzen:potenzreihen:section:konvergenzkriterien}}
+\begin{definition}
+\label{buch:polynome:def:potenzreihe}
+\index{Potenzreihe}%
+Eine {\em Potenzreihe} an der Stelle $z_0$ ist eine unendliche Reihe
+der Form
+\[
+f(z)
+=
+\sum_{k=0}^\infty a_k (z-z_0)^k
+\]
+mit Koeffizienten $a_k\in \mathbb{R}$ oder $a_k\in\mathbb{C}$.
+\end{definition}
+
+Die Berechnung einer Potenzreihe ist möglich, wenn die Terme höheren
+Grades an Bedeutung verlieren.
+
+\begin{definition}
+\index{Partialsumme}%
+\index{konvergent, Potenzreihe}%
+Eine Potenzreihe heisst {\em konvergent}, die Folge der {\em Partialsummen}
+\[
+s_n = \sum_{k=0}^n a_k(z-z_0)^k
+\]
+konvergiert.
+Sie heisst absolut konvergent, wenn die Reihe
+\[
+\sum_{k=0}^\infty |a_k (z-z_0)^k|
+\]
+konvergiert.
+\end{definition}
+Die Koeffizienten $a_k$ dürfen also nicht schnell anwachsen
+werden, denn normalerweise wird bei Polynomen das Verhalten von den
+Termen höheren Grades dominiert.
+Die Tschebyscheff-Polynome waren ja so konstruiert worden, dass
+es nicht zu unzweckmässig starken Oszillationen im Intervall $(-1,1)$
+kommt.
+
+%
+% Geometrische Reihe
+%
\subsection{Die geometrische Reihe
\label{buch:potenzen:potenzreihen:section:geometrische}}
+Die wohl einfachste Potenzreihe ist die Reihe mit Koeffizienten
+$a_k=a$ für alle $k$, also
+\[
+f(z)
+=
+\sum_{k=0}^\infty az^k
+=
+a+az+az^2+az^3+az^4+\dots
+\]
+Sie ist charakterisiert durch die Eigenschaft, dass aufeinanderfolgende
+Reiheglieder den konstanten Quotienten $z$ haben.
+Diese Idee wird
+in Abschnitt~\ref{buch:rekursion:section:hypergeometrische-funktion}
+auf Quotienten verallgemeinert, die rationale Funktionen sind.
+Sie heissen hypergeometrische Funktionen.
+\index{hypergeometrische Funktion}%
+
+Sie ist konvergent für $|z|<1$ und divergent für $|z|\ge 1$.
+Sie heisst die {\em geometrische Reihe}.
+Sie wird gerne als ``Vergleichsreihe'' eingesetzt um die
+Konvergenz oder Divergenz anderer Reihen nachzuweisen.
+
+Die geometrische Reihe lässt sich direkt summieren.
+Dazu betrachtet man die Differenz der Partialsumme $s_n$ und $zs_n$:
+\[
+\renewcommand{\arraycolsep}{2pt}
+\begin{array}{rcrcrcrcrcrcrl}
+ s_n &=& a&+&az&+&az^2&+&\dots&+&az^n& & &\multirow{2}{*}{\hspace{3pt}$\biggl\}\mathstrut-\mathstrut$}\\
+z\phantom{)}s_n &=& & &az&+&az^2&+&\dots&+&az^n&+&az^{n+1\phantom{.}}&\\
+\hline
+(1-z)s_n&=& a& & & & & & & & &-&az^{n+1}.&
+\end{array}
+\]
+Durch Auflösen nach $s_n$ erhält man die Summenformel
+\[
+s_n = a\frac{1-z^{n+1}}{1-z}.
+\]
+Für $|z|<1$ geht $z^n\to 0$ für $n\to\infty$, die Partialsummen
+konvergieren und wir erhalten das Resultat des folgenden Satzes.
+
+\begin{satz}
+\label{buch:polynome:satz:geometrischereihe}
+Die geometrische Reihe $a+az+az^2+\dots$ konvergiert für $|z|<1$ und hat
+die Summe
+\[
+\sum_{k=0}^\infty az^k = \frac{a}{1-z}.
+\]
+Für $|z|\ge 1$ divergiert die geometrische Reihe.
+\end{satz}
+
+%
+% Konvergenzkriterien
+%
+\subsection{Konvergenzkriterien
+\label{buch:potenzen:potenzreihen:section:konvergenzkriterien}}
+Die Konvergenz von Reihen ist oft durch Vergleich mit anderen, bereits
+als konvergent erkannten Reihen nachweisbar.
+Dies ist der Inhalt des folgenden, wohlbekannten Majorantenkriteriums.
+
+\begin{satz}[Majorantenkriterium]
+\label{buch:polynome:satz:majorantenkriterium}
+\index{Majorantenkriterium}
+Seien $a_k$ und $b_k$ die Glieder zweier unendlicher Reihen.
+Es sei zudem $b_k\ge 0$ für alle $k$ und die Reihe
+$\sum_{k=0}^\infty b_k$ sei konvergent.
+Wenn $|a_k|\ge b_k$ ist für fast alle $k$, dann ist die Reihe
+\(
+\sum_{k=}^\infty a_k
+\)
+absolut konvergent.
+\end{satz}
+
+\subsubsection{Quotienten- und Wurzelkriterium}
+Der Satz~\ref{buch:polynome:satz:geometrischereihe} ermöglicht,
+Potenzreihen mit der geometrischen Reihe zu vergleichen und
+liefert damit einfach anzuwende Kriterien für die Konvergenz.
+
+\begin{satz}[Quotientenkriterium]
+\label{buch:polynome:satz:quotientenkriterium}
+\index{Quotientenkriterium}%
+Eine Reihe
+\(
+\sum_{k=0}^\infty a_k
+\)
+ist absolut konvergent, wenn es eine Zahl $q<1$ gibt derart, dass
+\begin{equation}
+\biggl|\frac{a_{k+1}}{a_k}\biggr|\le q.
+\label{buch:polynome:eqn:quotienten-kriterium}
+\end{equation}
+Die Reihe ist divergent, wenn für fast alle $k$
+\[
+\biggl|\frac{a_{k+1}}{a_k}\biggr| \ge 1
+\]
+gilt.
+\end{satz}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Wenn \eqref{buch:polynome:eqn:quotienten-kriterium} erfüllt ist, dann
+gilt
+\[
+|a_k| \le |a_0| q^k
+\]
+und damit ist die Reihe majorisiert durch die geometrische Reihe
+\[
+\sum_{k=0}^\infty
+|a_0|q^k,
+\]
+die unter der gegebenen Voraussetzung konvergiert.
+\end{proof}
+
+\begin{satz}[Wurzelkriterium]
+\label{buch:polynome:satz:wurzelkriterium}
+\index{Wurzelkriterium}
+Falls
+\begin{equation}
+\limsup_{n\to\infty} \root{n}\of{|a_n|} = C < 1
+\label{buch:polynome:eqn:wurzel-kriterium}
+\end{equation}
+ist die Reihe
+\(
+\sum_{k=0}^\infty a_k
+\)
+absolut konvergent.
+\end{satz}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Falls $\root{k}\of{|a_k|}\le q<1$, dann gilt
+$|a_k|<q^k$ für alle $k$.
+Somit wird die Reihe majorisiert durch die geometrische Reihe
+mit Quotient $q$ und ist damit konvergent.
+
+Das Kriterium \eqref{buch:polynome:eqn:wurzel-kriterium} bedeutet,
+dass es zu einem gegebenen $\varepsilon > 0$ ein $N$ gibt derart,
+dass $\root{n}\of{|a_k|} < C+\varepsilon$ für $n>N$.
+Wählt man $\varepsilon = (1-C)/2$ wird $q=C+\varepsilon=(1+C)/2<1$,
+das Reststück der Reihe ab Index $N$ ist daher wieder majorisiert
+durch eine konvergente geometrische Reihe.
+\end{proof}
+
+\subsubsection{Konvergenzradius}
+Das Quotienten- und das Wurzel-Kriterium ist auf beliebige Reihen
+anwendbar, es berücksichtigt nicht, dass in einer Potenzreihe
+die Faktoren $(z-z_0)^k$ für kleine $|z-z_0|$ das Kleiner werden
+der Reihenglieder und damit die Konvergenz begünstigen.
+Diese Eigenschaft wird vom Konvergenzradius eingefangen, der wie
+folgt definiert ist.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:polynome:definition:konvergenzradius}
+\index{Konvergenzradius}%
+Der {\em Konvergenzradius} einer Potenzreihe $\sum_{k=0}^\infty a_k(z-z_0)^k$
+um den Punkt $z_0$ ist
+\[
+\varrho = \sup \biggl\{ |z-z_0|\;\bigg|\;
+\text{$\displaystyle\sum_{k=0}^\infty a_k(z-z_0)^k$ konvergiert}
+\biggr\}.
+\]
+\end{definition}
+
+\begin{satz}
+\label{buch:polynome:satz:konvergenzradius}
+Der Konvergenzradius $\varrho$ einer Potenzreihe
+$\sum_{k=0}^\infty a_k(z-z_0)^k$ ist
+\begin{equation}
+\frac{1}{\varrho}
+=
+\limsup_{k\to\infty} \root{n}\of{|a_k|}.
+\label{buch:polynome:eqn:konvergenzradius}
+\end{equation}
+\end{satz}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Wir wenden das Wurzelkriterium auf ein $z$ mit $|z-z_0|<\varrho$ an.
+Es gilt
+\[
+\root{k}\of{|a_k(z-z_0)^k|}
+=
+|z-z_0|\root{k}\of{|a_k|}
+\qquad
+\Rightarrow
+\qquad
+\limsup_{k\to\infty}\root{k}\of{|a_k(z-z_0)^k|}
+=
+|z-z_0| \underbrace{\limsup_{k\to\infty}\root{k}\of{|a_k|}}_{\displaystyle=\frac{1}{\varrho}}
+<
+1.
+\]
+Nach dem Wurzelktrierium folgt daher, dass die Reihe
+$\sum_{k=0}^\infty a_k(z-z_0)^k$ absolut konvergent ist.
+\end{proof}
+
+\begin{beispiel}
+Der Konvergenzradius der geometrischen Reihe $1+z+z^2+\dots$ ist
+\[
+\frac{1}{\varrho}
+=
+\limsup_{n\to\infty} \root{n}\of{|a_n|}
+=
+\limsup_{n\to\infty} \root{n}\of{1}
+=
+1.
+\]
+Dies deckt sich mit der bereits bekannten Tatsache, dass die
+geometrische Reihe für $|z|<1$ konvergiert.
+Man beachte auch, dass der Konvergenzradius genau die Entfernung
+vom Entwicklungspunkt $z_0=0$ und dem Pol der Summe $1/(1-z)$ bei
+$z=1$ ist.
+Auf diese allgemeingültige Eigenschaft wird in Abschnitt
+\ref{buch:funktionentheorie:subsection:konvergenzradius}
+eingegangen.
+\end{beispiel}
+
+%
+% Tayler-Reihe
+%
+\subsection{Die Taylor-Reihe
+\label{buch:polynome:subsection:taylor-reihe}}
+Nicht nur der Funktionswert eines Polynoms, sondern auch alle
+seine Ableitungen sind sehr einfach zu berechnen.
+Dies macht Potenzreihen besonders nützlich im Zusammenhang
+mit Lösungen von Differentialgleichungen, wie in Abschnitt
+\ref{buch:differentialgleichungen:section:potenzreihenmethode}
+untersucht werden wird.
+In diesem Abschnitt wird die Taylor-Reihe motiviert, die sich
+aus den Ableitungen einer differenzierbaren Funktion konstruieren
+lässt.
+
+\subsubsection{Ableitung einer Potenzreihe}
+Eine Potenzreihe
+$f(z)=\sum_{k=0}^n a_kz^k$
+kann gliedweise abgeleitet werden.
+Die $k$-te Ableitung ist
+\[
+f^{(k)}(z)
+=
+\sum_{n=0}^\infty n(n-1)\cdots(n-k+1) a_nz^{n-k},
+\]
+aufeinanderfolgende Terme dieser Reihe haben den Quotienten
+\[
+\frac{
+(n+1)n(n-1)\cdots(n-k+2)\phantom{(n-k+1)}
+}{
+\phantom{(n+1)}n(n-1)\cdots(n-k+2)(n-k+1)
+}
+\cdot
+\biggl|
+\frac{a_{n+1}z^{n+1}}{a_nz^n}
+\biggr|
+=
+\frac{n+1}{n-k+1}
+\cdot
+\biggl|
+\frac{a_{n+1}}{a_n}
+\biggr|
+\cdot|z|.
+\]
+Da der Quotient $(n+1)/(n-k+1)\to 1$ für $n\to\infty$, ist das
+Quotientenkriterium für die Ableitung erfüllt, wenn $|z|$ klein genug ist
+und das Kriterium für die Potenzreihe $f(z)$ erfüllt ist.
+
+\subsubsection{Konvergenzradius der abgeleiteten Reihe}
+Der Konvergenzradius $\varrho^{(k)}$ der $k$-fach abgeleiteten Reihe ist
+\begin{align*}
+\root{n}\of{\mathstrut(n+k)(n+k-1)\cdots(n+1) |a_{n+k}|}
+&=
+\root{n}\of{\mathstrut(n+k)(n+k-1)\cdots(n+1)}
+\cdot
+\root{n}\of{|a_{n+k}|}
+\end{align*}
+mit Limes superior
+\begin{align*}
+\frac{1}{\varrho^{(k)}}
+&=
+\limsup_{n\to\infty}
+\root{n}\of{\mathstrut(n+k)(n+k-1)\cdots(n+1) |a_{n+k}|}
+\\
+&=
+\underbrace{
+\lim_{n\to\infty}
+\root{n}\of{\mathstrut(n+k)(n+k-1)\cdots(n+1)}
+}_{\displaystyle\to 1}
+\cdot
+\underbrace{
+\limsup_{n\to\infty}
+\root{n}\of{\mathstrut|a_{n+k}|}
+}_{\displaystyle\to\frac{1}{\varrho}}
+=
+\frac{1}{\varrho},
+\end{align*}
+die abgeleitet Reihe hat also den gleichen Konvergenzradius wie die
+Reihe für $f(z)$.
+
+\subsubsection{Berührung $k$-ten Grades}
+Man sagt, die Graphen zweier Funktionen $f(z)$ und $g(z)$ berühren
+sich im Punkt $z=z_0$ vom Grade $k$, wenn Funktionswerte und
+Ableitungen bis zum Grad $k$ beider Funktionen in $z_0$ übereinstimmen.
+Die Ableitungen der Potenzfunktion $(z-z_0)^n$ sind nacheinander
+\begin{align*}
+\frac{d}{dz}(z-z_0)^n&= n(z-z_0)^{n-1},
+\\
+\frac{d^2}{dz^2}(z-z_0)^n&=n(n-1)(z-z_0)^{n-2},
+\\
+\frac{d^3}{dz^3}(z-z_O)^n&=n(n-1)(n-2)(z-z_0)^{n-3},
+\\
+&\vdots
+\\
+\frac{d^k}{dz^k}(z-z_0)^n&=n(n-1)(n-2)\dots(n-k+1)(z-z_0)^{n-k},
+\\
+&\vdots
+\\
+\frac{d^n}{dz^n}(z-z_0)^n&=n!,
+\\
+\frac{d^l}{dz^l}(z-z_0)^n&=0\qquad\forall l>n.
+\end{align*}
+An der Stelle $z=0$ ist nur genau die $n$-te Ableitung von $0$ verschieden
+und hat den Wert $n!$.
+Zwei Funktionen $f(z)$ und $g(z)$, die als Potenzreihen im Punkt $z_0$
+geschrieben werden, berühren sich also genau dann vom Grad $k$, wenn
+die Funktionswerte und Ableitungen übereinstimmen, d.~h.
+\begin{equation}
+\left.
+\begin{aligned}
+f(z)&=\sum_{l=0}^\infty a_l(z-z_0)^l \\
+g(z)&=\sum_{l=0}^\infty b_l(z-z_0)^l
+\end{aligned}
+\right\}
+\quad\Rightarrow\quad
+f^{(l)}(z_0) = g^{(l)}(z_0)
+\quad\Rightarrow\quad
+l!a_l = l!b_l
+\quad\Rightarrow\quad
+a_l=b_l
+\end{equation}
+für $l\le k$.
+Das Taylor-Polynom ist ein Polynom, welches die gegeben Funktion
+von hohem Grad berührt.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:polynome:definition:taylor-reihe}
+\index{Taylor-Polynom}%
+Sie $f(z)$ eine beliebig oft stetig differenzierbare Funktion.
+Das {\em Taylor-Polynome} vom Grad $n$ von $f(z)$ an der Stelle
+$z_0$ ist die Summe
+\begin{equation}
+\mathscr{T}_{z_0}^nf (z)
+=
+\sum_{k=0}^n
+\frac{f^{(k)}(z_0)}{k!} (z-z_0)^k
+\label{buch:polynome:eqn:taylor-polynom}
+\end{equation}
+\index{Taylor-Reihe}
+Die {\em Taylor-Reihe} der Funktion $f(z)$ ist die Reihe
+\begin{equation}
+\mathscr{T}_{z_0}f (z)
+=
+\sum_{k=0}^\infty
+\frac{f^{(k)}(z_0)}{k!} (z-z_0)^k.
+\label{buch:polynome:eqn:taylor-reihe}
+\end{equation}
+\end{definition}
+
+
+\subsubsection{Analytische Funktionen}
+Das Taylor-Polynom $\mathscr{T}_{z_0}^nf(z)$ hat an der Stelle $z_0$
+die gleichen Funktionswerte und Ableitungen wie die Funktion $f(z)$,
+dies bedeutet aber nicht, dass die Taylorreihe gegen die Funktion
+konvergiert.
+Das Beispiel auf
+Seite~\pageref{buch:funktionentheorie:beispiel:nichtanalytisch}
+zeigt, dass dies nicht immer zutrifft.
+Von besonderem Interesse sind die Funktionen, die sich durch eine
+konvergente Taylor-Reihe ausdrücken lassen.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:polynome:def:analytisch}
+\index{analytisch}%
+Eine Funktion heisst analytisch, wenn sie sich durch eine
+konvergente Potenzreihe darstellen lässt.
+\end{definition}
+
+Die Klasse der analytischen Funktionen umfasst also nicht alle
+differenzierbaren Funktionen.
+Da aber Potenzreihen Gleidweise differenziert und integriert werden
+dürfen, können die meisten Konstruktionen der Analysis bis hin zur
+Lösung partieller Differentialgleichungen innerhalb der analytischen
+Funktionen durchgeführt werden.
+Es ist daher nicht überraschend, dass alle in diesem Buch studierten
+speziellen Funktionen analytisch sind.
+
+
diff --git a/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex b/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex
index 18f1267..e187b68 100644
--- a/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex
+++ b/buch/chapters/050-differential/hypergeometrisch.tex
@@ -796,24 +796,144 @@ tatsächlich die Kosinus-Funktion als Lösung hat.
Wir setzen wieder $w(z) = \mathstrut_1F_1(a;b;z)$.
Es sind die Operatoren $D_a$ und $D_{b-1}$ anzuwenden.
Es ergibt sich die Differentialgleichung
-\begin{align*}
+\begin{align}
\biggl(z\frac{d}{dz}+a\biggr)w
&=
\frac{d}{dz}\biggl(z\frac{d}{dz} +b-1\biggr)w
+\notag
\\
zw'+a w
&=
\frac{d}{dz}
(zw'+b w - w)
+\notag
\\
zw'+a w
&=
zw'' +w'+b w' - w'
+\notag
\\
0
&=
zw'' + (b - z)w' - a w.
+\label{buch:differentialgleichungen:1f1}
+\end{align}
+Die hypergeometrische Funktion $\mathstrut_1F_1$ ist eine Lösung
+den Anfangsbedingungen $w(0)=1$, $w'(0)=a/b$.
+Eine zweite, linear unabhängige Lösung der Differentialgleichung
+\eqref{buch:differentialgleichungen:1f1} kann als verallgemeinerte
+Potenzreihe $w(z) = z^\varrho v(z)$ gefunden werden.
+Die Ableitungen dieses Ansatzes sind
+\begin{align*}
+w'(z)
+&=
+\varrho z^{\varrho-1} v(z) + z^\varrho v'(z)
+\\
+w''(z)
+&=
+\varrho(\varrho-1) z^{\varrho-2} v(z)
++
+2\varrho z^{\varrho-1} v'(z)
++
+z^\varrho v''(z).
+\end{align*}
+Einsetzen derselben in~\eqref{buch:differentialgleichungen:1f1}
+ergibt die Gleichung
+\begin{align*}
+z\bigl(
+\varrho(\varrho-1)z^{\varrho-2}v + 2\varrho z^{\varrho-1}v'+z^\varrho v''
+\bigr)
++
+(b-z)\bigl(\varrho z^{\varrho-1}v+z^\varrho v'\bigr)
+-
+a z^\varrho v
+&=
+0
+\\
+z^{\varrho+1} v''
++
+z^\varrho
+(2\varrho + b-z)
+v'
++
+(\varrho(\varrho-1)z^{\varrho-1}
++(b-z)
+\varrho
+z^{\varrho-1}
+-
+az^\varrho
+)
+v
+&=
+0
+\\
+z^{\varrho+1} v''
++
+z^\varrho(2\varrho+b-z)v'
++
+(\varrho(\varrho-1+b) z^{\varrho-1} v
++
+(\varrho-a)z^\varrho v
+&=
+0
\end{align*}
+Die letzte Gleichung wird wieder zu einer Differentialgleichung
+der Form~\eqref{buch:differentialgleichungen:1f1}, wenn der erste
+der Koeffizienten von $v$ verschwindet, wenn also
+$\varrho-1+b=0$ ist, oder $\varrho=1-b$.
+Setzt man diesen Wert ein, entsteht die Differentialgleichung
+\[
+zv'' + (2(1-b)+b-z) v' - (a+b-1)v = 0
+\qquad\Rightarrow\qquad
+zv'' + (2-b-z) v' - (a+b-1)v = 0.
+\]
+Dies ist eine hypergeometrische Differentialgleichung für
+$\mathstrut_1F_1$ mit den Parametern $2-b$ und $1-b-a$.
+Es folgt, dass
+\[
+w_2(z)
+=
+x^{1-b} \mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}
+a+b-1\\
+2-b
+\end{matrix}
+;z
+\biggr).
+\]
+Falls $2-b$ keine negative ganze Zahl ist, ist die hypergeometrische
+Funktion wohldefiniert.
+
+Wir fassen diese Resultat zusammen:
+\begin{satz}
+\label{buch:differentialgleichungen:satz:1f1-dgl-loesungen}
+Die Differentialgleichung
+\[
+zw'' + (b-z)w' - aw = 0
+\]
+hat die Funktion
+\[
+w_1(z)
+=
+\mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}a\\b\end{matrix};z
+\biggr)
+\]
+als Lösung.
+Falls $b-2\not\in\mathbb{N}$ ist, ist
+\[
+w_2(z)
+=
+z^{1-b}
+\cdot
+\mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}a+b-1\\2-b\end{matrix}
+;z
+\biggr)
+\]
+eine zweite Lösung.
+Für $b=1$ ist $w_2(z)=w_1(z)$.
+\end{satz}
%
% Die hypergeometrische Differentialgleichung für 2F1
@@ -1521,10 +1641,10 @@ n\frac{x}{(1-x^2)^{\frac32}} \sin(n\arccos x)
\end{align*}
Multipliziert man $T_n''(x)$ mit $(1-x^2)$ und subtrahiert
man $xT_n'(x)$, fällt der Term $\sin(n\arccos x)$ weg und es bleibt
-\begin{equation}
+\begin{equation*}
(1-x^2)T''_n(x) -xT'_n(x) = -n^2 T_n(x),
-\label{buch:differential:tschebyscheff:Tdgl}
-\end{equation}
+%\label{buch:differential:tschebyscheff:Tdgl}
+\end{equation*}
die Tschebyscheff-Polynome sind also Lösungen der Differentialgleichung
\begin{equation}
(1-x^2)y'' -xy' +n^2 y=0,
@@ -1532,7 +1652,111 @@ die Tschebyscheff-Polynome sind also Lösungen der Differentialgleichung
\end{equation}
sie heisst die {\em Tschbeyscheff-Differentialgleichung}.
-\subsubsection{Tschebyscheff-Differentialgleichung und hypergeometrische Differentialgleichung}
-TODO
+\subsubsection{Tschebyscheff-Differentialgleichung und hypergeometrische
+Differentialgleichung}
+Die hypergeometrische Differentialgleichung hat eine ähnliche Struktur
+wie die Tschebyscheff-Differentialgleichung
+\eqref{buch:differential:tschebyscheff:Tdgl}.
+Der Koeffizient der zweiten Ableitung hat jedoch die Nullstellen
+$\pm 1$ bei der Tschebyscheff-Differentialgleichung, während es bei
+der hypergeometrischen Differentialgleichung die Nullstellen
+$0$ und $1$ sind.
+Wir verwenden daher die Substitution $z = \frac12(1-x)$ und
+$w(z)=y(1-2z)$ und formen damit die hypergeometrische
+Differentialgleichung um.
+Der Faktor $z(1-z)$ wird damit zu
+\[
+z(1-z)
+=
+\frac12(1-x)\biggl(1-\frac12(1-x)\biggr)
+=
+\frac12(1-x) \frac12(1+x)
+=
+\frac14 (1-x^2).
+\]
+Die Ableitungen sind
+\begin{align*}
+w'(z) &= -2y'(1-2z) \\
+w''(z) &= 4y''(1-2z),
+\end{align*}
+wir setzen sie in die hypergeometrische Differentialgleichung ein
+\begin{align*}
+0
+&=
+z(1-z) w'(z)
++
+(c-(a+b+1)z) w'(z) - ab w(z)
+\\
+&=
+\frac14(1-x^2) 4y''(x)
+-
+2
+\biggl(c-(a+b+1)\frac12(1-x)\biggr)
+y'(x)
+-aby(x).
+\\
+&=
+(1-x^2)y''
++
+(a+b+1-2c-(a+b+1)x) y'
+-
+aby
+\end{align*}
+Diese Differentialgleichung kann tatsächlich in die Form der
+Tschebyscheff-Differentialgleichung gebracht werden, wenn man setzt
+\begin{equation}
+\left.
+\begin{aligned}
+a&=\phantom{-}n\\
+b&=-n\\
+c&=\frac{a+b+1}2
+\end{aligned}
+\right\}
+\;
+\quad\Rightarrow\quad
+(1-x^2)y''+
+\biggl(\underbrace{a+b+1-2\frac{a+b+1}2}_{\displaystyle=0}-(\underbrace{n-n+1}_{\displaystyle=1})x\biggr)y'
+-n(-n)y=0.
+\end{equation}
+Die letzte Gleichung ist identisch mit
+\eqref{buch:differential:tschebyscheff:Tdgl}.
+Die beiden Parameter $a$ und $b$ dürfen natürlich auch vertauscht
+werden.
+
+\subsubsection{Tschebyscheff-Polynome als hypergeometrische Funktionen}
+Aus der Umformung der eulerschen hypergeometrischen Differentialgleichung
+in die Tschebyscheff-Differntialgleichung kann man jetzt ablesen, dass
+eine Lösung der Tschebyscheff-Differentialgleichung auch mit der
+hypergeometrischen Funktion $\mathstrut_2F_1$ geschrieben werden kann,
+nämlich
+\[
+y(x)
+=
+\mathstrut_2F_1\biggl(
+\begin{matrix}
+n,-n\\
+\frac12
+\end{matrix};\frac{1-x}2
+\biggr).
+\]
+Wegen $b=-n$ ist diese Funktion ein Polynom mit den Werten
+\[
+\begin{aligned}
+y(1) &= 1 \\
+y'(1)&= n^2,
+\end{aligned}
+\]
+den gleichen Werten, die auch das Tschbescheff-Polynome $T_n(x)$ annimmt.
+Es folgt daher
+\begin{equation}
+T_n(x)
+=
+\mathstrut_2F_1\biggl(
+\begin{matrix}n,-n\\\frac12\end{matrix};
+\frac{1-x}2
+\biggr).
+\end{equation}
+Auch die Tschebyscheff-Polynome lassen sich also mit Hilfe einer
+hypergeometrischen Funktion schreiben.
-\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Chebyshev_polynomials}
+%\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Chebyshev_polynomials}
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/Makefile.inc b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/Makefile.inc
index 3202936..48e5356 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/Makefile.inc
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/Makefile.inc
@@ -6,6 +6,7 @@
CHAPTERFILES = $(CHAPTERFILES) \
chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex \
+ chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex \
chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex \
chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex \
chapters/070-orthogonalitaet/bessel.tex \
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/chapter.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/chapter.tex
index 86a5d47..5ebb795 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/chapter.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/chapter.tex
@@ -9,18 +9,17 @@
\lhead{Orthogonalität}
\rhead{}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex}
-\input{chapters/070-orthogonalitaet/jacobi.tex}
+\input{chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex}
+%\input{chapters/070-orthogonalitaet/jacobi.tex}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/bessel.tex}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex}
\input{chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex}
-\section{TODO}
-\begin{itemize}
-\item Jacobi-Polynome
-\item Tschebyscheff-Polynome
-\end{itemize}
+%\section{TODO}
+%\begin{itemize}
+%\end{itemize}
\section*{Übungsaufgaben}
\rhead{Übungsaufgaben}
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex
index 870c8a8..55f9700 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/gaussquadratur.tex
@@ -482,4 +482,81 @@ Dies zeigt auch der Graph in
Abbildung~\ref{buch:integral:gaussquadratur:fehler}.
\subsection{Skalarprodukte mit Gewichtsfunktion}
+Die Nullstellen der Legendre-Polynome ergaben ein gutes
+Integrationsverfahren für Polynome auf einem beschränkten
+Intervall.
+Die Beispiele haben aber auch gezeigt, dass Stellen, wo die
+Ableitung des Integranden divergiert, die Genauigkeit stark
+beeinträchtigen können.
+Ausserdem ist das Verfahren nicht anwendbar auf uneigentliche
+Integrale.
+
+\subsubsection{Umgang mit Singularitäten}
+Die Lösung des Problems mit Stellen mit divergenter Ableitung
+besteht darin, die Stützstellen in der Nähe dieser Stellen
+zu konzentrieren.
+Die Verwendung einer Gewichtsfunktion $w(x)$ kann genau dies
+erreichen.
+Statt das Integral einer Funktion $f(x)$ zu bestimmen,
+kann man $f(x)=g(x)w(x)$ schreiben, wobei $w(x)$ so
+gewählt werden soll, dass das Verhalten der Steigung an
+den Intervallenden gut wiedergibt.
+Dies ist mit einer Jacobischen Gewichtsfunktion immer möglich.
+Statt der Nullstellen der Legendre-Polynome sind dann die
+Nullstellen der Jacobi-Polynome und die Funktionswete von $g(x)$
+an diesen Stellen zu verwenden, die Gewichte sind
+die Integrale von $l_i(x) P^{(\alpha,\beta)}(x)$.
+
+\subsubsection{Uneigentliche Integrale}
+Die Berechnung eines uneigentlichen Integrals auf dem Intervall
+$(0,\infty)$ oder $(-\infty,\infty)$ ist aus mehreren Gründen nicht
+direkt mit dem früher beschriebenen Gauss-Quadraturverfahren
+möglich.
+
+Die Stützstellen, die bei der Gauss-Quadratur in einem Intervall
+$(a,b)$ verwendet werden, entstehen dadurch, dass man die Nullstellen
+der Legendre-Polynome in $(-1,1)$ auf das Intervall $(a,b)$
+skaliert.
+Dies führt offensichtlich nicht zum Erfolg, wenn ein oder beide
+Intervallgrenzen unendlich sind.
+Dieses Problem kann dadurch gelöst werden, dass man das unendliche
+Intervall $(a,\infty)$ mit
+\[
+x = a + \frac{1-t}{t}
+\]
+auf das Intervall $[0,1]$ transformiert.
+
+Will man beim Intervall $(0,\infty)$ bleiben, dann ist zu beachten,
+dass das Integral eines Polynomes immer divergent ist, es ist also
+auf jeden Fall nötig, den Integranden durch Funktionen zu approximieren,
+die genügend schnell gegen $0$ gehen.
+Polynome beliebigen Grades können verwendet werden, wenn sie mit
+einer Funktion multipliziert werden, die schneller als jedes Polynom
+gegen $0$ geht, so dass das Integral immer noch konvergiert.
+Die Funktionen $e^{-x}$ für das Intervall $(0,\infty)$ oder
+$e^{-x^2}$ für das Intervall $(-\infty,\infty)$ kommen dafür in Frage.
+
+Um das Integral von $f(x)$ im Intervall $(0,\infty)$ zu berechnen,
+schreibt man daher zunächst
+\[
+\int_0^\infty f(x)\,dx
+=
+\int_0^\infty g(x)e^{-x}\,dx
+=
+\int_0^\infty g(x) w(x)\,dx
+\quad\text{mit}\quad
+w(x)=e^{-x}
+\text{ und }
+g(x)=f(x)e^x.
+\]
+Dann approximiert $g(x)$ man durch ein Interpolationspolynom,
+so wie man das bei der Gauss-Quadratur gemacht hat.
+Als Stützstellen müssen dazu die Nullstellen der Laguerre-Polynome
+verwendet werden.
+Als Gewichte $w_i$ sind die Integrale der $l_i(x)e^{-x}$
+zu verwenden.
+
+
+
+
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/Makefile b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/Makefile
index efe5d36..83f6762 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/Makefile
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/Makefile
@@ -4,7 +4,7 @@
#
# (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
#
-all: legendre.pdf orthogonal.pdf weight.pdf jacobi.pdf
+all: legendre.pdf orthogonal.pdf weight.pdf jacobi.pdf laguerre.pdf
legendrepaths.tex: legendre.m
octave legendre.m
@@ -22,6 +22,11 @@ weightfunction.tex: weight.m
jacobi: jacobi.cpp
g++ --std=c++11 -O -Wall -g -o jacobi jacobi.cpp
+laguerre.pdf: laguerre.tex laguerrepaths.tex
+ pdflatex laguerre.tex
+laguerrepaths.tex: laguerre.m
+ octave laguerre.m
+
jacobipaths.tex: jacobi Makefile
./jacobi --a=0 --b=0 --prefix=legendre --outfile=jacobipaths.tex
./jacobi --a=1 --b=0 --degree=14 --prefix=aone >> jacobipaths.tex
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdf b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdf
index d1977f0..7fdc702 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdf
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdf
Binary files differ
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.m b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.m
new file mode 100644
index 0000000..0a9c18c
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.m
@@ -0,0 +1,55 @@
+#
+# laguerre.m
+#
+# (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
+#
+pkg load miscellaneous
+global N;
+N = 120;
+
+function retval = laguerre(n, x)
+ s = 1;
+ p = 1;
+ if (n == 0)
+ retval = p;
+ else
+ for k = (1:n)
+ p = p * x * (-n-1+k) / (k * k);
+ s = s + p;
+ endfor
+ retval = s;
+ end
+endfunction
+
+function retval = laguerrepath(fn, n, name)
+ global N;
+ h = 12 / N;
+ fprintf(fn, "\\def\\laguerre%s{\n", name)
+ fprintf(fn, "\t ({%.5f*\\dx},{%.5f*\\dy})", 0, 1);
+ for i = (1:N)
+ x = h * i;
+ y = laguerre(n, x);
+ if (abs(y) > 100)
+ y = 100 * sign(y);
+ end
+ fprintf(fn, "\n\t-- ({%.5f*\\dx},{%.5f*\\dy})", x, y);
+ endfor
+ fprintf(fn, "\n}\n");
+endfunction
+
+fn = fopen("laguerrepaths.tex", "w");
+
+laguerrepath(fn, 0, "zero");
+laguerrepath(fn, 1, "one");
+laguerrepath(fn, 2, "two");
+laguerrepath(fn, 3, "three");
+laguerrepath(fn, 4, "four");
+laguerrepath(fn, 5, "five");
+laguerrepath(fn, 6, "six");
+laguerrepath(fn, 7, "seven");
+laguerrepath(fn, 8, "eight");
+laguerrepath(fn, 9, "nine");
+
+fclose(fn);
+
+
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.pdf b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.pdf
new file mode 100644
index 0000000..c16698e
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.pdf
Binary files differ
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.tex
new file mode 100644
index 0000000..537c4af
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.tex
@@ -0,0 +1,87 @@
+%
+% laguerre.tex -- Laguerre-Polynome
+%
+% (c) 2021 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
+%
+\documentclass[tikz]{standalone}
+\usepackage{amsmath}
+\usepackage{times}
+\usepackage{txfonts}
+\usepackage{pgfplots}
+\usepackage{csvsimple}
+\usetikzlibrary{arrows,intersections,math}
+\begin{document}
+\def\dx{1}
+\def\dy{0.33333}
+\input{laguerrepaths.tex}
+
+\definecolor{fone}{rgb}{1,0,0}
+\definecolor{ftwo}{rgb}{1.0,0,0.8}
+\definecolor{fthree}{rgb}{0.8,0,1}
+\definecolor{ffour}{rgb}{0,0,1}
+\definecolor{ffive}{rgb}{0,0.8,1}
+\definecolor{fsix}{rgb}{0,1,1}
+\definecolor{fseven}{rgb}{0,0.6,0}
+\definecolor{feight}{rgb}{0.2,1,0.6}
+\definecolor{fnine}{rgb}{0.6,0.8,0.2}
+\definecolor{ften}{rgb}{1,0.4,0}
+
+\def\skala{1}
+\begin{tikzpicture}[>=latex,thick,scale=\skala]
+
+
+\begin{scope}
+\clip (0,-5) rectangle (12,5);
+
+\draw[color=fone] \laguerrezero;
+\draw[color=ftwo] \laguerreone;
+\draw[color=fthree] \laguerretwo;
+\draw[color=ffour] \laguerrethree;
+\draw[color=ffive] \laguerrefour;
+\draw[color=fsix] \laguerrefive;
+\draw[color=fseven] \laguerresix;
+\draw[color=feight] \laguerreseven;
+\draw[color=fnine] \laguerreeight;
+\draw[color=ften] \laguerrenine;
+
+\end{scope}
+
+\draw[->] (-0.1,0) -- (12.4,0) coordinate[label={$x$}];
+\draw[->] (0,{-5.1}) -- (0,{5.3}) coordinate[label={$y$}];
+
+\def\marke#1#2{
+ \node[color=#1] at (0.5,{5-0.42*#2}) [right] {$n=#2$};
+}
+
+\marke{fone}{0}
+\marke{ftwo}{1}
+\marke{fthree}{2}
+\marke{ffour}{3}
+\marke{ffive}{4}
+\marke{fsix}{5}
+\marke{fseven}{6}
+\marke{feight}{7}
+\marke{fnine}{8}
+\marke{ften}{9}
+
+\foreach \x in {1,...,12}{
+ \draw ({\x},-0.05) -- ({\x},0.05);
+}
+\node at (5,-0.05) [below] {$5$};
+\node at (10,-0.05) [below] {$10$};
+
+\foreach \y in {1,...,15}{
+ \draw (-0.05,{\y*\dy}) -- (0.05,{\y*\dy});
+ \draw (-0.05,{-\y*\dy}) -- (0.05,{-\y*\dy});
+}
+\node at (-0.05,{1*\dy}) [left] {$1$};
+\node at (-0.05,{5*\dy}) [left] {$5$};
+\node at (-0.05,{10*\dy}) [left] {$10$};
+\node at (-0.05,{15*\dy}) [left] {$15$};
+\node at (-0.05,{-5*\dy}) [left] {$-5$};
+\node at (-0.05,{-10*\dy}) [left] {$-10$};
+\node at (-0.05,{-15*\dy}) [left] {$-15$};
+
+\end{tikzpicture}
+\end{document}
+
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex
index 073b004..de8f63f 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/legendredgl.tex
@@ -367,3 +367,93 @@ Q_1(x) = x \operatorname{artanh}x-1
\]
verwendet werden.
+%
+%
+%
+\subsection{Laguerre-Differentialgleichung
+\label{buch:orthogonal:subsection:laguerre-differentialgleichung}}
+Die Laguerre-Gewichtsfunktion $w_{\text{Laguerre}}(x)=e^{-x}$
+\index{Laguerre-Gewichtsfunktion}%
+führte auf die Laguerre-Polynome $L_n(x)$, die in
+\eqref{buch:orthogonal:eqn:laguerre-polynom-hypergeometrisch}
+als hypergeometrische Funktionen erkannt wurden.
+Sie sind daher auch Lösungen der Differentialgleichung
+der hypergeometrischen Funktion $\mathstrut_1F_1$, die in
+\eqref{buch:differentialgleichungen:1f1} dargestellt ist.
+
+Die Parameter der Darstellung von $L_n(x)$ als hypergeometrische
+Funktion sind
+\[
+L_n(x) = \mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}-n\\1\end{matrix}
+;x
+\biggr)
+\qquad\Rightarrow\qquad
+\left\{
+\begin{aligned}
+a&=-n\\
+b&=1.
+\end{aligned}
+\right.
+\]
+Einsetzen dieser Parametrer in die Differentialgleichung
+\eqref{buch:differentialgleichungen:1f1}
+\begin{equation}
+zw'' + (1-z)w'+nw=0
+\label{buch:differentialgleichungen:eqn:laguerre-dgl}
+\end{equation}
+Dies ist die {\em Laguerre-Differentialgleichung}.
+\index{Laguerre-Differentialgleichung}%
+\index{Differentialgleichung!Laguerre}%
+Die Laguerre-Polynome sind also Lösungen der Laguerre-Differentialgleichung,
+wenn der Parameter $n$ nicht-negativ ganzzahlig ist.
+
+Die allgemeine Laguerre-Differentialgleichung lässt beliebige reelle
+Werte für den Koeffizienten von $y$ zu, sie lautet
+\[
+zw''+(1-z)w'+\lambda w=0.
+\]
+Die Anfangsbedingungen für die hypergeometrische Funktion als Lösung
+\begin{align*}
+L_n(0) &= \mathstrut_1F_1(-\lambda; 1; 0) = 1\\
+\\
+L'_n(0) &=
+\frac{d}{dx}
+\mathstrut_1F_1(-\lambda;1;0) = \frac{-\lambda}{1}
+\end{align*}
+Der Satz
+\ref{buch:differentialgleichungen:satz:1f1-dgl-loesungen}
+schlägt eine zweite Lösung vor, im vorliegenden Fall mit $b=1$
+ist die zweite Lösung jedoch identisch zu ersten, es muss daher
+ein anderer Weg zu einer zweiten Lösung gesucht werden.
+
+XXX TODO: zweite Lösung der Differentialgleichung.
+
+\subsubsection{Die assoziierte Laguerre-Differentialgleichung}
+\index{assoziierte Laguerre-Differentialgleichung}%
+\index{Laguerre-Differentialgleichung, assoziierte}%
+Die {\em assoziierte Laguerre-Differentialgleichung} ist die
+Differentialgleichung
+\begin{equation}
+zw'' + (\nu +1-z)w' + \lambda w = 0,
+\label{buch:differentialgleichungen:eqn:assoziierte-laguerre-dgl}
+\end{equation}
+also die Differentialgleichung für die hypergeometrische Funktion
+$\mathstrut_1F_1$ mit Parametern $a=-\lambda$ und $b=\nu+1$.
+Die Gleichung
+\eqref{buch:differentialgleichungen:eqn:assoziierte-laguerre-dgl}
+hat daher die Lösung
+\(
+\mathstrut_1F_1(-\lambda;\nu+1;x).
+\)
+Für natürliches $\lambda$ sind diese Lösungen Polynome
+\[
+L_n^{(\nu)}(x)
+=
+\mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}-n\\\nu+1\end{matrix}
+;x\biggr),
+\]
+sie heissen die {\em assoziierten Laguerre-Polynome}.
+\index{assoziierte Laguerre-Polynome}%
+\index{Laguerre-Polynome, assoziierte}%
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex
index 9447c6f..d06f46e 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/orthogonal.tex
@@ -176,7 +176,7 @@ C([a,b]) \times C([a,b]) \to \mathbb{R}
das {\em gewichtete Skalarprodukt} mit {\em Gewichtsfunktion $w(x)$}.
\end{definition}
-\subsubsection{Gram-Schmidt-Orthonormalisierung}
+\subsection{Gram-Schmidt-Orthonormalisierung}
In einem reellen Vektorraum $V$ mit Skalarprodukt $\langle\;\,,\;\rangle$
kann aus einer beleibigen Basis $b_1,\dots,b_n$ mit Hilfe des
Gram-Schmidtschen Orthogonalisierungsverfahrens immer eine
@@ -274,105 +274,16 @@ b_n
\end{align*}
berücksichtigen dies.
-\subsubsection{Selbstadjungierte Operatoren und Eigenvektoren}
-Symmetrische Matrizen spielen eine spezielle Rolle in der
-endlichdimensionalen linearen Algebra, weil sie sich immer
-mit einer orthonormierten Basis diagonalisieren lassen.
-In der vorliegenden Situation undendlichdimensionaler Vektorräume
-brauchen wir eine angepasste Definition.
-
-\begin{definition}
-Eine lineare Selbstabbildung $A\colon V\to V$
-eines Vektorrraums mit Skalarprodukt
-heisst {\em selbstadjungiert}, wenn für alle Vektoren $u,v\in V$
-heisst $\langle Au,v\rangle = \langle u,Av\rangle$.
-\end{definition}
-
-Es ist wohlbekannt, dass Eigenvektoren einer symmetrischen Matrix
-zu verschiedenen Eigenwerten orthogonal sind.
-Der Beweis ist direkt übertragbar, wir halten das Resultat hier
-für spätere Verwendung fest.
-
-\begin{satz}
-Sind $f$ und $g$ Eigenvektoren eines selbstadjungierten Operators $A$
-zu verschiedenen Eigenwerten $\lambda$ und $\mu$, dann sind $f$ und $g$
-orthogonal.
-\end{satz}
-
-\begin{proof}[Beweis]
-Im vorliegenden Zusammenhang möchten wir die Eigenschaft nutzen,
-dass Eigenfunktionen eines selbstadjungierten Operatores zu verschiedenen
-Eigenwerten orthogonal sind.
-Dazu seien $Df = \lambda f$ und $Dg=\mu g$ und wir rechnen
-\begin{equation*}
-\renewcommand{\arraycolsep}{2pt}
-\begin{array}{rcccrl}
-\langle Df,g\rangle &=& \langle \lambda f,g\rangle &=& \lambda\phantom{)}\langle f,g\rangle
-&\multirow{2}{*}{\hspace{3pt}$\biggl\}\mathstrut-\mathstrut$}\\
-=\langle f,Dg\rangle &=& \langle f,\mu g\rangle &=& \mu\phantom{)}\langle f,g\rangle&
-\\[2pt]
-\hline
- 0 & & &=& (\lambda-\mu)\langle f,g\rangle&
-\end{array}
-\end{equation*}
-Da $\lambda-\mu\ne 0$ ist, muss $\langle f,g\rangle=0$ sein.
-\end{proof}
-
-\begin{beispiel}
-Sei $C^1([0,2\pi], \mathbb{C})=C^1(S^1,\mathbb{C})$
-der Vektorraum der $2\pi$-periodischen differenzierbaren Funktionen mit
-dem Skalarprodukt
-\[
-\langle f,g\rangle
-=
-\frac{1}{2\pi}\int_0^{2\pi} \overline{f(t)}g(t)\,dt
-\]
-enthält die Funktionen $e_n(t) = e^{int}$.
-Der Operator
-\[
-D=i\frac{d}{dt}
-\]
-ist selbstadjungiert, denn mit Hilfe von partieller Integration erhält man
-\[
-\langle Df,g\rangle
-=
-\frac{1}{2\pi}
-\int_0^{2\pi}
-\underbrace{
-\overline{i\frac{df(t)}{dt}}
-}_{\uparrow}
-\underbrace{g(t)}_{\downarrow}
-\,dt
-=
-\underbrace{
-\frac{-i}{2\pi}
-\biggl[
-\overline{f(t)}g(t)
-\biggr]_0^{2\pi}
-}_{\displaystyle=0}
-+
-\frac{1}{2\pi}
-\int_0^{2\pi}
-\overline{f(t)}i\frac{dg(t)}{dt}
-\,dt
-=
-\langle f,Dg\rangle
-\]
-unter Ausnützung der $2\pi$-Periodizität der Funktionen.
-
-Die Funktionen $e_n(t)$ sind Eigenfunktionen des Operators $D$, denn
-\[
-De_n(t) = i\frac{d}{dt}e^{int} = -n e^{int} = -n e_n(t).
-\]
-Nach obigem Satz sind die Eigenfunktionen von $D$ orthogonal.
-\end{beispiel}
-
-Das Beispiel illustriert, dass orthogonale Funktionenfamilien
-ein automatisches Nebenprodukt selbstadjungierter Operatoren sind.
-
-
-% XXX Orthogonalisierungsproblem so formulieren, dass klar wird,
-% XXX dass man ein "Normierungskriterium braucht.
+%
+% Legendre-Polynome
+%
+\subsection{Legendre-Polynome
+\label{buch:orthogonal:subsection:legendre-polynome}}
+Der Gram-Schmidtsche Orthogonalisierungsprozess kann für jedes beliebige
+Skalarprodukt aus der Folge $1$, $x$, $x^2,\dots$ der Monome ein
+Folge von orthogonalisierten Polynomen machen.
+In diesem Abschnitt rechnen wir den Fall konstanter Gewichtsfunktione
+$w(x)=1$ durch, er führt auf die sogenannten {\em Legendre-Polynome}.
Da wir auf die Normierung verzichten, brauchen wir ein anderes
Kriterium, welches die Polynome eindeutig festlegen kann.
@@ -380,6 +291,10 @@ Wir bezeichnen das Polynom vom Grad $n$, das bei diesem Prozess
entsteht, mit $P_n(x)$ und legen willkürlich aber traditionskonform
fest, dass $P_n(1)=1$ sein soll.
+%
+% Symmetrie-Eigenschaften
+%
+\subsubsection{Symmetrieeigenschaften}
Das Skalarprodukt berechnet ein Integral eines Produktes von zwei
Polynomen über das symmetrische Interval $[-1,1]$.
Ist die eine gerade und die andere ungerade, dann ist das
@@ -403,6 +318,7 @@ dargestellt.
\end{figure}
\begin{lemma}
+\label{buch:orthogonal:lemma:symmetrie}
Die Polynome $P_{2n}(x)$ sind gerade, die Polynome $P_{2n+1}(x)$ sind
ungerade Funktionen von $x$.
\end{lemma}
@@ -435,6 +351,10 @@ $P_{n-4}(x)$ ist, die die gleiche Parität wie $x^n$ haben.
Also hat auch $P_n(x)$ die gleiche Parität, was das Lemma beweist.
\end{proof}
+%
+% Orthogonalisierung nach Gram-Schmidt
+%
+\subsubsection{Orthogonalisierung mit Gram-Schmidt}
Die Ortogonalisierung von $x^2$ liefert daher
\[
p(x) = x^2
@@ -476,7 +396,7 @@ Für $P_3(x)$ brauchen wir nur die Skalaprodukte
\qquad
\Rightarrow
\qquad
-p(x) = x^3 - \frac{\frac25}{\frac23}x=x^3-\frac{3}{5}x
+p(x) = x^3 - \frac{\;\frac25\;}{\frac23}x=x^3-\frac{3}{5}x
\]
Die richtige Standardisierung ergibt sich,
indem man durch $p(1)=\frac25$ dividiert, also
@@ -516,7 +436,7 @@ Die Skalarprodukte sind
=
\int_{-1}^1 \frac14(9x^4-6x^2+1)\,dx
=
-\frac14(\frac{18}{5}-4+2)
+\frac14\biggl(\frac{18}{5}-4+2\biggr)
=\frac25.
\end{align*}
Daraus folgt für $p(x)$
@@ -604,219 +524,292 @@ dass die die beiden Polynome $P_4(x)$ und $P_7(x)$ orthogonal sind.
Das Produkt $P_4(x)\cdot P_7(x)$ hat Integral $=0$.
%
-% Rekursionsrelation
+% Verschiedene Gewichtsfunktionen
+%
+\subsection{Gewichtsfunktionen
+\label{buch:orthogonal:subsection:gewichtsfunktionen}}
+Das Standardskalarprodukt auf dem Raum der Funktionen auf dem
+Interval $[-1,1]$ ist das Skalarprodukt mit der Gewichtsfunktion
+$w(x)=1$, es führt auf die Legendre-Polynome.
+Die Wahl einer anderen Gewichtsfunktion ändert natürlich
+das Resultat der Orthogonalisierung.
+Nullstellen und Pole der Gewichtsfunktion ändern die Menge der
+Funktionen, für die das Skalarprodukt definiert.
+Diesem Zusammenhang soll im ersten Unterabschnitt nachgegangen werden.
+Danach sollen verschiedene für die Praxis relevante Gewichtsfunktionen
+vorgestellt werden.
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics{chapters/070-orthogonalitaet/images/weight.pdf}
+\caption{Nullstellen und Pole der Gewichtsfunktion (rot) legen Ort
+und Grad von Polen und Nullstellen der Funktionen fest, die beschränkte
+$\|\,\cdot\,\|_w$-Norm haben.
+An den Stellen $\pm 1$ und $\pm\frac12$ hat die Gewichtsfunktion
+Pole bzw.~Nullstellen mit Grad $\alpha$.
+Der blaue Bereich deutet an, wie schnell die Funktion $f$ in diesem
+Bereich anwachsen kann, bzw.~wie schnell nahe der Polstelle gegen $0$
+gehen muss.
+\label{buch:orthogonalitaet:fig:gewicht}}
+\end{figure}
+%
+% Pole und Nullstellen der Gewichtsfunktion
%
-\subsection{Drei-Term-Rekursion
-\label{buch:orthogonal:subsection:rekursionsrelation}}
-Die Berechnung der Legendre-Polynome mit Hilfe des Gram-Schmidt-Verfahrens
-ist ausserordentlich mühsame wenig hilfreich, wenn es darum geht, Werte
-der Polynome zu berechnen.
-Glücklicherweise erfüllen orthogonale Polynome automatisch eine
-Rekursionsbeziehung mit nur drei Termen.
-Zum Beispiel kann man zeigen, dass für die Legendre-Polynome die
-Relation
+\subsubsection{Pole und Nullstellen
+\label{buch:orthogonal:pole-und-nullstellen}}
+Das Skalarprodukt $\langle\,\;,\;\rangle_w$ ist nur sinnvoll
+für Funktionen $f(x)$, für die die Norm $\|f\|_w$ definiert ist.
+An einer Nullstelle $x_0$ der Gewichtsfunktion $w$ darf die Funktion $f$
+einen Pol haben.
+Solange $f(x)$ für $x\to x_0$ nicht zu schnell divergiert, kann
+das Produkt $|f(x)|^2 w(x)$ immer noch integrierbar sein.
+
+Um dies etwas genauer zu quantifizieren, nehmen wir an, dass
+$w(x)$ an der Stelle $x_0$ eine Nullstelle vom Grad $\alpha$ hat.
+Dies bedeutet, dass $w(x) \approx C|x-x_0|^\alpha$ ist für eine geeignete
+Konstante $C$ und für $|x-x_0|<\varepsilon$.
+Ein Pol von $f$ vom Grad $a$ an der Stelle $x_0$ führt entsprechend auf
+eine Abschätzung $|f(x)| \approx D|f(x)|^{-a}$ für $|x-x_0|<\varepsilon$.
+Dann ist
+\[
+|f(x)|^2 w(x) \approx CD |x-x_0|^{\alpha-2a}.
+\]
+Für das Integral in der Nähe von $x_0$ ist
\begin{align*}
-nP_n(x) &= (2n-1)xP_{n-1}(x) - (n-1)P_{n-2}(x),\;\forall n\ge 2,
+\int_{x_0-\varepsilon}^{x_0+\varepsilon}
+|f(x)|^2 w(x)\,dx
+&\approx
+CD
+\int_{x_0-\varepsilon}^{x_0+\varepsilon}
+|x-x_0|^{\alpha-2a}\,dx
\\
-P_1(x) &= x,
-\\
-P_0(x) &= 1.
+&=
+2CD
+\int_0^\varepsilon
+t^{\alpha-2a}
+\,dt
+=
+2CD
+\begin{cases}
+\displaystyle
+\;
+\biggl[\frac{t^{\alpha-2a+1}}{\alpha-2a+1}\biggr]_0^\varepsilon
+&\qquad
+\alpha-2a\ne-1
+\\[7pt]
+\displaystyle
+\;
+\biggl[ \log t \biggr]_0^\varepsilon
+&\qquad
+\text{sonst.}
+\end{cases}
\end{align*}
-Mit so einer Rekursionsbeziehung ist es sehr einfach, die Funktionswerte
-für alle $P_n(x)$ zu berechnen.
+Der Zähler $t^{\alpha-2a+1}$ divergiert für $t\to 0$ genau dann,
+wenn $\alpha-2a+1<0$ oder $\alpha<2a-1$.
+Auch im zweiten Fall, für $\alpha-2a+1=0$, divergiert das Integral.
+Damit die Norm $\|f\|_w$ definiert ist, muss also $a<\frac12(\alpha+1)$
+sein.
+
+Ganz ähnlich führt eine Polstelle von $w$ vom Grad $\alpha$
+an der Stelle $x_0$ dazu, dass $f$ dort eine Nullstelle vom Grad
+$a$ haben muss.
+Das Normintegral konvergiert nur, wenn $2a-\alpha > -1$ ist
+oder $a > \frac12(\alpha+1)$.
+
+Pole der Gewichtsfunktion schränken also ein, welche Funktionen
+überhaupt der Untersuchung mit Hilfe des Skalarproduktes
+$\langle\,\;,\;\rangle_w$ zugänglich sind
+(Abbildung~\ref{buch:orthogonalitaet:fig:gewicht}).
+Ist die Ordnung $\alpha$ des Poles grösser als $1$, dann müssen die Funktionen
+eine Nullstelle mindestens vom Grad $\frac12(a+1)$ haben.
+Nullstellen der Gewichtsfunktion erweitern die Klasse der Funktionen.
+Ist die Ordnung der Nullstelle $\alpha$, dann dürfen die Funktionen einen
+Pol der Ordnung kleiner als $\frac12(\alpha+1)$ haben.
-\begin{definition}
-Eine Folge von Polynomen $p_n(x)$ heisst orthogonal bezüglich des
-Skalarproduktes $\langle\,\;,\;\rangle_w$, wenn
+\begin{lemma}
+\label{buch:orthogonal:lemma:gewichtsfunktion}
+Sei $w(x)\ge 0$ auf dem Intervall $(a,b)$.
+Der Vektorraum $H_w$ von auf $(a,b)$ definierten Funktionen sei
\[
-\langle p_n,p_m\rangle_w = h_n \delta_{nm}
+H_w
+=
+\biggl\{
+f:\colon(a,b) \to \mathbb{R}
+\;\bigg|\;
+\int_a^b |f(x)|^2 w(x)\,dx
+\biggr\}.
\]
-für alle $n$, $m$.
-\end{definition}
+Die Funktionen $f\in H_w$ haben folgende Eigenschaften
+\begin{enumerate}
+\item
+Ist $\xi\in[a,b]$ eine Nullstelle vom Grad $\alpha$ der Funktion $w(x)$,
+dann
+\item
+Ist $\xi\in[a,b]$ eine Polstelle vom Grad $a$ der Funktion $w(x)$,
+dann hat $f$ eine Nullstelle mindestens from Grad
+\end{enumerate}
+\end{lemma}
-\subsubsection{Allgemeine Drei-Term-Rekursion für orthogonale Polynome}
-Der folgende Satz besagt, dass $p_n$ eine Rekursionsbeziehung erfüllt.
-\begin{satz}
-\label{buch:orthogonal:satz:drei-term-rekursion}
-Eine Folge bezüglich $\langle\,\;,\;\rangle_w$ orthogonaler Polynome $p_n$
-mit dem Grade $\deg p_n = n$ erfüllt eine Rekursionsbeziehung der Form
-\begin{equation}
-p_{n+1}(x)
-=
-(A_nx+B_n)p_n(x) - C_np_{n-1}(x)
-\label{buch:orthogonal:eqn:rekursion}
-\end{equation}
-für $n\ge 0$, wobei $p_{-1}(x)=0$ gesetzt wird.
-Die Zahlen $A_n$, $B_n$ und $C_n$ sind reell und es ist
-$A_{n-1}A_nC_n\ge 0$ für $n>0$.
-Wenn $k_n>0$ der Leitkoeffizient von $p_n(x)$ ist, dann gilt
-\begin{equation}
-A_n=\frac{k_{n+1}}{k_n},
-\qquad
-C_{n+1} = \frac{A_{n+1}}{A_n}\frac{h_{n+1}}{h_n}.
-\label{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation}
-\end{equation}
-\end{satz}
-
-\subsubsection{Multiplikationsoperator mit $x$}
-Man kann die Relation auch nach dem Produkt $xp_n(x)$ auflösen, dann
-wird sie
-\begin{equation}
-xp_n(x)
-=
-\frac{1}{A_n}p_{n+1}(x)
--
-\frac{B_n}{A_n}p_n(x)
-+
-\frac{C_n}{A_n}p_{n-1}(x).
-\label{buch:orthogonal:eqn:multixrelation}
-\end{equation}
-Die Multiplikation mit $x$ ist eine lineare Abbildung im Raum der Funktionen.
-Die Relation~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation} besagt, dass diese
-Abbildung in der Basis der Polynome $p_k$ tridiagonale Form hat.
-
-\subsubsection{Drei-Term-Rekursion für die Tschebyscheff-Polynome}
-Eine Relation der Form~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation}
-wurde bereits in
-Abschnitt~\ref{buch:potenzen:tschebyscheff:rekursionsbeziehungen}
-hergeleitet.
-In der Form~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion} geschrieben lautet
-sie
+%
+% Die Jacobische Gewichtsfunktion
+%
+\subsubsection{Jacobische Gewichtsfunktion}
+Die Gewichtsfunktion für die Legendre-Polynome war $w(x)=1$, alle
+Punkte im Intervall $(-1,1)$ hatten das gleiche Gewicht.
+Diese soll jetzt ersetzt werden durch eine Gewichtsfunktion, die
+den Punkten an den Intervallenden mehr oder weniger Gewicht gibt,
+wobei auch zugelassen sein soll, dass die Gewichtung nicht symmetrisch
+ist.
+
+\begin{definition}
+\label{buch:orthogonal:def:jacobi-gewichtsfunktion}
+Die {\em Jacobi-Gewichtsfunktion} ist die Funktion
+\index{Jacobi-Gewichtsfunktion}%
\[
-T_{n+1}(x) = 2x\,T_n(x)-T_{n-1}(x).
+w^{(\alpha,\beta)}
+\colon (-1,1)\to\mathbb{R}
+:
+x\mapsto w^{(\alpha,\beta)}(x) = (1-x)^\alpha(1+x)^\beta
\]
-also
-$A_n=2$, $B_n=0$ und $C_n=1$.
-
-\subsubsection{Beweis von Satz~\ref{buch:orthogonal:satz:drei-term-rekursion}}
-Die Relation~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation} zeigt auch,
-dass der Beweis die Koeffizienten $\langle xp_k,p_j\rangle_w$
-berechnen muss.
-Dabei wird wiederholt der folgende Trick verwendet.
-Für jede beliebige Funktion $f$ mit $\|f\|_w^2<\infty$ ist
+mit $\alpha,\beta\in\mathbb{R}$.
+Das Skalarprodukt zugehörige Skalarprodukt wird auch als
\[
-\langle fp_k,p_j\rangle_w
+\langle\,\;,\;\rangle_{w^{(\alpha,\beta)}}
=
-\langle p_k,fp_j\rangle_w.
+\langle\,\;,\;\rangle_{(\alpha,\beta)}
\]
-Für $f(x)=x$ kann man weiter verwenden, dass $xp_k(x)$ ein Polynom
-vom Grad $k+1$ ist.
-Die Gleichheit $\langle xp_k,p_j\rangle_w=\langle p_k,xp_j\rangle_w$
-ermöglicht also, den Faktor $x$ dorthin zu schieben, wo es nützlicher ist.
-
-\begin{proof}[Beweis des Satzes]
-Multipliziert man die rechte Seite von
-\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion} aus, dann ist der einzige Term
-vom Grad $n+1$ der Term $A_nxp_n(x)$.
-Der Koeffizient $A_n$ ist also dadurch festgelegt, dass
-\begin{equation}
-b(x)
+bezeichnet und die zugehörige Norm mit
+\[
+\|f\|_{(\alpha,\beta)}
+=
+\langle f,f\rangle_{(\alpha,\beta)}
=
-p_{n+1}(x) - A_nxp_n(x)
-\label{buch:orthogonal:rekbeweis}
-\end{equation}
-Grad $\le n$ hat.
-Dazu müssen sich die Terme vom Grad $n+1$ in den Polynomen wegheben,
-d.~h.~$k_{n+1}-A_nk_n=0$, woraus die erste Beziehung in
-\eqref{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation} folgt.
-
-Die Polynome $p_k$ sind durch Orthogonalisierung der Monome
-$1$, $x$,\dots $x^{k}$ entstanden.
-Dies bedeutet, dass $\langle p_n,x^k\rangle_w=0$ für alle $k<n$
-gilt und daher auch $\langle p_n,Q\rangle_w=0$ für jedes Polynome
-$Q(x)$ vom Grad $<n$.
-
-Das Polynom $b(x)$ ist vom Grad $\le n$, es lässt sich also als
-Linearkombination
+\int_{-1}^1 |f(x)|^2 w^{(\alpha,\beta)}(x)\,dx.
+\]
+\end{definition}
+
+\begin{definition}
+\label{buch:orthogonal:def:jacobi-polynome}
+Die {\em Jacobi-Polynome} $P^{(\alpha,\beta)}_n(x)$ sind
+\index{Jacobi-Polynome}%
+Polynome vom Grad $n$, die bezüglich des Skalarproduktes
+$\langle\,\;,\;\rangle_{w^{(\alpha,\beta)}}$ orthogonal sind
+und mit
\[
-b(x) = \sum_{k=0}^n b_k p_k(x)
+P_n^{(\alpha,\beta)}(1) = \binom{n+\alpha}n
\]
-der $p_k$ mit $k\le n$ schreiben.
-Die Koeffizienten $b_j$ kann man erhalten, indem man
-\eqref{buch:orthogonal:rekbeweis} Skalar mit $p_j$ multipliziert.
-Dabei erhält man
+normiert sind.
+\end{definition}
+
+In Abbildung~\ref{buch:orthogonal:fig:jacobi-parameter}
+ist die Abhängigkeit der Jacobi-Polynome von den Parametern $\alpha$
+und $\beta$ illustriert.
+Für $\alpha=\beta=0$ entsteht die Gewichtsfunktion
+$w^{(0,0)}(x)=1$, die Legendre-Polynome sind also der Spezialfall
+$\alpha=\beta=0$ der Jacobi-Polynome.
+
+Der Exponent $\alpha$ in der Gewichtsfunktion $w^{(\alpha,\beta)}(x)$
+steuert das Gewicht, welches Punkte am rechten Rand des Intervalls
+erhalten.
+Für positive Werte von $\alpha$ hat $w^{(\alpha,\beta)}(x)$ eine
+Nullstelle vom Grad $\alpha$ an der Stelle $x=1$, nach
+Lemma~\ref{buch:orthogonal:lemma:gewichtsfunktion}
+dürfen die Funktionen einen Pole der Ordnung $<\frac12(\alpha-1)$ haben.
+Je grösser $\alpha$ ist, desto weniger Gewicht haben die Punkte
+am rechten Rand des Intervalls und desto schneller darf eine Funktion
+für $x\to 1$ divergieren.
+
+Für negative Werte von $\alpha$ hat $w^{(\alpha,\beta)}(x)$ einen
+Pol vom Grad $-\alpha$ an der Stelle $x=1$.
+Funktionen müssen daher also ein Nullstelle mindestens vom Grad
+$\frac12(1-\alpha)$ haben.
+
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics[width=\textwidth]{chapters/070-orthogonalitaet/images/jacobi.pdf}
+\caption{Jacobi-Polynome vom Grad $1$ bis $14$ für verschiedene Werte
+der Parameter $\alpha$ und $\beta$.
+Je grösser $\alpha$, desto weniger Gewicht bekommen die Funktionswerte am
+rechten Rand und desto grösser werden die Funktionswerte.
+Für negative $\alpha$ müssen die Polynome dagegen eine Nullstelle am
+rechten Rand haben.
+\label{buch:orthogonal:fig:jacobi-parameter}}
+\end{figure}
+
+%
+% Tschebyscheff-Gewichtsfunktion
+%
+\subsubsection{Tschebyscheff-Gewichtsfunktion}
+Es wird später gezeigt werden, dass die Tschebyscheff-Polynome
+von Abschnitt~\ref{buch:polynome:section:tschebyscheff} eine
+Familie orthogonaler Polynome sein.
+Das zugehörige Skalarprodukt hat die Gewichtsfunktion
\[
-h_jb_j
+w_{\text{Tschebyscheff}}(x)
=
-\langle b,p_j\rangle_w
+\frac{1}{\sqrt{1-x^2}}
=
-\langle p_{n+1},p_j\rangle_w
--
-A_n\langle xp_n,p_j\rangle_w.
+\frac{1}{\sqrt{(1-x)(1+x)}}
+=
+(1-x)^{-\frac{1}{2}}
+(1+x)^{-\frac{1}{2}}
+=
+w^{(-\frac12,-\frac12)}(x).
\]
-Für $j\le n$ verschwindet der erste Term nach der Definition einer
-Folge von orthogonalen Polynomen.
-Den zweiten Term kann man umformen in
+Die {\em Tschebyscheff-Gewichtsfunktion} ist also ein Spezialfall der
+Jacobi-Gewichtsfunktion.
+\index{Tschebyscheff-Gewichtsfunktion}%
+
+%
+% Hermite-Gewichtsfunktion
+%
+\subsubsection{Hermite-Gewichtsfunktion}
+Die Gewichtsfunktion
\[
-\langle xp_n,p_j\rangle_w
+w_{\text{Hermite}}(x)
+=
+w(x)
=
-\langle p_n,xp_j\rangle_w.
+e^{-\frac{x^2}{2}}
\]
-Darin ist $xp_j$ ein Polynom vom Grad $j+1$.
-Für $n>j+1$ folgt, dass der zweite Term verschwindet.
-Somit sind alle $b_j=0$ mit $j<n-1$, nur der Term $j=n-1$
-bleibt bestehen.
-Mit $B_n=b_n$ und $C_n=b_{n-1}$ bekommt man die somit die
-Rekursionsbeziehung~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion}.
-
-Indem man das Skalarprodukt von~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion}
-mit $p_{n-1}$ bildet, findet man
-\begin{align}
-\underbrace{\langle
-p_{n+1},p_{n-1}
-\rangle_w}_{\displaystyle=0}
-&=
-\langle (A_nx+B_n)p_n+C_np_{n-1},p_{n-1} \rangle_w
-\notag
-\\
-0
-&=
-A_n\langle xp_n,p_{n-1} \rangle_w
-+B_n\underbrace{\langle p_n,b_{n-1}\rangle_w}_{\displaystyle=0}
--C_n\|p_{n-1}\|_w^2
-\notag
-\\
-0
-&=
-A_n\langle p_n,xp_{n-1} \rangle_w
--C_n\|p_{n-1}\|_w^2
-\label{buch:orthogonal:eqn:rekbeweis2}
-\end{align}
-Indem man $xp_n$ als
+heisst die {\em Hermite-Gewichtsfunktion}.
+\index{Hermite-Gewichtsfunktion}%
+Sie hat keine Nullstellen und geht für $x\to\pm\infty$ so schnell
+gegen $0$, dass für alle Polynome
\[
-xp_{n-1}(x)
-=
-\frac{k_{n-1}}{k_n} p_n(x)
-+
-\sum_{k=0}^{n-1} d_kp_k(x)
+\int_{-\infty}^\infty |f(x)|^2 e^{-\frac{x^2}{2}}\,dx<\infty
\]
-schreibt, bekommt man
-\begin{align*}
-\langle
-p_n,
-xp_{n-1}
-\rangle_w
-&=
-\biggl\langle
-p_n,
-\frac{k_{n-1}}{k_n} p_n
-+
-\sum_{k=0}^{n-1} d_kp_k
-\biggr\rangle_w
-=
-\frac{k_{n-1}}{k_n}h_n
-+
-\sum_{k=0}^{n-1} d_k\underbrace{\langle p_n,p_k\rangle_w}_{\displaystyle=0}
-\end{align*}
-Eingesetzt in~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekbeweis2} erhält man
+ist.
+Als Definitionsintervall kann daher die ganze reelle Achse
+verwendet werden, also $a=-\infty$ und $b=\infty$.
+Die mit dieser Gewichtsfunktion konstruierten Polynome heissen
+bei geeigneter Normierung die {\em Hermite-Polynome}.
+% XXX Normierung der Hermite-Polynome festlegen
+\index{Hermite-Polynome}%
+
+%
+% Laguerre-Gewichtsfunktion
+%
+\subsection{Laguerre-Gewichtsfunktion}
+Ähnlich wie die Hermite-Gewichtsfunktion ist die
+{\em Laguerre-Gewichtsfunktion}
+\index{Laguerre-Gewichtsfunktion}%
\[
-A_n\frac{k_{n-1}}{k_n}h_n = C_n h_{n-1}
-\qquad\Rightarrow\qquad
-C_n
+w_{\text{Laguerre}}(x)
=
-A_n\frac{k_{n-1}}{k_n}\frac{h_n}{h_{n-1}},
+w^{-x}
\]
-damit ist auch die zweite Beziehung von
-\eqref{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation}.
-\end{proof}
+auf ganz $\mathbb{R}$ definiert, und sie geht für $x\to\infty$ wieder
+sehr rasch gegen $0$.
+Für $x\to-\infty$ hingegen wächst sie so schnell an, dass für alle Polynome
+$p(x)$ das Integral
+\[
+\int_{-\infty}^\infty p(x)e^{-x}\,dx
+\]
+unbeschränkt ist.
+Die Laguerre-Gewichtsfunktion ist daher nur geeignet für den
+Definitionsbereich $(0,\infty)$.
+Die bezüglich der Laguerre-Gewichtsfunktion orthogonalen Polynome
+heissen bei geeigneter Normierung die {\em Laguerre-Polynome}.
+\index{Laguerre-Polynome}%
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex
new file mode 100644
index 0000000..5ec7fed
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rekursion.tex
@@ -0,0 +1,218 @@
+%
+% rekursion.tex -- drei term rekursion für orthogonale Polynome
+%
+% (c) 2022 Prof Dr Andreas Müller, OST Ostschweizer Fachhochschule
+%
+\section{Drei-Term-Rekursion für orthogonale Polynome
+\label{buch:orthogonal:section:drei-term-rekursion}}
+Die Berechnung der Legendre-Polynome mit Hilfe des Gram-Schmidt-Verfahrens
+ist wenig hilfreich, wenn es darum geht, Werte der Polynome zu berechnen.
+Glücklicherweise erfüllen orthogonale Polynome automatisch eine
+Rekursionsbeziehung mit nur drei Termen.
+Zum Beispiel kann man zeigen, dass für die Legendre-Polynome die
+Relation
+\begin{align*}
+nP_n(x) &= (2n-1)xP_{n-1}(x) - (n-1)P_{n-2}(x),\;\forall n\ge 2,
+\\
+P_1(x) &= x,
+\\
+P_0(x) &= 1.
+\end{align*}
+Mit so einer Rekursionsbeziehung ist es sehr einfach, die Funktionswerte
+für alle $P_n(x)$ zu berechnen.
+
+\begin{definition}
+Eine Folge von Polynomen $p_n(x)$ heisst orthogonal bezüglich des
+Skalarproduktes $\langle\,\;,\;\rangle_w$, wenn
+\[
+\langle p_n,p_m\rangle_w = h_n \delta_{nm}
+\]
+für alle $n$, $m$.
+\end{definition}
+
+\subsection{Allgemeine Drei-Term-Rekursion für orthogonale Polynome}
+Der folgende Satz besagt, dass $p_n$ eine Rekursionsbeziehung erfüllt.
+
+\begin{satz}
+\label{buch:orthogonal:satz:drei-term-rekursion}
+Eine Folge bezüglich $\langle\,\;,\;\rangle_w$ orthogonaler Polynome $p_n$
+mit dem Grade $\deg p_n = n$ erfüllt eine Rekursionsbeziehung der Form
+\begin{equation}
+p_{n+1}(x)
+=
+(A_nx+B_n)p_n(x) - C_np_{n-1}(x)
+\label{buch:orthogonal:eqn:rekursion}
+\end{equation}
+für $n\ge 0$, wobei $p_{-1}(x)=0$ gesetzt wird.
+Die Zahlen $A_n$, $B_n$ und $C_n$ sind reell und es ist
+$A_{n-1}A_nC_n\ge 0$ für $n>0$.
+Wenn $k_n>0$ der Leitkoeffizient von $p_n(x)$ ist, dann gilt
+\begin{equation}
+A_n=\frac{k_{n+1}}{k_n},
+\qquad
+C_{n+1} = \frac{A_{n+1}}{A_n}\frac{h_{n+1}}{h_n}.
+\label{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation}
+\end{equation}
+\end{satz}
+
+\subsection{Multiplikationsoperator mit $x$}
+Man kann die Relation auch nach dem Produkt $xp_n(x)$ auflösen, dann
+wird sie
+\begin{equation}
+xp_n(x)
+=
+\frac{1}{A_n}p_{n+1}(x)
+-
+\frac{B_n}{A_n}p_n(x)
++
+\frac{C_n}{A_n}p_{n-1}(x).
+\label{buch:orthogonal:eqn:multixrelation}
+\end{equation}
+Die Multiplikation mit $x$ ist eine lineare Abbildung im Raum der Funktionen.
+Die Relation~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation} besagt, dass diese
+Abbildung in der Basis der Polynome $p_k$ tridiagonale Form hat.
+
+\subsection{Drei-Term-Rekursion für die Tschebyscheff-Polynome}
+Eine Relation der Form~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation}
+wurde bereits in
+Abschnitt~\ref{buch:potenzen:tschebyscheff:rekursionsbeziehungen}
+hergeleitet.
+In der Form~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion} geschrieben lautet
+sie
+\[
+T_{n+1}(x) = 2x\,T_n(x)-T_{n-1}(x).
+\]
+also
+$A_n=2$, $B_n=0$ und $C_n=1$.
+
+\subsection{Beweis von Satz~\ref{buch:orthogonal:satz:drei-term-rekursion}}
+Die Relation~\eqref{buch:orthogonal:eqn:multixrelation} zeigt auch,
+dass der Beweis die Koeffizienten $\langle xp_k,p_j\rangle_w$
+berechnen muss.
+Dabei wird wiederholt der folgende Trick verwendet.
+Für jede beliebige Funktion $f$ mit $\|f\|_w^2<\infty$ ist
+\[
+\langle fp_k,p_j\rangle_w
+=
+\langle p_k,fp_j\rangle_w.
+\]
+Für $f(x)=x$ kann man weiter verwenden, dass $xp_k(x)$ ein Polynom
+vom Grad $k+1$ ist.
+Die Gleichheit $\langle xp_k,p_j\rangle_w=\langle p_k,xp_j\rangle_w$
+ermöglicht also, den Faktor $x$ dorthin zu schieben, wo es nützlicher ist.
+
+\begin{proof}[Beweis des Satzes]
+Multipliziert man die rechte Seite von
+\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion} aus, dann ist der einzige Term
+vom Grad $n+1$ der Term $A_nxp_n(x)$.
+Der Koeffizient $A_n$ ist also dadurch festgelegt, dass
+\begin{equation}
+b(x)
+=
+p_{n+1}(x) - A_nxp_n(x)
+\label{buch:orthogonal:rekbeweis}
+\end{equation}
+Grad $\le n$ hat.
+Dazu müssen sich die Terme vom Grad $n+1$ in den Polynomen wegheben,
+d.~h.~$k_{n+1}-A_nk_n=0$, woraus die erste Beziehung in
+\eqref{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation} folgt.
+
+Die Polynome $p_k$ sind durch Orthogonalisierung der Monome
+$1$, $x$,\dots $x^{k}$ entstanden.
+Dies bedeutet, dass $\langle p_n,x^k\rangle_w=0$ für alle $k<n$
+gilt und daher auch $\langle p_n,Q\rangle_w=0$ für jedes Polynome
+$Q(x)$ vom Grad $<n$.
+
+Das Polynom $b(x)$ ist vom Grad $\le n$, es lässt sich also als
+Linearkombination
+\[
+b(x) = \sum_{k=0}^n b_k p_k(x)
+\]
+der $p_k$ mit $k\le n$ schreiben.
+Die Koeffizienten $b_j$ kann man erhalten, indem man
+\eqref{buch:orthogonal:rekbeweis} Skalar mit $p_j$ multipliziert.
+Dabei erhält man
+\[
+h_jb_j
+=
+\langle b,p_j\rangle_w
+=
+\langle p_{n+1},p_j\rangle_w
+-
+A_n\langle xp_n,p_j\rangle_w.
+\]
+Für $j\le n$ verschwindet der erste Term nach der Definition einer
+Folge von orthogonalen Polynomen.
+Den zweiten Term kann man umformen in
+\[
+\langle xp_n,p_j\rangle_w
+=
+\langle p_n,xp_j\rangle_w.
+\]
+Darin ist $xp_j$ ein Polynom vom Grad $j+1$.
+Für $n>j+1$ folgt, dass der zweite Term verschwindet.
+Somit sind alle $b_j=0$ mit $j<n-1$, nur der Term $j=n-1$
+bleibt bestehen.
+Mit $B_n=b_n$ und $C_n=b_{n-1}$ bekommt man die somit die
+Rekursionsbeziehung~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion}.
+
+Indem man das Skalarprodukt von~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekursion}
+mit $p_{n-1}$ bildet, findet man
+\begin{align}
+\underbrace{\langle
+p_{n+1},p_{n-1}
+\rangle_w}_{\displaystyle=0}
+&=
+\langle (A_nx+B_n)p_n+C_np_{n-1},p_{n-1} \rangle_w
+\notag
+\\
+0
+&=
+A_n\langle xp_n,p_{n-1} \rangle_w
++B_n\underbrace{\langle p_n,b_{n-1}\rangle_w}_{\displaystyle=0}
+-C_n\|p_{n-1}\|_w^2
+\notag
+\\
+0
+&=
+A_n\langle p_n,xp_{n-1} \rangle_w
+-C_n\|p_{n-1}\|_w^2
+\label{buch:orthogonal:eqn:rekbeweis2}
+\end{align}
+Indem man $xp_n$ als
+\[
+xp_{n-1}(x)
+=
+\frac{k_{n-1}}{k_n} p_n(x)
++
+\sum_{k=0}^{n-1} d_kp_k(x)
+\]
+schreibt, bekommt man
+\begin{align*}
+\langle
+p_n,
+xp_{n-1}
+\rangle_w
+&=
+\biggl\langle
+p_n,
+\frac{k_{n-1}}{k_n} p_n
++
+\sum_{k=0}^{n-1} d_kp_k
+\biggr\rangle_w
+=
+\frac{k_{n-1}}{k_n}h_n
++
+\sum_{k=0}^{n-1} d_k\underbrace{\langle p_n,p_k\rangle_w}_{\displaystyle=0}
+\end{align*}
+Eingesetzt in~\eqref{buch:orthogonal:eqn:rekbeweis2} erhält man
+\[
+A_n\frac{k_{n-1}}{k_n}h_n = C_n h_{n-1}
+\qquad\Rightarrow\qquad
+C_n
+=
+A_n\frac{k_{n-1}}{k_n}\frac{h_n}{h_{n-1}},
+\]
+damit ist auch die zweite Beziehung von
+\eqref{buch:orthogonal:eqn:koeffizientenrelation}.
+\end{proof}
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex
index 590038a..9fded85 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/rodrigues.tex
@@ -5,6 +5,7 @@
%
\section{Rodrigues-Formeln
\label{buch:orthogonalitaet:section:rodrigues}}
+\rhead{Rodrigues-Formeln}
Die Drei-Term-Rekursionsformel ermöglicht Werte orthogonaler Polynome
effizient zu berechnen.
Die Rekursionsformel erhöht den Grad eines Polynoms, indem mit $x$
@@ -173,7 +174,7 @@ Die Pearsonsche Differentialgleichung ist für $A(x)=0$ immer erfüllt.
Die Randbedingung bedeutet wegen $w(x)=1$, dass $B(x)$ an den
Endpunkten des Intervalls verschwinden muss.
Da $B(x)$ ein Polynom höchstens vom Grad $2$ ist, muss $B(x)$ ein
-Vielfaches von $(x-1)(x+1)=x^-1$ sein.
+Vielfaches von $(x-1)(x+1)=x^2-1$ sein.
Die Rodrigues-Formel für die Legendre-Polynome hat daher die Form
\[
P_n(x)
@@ -195,8 +196,337 @@ P_n(x)
\]
\subsubsection{Hermite-Polynome}
-TODO
+Die Hermite-Polynome sind auf ganz $\mathbb{R}$ definiert und verwenden
+die Gewichtsfunktion
+\[
+w(x) = e^{-x^2}.
+\]
+Für jedes beliebige Polynome $B(x)$, auch für höheren Grad als $2$, ist
+\[
+\lim_{x\to-\infty} B(x) w(x)
+=
+\lim_{x\to-\infty} B(x)^e{-x^2}
+=
+0
+\qquad\text{und}\qquad
+\lim_{x\to\infty} B(x) w(x)
+=
+\lim_{x\to\infty} B(x)^e{-x^2}
+=
+0,
+\]
+die Randbedingung der Pearsonschen Differentialgleichung ist also
+immer erfüllt.
+
+Die Ableitung der Gewichtsfunktion ist
+\[
+w'(x) = -2xe^{-x^2}.
+\]
+Eingsetzt in die Pearsonsche Differentialgleichung findet man
+\[
+\frac{w'(x)}{w(x)}
+=
+\frac{-2xe^{-x^2}}{e^{-x^2}}
+=
+\frac{-2x}{1}
+\]
+und daher
+\[
+A(x) = -2x
+\qquad\text{und}\qquad
+B(x) = 1.
+\]
+Die Gradbedingung ist also immer erfüllt und es folgt die Rodrigues-Formel
+für die Hermite-Polynome
+\begin{equation}
+H_n(x)
+=
+c_n
+e^{x^2}\frac{d^n}{dx^n} e^{-x^2}
+=
+(-1)^n
+e^{x^2}\frac{d^n}{dx^n} e^{-x^2}.
+\label{buch:orthogonal:eqn:hermite-rodrigues}
+\end{equation}
+
+Die Hermite-Polynome können mit der Rodrigues-Formel berechnen, aber die
+Form~\eqref{buch:orthogonal:eqn:hermite-rodrigues} ist dazu nicht gut
+geeignet.
+Dazu dient die Berechnung
+\[
+-\frac{d}{dx}
+e^{-x^2}f(x)
+=
+2xe^{-x^2}f(x)
+-
+e^{-x^2}f'(x)
+=
+e^{-x^2}
+\biggl(-\frac{d}{dx}+2x\biggr)
+f(x),
+\]
+nach der der Ableitungsoperator mit dem Faktor $e^{-x^2}$
+vertauscht werden kann, wenn er durch die grosse Klammer auf der
+rechten Seite ersetzt wird.
+Die Rodrigues-Formel bekommt daher die Form
+\[
+H_n(x) = \biggl(\frac{d}{dx}-2x\biggr)^n \cdot 1
+\]
+
+TODO: Relation zu hypergeometrischen Funktionen $\mathstrut_1F_1$
+
+%\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Rodrigues%27_formula}
+
+%
+% Jacoib-Gewichtsfunktion
+%
+\subsubsection{Jacobi-Gewichtsfunktion}
+%(%i1) w: (1-x)^a*(1+x)^b;
+% a b
+%(%o1) (1 - x) (x + 1)
+%(%i2) diff(w,x)/w;
+% a b - 1 a - 1 b
+% b (1 - x) (x + 1) - a (1 - x) (x + 1)
+%(%o2) -------------------------------------------------
+% a b
+% (1 - x) (x + 1)
+%(%i3) q: diff(w,x)/w;
+% a b - 1 a - 1 b
+% b (1 - x) (x + 1) - a (1 - x) (x + 1)
+%(%o3) -------------------------------------------------
+% a b
+% (1 - x) (x + 1)
+%(%i4) ratsimp(q);
+% (b + a) x - b + a
+%(%o4) -----------------
+% 2
+% x - 1
+%
+Die Jacobi-Gewichtsfunktion
+\[
+w(x)
+=
+w^{(\alpha,\beta)}(x)
+=
+(1-x)^\alpha(1+x)^\beta
+\]
+hat die Ableitung
+\[
+w'(x)
+=
+\beta(1-x)^\alpha(1+x)^{\beta-1}-\alpha(1-x)^{\alpha-1}(1+x)^\beta
+\]
+und für die linke Seite der Pearsonschen Differentialgleichung findet man
+\[
+\frac{w'(x)}{w(x)}
+=
+\frac{
+\beta(1-x)^\alpha(1+x)^{\beta-1}-\alpha(1-x)^{\alpha-1}(1+x)^\beta
+}{
+(1-x)^\alpha(1+x)^\beta
+}
+=
+\frac{\beta-\alpha-(\alpha+\beta)x}{1-x^2}
+=
+\frac{A(x)}{B(x)}.
+\]
+Die Polynome
+\[
+A(x) = \beta-\alpha-(\alpha+\beta)x
+\qquad\text{und}\qquad
+B(x) = 1-x^2
+\]
+erfüllen die Gradvoraussetzungen für eine Lösung der Pearsonschen
+Differentialgleichung, die Anlass zu einer Rodrigues-Formel gibt.
+Die Randbedingungen sind noch zu prüfen: $B(x)$ hat eine Nullstelle
+erster Ordnung bei $\pm1$, also ist
+\[
+\lim_{x\to \pm1\mp} B(x)w(x) = 0
+\]
+genau dann, wenn $\alpha>-1$ und $\beta>-1$ gilt.
+Für $\alpha>-1$ und $\beta>-1$ gibt es daher auch für die Jacobi-Polynome
+eine Rodriguez-Formel der Art
+\[
+P^{(\alpha,\beta)}_n(x)
+=
+\frac{c_n}{w^{(\alpha,\beta)}(x)}
+\frac{d^n}{dx^n}
+\bigl((1-x^2)^{n} w^{(\alpha,\beta)}(x)\bigr).
+\]
+Die Konstanten $c_n$ werden durch die Normierung
+% XXX in welchem Abschnitt
+festgelegt.
+
+\subsubsection{Die Tschebyscheff-Gewichtsfunktion}
+Die Tschebyscheff-Gewichtsfunktion ist der Spezialfall $a=b=-\frac12$
+der Jacobi-Gewichtsfunktion.
+Die Rodrigues-Formel für die Tschebyscheff-Polynome lautet daher
+\[
+T_n(x)
+=
+c_n\sqrt{1-x^2} \frac{d^n}{dx^n}
+\frac{(1-x^2)^n}{\sqrt{1-x^2}}
+=
+\frac{1}{2^nn!} \sqrt{1-x^2}
+\frac{d^n}{dx^n}
+\frac{(1-x^2)^n}{\sqrt{1-x^2}},
+\]
+wobei wir den korrekten Wert von $c_n$ nicht nachgewiesen haben.
+
+\subsubsection{Die Laguerre-Gewichtsfunktion}
+Die Laguerre-Gewichtsfunktion
+\[
+w_{\text{Laguerre}}(x)
+=
+w(x)
+=
+e^{-x}
+\]
+hat die Ableitung
+\[
+w'(x) = -e^{-x},
+\]
+die Pearsonsche Differentialgleichung ist daher
+\[
+\frac{w'(x)}{w(x)}=\frac{-1}{1}.
+\]
+Dies suggeriert $A(x)=-1$ und $B(x)=1$ als Zähler und Nenner der rechten
+Seite, aber daraus produziert die Rodrigues-Formel immer nur die konstante
+Funktion.
+Ausserdem ist die Randbedingung an der Stelle $x=0$ nicht erfüllt.
+$B(x)$ muss so gewählt werden, dass
+\[
+0
+=
+\lim_{x\to 0+} w(x)B(x)
+=
+\lim_{x\to 0+} e^{-x}B(x)
+=
+\lim_{x\to 0+} B(x)
+=
+B(0).
+\]
+Die Annahme einer konstanten Funktion $B(x)$ widerspricht dem.
+Aus der Pearsonschen Differentialgleichung folgt $A(x)=-B(x)$.
+Da $A(x)$ höchstens vom Grad 1 sein kann und $B(x)$ mindestens
+vom Grad $1$ muss, folgt
+\[
+B(x) = x
+\qquad\text{und}\qquad
+A(x) = -x.
+\]
+Die Rodrigues-Formel liefert dann die Laguerre-Polynome als
+\[
+L_n(x) = c_n e^x \frac{d^n}{dx^n} x^ne^{-x}.
+\]
+Die Werte von $c_n$ hängen von der gewählten Normierung ab.
+
+Mit der Rodrigues-Formel können die Laguerre-Polynome bis auf
+die Normierung recht direkt berechnen.
+Dazu versuchen wir die Ableitungen von $f(x)e^{-x}$ dadurch zu
+berechnen, dass wir den Gewichtsfaktor $e^{-x}$ möglichst weit
+nach links verschieben wie in
+\begin{align*}
+\frac{d}{dx}
+e^{-x}
+f(x)
+&=
+e^{-x}
+\bigl( -f(x) + f'(x) \bigr)
+=
+e^{-x}
+\biggl( -1 + \frac{d}{dx}\biggr) f.
+\end{align*}
+Daraus kann man ablesen, dass die Ableitung nach $x$ mit dem Faktor
+$e^{-x}$ vertauscht werden kann, wenn man die Ableitung durch
+$-1+d/dx$ ersetzt.
+Damit kann jetzt auch die $n$-te Ableitung bestimmen:
+\begin{align*}
+\frac{d^n}{dx^n}e^{-x}f(x)
+&=
+e^{-x} \biggl(\frac{d}{dx}-1\biggr)^n f(x)
+=
+e^{-x} \sum_{k=0}^n (-1)^{k}\binom{n}{k}\frac{d^{n-k}}{dx^{n-k}} f(x)
+\end{align*}
+Dies muss jetzt auf $f(x)=x^n$ angewendet werden.
+Es ergibt sich
+\begin{align*}
+\frac{d^n}{dx^n}e^{-x}x^n
+&=
+e^{-x} \sum_{k=0}^n (-1)^{k}\binom{n}{k}\frac{d^{n-k}}{dx^{n-k}} x^n
+\\
+&=
+e^{-x} \sum_{k=0}^n (-1)^{k}\binom{n}{k}
+n(n-1)(n-2)\cdots (k+1)
+x^k
+\\
+&=
+e^{-x}
+\sum_{k=0}^n (-1)^k \frac{n(n-1)\cdots(n-k+1)}{k!}
+\frac{n!}{k!}
+x^k
+\\
+&=
+e^{-x} n!
+\sum_{k=0}^\infty
+\frac{(-n)(-n+1)(-n+2)\cdot\ldots\cdot (-n+k-1)}{1\cdot 2\cdot \ldots\cdot k}
+\frac{x^k}{k!}
+\\
+&=
+e^{-x} n!
+\cdot
+\mathstrut_1F_1\biggl(
+\begin{matrix}-n\\1\end{matrix}; x
+\biggr).
+\end{align*}
+Die übliche Normierung für die Laguerre-Polynome ist $L_n(0)=1$,
+die übereinstimmt mit dem Wert der hypergeometrischen Funktion
+an der Stelle $0$.
+Wir fassen die Resultate im folgenden Satz zusammen.
+
+\begin{satz}
+Die Laguerre-Polynome vom Grad $n$ haben die Form
+\begin{equation}
+L_n(x)
+=
+\sum_{k=0}^n \binom{n}{k}\frac{(-1)^k}{k!}x^k
+=
+\mathstrut_1F_1\biggl(\begin{matrix}-n\\1\end{matrix};x\biggr).
+\label{buch:orthogonal:eqn:laguerre-polynom-hypergeometrisch}
+\end{equation}
+\end{satz}
+Laguerre-Polynome sind als spezielle hypergeometrische Funktionen,
+für $n\le 7$ sind sie
+in Tabelle~\ref{buch:orthogonal:table:laguerre} zusammengestellt.
+In Abbildung~\ref{buch:orthogonal:fig:laguerre} sind die Laguerre-Polynome
+vom Grad $0$ bis $9$ dargestellt.
-\url{https://en.wikipedia.org/wiki/Rodrigues%27_formula}
+\begin{figure}
+\centering
+\includegraphics{chapters/070-orthogonalitaet/images/laguerre.pdf}
+\caption{Laguerre-Polynome vom Grad $0$ bis $9$
+\label{buch:orthogonal:fig:laguerre}}
+\end{figure}
+\begin{table}
+\renewcommand{\arraystretch}{1.4}
+\centering
+\begin{tabular}{|>{$}c<{$}|>{$}l<{$}|}
+\hline
+n& L_n(x)\\
+\hline
+0&1\\
+1&-x+1\\
+2&\frac1{2!}(x^2-4x+2)\\
+3&\frac{1}{3!}(-x^3+9x^2-18x+6)\\
+4&\frac{1}{4!}(x^4-16x^3+72x^2-96x+24)\\
+5&\frac{1}{5!}(-x^5+25x^4-200x^3+60x^2-600x+120)\\
+6&\frac{1}{6!}(x^6-36x^5+450x^4-2400x^3+5400x^2-4320x+720)\\
+7&\frac{1}{7!}(-x^7+49x^6-882x^5+7350x^4-29400x^3+52920x^2-35280x+5040)\\
+8&\frac{1}{8!}(x^8-64x^7+1568x^6-18816x^5+117600x^4-376320x^3+564480x^2-322560x+40320)\\
+\hline
+\end{tabular}
+\caption{Laguerre-Polynome $L_n(x)$ für $n=0,\dots,8$
+\label{buch:orthogonal:table:laguerre}}
+\end{table}
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/saev.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/saev.tex
new file mode 100644
index 0000000..c667297
--- /dev/null
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/saev.tex
@@ -0,0 +1,95 @@
+\subsubsection{Selbstadjungierte Operatoren und Eigenvektoren}
+Symmetrische Matrizen spielen eine spezielle Rolle in der
+endlichdimensionalen linearen Algebra, weil sie sich immer
+mit einer orthonormierten Basis diagonalisieren lassen.
+In der vorliegenden Situation undendlichdimensionaler Vektorräume
+brauchen wir eine angepasste Definition.
+
+\begin{definition}
+Eine lineare Selbstabbildung $A\colon V\to V$
+eines Vektorrraums mit Skalarprodukt
+heisst {\em selbstadjungiert}, wenn für alle Vektoren $u,v\in V$
+heisst $\langle Au,v\rangle = \langle u,Av\rangle$.
+\end{definition}
+
+Es ist wohlbekannt, dass Eigenvektoren einer symmetrischen Matrix
+zu verschiedenen Eigenwerten orthogonal sind.
+Der Beweis ist direkt übertragbar, wir halten das Resultat hier
+für spätere Verwendung fest.
+
+\begin{satz}
+Sind $f$ und $g$ Eigenvektoren eines selbstadjungierten Operators $A$
+zu verschiedenen Eigenwerten $\lambda$ und $\mu$, dann sind $f$ und $g$
+orthogonal.
+\end{satz}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Im vorliegenden Zusammenhang möchten wir die Eigenschaft nutzen,
+dass Eigenfunktionen eines selbstadjungierten Operatores zu verschiedenen
+Eigenwerten orthogonal sind.
+Dazu seien $Df = \lambda f$ und $Dg=\mu g$ und wir rechnen
+\begin{equation*}
+\renewcommand{\arraycolsep}{2pt}
+\begin{array}{rcccrl}
+\langle Df,g\rangle &=& \langle \lambda f,g\rangle &=& \lambda\phantom{)}\langle f,g\rangle
+&\multirow{2}{*}{\hspace{3pt}$\biggl\}\mathstrut-\mathstrut$}\\
+=\langle f,Dg\rangle &=& \langle f,\mu g\rangle &=& \mu\phantom{)}\langle f,g\rangle&
+\\[2pt]
+\hline
+ 0 & & &=& (\lambda-\mu)\langle f,g\rangle&
+\end{array}
+\end{equation*}
+Da $\lambda-\mu\ne 0$ ist, muss $\langle f,g\rangle=0$ sein.
+\end{proof}
+
+\begin{beispiel}
+Sei $C^1([0,2\pi], \mathbb{C})=C^1(S^1,\mathbb{C})$
+der Vektorraum der $2\pi$-periodischen differenzierbaren Funktionen mit
+dem Skalarprodukt
+\[
+\langle f,g\rangle
+=
+\frac{1}{2\pi}\int_0^{2\pi} \overline{f(t)}g(t)\,dt
+\]
+enthält die Funktionen $e_n(t) = e^{int}$.
+Der Operator
+\[
+D=i\frac{d}{dt}
+\]
+ist selbstadjungiert, denn mit Hilfe von partieller Integration erhält man
+\[
+\langle Df,g\rangle
+=
+\frac{1}{2\pi}
+\int_0^{2\pi}
+\underbrace{
+\overline{i\frac{df(t)}{dt}}
+}_{\uparrow}
+\underbrace{g(t)}_{\downarrow}
+\,dt
+=
+\underbrace{
+\frac{-i}{2\pi}
+\biggl[
+\overline{f(t)}g(t)
+\biggr]_0^{2\pi}
+}_{\displaystyle=0}
++
+\frac{1}{2\pi}
+\int_0^{2\pi}
+\overline{f(t)}i\frac{dg(t)}{dt}
+\,dt
+=
+\langle f,Dg\rangle
+\]
+unter Ausnützung der $2\pi$-Periodizität der Funktionen.
+
+Die Funktionen $e_n(t)$ sind Eigenfunktionen des Operators $D$, denn
+\[
+De_n(t) = i\frac{d}{dt}e^{int} = -n e^{int} = -n e_n(t).
+\]
+Nach obigem Satz sind die Eigenfunktionen von $D$ orthogonal.
+\end{beispiel}
+
+Das Beispiel illustriert, dass orthogonale Funktionenfamilien
+ein automatisches Nebenprodukt selbstadjungierter Operatoren sind.
diff --git a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex
index c8ee11a..c9c9cc6 100644
--- a/buch/chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex
+++ b/buch/chapters/070-orthogonalitaet/sturm.tex
@@ -36,8 +36,11 @@ für Matrizen ist das folgende verallgemeinerte Eigenwertproblem.
Das gewohnte Eigenwertproblem verwendet die Matrix $B=E$.
\begin{definition}
+\index{verallgemeinerter Eigenvektor}%
+\index{Eigenvektor, verallgemeinerter}%
+\label{buch:orthogonal:sturm:verallgemeinerter-eigenvektor}
Seien $A$ und $B$ $n\times n$-Matrizen.
-$v$ heisst verallgemeinerter Eigenvektor zum Eigenwert $\lambda$,
+$v$ heisst {\em verallgemeinerter Eigenvektor} zum Eigenwert $\lambda$,
wenn
\[
Av = \lambda Bv.
@@ -324,7 +327,7 @@ Wir bezeichnen den Vektorraum der Funktionen, deren Quadrat mit
der Gewichtsfunktion $w(x)$ integrierbar sind, mit
$L^2([a,b],w)$.
-Damit auch $\langle qf,f\rangle_w$ und $\langle L_0f,0f\rangle_w$
+Damit auch $\langle qf,f\rangle_w$ und $\langle L_0f,f\rangle_w$
wohldefiniert sind, müssen zusätzlich die Integrale
\[
\int_a^b |f(x)|^2 q(x) w(x)\,dx
@@ -431,17 +434,217 @@ Dann ist wegen
die Bedingung~\eqref{buch:integrale:sturm:sabedingung}
ebenfalls erfüllt, $L_0$ ist in diesem Raum selbstadjungiert.
-\subsubsection{Bessel-Funktionen}
+\subsubsection{Bessel-Funktionen $J_n(x)$}
Der Bessel-Operator \eqref{buch:differentialgleichungen:bessel-operator}
-hat die Form eines Sturm-Liouville-Operators
+kann wie folgt in die Form eines Sturm-Liouville-Operators gebracht
+werden.
+Zunächst rechnet man
\[
+B
+=
x^2\frac{d^2}{dx^2} + x\frac{d}{dx} + x^2
=
-\frac{d}{dx} x^2 \frac{d}{dx} + x^2
+x\biggl(
+x\frac{d^2}{dx^2} + \frac{d}{dx} + x
+\biggr)
+=
+x\biggl(
+\frac{d}{dx}(-x)\frac{d}{dx} + x
+\biggr).
+\]
+Somit ist $B$ ein Sturm-Liouville-Operator für
+\begin{equation}
+\begin{aligned}
+p(x) &= -x \\
+q(x) &= x \\
+w(x) &= \frac{1}{x}.
+\end{aligned}
+\label{buch:orthogonal:sturm:bessel:n}
+\end{equation}
+Am linken Rand kann als Randbedingung
+\[
+\lim_{x\to 0} p(x) y'(x) = 0
+\]
+verwendet werden, die für alle Bessel-Funktionen erfüllt ist.
+Dies entspricht der Wahl $k_0=0$ und $h_0=1$.
+Am rechten Rand für $x\to\infty$ kann man
+\[
+\lim_{x\to\infty} y(x)=0
+\]
+verlangen, was der Wahl $k_\infty=1$ und $h_\infty=0$ entspricht.
+Damit ist die Bessel-Differentialgleichung erkannt als ein
+Sturm-Liouville-Problem für $\lambda=n^2$.
+Es folgt damit sofort, dass die Besselfunktionen orthogonale
+Funktionen bezüglich des Skalarproduktes mit der Gewichtsfunktion
+$w(x)=1/x$ sind.
+
+\subsubsection{Bessel-Funktionen $J_n(s x)$}
+Das Sturm-Liouville-Problem mit den Funktionen
+\eqref{buch:orthogonal:sturm:bessel:n}
+ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, die Bessel-Differentialgleichung
+in ein Sturm-Liouville-Problem zu verwandeln.
+Das Problem \eqref{buch:orthogonal:sturm:bessel:n} ging davon
+aus, dass $n^2$ der verallgemeinerte Eigenwert sein soll.
+Im Folgenden sollen hingegen die Funktionen $J_n(s x)$ für
+konstantes $n$, aber verschiedene $s$ untersucht und
+als orthogonal erkannt werden.
+
+Die Funktion $y(x) = J_n(x)$ ist eine Lösung der Bessel-Differentialgleichung
+\[
+x^2y'' + xy' + x^2y = n^2y.
+\]
+Setzt man $x=s t$ und $f(t)=y(s t)$, dann wird die Ableitung
+\[
+\begin{aligned}
+f'(t)
+&=
+\frac{d}{dt}y(s t)
+=
+y'(s t) \cdot s
+&&\Rightarrow
+&
+\frac{f'(t)}{s}
+&=
+y'(x)
+\\
+f''(t)
+&=
+\frac{d^2}{dt^2} y(s t)
+=
+y''(s t) \cdot s^2
+&&\Rightarrow
+&
+\frac{f''(t)}{s^2}
+&=
+y''(x).
+\end{aligned}
+\]
+Setzt man diese in die Besselsche Differentialgleichung ein,
+findet man
+\begin{align*}
+x^2y''+xy'+x^2y
+=
+s^2 t^2 \frac{f''(t)}{s^2}
++
+s t \frac{f'(t)}{s}
++
+s^2 t^2 f(t)
+&=
+n^2 f(t).
+\end{align*}
+Damit ist gezeigt, dass die Funktionen $J_n(s x)$ Lösungen
+der Differentialgleichung
+\begin{equation}
+x^2y'' + xy' + (s^2 x^2 - n^2) y = 0
+\label{buch:orthogonal:sturm:eqn:bessellambda}
+\end{equation}
+ist.
+
+Die Differentialgleichung
+\eqref{buch:orthogonal:sturm:eqn:bessellambda}
+soll jetzt ebenfalls als ein Sturm-Liouville-Problem betrachtet
+werden, diesmal aber mit festem $n$ und $s^2$ als dem verallgemeinerten
+Eigenwert.
+Dazu wird
+\begin{equation}
+\begin{aligned}
+p(x) &= -x \\
+q(x) &= -\frac{n^2}{x} \\
+w(x) &= x
+\end{aligned}
+\label{buch:orthgonal:sturm:bessel:lambdaparams}
+\end{equation}
+gesetzt.
+Das zugehörige Sturm-Liouville-Problem ist jetzt
+\[
+\frac{1}{x}\biggl(
+\frac{d}{dx} (-x)\frac{d}{dx} -\frac{n^2}{x}
+\biggr)
+y
+=
+\lambda y
+\quad\Rightarrow\quad
+y'' + \frac{1}{x}y' - \frac{n^2}{x^2}y = \lambda y,
+\]
+oder nach Multiplikation mit $x^2$
+\begin{equation}
+x^2y'' + xy' + ((-\lambda)x^2 - n^2) y = 0.
+\end{equation}
+Die Funktionen $J_n(sx)$ sind daher verallgemeinerte Eigenfunktionen
+des Sturm-Liouville-Problems
+\eqref{buch:orthgonal:sturm:bessel:lambdaparams}
+für den Eigenwert $\lambda = -s^2$.
+
+\begin{satz}[Orthogonalität der Bessel-Funktionen]
+Die Bessel-Funktionen $J_n(sx)$ für verschiedene $s$ sind orthogonal
+bezüglich des Skalarproduktes mit der Gewichtsfunktion $w(x)=x$,
+d.~h.
+\[
+\int_0^\infty J_n(s_1x) J_n(s_2x) x\,dx
+=
+0
+\]
+für $s_1\ne s_2$.
+\end{satz}
+
+\begin{proof}[Beweis]
+Um die Bessel-Funktionen als Lösung des Sturm-Liouville-Problems
+\eqref{buch:orthgonal:sturm:bessel:lambdaparams}
+zu betrachten, müssen noch geeignete Randbedingungen formuliert werden.
+Für $n>0$ kann man
+$J_n(0)=0$ verwenden, also $k_0=1$ und $h_0=0$.
+Für $J_0$ ist dies nicht geeignet, aber wegen $J_0'(0)=0$ kann
+man für $n=0$ verwenden $k_0=0$ und $h_0=1$ wählen.
+
+Für den rechten Rand kann man verwenden, dass die Ableitung der
+Bessel-Funktionen wie $x^{-3/2}$ gegen $0$ geht, gilt
+\[
+\lim_{x\to\infty} p(x) J_n(sx) = 0,
+\]
+weil $p(x)J_n(sx)$ wie $x^{-1/2}$ gegen $0$ geht.
+Dies bedeutet, dass $k_\infty=0$ und $h_\infty=1$
+verwendet werden kann.
+Damit sind geeignete Randbedingungen für das Sturm-Liouville-Problem
+gefunden.
+\end{proof}
+
+\subsubsection{Laguerre-Polynome}
+Die Laguerre-Polynome sind orthogonal bezüglich des Skalarprodukts
+mit der Laguerre-Gewichtsfunktion $w(x)=e^{-x}$ und erfüllen die
+Laguerre-Differentialgleichung
+\eqref{buch:differentialgleichungen:eqn:laguerre-dgl}.
+mit $p(x)=-xe^{-x}$ wird
+\[
+\frac{1}{w(x)}
+\biggl(
+-
+\frac{d}{dx} p(x) \frac{d}{dx}
+\biggr)
+=
+e^x \biggl(xe^{-x}\frac{d^2}{dx^2} + (1-x)e^{-x}\frac{d}{dx}\biggr),
+\]
+dies sind die abgeleiteten Terme in der Laguerre-Differentialgleichung.
+Der Definitionsbereich ist $(0,\infty)$.
+Als Randbedingung am linken kann man $y(0)=1$ verwenden, welche
+auch die Laguerre-Polynome ergeben hat.
+Am rechten Rand ist die Bedingung
+\[
+\lim_{x\to\infty} p(x)y'(x)
+=
+\lim_{x\to\infty} xe^{-x} y'(x)
+=
+0
\]
-mit $p(x)=x^2$, $q(x)=x^2$.
+für beliebige Polynomlösungen erfüllt, dies ist der Fall
+$k_{\infty}=0$ und $h_\infty=1$.
-XXX TODO: Faktor 2 fehlt.
+Das zugehörige verallgemeinerte Eigenwertproblem wird damit
+\[
+xy'' + (1-x)y' - \lambda y = 0,
+\]
+also die Laguerre-Differentialgleichung.
+Somit folgt, dass die Laguerre-Polynome orthogonal sind bezüglich
+des Skalarproduktes mit der Laguerre-Gewichtsfunktion.
\subsubsection{Tschebyscheff-Polynome}
Die Tschebyscheff-Polynome sind Lösungen der
@@ -485,6 +688,7 @@ bezüglich des Skalarproduktes
\subsubsection{Jacobi-Polynome}
TODO
+
\subsubsection{Hypergeometrische Differentialgleichungen}
%\url{https://encyclopediaofmath.org/wiki/Hypergeometric_equation}
Auch die Eulersche hypergeometrische Differentialgleichung
diff --git a/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex b/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex
index e585aea..15ca2e4 100644
--- a/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex
+++ b/buch/chapters/080-funktionentheorie/analytisch.tex
@@ -29,6 +29,7 @@ Funktion zu tun.
\end{figure}
\begin{beispiel}
+\label{buch:funktionentheorie:beispiel:nichtanalytisch}
Wir betrachten die Funktion
\[
f\colon \mathbb{R}\to\mathbb{R}
diff --git a/buch/chapters/110-elliptisch/ellintegral.tex b/buch/chapters/110-elliptisch/ellintegral.tex
index c5a9447..46659cd 100644
--- a/buch/chapters/110-elliptisch/ellintegral.tex
+++ b/buch/chapters/110-elliptisch/ellintegral.tex
@@ -16,7 +16,7 @@ neue spezielle Funktionen zu definieren.
\subsection{Definition
\label{buch:elliptisch:subsection:definition}}
Ein {\em elliptisches Integral} ist ein Integral der Form
-\index{elliptishes Integral}%
+\index{elliptisches Integral}%
\index{Integral, elliptisch}%
\begin{equation}
\int R\left( x, \sqrt{p(x)}\right)\,dx